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Als avignonesisches Papsttum auch Papsttum in Avignon avignonesisches Exil oder babylonische Gefangenschaft der Kirche genannt wird der Zeitraum zwischen den Jahren 1309 und 1376 1 oder 1377 2 bezeichnet in dem sieben Papste ihren Sitz in der sudfranzosischen Stadt Avignon hatten Papst Gregor XI liess sich schliesslich von Katharina von Siena zur Ruckkehr nach Rom bewegen Er starb allerdings kurz darauf so dass erst der Nachfolger der Italiener Urban VI wieder wirklich ein romischer Papst war Die Epoche des Papsttums unter franzosischem Einfluss war damit aber noch nicht uberwunden Kurz nach der Ruckkehr kam es im Jahr 1378 zu einer Doppelwahl die das Abendlandische Schisma ausloste welches bis zum Jahr 1417 andauerte Auch in dieser Zeit residierte zeitweise ein Papst in Avignon Mittelalterliche Darstellung von Rom als Witwe in Schwarz die den Verlust des Papsttums betrauert MS Ital 81 folio 18 Bibliotheque nationale de France Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Ubersiedlung nach Avignon 3 Einfluss Frankreichs 3 1 Templerprozess 3 2 Konflikt mit Ludwig IV und beginnender Konziliarismus 4 Kurie und Kirchenverwaltung in Avignon 5 Ruckkehr nach Rom 6 Liste der avignonesischen Papste bzw Gegenpapste 7 Siehe auch 8 Quellen 9 Literatur 10 Weblinks 11 AnmerkungenVorgeschichte BearbeitenIm 13 Jahrhundert waren zunehmend Tendenzen aufgekommen die den Universalanspruch des Papsttums beeintrachtigten Die Nachfolger von Innozenz III sahen sich etwa einem Konflikt mit den Staufern ausgesetzt den das Papsttum fur sich entscheiden konnte Nach dem Tod des Stauferkaisers Friedrich II kam es im Reich zu Doppelwahlen und militarischen Konflikten die schliesslich zum Untergang der Staufer fuhrten Frankreich stieg wahrenddessen zur starksten Macht Europas auf 3 Das franzosische Konigtum nutzte seine neue Macht sogleich aus um auf den Papst Einfluss zu nehmen Die wahren Verhaltnisse verkennend bestand Papst Bonifatius VIII 1294 1303 4 aber weiter auf der Idee des universalen Papsttums in der Tradition Gregors VII und Innozenz III Er lieferte sich so eine erbitterte politische Auseinandersetzung mit Konig Philipp IV von Frankreich die schliesslich in der Bulle Unam Sanctam 1302 4 einen Hohepunkt fand Darin reklamierte der Papst das Primat der geistlichen Macht uber der weltlichen 4 Doch Philipp liess sich davon nicht beirren Er beschuldigte den Papst der Haresie und appellierte an ein kunftiges Konzil das dem Papst den Prozess machen sollte Schliesslich liess er ihn in seiner Sommerresidenz fur kurze Zeit festnehmen Attentat von Anagni Davon gebrochen starb Bonifatius am 11 Oktober 1303 4 in Rom Ubersiedlung nach Avignon BearbeitenDer Druck der franzosischen Krone hatte dazu gefuhrt dass immer mehr Kardinale franzosischer Herkunft waren 5 Mit Clemens V wurde 1305 dann auch ein Franzose zum Papst gewahlt Er war zuvor Erzbischof von Bordeaux und ging nach seiner Wahl gar nicht erst nach Rom sondern liess sich in Lyon zum Papst kronen Clemens stand vollig unter dem Einfluss Frankreichs Vier Jahre nach seiner Kronung liess er sich dauerhaft in Avignon nieder Avignon war zwar seit 1290 im Besitz des Grafen der Provence der als loyaler Vasall der Kirche galt lag aber im franzosischen Territorium wenngleich Clemens VI spater Landereien um die Stadt herum aufkaufen sollte Damit hatte sich der Papst in die Abhangigkeit einer Krone gebracht die seine Vorganger uber zwei Jahrhunderte erbittert bekampft hatten 5 Clemens zaghafter Versuch sich mit Hilfe des romisch deutschen Kaisers Heinrich VII der Einflussnahme Philipps zu erwehren endete schon bald da Heinrich in Italien die alte imperiale Politik im Stil der Staufer zu erneuern versuchte so dass Clemens sich wieder Philipp zuwandte Hierzu trug auch die Drohung Philipps bei auf einem Prozess gegen Bonifatius VIII zu bestehen in dem dieser posthum der Haresie uberfuhrt werden sollte was schwerwiegende Folgen fur das Ansehen des Papsttums gehabt hatte Einfluss Frankreichs BearbeitenUnter franzosischem Einfluss wurde das Papsttum zum Spielball franzosischer Machtinteressen und busste seine Autoritat als uberparteiliche Macht in Europa ein 5 Diese Entwicklung erwies sich recht bald als fatal Templerprozess Bearbeiten Philipp IV war der grosste Schuldner des Templerordens der wahrend der Zeit der Kreuzzuge reich geworden war und sich anschliessend hauptsachlich in Frankreich niedergelassen hatte Philipp war der exemte also seinem Jurisdiktionsbereich entzogene Orden ein Dorn im Auge Er beschadigte systematisch den Leumund der Templer indem er behauptete dass die Anhanger des Ordens haretische Sonderlehren vertraten und Unzucht trieben 6 1307 gab es die ersten Verhaftungswellen aufgrund von Beschuldigungen die unter der Folter erpresst worden waren Templerprozess Clemens V ging nur halbherzig dagegen vor Selbst von einer Anklage bedroht lenkte er schliesslich ein Gegen den Willen des Konzils von Vienne hob er den Orden am 22 Marz 1312 auf Philipp liess daraufhin im ganzen Land die Tempelritter verfolgen und teilweise hinrichten Er beschlagnahmte das Vermogen des Ordens obwohl es dem Johanniterorden zugesprochen worden war 6 Konflikt mit Ludwig IV und beginnender Konziliarismus Bearbeiten Unter Clemens Nachfolger Johannes XXII wurde es nicht besser Indem er franzosischen Interessen folgte lieferte er sich eine jahrelange Auseinandersetzung mit dem deutschen Thronpratendenten Ludwig IV Damit beschadigte er sein Ansehen im Reich von wo schliesslich ein massiver Gegenschlag gefuhrt wurde der nicht mehr bloss dem Amtsinhaber sondern dem Papsttum an sich galt 7 Ludwig IV appellierte an ein kunftiges Konzil und sammelte an seinem Hof eine Reihe von Theologen vor allem aus dem Franziskanerorden die ihrerseits mit dem Papst im Konflikt lagen Armutsstreit Sie arbeiteten dort Schriften und kanonistische Gutachten aus die die geltende Hierarchie der Kirche in Frage stellten und eine Oberhoheit des Allgemeinen Konzils als Vertreter der ganzen Christenheit behaupteten Das war der Ursprung des Konziliarismus der die Kirche in den nachsten zwei Jahrhunderten beschaftigen sollte Kurie und Kirchenverwaltung in Avignon Bearbeiten nbsp Papstpalast in AvignonDie Verwaltung der katholischen Kirche die sich als Gesamtkirche begriff wurde zunehmend zentralisiert und besser organisiert Ein Kennzeichen des avignonesischen Papsttums war aber auch der uberhandnehmende Nepotismus der Papste Der Papstpalast in Avignon wurde unter Clemens VI prachtig ausgebaut die Hofhaltung war ausserst aufwendig Schliesslich kaufte Clemens VI 1348 die Stadt Der Papstpalast von Avignon wurde ein Zentrum des Mazenatentums und des Fruhhumanismus Die Universitat von Avignon genoss einen guten Ruf Versuche des Papsttums in Italien wo der Kirchenstaat Auflosungserscheinungen zeigte regulierend einzugreifen blieben erfolglos nicht zuletzt auch aufgrund des Einflusses starker Kommunen wie Florenz und machtiger Adelsfamilien wie der Visconti von Mailand Aber auch allgemeine kommunale Streitigkeiten erschwerten entsprechende Bemuhungen einzelner Avignoneser Papste Ruckkehr nach Rom BearbeitenUnter Ludwigs Nachfolger Karl IV verbesserte sich das Verhaltnis zwischen dem Reich und der Kurie spurbar da Karl auf ein enges Zusammenwirken der beiden Universalmachte Wert legte So bot er Urban V an unter seinem Schutz nach Rom zuruckzukehren Im Osten versuchten die Papste eine Kirchenunion mit der Ostkirche in Byzanz zu erreichen allerdings ohne Erfolg Ebenso scheiterten die zum Teil gross angelegten Kreuzzugsplane einzelner Papste Die enge Anlehnung des Papstes an die franzosische Monarchie die in unterschiedlicher Intensitat immer gegeben war die Vergabe von Pfrunden zur Finanzierung des papstlichen Hofes und der moralische Zustand des Papsttums riefen in Italien Kritik hervor So ausserte sich Petrarca sehr verachtlich uber die Zustande in Avignon In Rom wurde der Ruf nach einer Ruckkehr des Papstes immer lauter Gregor XI vollzog diesen Schritt schliesslich auch auf Druck der Katharina von Siena und der Birgitta von Schweden 8 Kurz nach der Ruckkehr kam es jedoch zu einer Doppelwahl die das Abendlandische Schisma ausloste Anschliessend residierten erneut Papste in Avignon andere in Rom Das Schisma dauerte von 1378 bis 1417 9 und wurde erst durch das Konzil von Konstanz gelost Liste der avignonesischen Papste bzw Gegenpapste Bearbeiten nbsp Papst Gregor XI kehrt feierlich nach Rom zuruck Fresko von Giorgio Vasari in der Sala Regia im Apostolischen Palast 1571 1574 Clemens V 1305 1314 seit Marz 1309 in Avignon Johannes XXII 1316 1334 Benedikt XII 1334 1342 Erbauer des Papstpalastes in Avignon Clemens VI 1342 1352 Innozenz VI 1352 1362 Urban V 1362 1370 Gregor XI 1370 1378 kehrte 1376 nach Italien zuruck Clemens VII 1378 1394 avignonesischer Gegenpapst zu Urban VI Benedikt XIII 1394 1408 in Avignon Flucht nach Aragonien Clemens VIII 1423 1429 residierte wie sein Vorganger Benedikt in Peniscola Benedikt XIV in den 1430er Jahren Untergrundpapst in der Grafschaft Armagnac Siehe auch BearbeitenListe der PapsteQuellen BearbeitenEtienne Baluze Vitae paparum Avenionensium 1305 1394 4 Bande 1916 1922 neu bearbeitet von Guillaume Mollat Literatur BearbeitenAnne Marie Hayez Michel Hayez Papst und Papsttum VII Das Papsttum in Avignon In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 6 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1993 ISBN 3 7608 8906 9 Sp 1677 1682 Hermann Hold Unglaublich glaubhaft Die Arengen Rhetorik des Avignoneser Papsttums Frankfurt am Main 2004 2 Bande F Donald Logan Geschichte der Kirche im Mittelalter Darmstadt 2005 Guillaume Mollat Les papes d Avignon Paris 1912 10 Aufl 1964 alteres Standardwerk Joelle Rollo Koster Avignon and its Papacy 1309 1417 Popes Institutions and Society Rowman amp Littlefield Lanham 2015 ISBN 978 1 4422 1532 0 Stefan Weiss Die Versorgung des papstlichen Hofes in Avignon mit Lebensmitteln 1316 1378 Studien zur Sozial und Wirtschaftsgeschichte eines mittelalterlichen Hofes Akademie Verlag Berlin 2002 ISBN 3 05 003640 0 Zugl Augsburg Univ Habil Schr 2000 Stefan Weiss Rechnungswesen und Buchhaltung des Avignoneser Papsttums 1316 1378 Eine Quellenkunde Monumenta Germaniae Historica Hilfsmittel Band 20 Hahn Hannover 2003 ISBN 3 7752 1127 6 1 Aufl neue Ausg Monumenta Germaniae Historica Munchen 2003 ISBN 3 88612 120 8 Stefan Weiss Kredite europaischer Herrscher fur Gregor XI Zur Finanzierung der Ruckkehr des Papsttums von Avignon nach Rom In Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken Band 77 1997 ISSN 0079 9068 S 176 205 perspectivia net abgerufen am 16 April 2017 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Avignonesisches Papsttum Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Avignon In Catholic EncyclopediaAnmerkungen Bearbeiten Gerhard Hellwig Gerhard Linne Daten der Weltgeschichte Bertelsmann Gutersloh Berlin Munchen Wien 1975 ISBN 3 570 01604 8 OCLC 1677239 S 175 Immanuel Geiss Geschichte griffbereit Band 4 Begriffe Rowohlt Verlag Reinbek bei Hamburg 1983 ISBN 3 499 16238 5 OCLC 612857806 S 243 August Franzen Kleine Kirchengeschichte 25 Auflage S 221 a b c d Der Brockhaus multimedial Wissenmedia GmbH Gutersloh Munchen 2010 ISBN 978 3 577 07756 9 OCLC 845528744 DVD ROM a b c August Franzen Kleine Kirchengeschichte 25 Auflage S 223 a b August Franzen Kleine Kirchengeschichte 25 Auflage S 224 August Franzen Kleine Kirchengeschichte 25 Auflage S 225 August Franzen Kleine Kirchengeschichte 25 Auflage S 226 Immanuel Geiss Geschichte griffbereit Band 4 Begriffe Rowohlt Verlag Reinbek bei Hamburg 1983 ISBN 3 499 16238 5 OCLC 612857806 S 263 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Avignonesisches Papsttum amp oldid 233361407