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Luitzen Egbertus Jan Bertus Brouwer 27 Februar 1881 in Overschie heute zu Rotterdam 2 Dezember 1966 in Blaricum war ein niederlandischer Mathematiker Er schuf grundlegende topologische Methoden und Begriffe und bewies bedeutende topologische Satze Nach ihm ist der Brouwersche Fixpunktsatz benannt Durch seine Begrundung des Intuitionismus wurde er Protagonist im sogenannten Grundlagenstreit der Mathematik der in den 1920er und 1930er Jahren seinen Hohepunkt fand Harald Bohr und Bertus Brouwer 1932 Brouwers spatere Arbeiten waren bahnbrechend fur die Entwicklung der konstruktiven Mathematik Formalisierungen seiner Anschauungen uber die Natur der Logik brachten die Disziplin der intuitionistischen Logik hervor In seinen Schriften zur Philosophie der Mathematik beschaftigte er sich mit den Beziehungen zwischen Logik und Mathematik besonders mit der Rolle von Existenzaussagen und der Verwendung des Prinzips des ausgeschlossenen Dritten in mathematischen Beweisen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Dissertation 1 2 Topologie 1 3 Intuitionismus 1 4 Grundlagenstreit 1 5 1930 bis 1966 2 Brouwers Intuitionismus 2 1 Philosophie 2 2 Philosophie der Mathematik 2 3 Sprache 2 4 Logik 2 5 Intuitionistische Mathematik 3 Wirkung 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBrouwer war der alteste dreier Sohne von Egbertus Luitzens Brouwer und Henderika Poutsma Sein Vater war wie auch einige Verwandte Lehrer Sein jungerer Bruder war der spatere Geologieprofessor Hendrik Albertus Brouwer Nach einigen Umzugen und dem Schulbesuch in Hoorn und Haarlem erreichte der sechzehnjahrige Brouwer 1897 seinen Gymnasialabschluss und immatrikulierte an der Universitat Amsterdam Im Zuge eines Ubertritts zur Remonstrantse Kerk im darauffolgenden Jahr ist ein idealistisches und solipsistisches religioses Credo Brouwers uberliefert An der Fakultat fur Mathematik und Naturwissenschaften arbeiteten so bekannte Personen wie der Physiker Johannes Diederik van der Waals und der Biologe Hugo de Vries Die mathematischen Vorlesungen wurden hauptsachlich von Diederik Johannes Korteweg gehalten Korteweg der spater auch Brouwers Dissertation akzeptieren sollte bot ihm zwar Faszination aber keine Inspiration Er arbeitete in einem weiten Gebiet der angewandten Mathematik hauptsachlich fur die Physik Unter den studentischen Bekanntschaften Brouwers sticht der Dichter Carel Adema van Scheltema 1877 1924 hervor mit dem Brouwer eine lebenslange Freundschaft verband Brouwer selbst schrieb Gedichte und unterhielt stets literarische Interessen Nach seiner Graduierung 1904 nahm er aufmerksam die seit kurzem propagierte Philosophie von G J P J Bolland zur Kenntnis publizierte einige Artikel uber kulturelle philosophische Fragen und veranstaltete schliesslich 1905 in Delft eine Reihe von Vortragen Moralische und mystische Themen Kontemplation der Wegfall der Unschuld und die Sprache bilden ihren Inhalt sie wurden unter dem Titel Leven Kunst en Mystiek Leben Kunst und Mystik herausgegeben Dissertation Bearbeiten Einfluss auf Brouwer ubte vor allem der Philosoph und Mathematiker Gerrit Mannoury aus Der Privatdozent fur die logischen Grundlagen der Mathematik sensibilisierte Brouwer fur die neuen Entwicklungen der Mengenlehre und der logischen Notation von Giuseppe Peano und Bertrand Russell Brouwer setzte sich damit ausfuhrlich in seiner Dissertation auseinander die sich neben einem kleinen Teil aus mathematischen Resultaten ausschliesslich dem Unterschied von Logik und Mathematik widmet Over de grondslagen der wiskunde 1907 dt Uber die Grundlagen der Mathematik 1908 veroffentlichte Brouwer den Artikel De onbetrouwbaarheid der logische principes dt Die Unverlasslichkeit der logischen Prinzipien wo er erstmals deutlich die Ablehnung des principium exclusii tertii Satz vom ausgeschlossenen Dritten formulierte Er identifizierte dieses Prinzip auch mit dem Problem der Losbarkeit eines jeden mathematischen Problems was das Ziel des vom deutschen Mathematiker David Hilbert formulierten Programmes gewesen war Topologie Bearbeiten Der Besuch des Internationalen Mathematikerkongresses in Rom 1908 markiert den Beginn der eigentlichen topologischen Schaffensperiode in Brouwers Leben Schon einige Jahre lang hatte er Arbeiten zur Geometrie veroffentlicht Nun intensivierte sich diese Beschaftigung die Grundlagen der Mathematik sollten erst spater wieder Berucksichtigung finden Die Schrift Zur Analysis Situs 1910 bezog sich ganz auf die Entwicklungen der damaligen mengentheoretischen Topologie Brouwer erganzte und verbesserte die Arbeiten von Arthur Schoenflies zu denen er etliche Gegenbeispiele angeben konnte Er hatte zuvor schon uber Lie Gruppen und Vektorfelder auf Flachen publiziert Dies wiederum fuhrte ihn zur Entdeckung des Abbildungsgrades Er bewies den Satz von der Gebietsinvarianz und verallgemeinerte den jordanschen Kurvensatz auf n displaystyle n nbsp Dimensionen Jordan Brouwer Zerlegungssatz Er klarte auch den Begriff der Dimension auf Daneben entwickelte er die Methode der simplizialen Approximation Sein heute bekanntestes Resultat ist der brouwersche Fixpunktsatz Zahlreiche dieser Arbeiten wurden in der deutschen Zeitschrift Mathematische Annalen gedruckt Als einer von drei Hauptherausgebern wirkte damals in der Redaktion der Mathematischen Annalen David Hilbert der als fuhrender Mathematiker der Epoche zu Ende des 19 und Anfang des 20 Jahrhunderts gilt Mit Hilbert gelangte Brouwer zunachst zu einer einvernehmlichen Zusammenarbeit welche dann jedoch im Rahmen des Grundlagenstreits in der Mathematik ein Ende fand Intuitionismus Bearbeiten 1912 wurde Brouwer Ordinarius an der Universitat Amsterdam Seine Antrittsvorlesung nahm wieder Gedanken aus seiner Dissertation auf Er referierte uber Intuitionismus und Formalismus und wandte sich gegen den starker werdenden Trend zur Formalisierung Insbesondere griff er die Axiomatisierung der Mengenlehre von Ernst Zermelo an 1914 wurde Brouwer zu einem Mitherausgeber der Mathematischen Annalen bestellt deshalb und auch wegen seiner Lehrtatigkeit kam es zu einer Stagnation von Brouwers Forschung Er wandte sich einem philosophischen Projekt zu der Signifik das von Victoria Lady Welby begrundet worden war Spiritus Rector der Gesellschaft war Mannoury Brouwers Freund und Lehrer Die Signifik strebte eine umfassende Sprachreform an die jedoch nicht zustande kam In der Zeit des Ersten Weltkrieges gestaltete Brouwer eine Mengenlehre nach intuitionistischen Prinzipien Seine Begrundung der Mengenlehre unabhangig vom logischen Satz vom ausgeschlossenen Dritten 1918 ist eine technische Arbeit frei von der Polemik seiner Dissertation und versucht auf einer konstruktiven Basis die Analysis zu begrunden weitere derartige Arbeiten folgen und bauen auf dieser Studie auf Hermann Weyl hatte ahnliche Versuche unternommen das Kontinuum anders als mit den von Richard Dedekind eingefuhrten Schnitten zu begrunden Weyl nahm Brouwers Schriften begeistert auf und verteidigte Brouwers konstruktive Basis Vornehmlich Weyls Betreiben entfachte den Grundlagenstreit in der Mathematik In einem ausserst provokativen und einflussreichen Artikel Uber die neue Grundlagenkrise der Mathematik 1921 machte er Brouwers Ideen einem breiten Publikum bekannt Grundlagenstreit Bearbeiten Hilbert war uber diese Entwicklung alarmiert er fuhlte sich allerdings weiter angespornt die logischen Grundlagen der Mathematik zu klaren Er entwickelte seine Beweistheorie und bestatigte seine Ansichten uber Axiomatisierung und Grundlegung in der Logik wo das Prinzip des ausgeschlossenen Dritten selbstverstandlich benutzt wurde und Konstruierbarkeit fur eine Existenzannahme nicht ausschlaggebend war vorausgesetzt war nur die Konsistenz der Axiome Brouwer dagegen war in den 1920er Jahren vorwiegend damit beschaftigt klassische Resultate der Mathematik neu zu beweisen und intuitionistisch umzuformulieren bis hin zum Entwurf einer neuen Funktionentheorie Fur Konfliktstoff sorgte nun die internationale Wissenschaftspolitik nach dem Krieg die Grundung des Conseil International de Recherches und die Union Mathematique Internationale Brouwer hatte fruh und erfolglos versucht deren Boykott gegen deutsche Wissenschaftler aufzuheben Als nun Jahre spater 1928 von diesen Gesellschaften ein internationaler Kongress in Bologna abgehalten wurde rief Brouwer die nun eingeladenen Deutschen ihrerseits zum Boykott auf Von Hilbert der an der Konferenz teilnahm wurde dies als unzulassige Einmischung in deutsche Angelegenheiten und als Schaden fur die Wissenschaft angesehen Hilbert schloss Brouwer kurz darauf von der Herausgeberschaft der Mathematischen Annalen aus was zum Streit mit den anderen Herausgebern vor allem Einstein und Caratheodory fuhrte Diese gehorten darauf ebenfalls dem Herausgeberkreis nicht mehr an Dieser uberraschende Schlag zerbrach das freundschaftliche Verhaltnis zwischen den beiden Mathematikern endgultig und belastete Brouwer sehr Brouwer selbst fuhrte ihn darauf zuruck dass er einem fruheren Ruf 1919 nach Gottingen dem Sitz des Hilbertkreises nicht gefolgt war Im Umkreis Hilberts wurde vermutet dass dieser befurchtete bald zu sterben und dass Brouwer nach seinem Tod zu einflussreich werden konnte 1 Die Diskussion um die Grundlagen der Mathematik wurde indes von anderer Seite intensiv fortgefuhrt Hesseling 2 spricht von uber 250 Arbeiten die in den zwanziger und dreissiger Jahren auf die Auseinandersetzung reagierten 1930 bis 1966 Bearbeiten Offentliche Vorlesungen in den Jahren 1927 und 1928 in Berlin respektive Wien waren vorerst die letzten beiden grossen offentlichen Auftritte Brouwers Nach dem Eklat um die Mathematischen Annalen war Brouwer in der mathematischen Offentlichkeit nicht prasent und publizierte kaum Er engagierte sich in der Lokalpolitik und beschaftigte sich mit dem Fehlschlag einer privaten Investition Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren gekennzeichnet durch Differenzen Brouwers in Amsterdam Die von ihm gegrundete Zeitschrift Compositio Mathematica wurde seinem Einfluss entzogen ein Forschungszentrum unabhangig von ihm gegrundet Arend Heyting trat schliesslich seine mathematische Nachfolge an Brouwer wurde 1951 emeritiert Vortragsreisen fuhrten Brouwer in die USA nach Kanada und Sudafrika Er gab in Europa verschiedene Vorlesungen hervorzuheben ist die langere Serie in Cambridge Die spateren Publikationen brachten keine wesentlichen neuen Resultate kreisten jedoch um den Begriff des kreativen Subjekts und wiesen einen solipsistischen Eindruck auf Brouwer starb 1966 sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau Lize Brouwer de Holl in Blaricum bei einem Verkehrsunfall Sie hatten keine gemeinsamen Kinder Lize Brouwer de Holl hatte jedoch aus erster Ehe eine Tochter an deren Erziehung sich Brouwer beteiligte Brouwer war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften u a der Royal Society of London und der Royal Society of Edinburgh Ehrendoktorate verliehen ihm die Universitaten Oslo 1936 und Cambridge 1955 Im Jahr 1924 wurde er zum Mitglied der Leopoldina in Halle Saale gewahlt Brouwers Intuitionismus BearbeitenPhilosophie Bearbeiten Brouwer lehnte akademisch betriebene Philosophie ab Vielfach druckt er sich gegen philosophisches Vernunfteln aus er besass eine Skepsis gegen professionelle Philosophen wie G J P J Bolland und versuchte die Integration des Faches Philosophie in den naturwissenschaftlichen Lehrplan zu verhindern 3 Schon in Leven Kunst en Mystiek mokiert er sich uber vorgebliche Klarungen der Epistemologie Dennoch ging seinen Versuchen Mathematik auf Intuition zu grunden und dem Misstrauen gegenuber Grundlegung in der Logik eine ausgedehnte philosophische Reflexion voraus Brouwers Philosophie ist subjektivistisch und setzt mit einer Erwagung der mentalen Konstitution des Menschen ein Brouwers Philosophie beschaftigt sich mit den mentalen Funktionen des Subjekts Die dadurch gewonnene Sichtweise wird nicht nur auf die Grundlegung der Mathematik sondern auch auf das Leben angewandt In fruheren Schriften ergeben sich dadurch moralische Untertone Erfahrungen von transzendentaler Wahrheit die Wiedervereinigung der Welt mit dem Selbst das Streben nach einem freien Leben Abkehr von okonomischen Kategorien die Freiheit im Inneren Abfall des Menschen von der naturlichen Ordnung und Brouwers Ansichten uber die sprachliche Ausserung mystischer Erfahrungen etwa in der Kunst bilden den thematischen Block von Leven Kunst en Mystiek Als philosophisches Argument wurde das Buch kaum wahrgenommen Trotzdem lassen sich Spuren der spateren Differenzierungen darin bemerken In der Selbstreflexion in der Mystik erlebe man die Freiheit Die aussere Realitat wird dagegen als traurige Welt abgeschwacht Brouwer aussert sich kritisch gegenuber der Sprache die als Mittel des Ausdrucks der inneren Realitat schwerlich in Frage kommt Gleichlaufig mit der Sprache ist der Intellekt Er bewirkt auch den Abfall des Menschen Die ursprungliche Kondition des Menschen sei durch Zivilisation begrundet durch den Intellekt beschadigt worden die Kultur scheint als Spezialfall einer menschlichen Sundigkeit auf Durchwegs erhebt Brouwer die kritische Stimme gegen die Annahme einer allgemeingultigen und unabhangigen Realitat welche die Menschen und ihren Intellekt aneinander binde Von einer solchen Realitat stammt auch nicht die Bedeutung der Sprache Die Sprache kann erst in Anbetracht des jeweiligen Willens verstanden werden und ist Ausdruck einer inneren Realitat Das Werk ist zu einem Teil eine Reaktion auf den Hegelianer G J P J Bolland Es sollte eine Gegendarstellung zu dessen rhetorisch flammenden Auftritten sein Einige Schriften Brouwers darunter auch solche zur intuitionistischen Mathematik haben einen moralisierenden oder pessimistischen Anklang er spricht dabei auch von Sunde oder Sundhaftigkeit Brouwers Bezeichnung Sunde lasst sich jedoch als Bewusstseinszustand des Zentralisierens und Verausserlichens beschreiben Sunde deutet den Ubergang der freien ungerichteten Kontemplation im Selbst zur Konzentration auf ganz bestimmte Aspekte sowie die Verlagerung der erfahrenen Konzepte in ein unabhangiges Ausseres an In einer kurzen privaten Notiz nannte er Mathematik ihre Anwendung und die Intuition der Zeit siehe unten als sundhaft 4 In spateren Schriften unterschied Brouwer drei Phasen des Bewusstseins 5 die naive Phase die mit der Schaffung der Welt der Sinnesempfindungen entsteht die isolierte kausale Phase der wissenschaftlichen Aktivitat die soziale Phase des sozialen Handelns und der SpracheDas Bewusstsein der naiven Phase empfangt in der Stille spontan Empfindungen Es verknupft sie nicht dazwischen bleibt Stille Reaktionen auf diese Empfindungen sind direkt spontan Es gibt keine Aktivitat des Willens Im Gefolge des Wechsels der Empfindungen beginnt das Bewusstsein eine Sensation als vergangen zuruckzuhalten und Vergangenes vom Gegenwartigen zu unterscheiden Das Bewusstsein erhebt sich also uber den Wechsel der beiden Empfindungen und wird Geist Im Niederlandischen schreibt Brouwer dafur das englische mind Das Bewusstsein identifiziert nun verschiedene Sensationen und deren Komplexe um eine Aufeinanderfolge zu kreieren Spezialfalle solch einer aufeinanderfolgenden geistigen Wahrnehmung sind Dinge und Kausalfolgen In der zweiten Phase werden Dinge bereits erkannt Ein Ubergang vom Geist zum Willen passiert wenn Objekte der Sensation so gesehen werden dass sie kausal aufeinander folgen Dies ist der Akt des Intellekts und kennzeichnet die wissenschaftliche Betrachtungsweise Brouwer nennt es auch die mathematische Sicht Der Ubergang zum freien Willen zum handelnden Menschen erfolgt durch den Vorgang mit dem ein Wechsel der Eindrucke durch Handeln bewusst erlangt wird die zielgerichtete Handlung Die dritte und soziale Phase umfasst nun alle Phanomene in denen der Wille selbst in seiner Richtung geandert wird etwa durch Befehl oder Suggestion Gesetze beziehen daraus ihre Wirkung Sprache stellt fur Brouwer ursprunglich nichts anderes dar als die Ubertragung des Willens auf andere Ausgehend von einfachen Gesten und primitiven Lauten brachte die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft eine ausgefeiltere Sprache mit sich die auch als Gedachtnishilfe Verwendung findet Philosophie der Mathematik Bearbeiten Brouwers Dissertation Over de grondslagen der wiskunde 1907 legt das Grundelement dar das ihm als Basis fur alle weiteren Schriften zur Philosophie der Mathematik dienen sollte Es handelt sich um die Ur Intuition der Zeit Durch die Ur Intuition der Zeit versucht Brouwer zu einem genetischen Verstandnis der Mathematik in der Erfahrung zu gelangen Letztlich bedeutet fur Brouwer Mathematik nichts als eine exakte Tatigkeit des Geistes vor aller Sprache die aus mentalen Konstruktionen besteht Die Moglichkeit geistiger Konstruktionen wird durch die Ur Intuition der Zeit gewahrleistet The primordial phenomenon is no more than the intuition of time in which repetition of thing in time and again thing is possible but in which and this is a phenomenon outside mathematics a sensation can fall apart in component qualities so that a single moment can be lived through as a sequence of qualitatively different things 6 Der Vorgang ist nichts anders als die oben beschriebene Verknupfung zweier Empfindungen im Bewusstsein Im Bewusstsein entsteht eine Zweiheit die zwei Entitaten sowie die Verbindung dazwischen beinhaltet Durch dieses dem Menschen eigene Vermogen konnen Dinge Kausalfolgen Relationen in der Natur gesehen werden Sinnesreize werden durch die eigentlich mathematische Ur Intuition der Zeit Perzeptionen 7 Jedes wissenschaftliche Experiment grunde sich auch in dieser Intuition der Zweiheit Ungleich Immanuel Kant betont Brouwer dass die Intuition der Zeit keine permanente Eigenschaft der menschlichen Denkungsart ist sondern erst durch ein Ereignis vermittelt wird von dem an das Bewusstsein frei zu handeln vermag In der naiven Phase zuvor werden weder Dinge noch Kausalitat erkannt Weiters fallen in der Ur Intuition die Eigenschaften diskret und kontinuierlich nicht auseinander sie sind ineinander integriert und konnen nicht gegenseitig ausgezeichnet werden Dies unterscheidet Brouwer besonders von Henri Bergson der sich um eine Differenzierung des Diskreten als einzelnen Zeitpunkten vom Kontinuierlichen bemuht Wissenschaftliche messbare Zeit ist fur Brouwer ein abgeleitetes Phanomen Zahl und Mass sind fur ihn vorerst isoliert Bei der Ur Intuition der Zeit geht es ihm nur um die Zweiheit die aus einer Zeitabfolge geschopft werden kann KonstruktionDie Ur Intuition Brouwers bezeichnet die Grundlage des Verstandesvermogens Das Bewusstsein kann durch den Inhalt der Sinnesreize und die mathematische Intuition Dinge schaffen und so die aussere Welt gleichsam konstruieren Verausserlichung Zweitens aber kann der Geist neue kunstliche Entitaten schaffen indem er bloss Elemente verknupft die ausschliesslich in der Ur Intuition bestehen Dies ist reine Mathematik und unabhangig von Erfahrung Konstruktive Elemente die von der Ur Intuition stammen sind etwa Einheit Kontinuum Wiederholung Mathematisches Denken besteht fur Brouwer in dieser Konstruktion niederlandisch gebouw Gebaude die auf Elemente der Ur Intuition beschrankt ist Mathematisch existieren die so hergestellten Objekte Der Vorgang der Konstruktion ist aber an das individuelle Bewusstsein gebunden Aufzeichnungen dieses Vorganges in einem symbolischen Medium konnen ihn nicht ersetzen Sie eignen sich etwa zur Exposition Brouwer war hochst skeptisch selbst in seinen Schriften spezielle Symbole zu verwenden Brouwer grenzt dabei dreierlei voneinander ab 8 Wissen das aus erster Hand gewonnen und individuell erfasst wird seine Aufzeichnung in einem symbolischen physikalisches Medium als Gedachtnishilfe die interpersonelle Kommunikation dieser Symbole und die Aufzeichnung des kollektiven WissensDie intuitive Konstruktion selbst ist nicht sprachlich sondern bleibt eine mentale Realitat auf die Ur Intuition der Zeit gegrundet Jegliche Analyse des Wissens sollte nach Brouwer auf den ersten Punkt gerichtet bleiben Hier setzt Brouwers scharfe Kritik an den damals gangigen Philosophien der Mathematik ein Nirgends wurde die Sprache deutlich von der Mathematik getrennt Selbst der Intuitionismus der franzosischen Mathematiker Henri Poincare Emile Borel und Henri Lebesgue die in Opposition zum Logizismus und Formalismus auftraten brachte keine so scharfe Differenzierung Im Vergleich zu Brouwer verwendeten sie den Begriff der Intuition vage und bauten darauf keine systematische Theorie Insbesondere schien die Intuition nur fur das Postulat der naturlichen Reihe ganzer Zahlen auszureichen nicht aber fur die reellen Zahlen deren Dedekind sche Einfuhrung Brouwer fur eine bloss sprachlich festgesetzte Sache hielt Brouwer nannte spater seine Trennung von Mathematik und mathematischer Sprache die erste Handlung des Intuitionismus Anwendung der MathematikIm Beginn sei die Mathematik aus dem Sprung vom Mittel zum Zweck in der dritten Phase des Bewusstseins also ausgegangen Eine bewusste Handlung baut auf der vorherigen Entdeckung einer Regularitat auf Greift man selbst in das Geschehen ein erhalt man allerdings durch ein gewisses Mittel nicht exakt den gesetzten Zweck Im Gefolge der nun einsetzenden Verfeinerung der Mittel entdeckt man in einem konzentrierten Bereich noch mehr Regularitaten Endlich kann auch ein Bereich der Phanomene ausgesondert werden die unabhangig von anderen intellektuell behandelt werden konnen Mathematik Diese Regularitaten oder Kausalfolgen konnen uberall dort angewendet werden wo auch naturlich eine solche Regularitat gesehen wird Im Versuch die Schritte zu verfeinern und Regularitat zu isolieren kann man sich auch virtueller Kausalfolgen bedienen die moglicherweise zuletzt einfacher umgestaltet werden konnen und auch in konkreten Fallen wieder passen Ein Beispiel sei die euklidische Geometrie die aus solchen virtuellen Kausalfolgen besteht Naturwissenschaften wiederum finden ihren Ursprung ausschliesslich in der Anwendung der Mathematik Die kantischen Ansichten von der Aprioritat von Zeit und Raum diskutierend bemerkt Brouwer dass man als unabhangig von Erfahrung wohl die ganze Mathematik auch euklidische und nicht euklidische Geometrie als apriorisch verstehen musse Andererseits gebe es nur eines woraus die Mathematik konstruiert werde und was sie auch mit den Naturwissenschaften verbindet namlich die Ur Intuition der Zeit Deshalb konne man gleichwohl behaupten dass letztlich das einzige apriorische Element in der Wissenschaft die Zeit ist Brouwer verwirft in seiner Dissertation im Anschluss die kantischen Raumargumente Durch den strengen Sinn in dem Brouwer die Intuition versteht ist auch klar dass damit keinesfalls ein vages Gefuhl bezeichnet wird Aus seinen Darlegungen zum Raum wird klar dass im Gegensatz zur etymologischen Konnotation sich hinter Brouwers Intuition auch keine visuelle oder raumliche Metapher verbirgt Schliesslich versteht er darunter auch nicht eine offensichtliche Wahrheit sondern eben das blosse Vermogen ausgehend von einer Zweiheit eine Regularitat zu gewahren Sprache Bearbeiten Der Intuitionismus Brouwers halt Sprache und Gedanken ursprunglich fur getrennt Der subjektive Gedanke geht der Sprache voraus Diese wiederum ist anfanglich ein rein soziales Phanomen verwendet um Handlungen anderer zu beeinflussen Die Worter die dabei Dingen beigelegt werden beziehen sich nicht auf eine Realitat im Ausseren sondern auf die Erfahrung des Subjekts Sie sind daher nicht unabhangig von der kausalen Aufmerksamkeit Das Verstehen eines Wortes ist insofern ein Reflex der allerdings seinen Ursprung in der Ur Intuition der Zeit besitzt Auch wenn die Sprache ein ursprunglich soziales Phanomen ist um den Willen anderer zu beeinflussen findet es sich aus Gewohnheit auch im einzelnen Subjekt selbst Die Sprache spielt dabei eine Rolle im reflektierenden Denken oder als mnemotechnische Hilfe Die Sprache ist ebenso das Mittel gedankliche Konstruktionen mitzuteilen in dieser Hinsicht ist die Sprache aber defekt und instabil Der Nachvollzug eines Gedankens seine Verifikation in einem anderen Subjekt kann etwa zu unterschiedlichen Ergebnissen fuhren Rationale Erwagungen jedoch beispielsweise mathematische sind zumindest hypothetisch gleich strukturiert und uber diese Schnittstelle ist gegenseitiges Verstandnis moglich Im Ubrigen ware Exaktheit nur in Einsamkeit und mit unbeschranktem Gedachtnis moglich Brouwers fruhes Werk Leven Kunst en Mystiek polemisiert gegen das ubertriebene Vertrauen in die Sprache in philosophischen Abhandlungen lacherlich sei auch die Anwendung der Sprache dort wo keine Ubereinstimmung des Willens gegeben sei Brouwer schloss sich spater dem Signifischen Kreis um Gerrit Mannoury an Die Mitglieder zielten darauf ab durch Verbesserungen der Sprache mehr Verstandnis der Menschen untereinander herbeizufuhren Dabei sollte die zeitliche Entwicklung der Sprache von primitiven Lauten bis zu anspruchsvollem Niveau mitberucksichtigt werden Brouwer selbst wollte einerseits Worter kreieren die den westlichen Gesellschaften spirituelle Werte vermittelten andererseits aufzeigen wo diese Werte nur scheinbar in Worten aufscheinen die fur andere Ideale stehen Zu diesen Vorhaben kam es nicht Ebenso wie sich die Sprache nicht auf eine Welt von Objekten unabhangig von der personlichen Erfahrung bezieht so bezieht sich Wahrheit nicht auf eine ausserliche Realitat Wahrheit wird vielmehr ebenso vom Subjekt erfahren und bedeutet nichts anderes als Prasenz von Sinn So besteht die Wahrheit einer Ausserung in nichts anderem als in der Tatsache dass ihr Inhalt dem Bewusstsein des Subjekts erschienen ist Deshalb sind auch Erwartungen von zukunftiger Erfahrung oder Aussagen uber die Erfahrung anderer nur wahr insofern es Antizipationen oder Hypothesen sind Durch einen Satz wird nur Wahrheit ubermittelt wenn die Wahrheit auch erfahren wird Logik Bearbeiten Seit der Arbeit an seiner Dissertation versuchte Brouwer einen originaren Beitrag zu den Grundlagen der Mathematik zu leisten Durch seinen Lehrer Gerrit Mannoury war er auf die Tendenz zur Axiomatisierung und Formalisierung aufmerksam gemacht worden Im Anschluss an Gottlob Frege wurde die Logik als Disziplin weiterentwickelt Giuseppe Peano und Bertrand Russell schufen eine neue symbolische Notation Georg Cantor schuf die Mengenlehre Ernst Zermelo axiomatisierte sie und bewies den Wohlordnungssatz Man war zur Auffassung gekommen dass die neu entdeckte Logik die Grundlage der Mathematik darstelle Hilbert axiomatisierte die Geometrie und grundete sie auf gewisse Satze in denen ihre Grundbegriffe in gewissen Relationen standen Er definierte sie nicht mehr explizit und liess die zugrundeliegende Interpretation offen Einige Jahre spater nachdem die Axiomatisierung auch anderswo erfolgreich angewendet werden konnte rief er auf die ganze Mathematik axiomatisch zu fundieren Damit den dadurch entstehenden Theorien Sicherheit innewohne sollte in einem umfangreichen Programm die Widerspruchsfreiheit der wichtigen Axiomensysteme gesondert erwiesen werden Die Ideen dazu waren schon zur Zeit bekannt als Brouwer Over de grondlsagen der wiskunde schrieb 9 Brouwer unterzog die entsprechende Arbeit Hilberts einer Analyse und kam zur Auffassung der Grossteil sei ein unmathematischer unbewusster Akt 10 Brouwers Zergliederung ergibt acht Stufen er erkennt drei Systeme der Mathematik darin die einmal mit dann ohne Sprache auftreten Folgendes Schema erhellt seinen Grundgedanken und beschreibt den Ubergang von Mathematik erster Ordnung zur Mathematik zweiter Ordnung 11 Aufzeichnung mathematischer Konstruktionen Sprache der Mathematik Wahrnehmung einer Struktur darin bewusste Verwendung dieser Struktur klassische Logik Isolation von Symbolen und Struktur Abstraktion vom mathematischen Inhalt formale Konstruktionen formale Logik Dies ist die Stufe die Peano erreicht hat Hilbert der vermittels seiner Beweistheorie mit finiten Methoden die Widerspruchsfreiheit etablieren wollte hatte sich wie Brouwer analysiert auf der dritten Stufe befunden Hilberts Programm wurde aufgrund der Resultate von Kurt Godel als unplausibel aufgegeben Fur Brouwer besteht die Mathematik nur aus der ersten Stufe mentale Konstruktionen vor jeder Sprache Die Widerspruchsfreiheit welche durch das Hilbertprogramm etabliert werden sollte tat er als ein bloss sprachliches Phanomen ab sie habe daher keine mathematische Relevanz Das tatsachliche Problem machte Brouwer darin aus dass eine rein sprachliche Argumentation keine mentale Konstruktion zur Verfugung stellt Zu diesen Phanomenen rechnete er die pathologischen Geometrien Hilberts die logischen Konstruktionen ganz gewiss diejenigen von Bolyai moglicherweise auch Lobatcheffsky Cantors transfinite Zahlen und Dedekind Schnitte 12 Die logische Sprache selbst namlich bezieht sich nicht immer unmittelbar auf eine gleich strukturierte mentale Konstruktion Es kann etwa vorkommen dass auch dort wo in die mathematische Konstruktion die Relation vom Teil zum Ganzen die beispielsweise in Brouwers intuitionistischer Mengenlehre als das Grundphanomen auftritt nicht eingeht beim wortlichen Ausdruck die echte Relation gegen die Relation Teil Ganzes getauscht wird Brouwer hat hier den Syllogismus im Auge Solche Phanomene mogen aufgrund der langen Tradition der logischen Ausdrucke aufkommen gleichwohl ware eine andere Sprache der Verstandigung bei der gleichen Organisation des Intellekts moglich und eine Frage der Kultur 13 Satz vom ausgeschlossenen DrittenRegularitaten der Sprache die die Mathematik begleitet wie sie von Aristoteles aufgegriffen und klassifiziert wurden sind fur Brouwer blosse Muster sie geben nicht notwendig eine ursprungliche Konstruktion an Umgekehrt allerdings lasst sich auf jede mathematische Konstruktion etwa das Prinzip des ausgeschlossenen Dritten anwenden und fuhrt niemals zu einer Kontradiktion In der Arbeit De onbetrouwbaarheid der logische principes 1908 legte Brouwer dar warum man keinen Grund habe das Prinzip fur wahr zu halten Brouwer verwendete hierzu Existenzaussagen wie Es gibt in der Dezimalentwicklung von p eine Folge 012 9 Laut Brouwer bestunde kein Grund hier das Prinzip des ausgeschlossenen Dritten fur wahr zu halten da man keine Moglichkeit ins Auge fassen konnte dies zu uberprufen Brouwer hielt das Prinzip des ausgeschlossenen Dritten fur aquivalent mit der Behauptung dass jedes mathematische Problem losbar sei Weitere schwache Gegenbeispiele die auf damals ungelosten Problemen beruhen sind im Brouwer Eintrag der Stanford Encyclopedia of Philosophy zu finden Spater ersetzte Brouwer tatsachlich die Dichotomie von wahr und falsch durch folgende vier Moglichkeiten dass die Aussage als wahr oder falsch bewiesen ist weiters falls kein Beweis vorliegt dass ein Algorithmus fur die Entscheidung auf Wahrheit oder Falschheit bekannt ist und viertens dass auch ein solcher Algorithmus nicht bekannt ist Nachdem Brouwer eine intuitionistische Mengenlehre aufgestellt hatte konnte er auch starke Gegenbeispiele angeben siehe unten NegationDie fruchtbarste Anwendung von Brouwers Anschauungen geht allerdings auf einige Zeilen seiner Arbeit Intuitionistische Zerlegung mathematischer Grundbegriffe 1925 zuruck Dort versucht Brouwer unter anderem intuitionistische Korrekturen fur die Negation anzugeben und skizziert dabei die Grundlagen einer neuen Disziplin der intuitionistischen Logik Brouwer spricht dabei von Absurditat und Korrektheit anstelle von wahr und falsch und stellt einige Prinzipien auf wobei er die doppelte Negation intuitionistisch interpretiert Brouwer verwirft das Prinzip des ausgeschlossenen Dritten A A displaystyle A lor neg A nbsp Insbesondere verwirft er einen Spezialfall davon namlich das Prinzip der Reziprozitat von Komplementarmengen siehe die Gleichung A A c U displaystyle A cup A rm c U nbsp im Artikel Komplement Mengenlehre Also wird verworfen A A displaystyle A leftrightarrow neg neg A nbsp Beibehalten wird A A displaystyle A to neg neg A nbsp Bewiesen wird jedoch Absurditat der Absurditat der Absurditat ist aquivalent mit Absurditat Bei einer dreifachen Negation kann man zwei Negationen demnach kurzen A A displaystyle neg neg neg A leftrightarrow neg A nbsp Arend Heyting war der erste der eine derartige Logik formalisierte Von Brouwer selbst wurde der Versuch zwar unterstutzt er betrachtete die Aufgabe freilich als steril Die intuitionistische Erwagung Brouwers stutzt sich in der entsprechenden mentalen Konstruktion auf das Verhaltnis von Teil und Ganzem etwa um den klassischen Modus ponens einzusehen Kompliziertere Aussagen konnen auch uber eine Interpretation der Spezies siehe unten gewonnen werden Gegen Ende seines Lebens sprach sich Brouwer zunehmend wohlwollender gegen Formalisierungen aus Er lobte beispielsweise die Algebra von George Boole und druckte seine asthetische Wertschatzung dafur aus Intuitionistische Mathematik Bearbeiten Aus der mathematischen Ur Intuition liessen sich die ganzen und rationalen Zahlen konstruieren Das Kontinuum ist fur Brouwer durch die Erfahrung des Zwischen der Zweiheit der Ur Intuition gegeben Brouwer lehnt hingegen die transfiniten Ordinalzahlen Cantors ab da sie sich nicht in einer Konstruktion fassen liessen Das Ziel von Brouwers Mathematik war die Entwicklung einer Theorie der reellen Zahlen des Kontinuums Erst nach seinen topologischen Erfolgen kehrt Brouwer zuruck zur Mengenlehre und veroffentlicht 1918 die Begrundung der Mengenlehre unabhangig vom logischen Satz vom ausgeschlossenen Dritten Brouwer nennt den darin vollzogenen Schritt spater den zweiten Akt des Intuitionismus Ungleich seinen vorigen Anschauungen lasst er namlich nun zur Konstruktion von Mengen spreads im Englischen nicht nur Punkte zu die durch endlich viele Angaben oder durch ein Gesetz zur Konstruktion anzugeben waren sondern auch sogenannte Wahlfolgen Wahlfolgen beinhalten ein Element der Willkur und konnen nicht vollstandig angegeben werden Das Konzept der Wahlfolgen geht in die Definition einer Punktmenge spread ein Zunachst wird eine unbegrenzte Folge von Zeichen festgelegt mittels eines ersten Zeichens und eines Gesetzes das aus jedem dieser Zeichenreihen das nachstfolgende herleitet Wir wahlen z B die Folge z der Nummern 1 2 3 Sodann ist eine Menge ein Gesetz auf Grund dessen wenn immer wieder eine willkurliche Nummer gewahlt wird jede dieser Wahlen entweder ein bestimmtes Zeichen mit oder ohne Beendigung des Prozesses erzeugt oder aber die Hemmung des Prozesses mitsamt der definitiven Vernichtung seines Resultates herbeifuhrt wobei fur jedes n gt 1 nach jeder unbeendigten und ungehemmten Folge von n 1 Wahlen wenigstens eine Nummer angegeben werden kann die wenn sie als n te Nummer gewahlt wird nicht die Hemmung des Prozesses herbeifuhrt 14 Ein reeller Punkt entsteht wenn dabei ineinander geschachtelte Intervalle ausgewahlt werden Punktmengen sind besondere Arten von Punktspezies Eine Punktspezies wird von Brouwer als eine Eigenschaft definiert die nur einem Punkt zukommen kann die Definition lasst sich auch verallgemeinern zu hoheren Spezies die Eigenschaften von Spezies sind Spezies erlauben auch klassische Operationen der Mengenlehre etwa Durchschnitt Vereinigung eine konstruktive Einschrankung besteht wie oben Negation bemerkt bei den komplementaren Spezies Die strukturellen Theoreme uber diese Mengen spreads sind das Fan Theorem und das Bar Theorem 15 Zusammen mit dem Stetigkeitsprinzip ergibt sich der uberraschende Satz fur volle das heisst auf dem ganzen abgeschlossenen Intervall von 0 bis 1 definierten Funktionen Jede volle Funktion ist gleichmassig stetig Dieser Satz ist klassisch ungultig Brouwer verwendete ihn um starke Gegenbeispiele zum Prinzip des ausgeschlossenen Dritten anzugeben Die Anwendung des Prinzips fuhrt dabei zu einem Widerspruch Die Funktion die einer reellen Zahl den Wert 0 zuordnet wenn sie rational ist den Wert 1 hingegen falls sie nicht rational ist muss nach dem Satz im intuitionistischen Sinne konstant sein Es ist daher nicht moglich das Kontinuum intuitionistisch in rationale und irrationale Zahlen zu zerlegen Genau dieses Resultat ergibt sich jedoch wendet man das Prinzip des ausgeschlossenen Dritten mit der Eigenschaft Rationalitat an ein Widerspruch Eine genaue Ausfuhrung dazu findet sich im Eintrag uber Strong Counterexamples der Stanford Encyclopedia of Philosophy Wirkung BearbeitenDie Resultate die Brouwer 1909 bis 1913 hervorbrachte beeinflussten die Topologie nachhaltig Brouwer verband die mengentheoretische Topologie von Georg Cantor und Arthur Schoenflies mit den Methoden Henri Poincares Insbesondere baute Hermann Weyls Arbeit uber Riemannsche Flachen auf Brouwers Topologie auf Sein Fixpunktsatz fand zahlreiche Anwendungen auch ausserhalb der Topologie Durch Weyls provokativen Artikel 16 bekam der Intuitionismus Brouwers besonders seine Ablehnung des Prinzips des ausgeschlossenen Dritten einen hohen Grad an Bekanntheit der durch seine eigenen Schriften und Vorlesungen nicht erreichbar war Er selbst besass keine sonderliche didaktische Fahigkeit um den Intuitionismus bekannter oder popularer zu machen Allerdings widmete A A Fraenkel der die Axiome der Mengenlehre von Ernst Zermelo erganzte in seinen zahlreichen Buchern uber Mengenlehre dem Intuitionismus stetige Aufmerksamkeit Spatere Reaktionen auf Brouwers Intuitionismus beziehen sich hauptsachlich auf Brouwers Schuler Arend Heyting der die intuitionistische Logik 1930 formalisierte Ein derartiger Versuch des russischen Mathematikers Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow im Jahre 1925 war unbeachtet geblieben Kurt Godel und Waleri Iwanowitsch Gliwenko trugen massgeblich zur Entwicklung der intuitionistischen Logik bei Auch Alonzo Church reagierte schon 1928 mit einem Artikel uber das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten In den 1960er Jahren erweckte der Grundlagenforscher Stephen Cole Kleene das Interesse an der intuitionistischen Logik aufs Neue Vertreter der konstruktiven Mathematik auf welche Brouwer zumindest entfernt eine Wirkung hatte sind Errett Bishop und Paul Lorenzen Inwieweit Brouwer Einfluss auf Godel haben konnte welcher ihn vermutlich wie auch Ludwig Wittgenstein bei seiner Wiener Vorlesung 1928 horte ist nicht klar Dass aber die genannte Vorlesung Wittgenstein philosophisch interessierte ist in Anekdoten von Herbert Feigl und Rudolf Carnap uberliefert Wittgenstein soll dort den Impuls fur seine spateren philosophischen Arbeiten erhalten haben Seit 1970 ist ein Mondkrater nach ihm und Dirk Brouwer benannt 17 Ihm zu Ehren vergibt die Niederlandische Mathematische Gesellschaft seit 1970 alle drei Jahre die Brouwer Medaille Schriften BearbeitenLeven kunst en mystiek J Waltman Jr Delft 1905 niederlandisch Over de grondslagen der wiskunde Academisch proefschrift Maas amp van Suchtelen Amsterdam 1907 niederlandisch Dissertation im Internet Archiv dito De onbetrouwbaarheid der logische principes Tijdschrift voor Wijsbegeerte 2 1908 S 152 158 niederlandisch Zur Analysis Situs 14 Mai 1909 In Mathematische Annalen Band 68 11 Marz 1910 S 422 434 Beweis der Invarianz der Dimensionenzahl In Mathematische Annalen Band 70 14 Februar 1911 S 161 165 Uber Abbildung von Mannigfaltigkeiten Juli 1910 In Mathematische Annalen Band 71 25 Juli 1911 S 97 115 Berichtigung 23 Januar 1912 S 598 mit Fixpunktsatz von Brouwer Beweis des Jordanschen Satzes fur den n dimensionalen Raum In Mathematische Annalen Band 71 16 November 1911 S 314 319 Begrundung der Mengenlehre unabhangig vom logischen Satz vom ausgeschlossenen Dritten In Verhandelingen der Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam eerste sectie 12 Erster Teil Allgemeine Mengenlehre Nr 5 Marz 1918 S 1 43 Berichtigungen zum ersten Teile Zweiter Teil Theorie der Punktmengen Nr 7 Marz 1919 S 1 33 Intuitionistische Mengenlehre In Jahresbericht der DMV Band 28 1919 S 203 208 Besitzt jede reelle Zahl eine Dezimalbruchentwicklung 10 Dezember 1920 In Mathematische Annalen Band 83 23 Juli 1921 S 201 210 Uber die Bedeutung des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten in der Mathematik insbesondere in der Funktionentheorie In Journal fur die reine und angewandte Mathematik Band 154 1924 S 1 7 ursprunglich niederlandischer Vortrag vom August 1923 Intuitionistische Zerlegung mathematischer Grundbegriffe 6 Februar 1924 IN Jahresbericht der DMV Band 33 1925 S 251 256 ursprunglich Vortrag vom 24 November 1923 Uber Definitionsbereiche von Funktionen 28 April 1926 In Mathematische Annalen Band 97 1927 S 60 75 Intuitionistische Betrachtungen uber den Formalismus 17 Dezember 1927 In Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam Proceedings of the section of sciences Band 31 1928 S 374 379 Essentieel negatieve eigenschappen 25 September 1948 In Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam Proceedings of the section of sciences Band 51 1948 S 963 964 niederlandisch Consciousness Philosophy and Mathematics In E W Beth H J Pos J H A Hollak Hrsg Proceedings of the 10th International Congress of Philosophy Amsterdam August 11 18 1948 North Holland Amsterdam 1949 S 1235 1249 englisch De non aequivalentie van de constructieve en de negatieve orderelatie in het continuum 29 Januar 1949 In Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam Proceedings of the section of sciences Band 52 1949 S 122 124 niederlandisch Contradictoriteit der elementaire meetkunde 26 Marz 1949 In Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam Proceedings of the section of sciences Band 52 1949 S 315 316 niederlandisch Nach dem Tod erschienen Collected Works North Holland Amsterdam Arend Heyting Hrsg Philosophy and foundations of mathematics 1975 ISBN 0 7204 2805 X englische Rezension Hans Freudenthal Hrsg Geometry analysis topology and mechanics 1976 ISBN 0 7204 2076 8 Dirk van Dalen Hrsg Intuitionismus B I Wissenschaftsverlag 1992 ISBN 3 411 15371 7 eingeleitet und kommentiert von Dirk van Dalen Inhaltsverzeichnis PDF Datei 60 kB Life art and mysticism In Notre Dame Journal of Formal Logic 37 Sommer 1996 S 389 429 englische Ubersetzung von Leven kunst en mystiek 1905 von Walter P Van Stigt Dirk van Dalen Hrsg L E J Brouwer en de grondslagen van de wiskunde Epsilon Uitgaven Utrecht 2001 ISBN 90 5041 061 8 niederlandisch kommentierte Neuauflage der Dissertation Fragmente und Aufsatze der Folgejahre wie Onbetrouwbaarheid der logische principes Inhaltsverzeichnis PDF Datei 22 kB Zentralblatt Rezension Literatur BearbeitenDirk van Dalen Mystic geometer and intuitionist The Life of L E J Brouwer Clarendon Press Oxford u a Band 1 The dawning revolution 1999 2002 corr repr ISBN 0 19 850297 4 Band 2 Hope and disillusion 2005 ISBN 0 19 851620 7 Walter P van Stigt Brouwer s intuitionism North Holland Amsterdam u a 1990 ISBN 0 444 88384 3 enthalt auch kurze Biographie und vollstandige Bibliographie der veroffentlichten Schriften Brouwers Dennis E Hesseling Gnomes in the fog the reception of Brouwer s intuitionism in the 1920s Birkhauser Basel u a 2003 ISBN 3 7643 6536 6 Monographie uber den Grundlagenstreit Victor Pambuccian Brouwer s Intuitionism Mathematics in the Being Mode of Existence Published in Sriraman B ed Handbook of the History and Philosophy of Mathematical Practice Springer Cham 2022 doi 10 1007 978 3 030 19071 2 103 1Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Luitzen Egbertus Jan Brouwer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literatur von und uber L E J Brouwer in der Koniglichen Bibliothek der Niederlande John J O Connor Edmund F Robertson Luitzen Egbertus Jan Brouwer In MacTutor History of Mathematics archive Luitzen Egbertus Jan Brouwer im Mathematics Genealogy Project englisch Vorlage MathGenealogyProject Wartung id verwendet Mark van Atten Luitzen Egbertus Jan Brouwer In Stanford Encyclopedia of Philosophy 26 Marz 2003 bis 6 Mai 2011 englisch mit Literaturangaben Joan Moschovakis Intuitionistic Logic In Stanford Encyclopedia of Philosophy 1 September 1999 bis 28 April 2010 englisch mit Literaturangaben Brouwer Heft Nieuw Archief voor Wiskunde Dezember 2016 Eintrag uber Strong Counterexamples in der Stanford Encyclopedia of Philosophy Luitzen E J Brouwer Eintrag bei der Koniglich Niederlandischen Akademie der WissenschaftenEinzelnachweise Bearbeiten Mark van Atten Luitzen Egbertus Jan Brouwer In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Insbesondere Chronology 1928 1929 Dennis E Hesseling Gnomes in the fog the reception of Brouwer s intuitionism in the 1920s 2003 S 346 Walter P van Stigt Brouwer s Intuitionism 1990 S 115ff Dirk van Dalen Mystic Geometer and Intuitionist The Life of L E J Brouwer Band 1 1999 S 82 f Walter P van Stigt Brouwer s Intuitionism 1990 S 137 Zitat aus der englischen Ubersetzung der von Korteweg gestrichenen Stellen der Dissertation S 2 veroffentlicht in Walter P van Stigt Brouwer s Intuitionism 1990 S 405 415 Walter P van Stigt Brouwer s Intuitionism 1990 S 149 Walter P van Stigt Brouwer s Intuitionism 1990 S 159 David Hilbert Uber die Grundlagen der Logik und der Arithmetik In Verhandlungen des Dritten Internationalen Mathematiker Kongresses in Heidelberg vom 8 bis 13 August 1904 S 174 185 Dirk van Dalen Mystic geometer and intuitionist The life of L E J Brouwer Band 1 1999 S 110 f Walter P van Stigt Brouwer s Intuitionism 1990 S 215 Walter P van Stigt Brouwer s intuitionism 1990 S 233 Van Stigt zitiert hier aus L E J Brouwer Over de grondslagen der wiskunde 1907 S 140f Walter P van Stigt Brouwer s intuitionism 1990 S 221 L E J Brouwer Over de grondslagen der wiskunde 1907 S 129 L E J Brouwer Intuitionismus 1992 S 23 Beweise und rigorose Formulierungen siehe L E J Brouwer Intuitionismus 1992 Hermann Weyl Uber die neue Grundlagenkrise der Mathematik 9 Mai 1920 In Mathematische Zeitschrift 10 1921 S 39 79 Gazetteer of Planetary NomenclatureNormdaten Person GND 118988131 lobid OGND AKS LCCN n80166794 VIAF 54216020 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Brouwer Luitzen Egbertus JanALTERNATIVNAMEN Brouwer Luitzen E J KURZBESCHREIBUNG niederlandischer MathematikerGEBURTSDATUM 27 Februar 1881GEBURTSORT OverschieSTERBEDATUM 2 Dezember 1966STERBEORT Blaricum Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Luitzen Egbertus Jan Brouwer amp oldid 234670122