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Johannes Pfefferkorn ursprunglich lautete sein judischer Vorname Joseph 1469 wahrscheinlich in Mahren 22 Oktober 1521 1 in Koln war ein deutscher Jude der zum Christentum konvertierte Er nahm eine antijudaistische Haltung ein so befurwortete er etwa die Verbrennung des Talmud und verfasste Schmahschriften Pfefferkorn wurde vor allem durch seine Auseinandersetzung mit Johannes Reuchlin bekannt Bildnis des Johannes Pfefferkorn Eisenradierung auf Butten 1515 von Hieronymus Hopfer Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDer Geburtsort von Johannes Pfefferkorn ist unsicher Es wird Mahren 2 aber auch Nurnberg 3 vermutet Da er angibt 36 Jahre lang als Jude gelebt zu haben 4 und er sich 1504 oder 1505 taufen liess 5 ist er vermutlich 1468 oder 1469 geboren Auch sein ursprunglicher Beruf eines Schachters ist ungewiss Nach eigenen Angaben erhielt er in Prag von einem Onkel namens Meir Pfefferkorn Unterricht in den Lehren des Talmud Um 1491 lebte Pfefferkorn in Prag um 1504 in Dachau Wahrscheinlich war er Geldverleiher 6 und Vertreter der judischen Gemeinde in Dachau Seit dem Jahr 1504 war er mit Anna Pfefferkorn verheiratet Sie hatten unter anderem einen Sohn der auf den Namen Laurentius getauft wurde und spater Pfefferkorn unterstutzte 7 In Koln konvertierte er unter dem Einfluss der Dominikaner 8 zusammen mit seiner Familie vom judischen Glauben zum Christentum Spater im Jahr 1513 oder 1514 wird er Spitalmeister von St Ursula St Revilien und Salzmesser der Stadt Koln Einiges deutet darauf hin dass er in der Zeit zwischen seiner Taufe und seiner Anstellung als Spitalmeister zunachst als Wanderprediger umherzog um weitere Juden zum Christenglauben zu bekehren 9 Jedenfalls veroffentlichte er von 1507 bis 1510 vier antijudische Schriften die teils einen missionarischen teils einen polemischen bzw diffamierenden Charakter haben Sicher hatte er die tatkraftige Unterstutzung der Kolner Dominikaner bei den lateinischen Ausgaben denn Pfefferkorn selbst konnte kein Latein vermutlich aber auch bei den deutschen Fassungen Es gibt aber keine Grunde ihm rhetorisches und sprachliches Geschick abzusprechen Bei den vier Schriften handelt es sich um den Judenspiegel von 1507 10 Judenbeicht 1508 Wie die blinden Juden ihr Ostern halten 1509 und Judenfeind 1509 3 Auf Betreiben der Dominikaner und Franziskaner sowie mit Unterstutzung durch Kunigunde von Osterreich 11 einer Schwester des Kaisers erhielt er im August 1509 von Kaiser Maximilian I ein Mandat zur Beschlagnahme aller judischen Schriften Pfefferkorn war dazu mit einem Empfehlungsschreiben von Kunigunde nach Padua gereist und dort vom Kaiser empfangen worden Auf dem Ruckweg suchte er abermals Kunigunde auf und erhielt von ihr Empfehlungsschreiben fur die Stadte in denen er nun das Mandat zu vollstrecken beabsichtigte 12 Bereits im September begann Pfefferkorn in Frankfurt mit der Konfiskation Die judische Gemeinde protestierte und bat den Erzbischof von Mainz Uriel von Gemmingen um Hilfe Uriel der sich offenbar in seinen Rechten ubergangen fuhlte untersagte den Geistlichen die nach dem Mandat bei der Konfiskation mitwirken mussten eine weitere Beteiligung woraufhin der Rat der Stadt Frankfurt sich nicht mehr befugt sah die Konfiskation fortzufuhren 13 Wahrscheinlich suchte Pfefferkorn in dieser Situation Johannes Reuchlin in Stuttgart auf um seine Unterstutzung zu erhalten bevor er Ende Oktober beim Kaiser der nun in Roveredo weilte vorsprach Vor dem Kaiser kam es dabei zu einem Streitgesprach zwischen dem Sprecher der Gesandten der Frankfurter judischen Gemeinde Jonathan Zion und Pfefferkorn Die judische Gemeinde schickte zudem ein Zeugnis des Heinrich von Gutenstein vom 24 Oktober 1509 wonach der Metzger Pfefferkorn einen Mitburger bestohlen und nur gegen die Zahlung von 100 ungarischen Gulden aus dem Gefangnis freigekommen sei 14 Der Kaiser ordnete im Mandat von Roveredo am 10 November 1509 schliesslich an dass Uriel von Gemmingen mit Hilfe einer Kommission klaren solle welche Bucher der judischen Gemeinde in Frankfurt zuruckzugeben sind bekraftigte aber auch das ursprungliche Mandat von Padua Uriel blieb zunachst untatig und Pfefferkorn bemuhte sich um Konfiskationen in Worms Mainz Bingen Lorch Lahnstein und Deutz 15 wollte dann aber die Konfiszierungen in Frankfurt fortsetzen Uriel hatte nach der Starkung seiner Position keine Einwande mehr sodass nun fast 1500 Schriften der judischen Gemeinde in Fassern verschlossen vom Rat der Stadt Frankfurt eingelagert wurden 16 Da einer der treuesten Unterstutzer Maximilians Herzog Erich von Braunschweig unbedingt den Verkauf von verpfandetem Schmuck durch Frankfurter Pfandleiher verhindern wollte beauftragte der Kaiser den Rat der Stadt Frankfurt die eingezogenen Bucher zuruckzugeben Pfefferkorn kampfte jedoch weiter und erreichte dass der Kaiser am 6 Juli 1510 im Mandat von Fussen wiederum Uriel von Gemmingen beauftragte nun mit der Einholung von Gutachten der Universitaten Koln Mainz Erfurt und Heidelberg sowie der Gelehrten Jakob van Hoogstraten Johannes Reuchlin und Victor von Carben Mit einer eigenen Stellungnahme Uriels sollte dann Pfefferkorn die Gutachten dem Kaiser uberbringen 17 Als einziger der Gutachter sprach sich Johannes Reuchlin gegen eine Beschlagnahme und womoglich Verbrennung judischer Schriften aus So wurde er Hauptgegner von Johannes Pfefferkorn aber auch der Kolner Dominikaner und insbesondere Jacob van Hoogstraten Pfefferkorn der Einsicht in die Gutachten hatte greift Reuchlin in seinem Handtspiegel und im Verlauf der Jahre in funf weiteren polemischen Schriften Brandspiegel von 1512 Sturm Glock von 1514 Beschirmung bzw Defensio als lateinische Fassung von 1516 Streitbuchlein von 1516 und schliesslich Ein mitleidliche Klag von 1521 als angeblichen Judenbegunstiger und Christenfeind an 18 Der Handspiegel erscheint zur Buchmesse im April 1511 woraufhin Reuchlin seine Verteidigungsschrift Augenspiegel zur Herbstmesse erscheinen lasst Dieses Buch war der Ausloser fur diverse Prozesse die erst im Jahr 1520 zu einem Ende kamen als Leo X uberraschend den Augenspiegel aber nicht Reuchlin selbst verurteilte Im Augenspiegel setzt sich Reuchlin polemisch gegen Pfefferkorns Handspiegel zur Wehr unter anderem indem er Pfefferkorn 34 Lugen nachzuweisen sucht Ihn emport auch dass Pfefferkorn aus seinem vertraulichen Gutachten zitiert hatte An den Prozessen gegen Reuchlins Augenspiegel war Pfefferkorn dann nicht direkt beteiligt Der Judenbucherstreit rief in ganz Europa ein lebhaftes Echo aus so etwa in den satirischen Dunkelmannerbriefen von 1515 und 1517 Nachdem der Papst 1520 sein Urteil gesprochen hatte das mit dem Gebot des kunftigen Stillschweigens verbunden war veroffentlichte Pfefferkorn 1521 gleichwohl triumphierend jedoch ohne Druckgenehmigung seine letzte Schrift Ein mitleidliche Klag weshalb sein Buchdrucker mit Gefangnis bestraft wurde 19 Schriften BearbeitenFurtrag wie die blinden Juden yr Ostern halten 1509 Digitalisat Ich bin ain Buchlinn der Juden veindt ist mein namen 1509 Digitalisat Explicatio quomodo ceci Judei suum pascha servent et maxime quo vitu paschalem cenam manducent Exprimitur preterea judaeos esse hereticos et desertores veteris et oppugnatores novi testamenti 1509 Digitalisat Streydtpuechlyn 1516 Digitalisat In laudem et honorem illustrissimi Maximiliani dei gratia Romanorum imperatoris von Neuss Koln 1518 Digitalisat der Universitats und Landesbibliothek Dusseldorf Literatur BearbeitenJonathan Adams Cordelia Hess Hrsg Revealing the Secrets of the Jews Johannes Pfefferkorn and Christian Writings about Jewish Life and Literature in Early Modern Europe De Gruyter Berlin 2017 Paul Gerhard Aring Pfefferkorn Johannes In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 14 Bautz Herzberg 1998 ISBN 3 88309 073 5 Sp 1359 1360 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Norbert Florken Der Streit um die Bucher der Juden 1505 1521 ein Lesebuch Elektronische Schriftenreihe der Universitats und Stadtbibliothek Band 9 Universitats und Stadtbibliothek Koln Koln 2014 ISBN 978 3 931596 89 7 online Ludwig Geiger Pfefferkorn Johannes In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 25 Duncker amp Humblot Leipzig 1887 S 621 624 Karl Heinz Gerschmann Zu Johannes Pfefferkorns Ubersetzung der Evangelien In Zeitschrift fur Religions und Geistesgeschichte Band 21 1969 S 166 171 Heinrich Graetz Geschichte der Juden von der Verbannung der Juden aus Spanien und Portugal 1494 bis zur dauernden Ansiedlung der Marranen in Holland 1618 4 durchgesehene Auflage Oskar Leiner Leipzig 1907 S 477 506 derselbe Geschichte der Juden von den altesten Zeiten bis auf die Gegenwart Aus den Quellen neu bearbeitet Bd 9 Hans Martin Kirn Das Bild vom Judentum im Deutschland des fruhen 16 Jahrhunderts dargestellt an den Schriften Johannes Pfefferkorns Texts and studies in medieval and early modern Judaism Band 3 Mohr Tubingen 1989 ISBN 3 16 745354 0 Ellen Martin Die deutschen Schriften des Johannes Pfefferkorn Zum Problem des Judenhasses und der Intoleranz in der Zeit der Vorreformation Goppinger Arbeiten zur Germanistik Band 604 Kummerle Goppingen 1994 ISBN 3 87452 849 9 Ellen Martin Pfefferkorn Johannes In Neue Deutsche Biographie NDB Band 20 Duncker amp Humblot Berlin 2001 ISBN 3 428 00201 6 S 311 f Digitalisat David H Price Johannes Reuchlin and the Campaign to Destroy Jewish Books Oxford University Press New York 2011 ISBN 978 0 19 539421 4 Avraham Siluk Bearbeiter Der Reuchlin Pfefferkorn Streit um die judischen Bucher In Privilegien Pogrome Emanzipation Deutsch judische Geschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart Modellprojekt im Leo Baeck Programm hrsg von Reinhard Neebe online Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Johannes Pfefferkorn Quellen und Volltexte Literatur von und uber Johannes Pfefferkorn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Pfefferkorn Johannes Hessische Biografie Stand 9 Mai 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Pfefferkorn Johannes im Frankfurter Personenlexikon Robinson 1918 Reuchlin Pfefferkorn and the Talmud in the Sixteenth and Seventeenth Centuries Reuchlin Christian Classics Ethereal Library Calvin CollegeEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Robert Jutte Johannes Reuchlin 1455 1522 und die soziale Frage seiner Zeit Ein Beitrag zur Konjekturalhistorie In Daniela Hacke Bernd Roeck Hrsg Die Welt im Augenspiegel Johannes Reuchlin und seine Zeit Pforzheimer Reuchlinschriften Band 8 Stuttgart 2002 S 29 42 hier S 42 Heinrich Graetz S 65 a b Johannes Pfefferkorn In Catholic Encyclopedia englisch In der Schrift Zu lob und Ere von 1510 vgl Martin 1994 S 11 und 209 Kirn S 9 Anm 2 So seine eigene Angabe im Judenspiegel vgl Martin S 11 Kirn S 187 188 Nach Heinrich Graetz um 1505 S 65 Martin 1994 S 12 Die erste Fassung wurde 1507 in Koln gedruckt vgl Florken S 39 unter dem Titel Der Joeden Spiegel eine weitere Fassung wurde 1508 in Braunschweig gedruckt und dann abermals in Koln eine Fassung unter dem Titel Speculum Adhortationis Judaicae ad Christum 1508 vgl Florken S 104 Vgl Martin 1994 S 140 und Price 2011 S 109 111 Martin 1994 S 140 Martin 1994 S 142 Pfefferkorn konnte im folgenden Jahr eine Urkunde vom 21 Januar 1510 vorweisen in der die Stadt Dachau ihm ein gutes Leumundszeugnis ausstellte Pfefferkorn sei weder Metzger gewesen noch als Dieb verurteilt worden Pfefferkorn konnte sich wie Ellen Martin meint allerdings die Namensahnlichkeit von Tachau in Bohmen und Dachau zunutze gemacht haben Das Schriftstuck des Heinrich von Gutenstein hatte sich danach auf die bohmische Stadt bezogen Vgl Martin 1994 S 21 22 Dort findet sich in Anm 65 auch eine Wiedergabe des Dokuments Martin 1994 S 145 Martin 1994 S 146 Martin 1994 S 147 Martin 1994 S 164 165 Martin 1994 S 187 Normdaten Person GND 118848801 lobid OGND AKS LCCN n89628374 VIAF 70537114 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Pfefferkorn JohannesALTERNATIVNAMEN Pfefferkorn JosephKURZBESCHREIBUNG deutscher judenfeindlicher SchriftstellerGEBURTSDATUM 1469STERBEDATUM 22 Oktober 1521STERBEORT Koln Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johannes Pfefferkorn amp oldid 232410799