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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Ablass Familienname aufgefuhrt Fur den Ort siehe Ablass Mugeln Ablass oder Indulgenz lateinisch indulgentia veraltet auch romische Gnade ist ein Begriff aus der romisch katholischen Theologie und bezeichnet einen von der Kirche geregelten Gnadenakt durch den nach kirchlicher Lehre zeitliche Sundenstrafen erlassen nicht dagegen die Sunden selbst vergeben werden Es gibt Teilablasse oder vollkommene Ablasse die die Glaubigen unter von der Kirche bestimmten Bedingungen erlangen konnen Ablasse konnen auch Verstorbenen zugewendet werden Reskript mit vorgedrucktem Ablassantrag und papstlichem Siegel 1925 Mit dem Segen Urbi et orbi ist nach katholischer Lehre allen die ihn horen oder sehen unter den gewohnlichen kirchlichen Bedingungen ein vollkommener Ablass ihrer Sundenstrafen gewahrt Fussabdruck der Maria den zu kussen 700 Jahre Ablass verspricht Inhaltsverzeichnis 1 Sunde und Sundenstrafen 2 Begriffe und Inhalte der Ablasslehre 3 Kritik an der Ablasslehre 4 Geschichtliche Entwicklungen 4 1 Mittelalter 4 2 Neuzeit 4 3 Moderne 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseSunde und Sundenstrafen BearbeitenDie Lehre vom Ablass ist ein Konzept das eng mit den Konzepten von Sunde Busse Reue Umkehr Gnade und Vergebung in der katholischen Theologie verankert ist Der Ablass Indulgenz bezeichnet einen in der romisch katholischen Theologie geregelten Gnadenakt fussend auf dem Gnadenschatz durch den nach kirchlicher Lehre zeitliche Sundenstrafen erlassen nicht dagegen die Sunden selbst vergeben werden Durch die Praxis der Ablassbriefe sollte den Glaubigen ein dem Geldbetrag entsprechender Erlass zeitlicher Sundenstrafen im Fegefeuer fur sie oder fur bereits gestorbene Angehorige bescheinigt werden konnen Grundsatzlich unterscheidet die romisch katholische Kirche zwischen Sundenstrafe poena peccatum und Sundenschuld Die aus der Sunde folgende Sundenstrafe kann ewig oder zeitlich sein Diesen zeitlichen Sundenstrafen gilt der Ablass sie werden unter anderem durch den Ablass nachgelassen 1 Um einen vollkommenen oder teilweisen Ablass zu gewinnen mussen Katholiken durch Sakramentenempfang angemessen disponiert sein und meist ein bestimmtes frommes Werk z B Wallfahrt Kirchen oder Friedhofsbesuch oder ein besonderes Gebet etwa in der Meinung des Heiligen Vaters verrichten Ablasse kann der Glaubige auch fur die armen Seelen im Fegefeuer gewinnen Nachdem bereits das Konzil von Trient Gewinne aus der Verausserung von Ablassen scharf verurteilt hatte 2 belegte Papst Pius V mit seinem apostolischen Schreiben Quam plenum 1567 den Handel mit Ablassen mit der Strafe der Exkommunikation und hob alle mit finanziellen Verpflichtungen gewahrten Ablassprivilegien auf 400 Jahre spater am 1 Januar 1967 ordnete Papst Paul VI mit seinem Rundschreiben Indulgentiarum doctrina das Ablasssystem neu Er hob die Bedeutung des Leistens von Werken der Frommigkeit Busse und Liebe und damit das Wachstum im Glauben gegenuber dem blossen Ableisten von Sundenstrafen hervor Weiterhin schrankte er die Zahl der gewahrten Ablasse stark ein und erklarte die tageweise Zahlung erlassener Sundenstrafen fur nichtig die so lange mit der Ablasslehre verbunden gewesen war 3 4 Begriffe und Inhalte der Ablasslehre BearbeitenDer Codex Iuris Canonici von 1983 das Gesetzbuch des romisch katholischen Kirchenrechts definiert den Ablass in can 992 CIC wie folgt Ablass ist der Nachlass zeitlicher Strafe vor Gott fur Sunden deren Schuld schon getilgt ist ihn erlangt der entsprechend disponierte Glaubige unter bestimmten festgelegten Voraussetzungen durch die Hilfe der Kirche die im Dienst an der Erlosung den Schatz der Suhneleistungen Christi und der Heiligen autoritativ verwaltet und zuwendet In der sakramententheologischen Systematik ist der Ablass wiewohl selbst kein Sakrament als Busspraxis der Genugtuung satisfactio operis zugeordnet die neben der Reue des Herzens contritio cordis und dem ausdrucklichen Sundenbekenntnis confessio oris den dritten Teil des Busssakraments bildet Nach romisch katholischer Lehre werden durch einen Ablass die so genannten zeitlichen Sundenstrafen ganz vollkommener Ablass oder teilweise Teilablass erlassen Nicht zu verwechseln ist der Ablass der Sundenstrafen mit dem Nachlass der Sunden also der Sundenvergebung selbst die im Busssakrament empfangen werden kann Die Vergebung einer Sunde beseitigt nach katholischer Lehre namlich die daraus erwachsenen Sundenstrafen nicht Zeitliche Sundenstrafen waren ursprunglich die dem reuigen Sunder bei der Sundenvergebung auferlegten zeitlich befristeten Kirchenstrafen Bussen die meist eine zeitweilige Exkommunikation umfassten Spater verstand man darunter die Zeit welche die Seele nach dem Tod im Fegefeuer verbringt bevor sie zur Anschauung Gottes im Himmel gelangt Auch dann wenn die Sunde durch sakramentale Beichte oder vollkommene Reue im Hinblick auf das ewige Urteil beim Letzten Gericht Himmel oder Holle vor Gott vergeben sein mag sind ihre Konsequenzen im Hier und Jetzt noch spurbar Die Sunde ist vergeben ihre Folgen sind aber nicht aus der Welt Der Busser ist darum aufgerufen diese auf seiner Lebenszeit liegende Last stetig zu verringern seine Schuld zu suhnen und wiedergutzumachen was nach gangiger Meinung auch ersatzweise durch gute Werke wie Gebete etwa das Rosenkranzgebet Almosen Pilgerfahrten etc geleistet werden kann In dem Masse wie er diese Obliegenheit verfehlt ist eine vorubergehende zeitliche Reinigung nach dem Tode nach traditioneller Auffassung unumganglich Diese jenseitige Lauterung kann nun nach katholischem Verstandnis durch die Erlangung von Ablassen verkurzt oder erleichtert werden Eine Zahlweise der Zeiten des Erlasses nach Tagen Monaten und Jahren wurde durch die apostolische Konstitution Indulgentiarum doctrina Papst Pauls VI vom 1 Januar 1967 aufgegeben 5 Es ist den Glaubigen bei entsprechender Disposition moglich einmal am Tag einen vollkommenen Ablass zu gewinnen Dem liegt die Auffassung zugrunde dass die Gemeinschaft der Heiligen sowohl im diesseitigen als auch im jenseitigen Leben durch ihre Fursprache und ihre guten Werke dem einzelnen Sunder hilft sein Ziel Wiederherstellung der durch die Sunde gestorten Beziehung zu Gott und seinen Mitmenschen zu erreichen Die Verdienste Christi und der lebenden und verstorbenen Heiligen werden hierbei als ein Gnadenschatz begriffen 6 aus dem Zuwendungen an den reuigen Sunder moglich sind die ihm seine Suhnetat erleichtern und zum Teil abnehmen konnen Die Verwaltung dieses Schatzes ist Aufgabe der Kirche Eine noch weitergehende Bedeutung fur die bleibende Verbundenheit von Lebenden und Verstorbenen in der kirchlichen Gemeinschaft gewinnt die Ablasspraxis dadurch dass es gemass katholischer Lehre auch moglich ist einen Ablass fur einen Verstorbenen zu erlangen dem die damit gewonnenen Erleichterungen auf seinem Weg zur Gottesschau dann zugutekommen sollen 7 Die Zuwendung eines Ablasses an eine andere lebende Person ausser derjenigen die die Bedingungen erfullt ist dagegen nicht vorgesehen All das unterstreicht die Vorstellung dass der Weg zum Heil nie nur eine personliche Einzelleistung sein kann sondern sich im Schoss der Gemeinschaft des Volkes Gottes der Gemeinschaft der Heiligen vollzieht in der einer fur den anderen einsteht Dass die Ablassgewinnung nur aufgrund des einmaligen Versohnungsopfers Christi und im Vertrauen auf ihn moglich ist steht hierbei ausser Frage Ohne das Opfer Christi ware aus christlicher Sicht jede Sunde unwiderruflich und unheilbar und der Sunder bliebe in Zeit und Ewigkeit von Gott und den Menschen getrennt Nach romisch katholischen Lehre ist der Ablass demnach ein besonderer gottlicher Gnadenakt der der eigentlichen Vergebung nachgelagert ist Er wird durch verbindliche Rechtsakte und Regelungen der kirchlichen Autoritat vermittelt Kritik an der Ablasslehre Bearbeiten nbsp Ein Ablasskramer Maske beim Schembartlauf Anfang des 16 JahrhundertsVon reformatorischer bzw evangelischer Seite ist der Hauptkritikpunkt an der romisch katholischen Ablasslehre weniger die zeitweilige Kommerzialisierung der Ablassgewahrung die nach uberkonfessionell herrschender Meinung recht eindeutig als zeitbedingte Fehlentwicklung zu beurteilen ist Vielmehr wird ausgehend insbesondere von Luthers 58 These argumentiert dass sich hier eine kirchliche Administration verkorpert durch den Papst anmasse den Gnadenschatz nach ihrem Gutdunken und nach menschengemachten Regeln verwalten und verteilen zu durfen Nach reformatorischem Verstandnis ist es allein Gottes Versohnungshandeln vollbracht im suhnenden Opfertod Jesu am Kreuz das dem schuldigen Menschen Vergebung vermittelt Martin Luther aussert sich in seinem Bekenntnis von 1528 recht drastisch aber auch deutlich Der Ablass aber den die Papstkirche hat und gibt ist ein lasterlicher Betrug Nicht allein weil sie uber die allgemeine Vergebung hinaus die in aller Christenheit durch das Evangelium und Sakrament gegeben wird eine besondere Vergebung erdichtet und einrichtet und damit die allgemeine Vergebung schandet und entwertet sondern weil sie auch die Genugtuung fur die Sunde stellt und grundet auf Menschenwerk und der Heiligen Verdienst wo doch allein Christus fur uns genug tun kann und genug getan hat 8 Der Prafekt der Kongregation fur die Glaubenslehre Gerhard Ludwig Kardinal Muller ausserte in einem Interview 2017 Martin Luther habe mit seiner Kritik am Ablasshandel recht gehabt denn der Ablasshandel sei ein Betrug an den Glaubigen gewesen Statt Luther zu exkommunizieren hatte die Kirche kritischer unterscheiden mussen was er eigentlich gewollt habe 9 Geschichtliche Entwicklungen BearbeitenMittelalter Bearbeiten Anstelle der Verhangung einer offentlichen Kirchenstrafe wurden den Bussern im Lauf der Zeit als Genugtuung nach der Beichte die stille Leistung guter Werke etwa Almosen auferlegt Dadurch erhielten gute Werke im Abendland immer starker den Charakter einer formlichen Genugtuung fur begangene Schuld wobei sich hier der Einfluss der alten germanischen Rechtsprechung geltend machte Die Verletzung eines anderen Freien war hier durch eine Suhneleistung d h eine als Aquivalent angenommene Gabe abzugelten und der Verletzte hatte sich damit abzufinden Analog auf den Fall der Sundenstrafe ubertragen war Gott gegenuber eine solche Satisfaktion zu leisten Die altgermanischen Gesetzgebungen kannten nun sowohl die Moglichkeit einer Ubertragung der Suhneleistung auf andere als auch die Kompensation des Vergehens oder Verbrechens durch Geld Wergeld An dieses Rechtsbewusstsein knupfte spater auch die Kirche an z B in England wo seit dem Ende des 7 Jahrhunderts Bucher in Umlauf kamen die eine Art Umrechnungstabelle von Kirchenstrafen Fasten Psalmengesang oder Almosen in Geldspenden an Kirchen oder Kleriker enthielten Auch stellvertretende Bussen kamen auf Ein wohlhabender Busser konnte so eine Busszeit von sieben Jahren in drei Tagen ableisten wenn er die entsprechende Anzahl Manner mietete die fur ihn fasteten Bis zum 10 Jahrhundert waren einige Busshandlungen nicht durch andere Bussen ersetzbar sondern wurden nur in Verbindung mit frommen Spenden der Teilnahme an Kreuzzugen Wallfahrten und ahnlichen verdienstvollen Werken anerkannt Der Ablass verstanden als Bussnachlass fur eine Ersatzleistung entstand im 11 Jahrhundert Mit der Verknupfung von Ablass und Kreuzzugswesen etwa gegen die Katharer wurde die Ablassgewahrung zunehmend zu einer Aufgabe des Papstes Der erste vollstandige Ablass der kein Kreuzzugsgelubde erforderte war der Portiuncula Ablass 13 Jahrhundert Mit dem Ablass fur die Pilger eines Heiligen Jahres ab 1300 verselbstandigte sich der vollstandige Ablass und wurde vom Kreuzzugsversprechen gelost Gleichzeitig entwickelte sich die Gewahrung von Teilablassen zu einem wichtigen Instrument zur Finanzierung von kirchlichen Gemeinschaftsaufgaben Im 14 Jahrhundert wurde die Lehre vom unermesslichen Gnaden oder Kirchenschatz eingefuhrt aus dem die Kirche bei der Ablassgewahrung schopfe und der vom Papst dem als Nachfolger des heiligen Petrus die Schlusselgewalt gegeben sei verwaltet wird Seinen Hohepunkt erreichte das Ablasswesen im 15 Jahrhundert Seitdem kann man auch fur Verstorbene Ablasse erwerben was als Akt der Nachstenliebe gilt Mit der Reformation brach das Ablasswesen in seiner bis dahin bekannten Form schlagartig zusammen nbsp Ablassurkunde Avignon fur das Kloster Rupertsberg LHA Koblenz 1342Der Dominikanermonch und spatere Kardinal Hugo von Saint Cher hatte sich um das Jahr 1230 mit der Problematik auseinandergesetzt ob es einen wirklichen Straferlass geben konne wenn Busse nicht geleistet worden sei oder ob dieser lediglich durch einen unangemessenen Ersatz abgetragen wurde Grundlegend war fur ihn die christliche Grundaussage dass alles Heil in Jesus Christus begrundet sei Hieraus leitete er die Idee eines thesaurus meritorum oder thesaurus ecclesiae Kirchenschatz ab Denn die Verdienste Christi und der Heiligen bildeten den Schatz der Kirche mit dessen Hilfe die noch abzuleistenden Bussleistungen der Sunder getilgt wurden Auch Thomas von Aquin setzte sich mit dem Problem des Ablasses auseinander Er vertrat die Auffassung dass ein Ablass sowohl unmittelbar erworben werden konne wenn man die vorgeschriebene Busse selbst verrichte als auch mittelbar wenn ein anderer dieses Werk verrichte 10 Die Ausarbeitungen Hugos von Saint Cher nahm Papst Clemens VI in seiner Jubilaumsbulle Unigenitus Dei Filius vom 27 Januar 1343 auf um die Lehre vom Gnadenschatz der Kirche thesaurus ecclesiae zur offiziellen Lehre der romisch katholischen Kirche zu erheben Durch die Idee des thesaurus ecclesiae wurden die geistlichen Verdienste materialisiert und quantifiziert Dementsprechend bestehe die Moglichkeit diese geistlichen Verdienste Christi und der Heiligen in einer irdischen und juristischen Handhabung zu verwenden Die Kirche verwalte diesen unerschopflichen Gnadenschatz und konne aus ihm den sundigen Menschen an dieser Heiligkeit partizipieren lassen an der es ihnen durch seine Sundhaftigkeit mangele 11 nbsp Ablassbrief von 1516 im Kulturhistorischen Museum in StralsundNeuzeit Bearbeiten nbsp Das Wirken des Dominikaners und Ablasshandlers Johann Tetzel ca 1460 1519 war einer der Anlasse Martin Luthers zur Verkundung seiner 95 Thesen Der Handel mit sogenannten Almosenablassen fur deren Gewinnung als Ablasswerk ein Geldbetrag gespendet werden musste war ein besonders in der Renaissancezeit verbreiteter Missbrauch Bereits um 1385 hatte Geoffrey Chaucer im Prolog der Canterbury Tales einen Ablasshandler karikiert da wusste er dann mit seiner Honigzunge die Silberlinge aus der Gemeinde herauszupredigen 12 Die Kurie hatte das Ablasswesen uber die Jahre systematisch ausgebaut und betrieb europaweit im gesamten romischen Einflussbereich feldzugartige Veranstaltungen etwa Jubilaumsablasse um Turkenkreuzzuge Kirchenbauten and anderes zu finanzieren Die Konzeption hierzu hatte Raimundus Peraudi seit dem Jahre 1493 in Kardinalswurde entwickelt Bis zu seinem Tode 1504 verfolgte er das durchplante Konzept in uniformer Weise standardisiert und durch eine Massenproduktion vermittels gedruckter Ablassbriefe in die alltagliche Praxis umgesetzt 13 Mit der Neuzeit nahm das Ablasswesen eine strukturierte Entwicklung und kontinuierliche Ausdehnung auf Damit verbunden war die gleichzeitige Juridifizierung Zentralisierung und Fiskalisierung durch den Papst und die Kurie Sundenstrafen und Bussleistungen sollten durch Almosen durch Geld spaterhin durch Leistungen Dritter abgegolten werden So konnten die im Fegefeuer bussenden Seelen naher Familienangehoriger eine Erleichterung erfahren also Sundern ohne deren eigenen Reue und Busse zugutekommen 14 Martin Luthers fundamentale Infragestellung des Ablasses war der Anlass fur die Verfassung der 95 Thesen und gilt als ein Ausloser der Reformation im Heiligen Romischen Reich Mit Einkunften aus dem Ablasshandel hatten einige Papste betrachtliche Geldsummen aus ganz Europa nach Rom gelenkt die unter anderem fur den Bau des Petersdoms verwendet wurden Albrecht von Brandenburg Bischof von Magdeburg Halberstadt und Mainz hatte mit dem Papst einen Ablasshandel durch den Dominikaner Johann Tetzel in Gang gesetzt Albrecht der sich vom Papst mehrere Bistumer hatte verleihen lassen musste hohe Gebuhren fur diesen Verstoss gegen die Bestimmungen des Kanonischen Rechts zahlen Albrechts Provisionen aus dem Ablasshandel sollten dazu dienen seine Schulden beim Bankhaus Fugger in Augsburg abzutragen der Rest sollte bestimmungsgemass nach Rom gehen Obgleich das Konzil von Basel 1431 1449 versuchte die papstliche Superioritat auch im Ablasswesen zu bekampfen blieb das System als solches jedoch zunachst unangetastet bestehen Die auch von Zeitgenossen grossteils als korrupt bezeichneten Papste der Renaissancezeit insbesondere der wegen seines ausschweifenden Lebensstils standig verschuldete Papst Leo X trieben den Ablasshandel auf die Spitze Ablassbriefe wurden in ganz Europa wie Wertpapiere gehandelt Der wohl beruhmteste Ablassprediger Deutschlands war der im Magdeburger Gebiet wirkende Dominikaner Johann Tetzel 1514 und 1516 bot er einen Ablass auf angeblich um die Turkenkriege zu finanzieren und den Bau der Peterskirche in Rom voranzutreiben Tatsachlich ging nur die Halfte des Geldes nach Rom die andere Halfte an den jeweiligen Ablassprediger und an den Erzbischof Albrecht von Brandenburg der damit seine Schulden bei den Fuggern zuruckzahlte 15 Dieser sogenannte Petersablass wurde vom Kurfursten von Sachsen der den massiven Geldabfluss nach Rom verhindern wollte schliesslich verboten Solche Missbrauche des Ablasses wurden zu einem Ausloser der Reformation Die Reformatoren studierten die Bibel in der sich keine klare Darstellung des mittelalterlichen Ablasskonzepts findet Auch Martin Luther sah im geschaftsmassigen Handel mit Ablassbriefen einen krassen Missbrauch der ihn zur Abfassung seiner 95 Thesen veranlasste Zwar war er entgegen landlaufiger Meinung zunachst kein grundsatzlicher Gegner des Ablasses vgl These 71 legte jedoch durch seine theologischen Argumente vgl These 58 damals bereits die Basis fur eine grundlegende Infragestellung des papstlichen Ablasswesens an sich Ein jeder Christ der wahre Reue und Leid hat uber seine Sunden hat vollige Vergebung von Strafe und Schuld die ihm auch ohne Ablassbrief gehort Ein jeder wahrhaftige Christ ist teilhaftig aller Guter Christi und der Kirche aus Gottes Geschenk auch ohne Ablassbriefe Martin Luther Thesen 36 und 37 16 Das Trienter Konzil 1545 1563 hielt in seinem Dekret uber den Ablass an der Vollmacht der Kirche fest Ablasse zu gewahren Mit diesen durfte aber schon seit Juli 1562 nicht mehr gehandelt werden 17 Bischofe hatten etwaige Missbrauche zusammenzustellen und den Papst daruber zu informieren 18 Am 8 Februar 1567 hob Papst Pius V in der Konstitution Etsi Dominici auch alle Almosenablasse auf und verfugte am 2 Januar 1570 in der Konstitution Quam plenum die Exkommunikation fur jene die mit den Ablassen Handel treiben wollten Noch im Codex Iuris Canonici von 1917 war Ablasshandel gemass Can 2327 mit der Strafe der Exkommunikation belegt Moderne Bearbeiten nbsp Inschrift an der Lateranbasilika die auf die Moglichkeit der Gewinnung eines vollkommenen Ablasses fur die Lebenden und die Verstorbenen hinweist Bereits im Verlauf der Gegenreformation hatte sich die romisch katholische Kirche bemuht Missbrauche im Ablasswesen abzustellen Einen regelrechten Ablasshandel gab es nach dem 16 Jahrhundert nicht mehr Mit der apostolischen Konstitution Indulgentiarum doctrina promulgierte Papst Paul VI am 1 Januar 1967 eine Neuordnung des Ablasswesens mit dem Zweck der frommen Ubung der Ablassgewinnung mehr Wurde und Achtung zu verleihen 19 Besondere Ablasse gewahrt im Auftrag des Papstes die Apostolische Ponitentiarie 20 nbsp Ablassbrief aus dem Jahr 1747 des S Annae Bundes von HarlachingDas Verzeichnis der Normen und der gewahrten Ablasse ist das Enchiridion Indulgentiarum Normae et concessiones dt Handbuch der Ablasse das zuletzt 1999 neu aufgelegt wurde Fur die Ablasslehre und praxis sind unter anderem folgende Regelungen massgeblich Ein gewonnener Ablass kann vollkommen oder unvollkommen sein Ein vollkommener Ablass ist ein Erlass samtlicher zeitlicher Sundenstrafen was im Fall des Todes unmittelbar in die ewige Anschauung Gottes fuhrt ohne eine vorherige Lauterung im Purgatorium Ein unvollkommener Ablass ist ein teilweiser Erlass zeitlicher Sundenstrafen Voraussetzung fur die Gewinnung eines vollkommenen Ablasses sind der Empfang des Busssakramentes mit entschlossener Abkehr von jeder Anhanglichkeit an die Sunde Kommunionempfang und Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters Ist die Einhaltung einer der Bedingungen nicht gegeben wird der Ablass als unvollkommen gewonnen Zu bestimmten Anlassen kann ein vollkommener Ablass gewahrt werden so in den Heiligen Jahren dem Heiligen Compostelanischen Jahr bei Weltjugendtagen oder anderen ausserordentlichen Anlassen wie etwa dem 150 Jahrestag der Marienerscheinungen in Lourdes im Jahr 2008 Wenn kein Priester erreichbar ist der in Lebensgefahr die Sakramente und den apostolischen Segen mit dem ein vollkommener Ablass verbunden ist spenden konnte gewahrt die Kirche bei entsprechender Disposition einen vollkommenen Ablass fur die Sterbestunde sofern der Sterbende im Lauf seines Lebens gewohnlich irgendwelche Gebete verrichtet hat 21 Schon 1942 erging ein Dekret das einen vollkommenen Ablass bei Fliegerangriffen auch ohne vorhergehenden Empfang der heiligen Sakramente 22 gewahrte Auch mit dem Segen Urbi et orbi wird allen die ihn horen oder sehen nach den kirchlichen Vorschriften ein vollkommener Ablass ihrer Sundenstrafen gewahrt War fur den Empfang dieses Ablasses ursprunglich die personliche Anwesenheit der Glaubigen auf dem Platz oder in Sichtweite des Papstes notwendig so kann der Segen seit 1967 auch von Zuhorern oder Zuschauern bei Ubertragungen uber das Radio empfangen werden Gleiches gilt seit 1985 fur Fernseh und seit 1995 auch fur Ubertragungen uber das Internet Die katholische Kirche gewahrt seit alter Zeit einen vollkommenen Ablass jedem Glaubigen der eine der vier Patriarchalbasiliken Roms besucht und dabei andachtig das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis spricht 23 Ausser an kirchlichen Feiertagen und dem Patrozinium dieser Kirche kann der Ablass einmal im Jahr an einem weiteren Tag nach Wahl des Glaubigen gewonnen werden Siehe auch BearbeitenAblassprivileg Ablasstafel St Maria AblassLiteratur BearbeitenPaul VI Apostolische Konstitution Indulgentiarum Doctrina uber die Neuordnung des Ablasswesens 1 Jan 1967 AAS 59 1967 S 5 24 Deutsche Ubersetzung in Handbuch der Ablasse Enchiridion Indulgentiarum 3 lat Auflage Bonn 1989 S 69 93 Ferner lat und dt mit Nuancen der Ubersetzung in Nachkonziliare Dokumentation Bd 2 NKD 2 Apostolische Busskonstitution Bussordnung der deutschen Bischofe Apostolische Konstitution uber die Neuordnung des Ablasswesens Lateinisch deutsch Trier 1912 S 72 127 Arnold Angenendt Geschichte der Religiositat im Mittelalter 3 Auflage WBG Darmstadt 2005 S 652 657 Gustav Adolf Benrath Ablass In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 1 de Gruyter Berlin New York 1977 ISBN 3 11 006944 X S 347 364 Franz Beringer Die Ablasse ihr Wesen und Gebrauch 2 Bde 15 Auflage Schoningh Paderborn 1921 Reinhard Brandt Lasst ab vom Ablass Ein evangelisches Pladoyer V amp R Gottingen 2008 Johannes Calvin Unterricht in der christlichen Religion 3 Auflage Neukirchen Vluyn 1984 S 432 ff Drittes Buch Funftes Kapitel Von den Anhangseln zur Lehre von den genugtuenden Werken namlich vom Ablass und vom Fegefeuer Peter Christoph Duren Der Ablass in Lehre und Praxis Die vollkommenen Ablasse der Katholischen Kirche 4 Auflage Dominus Verlag Augsburg 2013 Adolf Gottlob Kreuzablass und Almosenablass Studie uber die Fruhzeit des Ablasswesens Enke Stuttgart 1906 Arnold Guillet Die Ablassgebete der katholischen Kirche 7 Auflage Christiana Verlag Stein am Rhein 2013 Berndt Hamm Ablass und Reformation erstaunliche Koharenzen Mohr Siebeck Tubingen 2016 ISBN 978 3 16 154481 1 Johann Baptist von Hirscher Die katholische Lehre vom Ablasse mit besonderer Rucksicht auf ihre praktische Bedeutung 5 Auflage Laupp Tubingen 1844 Digitalisat als DjVu Charles Journet Die katholische Lehre uber das Fegefeuer 1931 Christiane Laudage Das Geschaft mit der Sunde Ablass und Ablasswesen im Mittelalter Herder Freiburg Basel Wien 2016 ISBN 978 3 451 31598 5 Flora Lewis Rewarding Devotion Indulgences and the Promotion of Images In Diana Wood Hg The Church and the Arts Papers Read at the 1990 Summer Meeting and the 1991 Winter Meeting of the Ecclesiastical History Society Blackwell Oxford 1992 S 178 194 Martin Luther Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum Disputation zur Erlauterung der Kraft des Ablasses 95 Thesen 1517 In Wilfried Harle Johannes Schilling Gunter Wartenberg Hrsg Martin Luther Lateinisch deutsche Studienausgabe Bd 2 Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2006 S 1 15 In etwas anderer Ubersetzung und mit Einleitung von Karin Bornkamm Disputation zur Erlauterung der Kraft des Ablasses 95 Thesen in dies mit Gerhard Ebeling Hrsg Martin Luther Ausgewahlte Schriften Bd I 2 Auflage Insel Verlag Frankfurt a M 1983 S 26 37 Martin Luther Ein Sermon von Ablass und Gnade 1517 1518 In Reinhard Brandt Ubertragung in heutiges deutsch Einfuhrung und Erlauterung zu Ein Sermon vom Ablass und von der Gnade durch den wurdigen Dr Martin Luther Augustiner zu Wittenberg in Luther Lutherzeitschrift der Luther Gesellschaft Jg 73 2002 Heft 1 S 4 9 Bernd Moeller Die letzten Ablasskampagnen Der Widerspruch Luthers gegen den Ablass in seinem geschichtlichen Zusammenhang In Hartmut Boockmann Bernd Moeller Karl Stackmann Hrsg Lebenslehren und Weltentwurfe im Ubergang vom Mittelalter zur Neuzeit Politik Bildung Naturkunde Theologie Bericht uber Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spatmittelalters 1983 bis 1987 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen philologisch historische Klasse Folge III Nr 179 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1989 ISBN 3 525 82463 7 S 539 568 Nikolaus Paulus Der Ablass im Mittelalter als Kulturfaktor Vereinsschrift der Gorres Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland Bachem Koln 1920 Nikolaus Paulus Geschichte des Ablasses im Mittelalter Vom Ursprunge bis zur Mitte des 14 Jahrhunderts 2 Bde 1922 2 um eine Einleitung und eine Bibliographie von Thomas Lentes erweiterte Auflage WBG Darmstadt 2000 Nikolaus Paulus Geschichte des Ablasses am Ausgang des Mittelalters 1923 2 Auflage WBG Darmstadt 2000 Bernhard Poschmann Der Ablass im Licht der Bussgeschichte Bonn 1948 Karl Rahner Kleiner Theologischer Traktat uber den Ablass In ders Schriften zur Theologie Bd VIII Einsiedeln 1967 S 472 487 Karl Rahner Zur heutigen kirchenamtlichen Ablasslehre In ders Schriften zur Theologie Bd XII Zurich 1975 S 455 466 Joseph Ratzinger Portiunkula Was Ablass bedeutet In ders Bilder der Hoffnung Wanderungen im Kirchenjahr Freiburg i Br 1997 S 91 100 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ablasse Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Ablass Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wikisource Ablass Quellen und Volltexte Die Ablasse Katechismus der Katholischen Kirche RDK Artikel Was ist ein Ablass Katechese der Karl Leisner Jugend Was ist ein Ablass Interview mit Peter Christoph Duren YouTube Video von katholisch1 tv Ablasse nach dem Enchiridion Indulgentiarum Editio quarta 1999 deutsch PDF 26 kB Papst Johannes Paul II bei der Generalaudienz am 29 September 1999 uber das Geschenk des Ablasses Urkundenabschriften von Ablassen verschiedener Aussteller aus dem Jahr 1517Einzelnachweise Bearbeiten Reinhard Brandt Lasst ab vom Ablass Ein evangelisches Pladoyer Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2008 ISBN 978 3 525 61910 0 S 19 20 http newadvent org cathen 07783a htm http newadvent org cathen 07783a htm Lawrence G Duggan Indulgence in Encyclopedia Britannica 2015 Indulgentiarum doctrina Nr 12 und N 4 1 Stichwort Ablass auf Radio Vatikan 2006 Gedanken von Papst Benedikt XVI KKK 1479 Martin Luther Schriften Hrsg Karin Bornkamm und Gerhard Ebeling 2 Band S 261 katholisch de 11 April 2017 Ludwig Hodl Theologie und kirchliche Praxis des Ablasses im Hoch und Spatmittelalter In Lexikon des Mittelalters Bd 1 Artemis amp Winkler Verlag Munchen und Zurich 1980 Spalte 44 46 Rolf Decot Luthers Reformation zwischen Theologie und Reichspolitik Otto Lembeck Bonifatius Verlag Frankfurt ISBN 3 87476 539 3 S 132 133 Geoffrey Chaucer Canterbury Erzahlungen Aus dem Englischen ubersetzt von Detlef Droese Manesse Bibliothek der Weltliteratur 1971 Martin Heckel Martin Luthers Reformation und das Recht Mohr Siebeck Tubingen 2016 ISBN 978 3 16 154468 2 S 93 Martin Heckel Martin Luthers Reformation und das Recht Mohr Siebeck Tubingen 2016 ISBN 978 3 16 154468 2 S 94 Muller Gerhard Hrsg Theologische Realenzyklopadie Teil 1 Bd 1 S 336 Friedrich Weber Ablass und kein Ende PDF 252 kB Warum die theologische Auseinandersetzung gefuhrt werden muss 2008 Abgerufen am 8 Dezember 2014 Conc Trid Sessio XXI Decretum de reformatione Augsburg 1781 S 260 261 Conc Trid Sessio XXV Decretum de indulgentiis Augsburg 1781 S 713 Indulgentiarum doctrina Nr 11 Ablass fur WJT Sydney Indulgentiarum doctrina N 18 Acta Apostolicae Sedis 34 1942 S 382 Ubersetzung nach Erinnern fur die Zukunft S 19 PDF 817 kB Bulle Antiquorum habet Papst Bonifatius VIII zur Ausrufung des Heiligen Jahres 1300 Normdaten Sachbegriff GND 4141067 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ablass amp oldid 237901270