www.wikidata.de-de.nina.az
Die Judische Gemeinde Mainz hatte im Hochmittelalter eine europaweite Bedeutung wurde mehrfach vernichtet und entstand auch nach dem Holocaust neu Huldigungsschreiben der Judischen Gemeinde zu Magenza zur Feier der Wahl von Emmerich Joseph von Breidbach zu Burresheim zum Mainzer Kurfurst am 5 Juli 1763 Inhaltsverzeichnis 1 Bis zum 11 Jahrhundert 2 11 Jahrhundert 3 Pogrom von 1096 4 Neuanfang 11 bis 14 Jahrhundert 5 Vertreibungen im 15 Jahrhundert 6 Wiederaufleben der Gemeinde ab dem 16 Jahrhundert 7 Die Judenpolitik der Kurfursten im 17 und 18 Jahrhundert 8 Emanzipation durch Frankreich 9 Entwicklung der Emanzipation nach 1816 10 Spaltung der Gemeinde 11 Neue Blutezeit 12 Untergang der Gemeinde wahrend der NS Zeit 13 Neuanfang nach dem Holocaust 14 Judische Gemeinde heute 15 Literatur 16 Weblinks 17 Anmerkungen 18 EinzelnachweiseBis zum 11 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Grabstein des Jakob ben JakarDie Ursprunge der judischen Gemeinde in Mainz sind nicht geklart Angenommen wird dass Juden bereits zur Zeit des Romischen Reiches an den Mittelrhein gekommen sind Ein Nachweis dieser Annahme liegt fur Mainz bislang aber nicht vor 1 Den ersten sicheren Nachweis einer judischen Gemeinde bezeugen rabbinische Rechtsgutachten aus der zweiten Halfte des 10 Jahrhunderts als in Mainz bereits eine bluhende Gemeinde bestand Im 10 Jahrhundert begann auch die Einwanderung judischer Familien aus Italien und aus dem sudlichen Frankreich Die Gemeinde in Mainz wurde zu einem bekannten Zentrum des aschkenasischen Judentums 1 Beruhmtester Gelehrter jener Zeit war Gerschom ben Jehuda um 960 in Metz geboren wirkte in Mainz wo er 1028 oder 1040 starb Er grundete eine judische Hochschule Jeschiwa und festigte so ein von der Tradition babylonischer Religionsschulen unabhangiges Judentum 1 Simeon bar Isaac war Rabbiner und Leiter der Mainzer judischen Gemeinde 2 Die altesten archaologischen Zeugnisse der judischen Gemeinde von Mainz stammen aus dem 11 Jahrhundert 11 Jahrhundert Bearbeiten1093 wurde erstmals eine Synagoge erwahnt die sich auf dem Eckgrundstuck Schusterstrasse Stadthausstrasse befand Der alteste Grabstein auf dem Judensand bis 1880 einziger judischer Friedhof in Mainz datiert von 1049 und ist damit der alteste in Mitteleuropa 3 Das Wohngebiet der Juden lag damals am Rheinufer zwischen Fischtor und Karmeliterkirche Dieses Wohnquartier war kein Ghetto vielmehr waren die meisten Einwohner dort Nichtjuden Dieses gemischte Wohnen verbot 1310 eine Synode 4 Die Fuhrungsschicht der Mainzer Juden war vor allem im Fernhandel tatig Von Mainz aus betrieben die Juden Handel mit Gewurzen Seide Pelzen und Metallwaren Das judische Wohnquartier lag dafur gunstig denn sudlich davon befand sich das Handelszentrum Am Brand der wichtigste Marktplatz der Stadt fur Waren die mit dem Schiff kamen Zudem bestand eine raumliche Nahe zum erzbischoflichen Hof Dem Erzbischof und Kurfurst von Mainz war durch den Konig der Schutz der Juden ubertragen Die Juden waren auch im Kreditwesen tatig woran die christliche Bevolkerung durch das Zinsverbot gehindert war Innerhalb und ausserhalb der Stadt besassen Juden zudem Weinberge Sie galten als frei und wehrhaft durften nichtchristliche Sklaven halten sowie nach eigenem Recht leben das sich bis zum Beginn des 13 Jahrhunderts allerdings dem Recht der Nichtjuden anglich 5 Geleitet wurde die Gemeinde von Parnasim Vorstehern und Altesten die zusammen den Judenrat bildeten Die im Judenrecht geregelten Privilegien fur judische Kaufleute waren schon im 11 Jahrhundert Gegenstand von Anfeindungen 1012 kam es in Mainz zu einer ersten Vertreibung von Juden durch Konig Heinrich II 6 1084 kam es nach einem Brand im Judenviertel zu Auseinandersetzungen die zu einer Flucht von Juden nach Speyer fuhrte wo der dortige Bischof Rudiger Huzmann ihnen ein vorteilhaftes Privileg erteilte und damit die Stadtwerdung von Speyer forderte Pogrom von 1096 BearbeitenDas gravierendste Ereignis in der Geschichte der mittelalterlichen judischen Gemeinde in Mainz stellt das Judenpogrom von 1096 dar bei dem Erzbischof Ruthard mit dem ihm vom Kaiser aufgetragenen Judenschutz vollstandig versagte Hauptartikel Pogrom von 1096 in Mainz In der judischen Liturgie wird der Opfer dieses Massakers unter dem Namen Gezerot Tatnu Verfolgung des Jahres 4856 nach judischer Zeitrechnung gedacht Kaiser Heinrich IV ermoglichte 1097 die Ruckkehr der wahrend des Pogroms Zwangsgetauften zu ihrem angestammten Glauben Entgegen dem Eindruck den die uberlieferten Quellen zu erwecken versuchen hatte wohl eine erhebliche Zahl von Juden ihr Leben gerettet indem sie sich taufen liess Die judische Gemeinde bestand so weiter 7 Neuanfang 11 bis 14 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Pogrome in Mitteleuropa 1348 1349Zusammen mit den Gemeinden in Speyer und Worms bildete die Mainzer Gemeinde das Zentrum des aschkenasischen Judentums Diese drei SchUM Stadte Schpira Speyer Urmaisia Worms und Magenza Mainz bildeten vom 12 bis zum 14 Jahrhundert einen Verbund hatten gemeinsame Beratungsgremien und ab den 1220er Jahren ein gemeinsames Recht Taqqanot Qehillot Sum mit hoher Autoritat im nordlichen Mitteleuropa Dem Kaiser oblag der Schutz der Juden die dafur an ihn Steuern entrichteten ein Recht dass er in Mainz dem Erzbischof als kaiserliches Lehen verliehen hatte Nach dem Erhalt der Stadtfreiheit 1244 ging das Recht 1295 auf die Stadt Mainz uber Bei allen weiteren Kreuzzugen kam es zu Ausschreitungen gegen die Juden der Stadt die jedoch nicht die Dimension des Pogroms von 1096 erreichten Im 14 Jahrhundert verdichteten sich die antijudischen Stromungen erneut Am 28 August 1349 kam es in Mainz zu einem grossen Pogrom das nur wenige Juden uberlebten und in dessen Folge Teile des Judenviertels abbrannten Das hinterlassene Eigentum der Toten und der Fluchtlinge beschlagnahmte der Stadtrat 8 Erst 1356 kehrten wieder Juden in die Stadt zuruck Der Rat vermietete ihnen die von ihm unter der Bezeichnung Judenerbe verwalteten Gebaude Karl IV stellte den Ruckkehrern ein umfangreiches Schutzprivileg aus 8 Die Fuhrung der judischen Gemeinde bestand nun im Unterschied zu fruher aus dem Gemeinderabbiner und drei am Jahresbeginn gewahlten Vorstehern Die Verhaltnisse der judischen Gemeinde waren in physischer und wirtschaftlicher Hinsicht standig bedroht Hohe Steuern Schuldenerlasse zugunsten ihrer Glaubiger und wirtschaftliche Beschrankungen bedrohten ihr Wirtschaften Dazu kam dass die Gemeinde nur noch fur die Geltungsdauer von durch den Rat der Stadt ausgestellten Schutzbriefen ein Bleiberecht hatte Die alteste uberlieferte Urkunde dieser Art stammt von 1365 8 Vertreibungen im 15 Jahrhundert BearbeitenIm 15 Jahrhundert lockerte sich allmahlich das bis dahin geltende Zinsverbot fur Christen In der Folge vertrieben viele Stadte und Territorien ihre judische Bevolkerung auf deren Dienste man nicht mehr angewiesen zu sein glaubte 8 In Mainz fiel dies in die Zeit der Auseinandersetzung zwischen Patriziern und Zunften die um die Macht im Stadtrat kampften Der Sieg der Zunfte verschlechterte die Lage der Juden da die Zunfte im Gegensatz zu den Patriziern judenfeindlich gesinnt waren 9 1438 ordnete der Stadtrat die Vertreibung der Juden bis zum 25 Juli 1438 an Der Friedhof auf dem Judensand wurde geschandet die Synagoge zum Kohlenlager umfunktioniert Jedoch druckten die Stadt hohe Schulden was den Rat 1444 veranlasste die Juden wieder zuruckzurufen Der 25 Juli 1445 gilt als Tag der Wiederbegrundung der Judischen Gemeinde von Mainz Sie umfasste zu diesem Zeitpunkt zwischen 100 und 130 Personen 9 etwa 1 7 bis 1 9 der Gesamtbevolkerung Da die Juden wie viele andere Burger wahrend der Mainzer Stiftsfehde Anhanger Diethers von Isenburg waren wurden sie von Diethers Widerpart Adolf II von Nassau nach dessen Sieg am 28 Oktober 1462 zusammen mit anderen Anhangern Diethers aus der Stadt verwiesen 1463 holte Adolf II sie wieder zuruck bevor er sie 1471 aus dem gesamten Kurstaat auswies Das judische Vermogen wurde beschlagnahmt die Synagoge wurde zu einer Kapelle umgewidmet 9 Wiederaufleben der Gemeinde ab dem 16 Jahrhundert BearbeitenDie Vertreibungen bedeuteten allerdings nicht wie fruher angenommen das vollstandige Ende judischen Lebens in der Stadt Aufzeichnungen aus der Amtszeit Erzbischof Bertholds von Henneberg 1484 1504 belegen dass judische Burger sich um die Mikwe kummerten und durchreisende Juden beherbergten Ausserdem oblag ihnen die Beerdigung von Juden auf dem Judensand womit nur kurmainzische Juden gemeint sein konnten 10 Auch eine weitere Ausweisung aus dem Kurstaat verfugt von Erzbischof Jakob von Liebenstein am 3 Juni 1507 belegt das hier weiter Juden lebten 1510 protestierte der neue Erzbischof Uriel von Gemmingen gegen das Vorgehen von Johannes Pfefferkorn der auch in Mainz judische Bucher beschlagnahmen und verbrennen liess Kaiser Maximilian I setzte eine Untersuchungskommission ein und Uriel von Gemmingen wurde zum Vorsitzenden ernannt Vor allem der in die Kommission berufene Johannes Reuchlin verurteilte das von den Dominikanern initiierte Unternehmen Pfefferkorns scharf und trat fur einen verstandnisvollen Umgang mit dem Judentum ein 1517 nahm Erzbischof Albrecht von Brandenburg zahlreiche Juden im Erzstift auf 1594 gab es in der Stadt wieder eine Synagoge 1614 spricht ein Schatzungsbuch von sechs judischen Familien in der Stadt Einen Rabbiner gab es damals nicht weswegen die Juden sich in religiosen Fragen an die Rabbiner in Worms und Frankfurt am Main wandten 1602 wurde den Mainzer Juden der Rabbiner in Bingen zugewiesen 1630 wirkte erstmals wieder ein eigener Rabbiner in der Mainzer Gemeinde 1639 wurde eine neue Synagoge in der Klarastrasse Ecke Stadionerhofstrasse eroffnet und bereits 1649 erweitert 1644 gab es in der Stadt 40 judische Hausbesitzer und Mieter sowie 15 Untermieter die in der Langgasse der Bleiche der Emmeranstrasse bei der Franziskanerkirche in der Betzelstrasse am Schillerplatz am Fischmarkt bei der Christophskirche und am Karmeliterplatz wohnten 10 Die Judenpolitik der Kurfursten im 17 und 18 Jahrhundert BearbeitenEinen tiefen Einschnitt fur das judische Leben stellt die Judenpolitik der Mainzer Kurfursten ab dem 17 Jahrhundert dar Nach Beschwerden von Kramern uber die unliebsame Konkurrenz durch judische Handler wies der Mainzer Erzbischof und Landesherr Johann Philipp von Schonborn am 8 Dezember 1662 alle judischen Familien bis auf 20 aus der Stadt aus Die verbliebenen Familien mussten in einem Ghetto wohnen einer Gasse die sie an Sonntagen zu verschliessen hatten 10 In zunftigen Gewerben durften sie nicht tatig sein Die Verfugung erwies sich als nicht durchsetzbar 10 weswegen der Kurfurst 1671 ein weiteres Dekret erliess das die Zahl der Familien auf 10 begrenzte eine Begrenzung die wiederum fehlschlug Daraufhin wies er ihnen die alte Judengasse Anm 1 in der Nahe des Armklarenklosters als Ghetto zu Die Umsiedlung erfolgte im Zuge einer vom Erzbischof geplanten Stadterweiterung Anlage des Bleichenviertels die mit grossen Erschliessungsmassnahmen und der Errichtung reprasentativer Gebaude einherging 11 Die Grundstucke wurden den Juden kostenlos uberlassen zudem raumte der Kurfurst ihnen genau wie den Christen Preisnachlasse bei Handwerkern und Baumaterial ein 12 Zu der dann Vorderen Judengasse kam bald die Hintere Judengasse hinzu In ihrer Mitte lag ab 1684 die neue allerdings wenig reprasentative 13 Synagoge 1687 lebten etwa 250 Juden in Mainz was etwa 1 der Gesamtbevolkerung entsprach 13 1717 wurde die Synagoge vergrossert Bei allen ausseren Einschrankungen verfugte die judische Gemeinde uber eine recht umfassende innere Autonomie Auch fuhrte sie ein eigenes Siegel und hatte den Status einer Korperschaft Der Gemeindevorstand setzte sich aus je funf Vorstehern Einnehmern und Deputierten zusammen das Amt des Parnas Hachodesch Prases wechselte monatlich Der Vorstand erhob selbst die staatlichen Steuern bei den Mitgliedern der Gemeinde und fuhrte sie an die kurfurstliche Verwaltung ab Das erstinstanzliche Gerichtswesen ubte der Rabbiner aus Zweite Instanz war das kurfurstliche Hofgericht 14 Kurfurst Lothar Franz von Schonborn 1695 1729 begrenzte die Zahl der Schutzfamilien auf 101 Dazu kamen noch der Rabbiner der Vorsanger der Schuldiener der Arzt und der Hoffaktor schutzsassige Witwen das Gesinde und die Schuler des Rabbiners Eine Aufnahme in die Judenschaft durfte nur erfolgen wenn die Zahl der 101 Familien nicht uberschritten wurde Aufnahmegebuhr und Besteuerung der Juden war wesentlich hoher als die der christlichen Mainzer Burger 15 Die Judenschaft erwarb ab 1710 an die Judengasse angrenzenden Grund und errichtete dort weitere Hauser 1768 gestattete Kurfurst Emmerich Joseph von Breidbach zu Burresheim dass Juden weiterer Hauser auch ausserhalb der beiden Judengassen errichten durften Damit war die Beschrankung auf das Ghetto faktisch aufgehoben Die Aufklarung brachte Erleichterungen auch fur die Juden Unter Kurfurst Friedrich Karl Joseph von Erthal 1774 1802 kam es erstmals zu Uberlegungen die soziale Lage der judischen Untertanen zu verbessern Die Zunftberufe auch fur Juden zu offnen wurde aber weiter abgelehnt Gewerbe und Manufakturen ohne zunftige Organisation die weder Gesellen noch Lehrlinge benotigten durften auch von Juden gegrundet werden Daruber hinaus erschien den Behorden die Reform des Bildungswesens und die Beseitigung der drangenden Wohnungsnot in dem inzwischen von 848 Juden bewohnten Viertel vorrangig Den judischen Kindern wurde empfohlen christliche Schulen zu besuchen Zudem wurde den Behorden durch ein Reskript des Kurfursten eingescharft Juden und Christen gleich zu behandeln Eine Emanzipation der Juden war in der Standegesellschaft jedoch noch nicht vorstellbar 16 Emanzipation durch Frankreich BearbeitenDie Emanzipation kam von aussen nach der Niederlage des Reichs in den Revolutionskriegen und der Besetzung von Mainz durch Frankreich 1792 Da in Frankreich alle Juden seit 1791 volle Burgerrechte besassen galt dies nun auch fur die Mainzer Judenschaft zunachst in der Mainzer Republik dann annektiert als Teil von Frankreich Bei der Errichtung des Freiheitsbaums am 3 November 1792 traten Juden gleichberechtigt neben allen anderen auf Dennoch stand die Judenschaft dem neu gegrundeten Mainzer Jakobinerklub ablehnend gegenuber Beitretende Juden wurden mit Synagogenbann belegt 17 Der Aufforderung zum Eid auf die revolutionare franzosische Verfassung 1793 kamen nur 18 Juden nach was 15 der Haushaltsvorstande entsprach Wer aber den Eid verweigerte war von Ausweisung bedroht Nachdem die Reichstruppen die Stadt 1793 eingeschlossen hatten mussten die Ungeschworenen darunter auch viele Juden die Stadt verlassen Uber die Ruckkehr der deutschen Behorden zeigten sich die Juden anschliessend befriedigt 17 Ursache fur diese ablehnende Haltung der Juden gegenuber den Jakobinern war zum einen eine Skepsis gegenuber Neuerungen an sich Dazu kamen die Vorbehalte der Mainzer Jakobiner gegenuber den Juden und die Befurchtung dass der Eintritt ins Burgertum die religiose Gesetzestreue gefahrde 18 Nach der erneuten Besetzung der Stadt durch die Franzosen 1797 zerstreuten sich solche Bedenken jedoch was auch dem veranderten Zeitgeist geschuldet war 1798 gehorte dem Stadtrat mit Ludwig Bamberger erstmals ein Jude an Im selben Jahr wurde die Judenwache am alten Ghetto eingerissen Juden durften sich als Burger nunmehr in der ganzen Stadt niederlassen Auch unter Napoleon war das judische Leben nicht frei von Reglementierungen Napoleon dekretierte ein zentralistisch aufgebautes Gemeindesystem In jedem Departement wurde ein Konsistorium errichtet das dem Zentralkonsistorium in Paris unterstand Das Konsistorium bestand aus zwei Rabbinern und drei Laien die von Paris bestatigt werden mussten Fur die Konsistorialverwaltung zustandig war in jeder Departements Hauptstadt ein Grossrabbiner also auch in Mainz Consistoire Mainz das Hauptstadt des Departements Donnersberg war Der Mainzer Grossrabbiner war Samuel Wolf Levi 1751 1813 19 Ausserdem bestimmte ein kaiserliches Dekret vom 17 Marz 1808 dass ein Jude zehn Jahre lang keinen Handel treiben durfe wenn er nicht ein entsprechendes Patent hatte In diesen Patenten bescheinigte die Burgermeisterei dass der Betreffende sich nicht des Wuchers schuldig gemacht habe und die Judische Gemeinde dass er sich rechtschaffen gefuhrt habe und seinen Verpflichtungen treu nachgekommen sei Moralitatspatente Entwicklung der Emanzipation nach 1816 BearbeitenNach Napoleons Niederlage und dem Abzug der Franzosen aus Mainz kam die Stadt 1816 als Hauptstadt der neu gebildeten Provinz Rheinhessen zum Grossherzogtum Hessen Die neue Regierung sicherte explizit zu an der unter franzosischer Herrschaft eingefuhrten Rechtslage nichts zu andern 20 Erst 1847 wurden die Moralitatspatente abgeschafft Versagt blieb den Juden aber der Eintritt in den Staatsdienst Die Judische Gemeinde fuhrte 1819 die Regeln uber die Vorstandswahlen von 1750 wieder ein Der Vorstand bestand aus funf Personen unter Vorsitz des Prases Eine Verordnung von 1830 bestimmte dass das Kreisamt die Vorstandsmitglieder nach Anhorung der Burgermeisterei zu ernennen hatte Die Gemeinden fuhrten nun die offizielle Bezeichnung Israelitische Religionsgemeinde und besassen das Recht Umlagen von ihren Mitgliedern zu erheben 1831 trat eine neue Synagogenordnung in Kraft 1832 eine neue Beerdigungsordnung 1850 lebten in der Stadt 2125 Juden bei einer Gesamtbevolkerung von 37 000 21 Spaltung der Gemeinde Bearbeiten nbsp Hauptsynagoge Mainz von 1853 nbsp Innenansicht nbsp Die neue Hauptsynagoge von 1912Reformen und Emanzipation weckten jedoch auch die Befurchtung die judische Identitat konnte durch Assimilation verloren gehen Tief in den Kultus eingreifende Reformen wie die Ersetzung der Barmitzwa durch eine Konfirmation 1840 22 oder die geplante Aufhebung der getrennten Frauensynagoge fuhrten zu schwerwiegenden Auseinandersetzungen an deren Ende 1849 eine Spaltung der judischen Gemeinde in eine orthodoxe und eine liberale mit getrennten Verwaltungen eigenem Gemeindeleben eigener Synagoge eigenen Schulen und Einrichtungen stand Beide Gemeinden bildeten jedoch nach aussen weiterhin eine Korperschaft Joseph Aub war von 1852 bis 1865 Rabbiner der liberalen Gemeinde die orthodoxe Gemeinde wurde durch Marcus Lehmann geleitet 23 Neue Blutezeit BearbeitenTrotz der Spaltung kann die Zeit von der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts bis 1933 als eine Blutezeit der judischen Gemeinde von Mainz angesehen werden Davon zeugen nicht zuletzt die Synagogenneubauten Die Mainzer Hauptsynagoge in neubyzantinischem Stil Architekt war Ignaz Opfermann war 1853 vollendet Sie wurde 1912 durch einen Neubau ersetzt dessen Architekt Willy Graf war Mitglieder der Gemeinde beteiligten sich am Vereinsleben der Stadt dem Wohltatigkeitswesen und dem Sponsoring zum Beispiel zugunsten des stadtischen Theaters und verschiedener Sportvereine unter anderen auch dem 1 FSV Mainz 05 Die antisemitischen politischen Parteien hatten in Mainz keine nennenswerten Erfolge 24 Materiell schlechter ging es den vor allem nach dem Ersten Weltkrieg einwandernden Ostjuden Pogrom Fluchtlingen aus dem damals russischen Teil von Polen die schon 1908 als dritte Untergruppe der Mainzer Juden den Israelischen Humanitatsverein gegrundet hatten Der Zuzug der mit der Mentalitat der rheinischen Juden fremdelnden Gruppe verscharfte in der Gemeinde die Gegensatze zwischen Liberalen und Orthodoxen 25 Untergang der Gemeinde wahrend der NS Zeit Bearbeiten nbsp Haus Walpodenstrasse 17 Hier wurden judische Mitburger bis zu ihrem Abtransport isoliert Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 begann auch in Mainz die Entrechtung der judischen Burger Entlassung aus dem offentlichen Dienst Boykott judischer Geschafte Ausschluss aus Schulen Enteignung und Aberkennung der Staatsburgerschaft In der Reichspogromnacht vom 9 auf den 10 November 1938 wurden die Hauptsynagoge und die Synagoge an der Flachsmarktstrasse niedergebrannt die Hauptsynagoge anschliessend gesprengt Die Kosten dafur musste die judische Gemeinde tragen 26 Allerdings gelang die Rettung eines Teils der judischen Bibliotheken Er befindet sich heute als Leihgabe in der evangelisch theologischen Fakultat der Universitat Mainz und umfasst rund 5500 Bande Ab 1942 begann die Deportation der Mainzer Juden Am 30 Marz 1942 wurden 450 Menschen in das Lager Piaski bei Lublin gebracht am 27 September abermals 450 Juden in das KZ Theresienstadt Drei Tage spater wurden 117 Juden ins Generalgouvernement nach Polen verschleppt Beim letzten Transport am 10 Februar 1943 wurden noch 15 Juden aus Mainz deportiert insgesamt also 1092 Menschen 27 Dazu kommen jene die ausserhalb der grossen Transporte aus der Stadt gebracht wurden 1420 Juden aus Mainz konnten Deutschland rechtzeitig verlassen Als die US Army am 22 Marz 1945 die Stadt einnahm lebten noch 61 Juden in der Stadt Dabei handelte es sich um Juden die in privilegierter Mischehe I lebten aus denen Kinder hervorgegangen waren Am 10 Juli 1945 kehrten 2 Uberlebende aus Theresienstadt nach Mainz zuruck was aber eine Ausnahme darstellte Siehe auch Liste der Stolpersteine in MainzNeuanfang nach dem Holocaust BearbeitenAm 17 Oktober 1945 beantragte der Mainzer Kulturdezernent und uberlebende Mainzer Jude Michel Oppenheim bei der franzosischen Militarregierung Mainz gehorte nun zur franzosischen Besatzungszone die Neugrundung der Mainzer Judischen Gemeinde Die Erlaubnis wurde noch am selben Tag erteilt 27 Am 9 November 1945 beschlossen 20 versammelte Juden im Stadthaus die Neugrundung Gottesdienste gab es jedoch erst ab dem 10 September 1947 wieder als in der Feldbergschule eine neue Synagoge eingerichtet war Am Eingang des judischen Friedhofs in der Unteren Zahlbacher Strasse errichtete die Gemeinde 1948 ein Mahnmal Ein weiteres Mahnmal stellen die aufgerichteten Saulen aus der Eingangshalle der zerstorten Hauptsynagoge von 1912 dar Der Aufbau der Gemeinde verlief nach dem Krieg schleppend Hauptproblem war die geringe Mitgliederzahl weswegen auch der Bau einer neuen Synagoge lange verschoben wurde Seit 1959 ist die Judische Gemeinde von Mainz Korperschaft des Offentlichen Rechts Erst am 23 November 2008 begann der Bau der Neuen Synagoge an alter Stelle Sie wurde am 3 September 2010 eingeweiht Judische Gemeinde heute Bearbeiten nbsp Neue Synagoge der judischen Gemeinde in der Mainzer Neustadt Bau von Manuel Herz eingeweiht 2010Die judische Gemeinde in Mainz zahlt circa 1000 Mitglieder Stand 2015 28 wobei viele der Gemeindemitglieder als Einwanderer aus osteuropaischen Landern kamen Der Judischen Gemeinde in Worms gehoren auch die verbliebenen judischen Statten in Worms so vor allem die dort rekonstruierte mittelalterliche Synagoge und der Heilige Sand ein in seiner Belegung ins Hochmittelalter zuruckreichender judischer Friedhof Beide gehoren ebenso wie der historische judische Friedhof Judensand in Mainz seit 2021 zum UNESCO Welterbe Hauptartikel SchUM Statten von Speyer Worms und Mainz Gemeinderabbiner ist Aharon Ran Vernikovsky 29 Geleitet wird die Gemeinde von einem funfkopfigen ehrenamtlichen Vorstand der alle 4 Jahre neu gewahlt wird 30 Literatur BearbeitenGunter Christ Erzstift und Territorium Mainz Friedhelm Jurgensmeier Hg Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte Bd 2 Echter Wurzburg 1997 ISBN 978 3 429 01877 1 S 28f Rolf Dorrlamm Magenza Die Geschichte des judischen Mainz Festschrift zur Einweihung des neuen Verwaltungsgebaudes der Landes Bausparkasse Rheinland Pfalz Schmidt Mainz 1995 ISBN 3 87439 366 6 Eugen Ludwig Rapp Chronik der Mainzer Juden Die Mainzer Grabdenkmalstatte Judische Gemeinde Mainz Hg Mainz 1977 Matthias Rohde Die wirtschaftlichen und sozialen Verhaltnisse der Mainzer Juden in der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts In www regionalgeschichte net abgerufen am 7 April 2023 In Institut fur Geschichtliche Landeskunde an der Universitat Mainz Hg Geschichtliche Landeskunde Bd 55 Michael Matheus Walter G Rodel Hg Bausteine zur Mainzer Stadtgeschichte Mainzer Kolloquium 2000 Stuttgart 2002 ISBN 3 515 08176 3 Karl Anton Schaab Diplomatische Geschichte der Juden zu Mainz und dessen Umgebung Mit Berucksichtigung ihres Rechtszustandes in den verschiedenen Epochen aus grosstentheils ungedruckten Urkunden 1 Aufl 1855 ND Sandig Vaduz Liechtenstein 1986 Digitalisat Friedrich Schutz Magenza das judische Mainz In Franz Dumont Ferdinand Scherf Friedrich Schutz Hg Mainz Die Geschichte der Stadt Zabern 2 Aufl Mainz 1999 ISBN 3 8053 2000 0 Chaim Tykocinski Die Verfolgung der Juden In Mainz im Jahre 1012 A Favorke Breslau 1916 Gabriele Ziethen Archaologie des 20 Jahrhunderts in Mainz Hintere Synagogenstrasse 7 Lit D 396 und 9 Lit D 395 In Mainzer Zeitschrift Jahrgang 87 88 1992 93 Zabern Mainz 1995 ISBN 3 8053 1711 5 ISSN 0076 2792Weblinks BearbeitenHomepage der Judischen Gemeinde Mainz abgerufen am 7 April 2023 Die judischen Friedhofe in Mainz In alemannia judaica de 10 Januar 2016 abgerufen am 24 Januar 2019 digitalisierte Handschriften und Bucher der Judischen Gemeinde MainzAnmerkungen Bearbeiten Der Grund dieser aus dem 16 Jahrhundert stammenden Bezeichnung ist nicht geklart In der Judengasse lebten zuvor keine Juden Schutz Magenza das judische Mainz S 686 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Schutz Magenza das judische Mainz S 679 Stefan C Reif Andreas Lehnardt Avriel Bar Levav Death in Jewish Life Burial and Mourning Customs Among Jews of Europe and Nearby communities de Gruyter 2014 ISBN 978 3 11 033861 4 Dorrlamm Magenza S 63 Schutz Magenza das judische Mainz S 680 Schutz Magenza das judische Mainz S 681 Tykocinski Schutz Magenza das judische Mainz S 682 a b c d Schutz Magenza das judische Mainz S 683 a b c Schutz Magenza das judische Mainz S 684 a b c d Schutz Magenza das judische Mainz S 685 Dorrlamm Magenza S 22 Dorrlamm Magenza S 68 a b Schutz Magenza das judische Mainz S 687 Christ S 28f Schutz Magenza das judische Mainz S 688 Schutz Magenza das judische Mainz S 689 a b Schutz Magenza das judische Mainz S 690 Schutz Magenza das judische Mainz S 691 Fritz Reuter Samuel Wolf Levi 1751 1813 Rabbiner in Worms und Mainz In Mainzer Zeitschrift Bd 96 97 2001 2002 S 163 168 Vgl hier Schutz Magenza das judische Mainz S 694 Schutz Magenza das judische Mainz S 695 Rapp Schutz Magenza das judische Mainz S 698 Schutz Magenza das judische Mainz S 699 Schutz Magenza das judische Mainz S 700 a b Schutz Magenza das judische Mainz S 701 Hedwig Bruchert Magenza Die Geschichte des judischen Mainz 1000 Jahre judisches Mainz Ein Uberblick Homepage der Judischen Gemeinde Mainz Homepage der Judischen Gemeinde Mainz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Mainz amp oldid 233624028