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Ein Dedekindscher Schnitt ist in der mathematischen Ordnungstheorie eine spezielle Partition der rationalen Zahlen mit deren Hilfe sich eine reelle Zahl darstellen lasst Auf diese Weise kann man die reellen Zahlen aus den rationalen Zahlen konstruieren Benannt ist diese Methode der Dedekindschen Schnitte nach dem deutschen Mathematiker Richard Dedekind obwohl solche Partitionen schon vorher vom Franzosen Joseph Bertrand beschrieben wurden wie Detlef Spalt entdeckt hat 1 2 Sie kann allgemein zur Vervollstandigung von Ordnungen verwendet werden die wie die rationalen Zahlen in sich dicht liegen Auch bei dieser Verallgemeinerung der Methode sind die Bezeichnungen ublich die in diesem Artikel definiert und benutzt werden Definiert man die reellen Zahlen axiomatisch so kann man Dedekindsche Schnitte verwenden um die Ordnungsvollstandigkeit der reellen Zahlen zu sichern In diesem Fall spricht man dann von dem Axiom vom Dedekindschen Schnitt oder kurz vom Schnittaxiom Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Konstruktion der reellen Zahlen 2 1 Ordnung 2 2 Addition 2 3 Multiplikation 3 Verallgemeinerungen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 Einzelnachweise und AnmerkungenDefinition BearbeitenDedekindsche Schnitte werden durch ein geordnetes Paar von Teilmengen rationaler Zahlen a displaystyle alpha nbsp Untermenge und b displaystyle beta nbsp Obermenge uber folgende Axiome definiert Jede rationale Zahl liegt in genau einer der Mengen a displaystyle alpha nbsp b displaystyle beta nbsp 3 Weder a displaystyle alpha nbsp noch b displaystyle beta nbsp ist leer Jedes Element von a displaystyle alpha nbsp ist kleiner als jedes Element von b displaystyle beta nbsp a displaystyle alpha nbsp hat kein grosstes Element das heisst fur jedes p a displaystyle p in alpha nbsp gibt es ein r a displaystyle r in alpha nbsp mit p lt r displaystyle p lt r nbsp Da jeweils die Untermenge a displaystyle alpha nbsp oder die Obermenge b displaystyle beta nbsp fur sich einen Schnitt festlegen kann man auch die folgende Definition benutzen Eine Teilmenge a displaystyle alpha nbsp der rationalen Zahlen ist genau dann Untermenge eines Dedekindschen Schnitts wenn die folgenden Bedingungen erfullt sind a displaystyle alpha nbsp ist nicht leer und umfasst nicht alle rationalen Zahlen a Q displaystyle alpha neq mathbb Q nbsp a displaystyle alpha nbsp ist eine nach unten unbeschrankte Menge das heisst wenn p a displaystyle p in alpha nbsp q Q displaystyle q in mathbb Q nbsp und p gt q displaystyle p gt q nbsp dann ist auch q a displaystyle q in alpha nbsp a displaystyle alpha nbsp enthalt kein grosstes Element Diese drei Bedingungen lassen sich zusammenfassend so formulieren a displaystyle alpha nbsp ist ein offenes nach unten unbeschranktes und nach oben beschranktes Intervall von rationalen Zahlen Statt Untermenge eines Dedekindschen Schnitts wird in der Literatur auch die Bezeichnung offener Anfang verwendet 4 Manchmal wird die Untermenge eines Dedekindschen Schnitts auch selbst als Schnitt bezeichnet 5 6 Konstruktion der reellen Zahlen BearbeitenMan definiert die Menge R displaystyle mathbb R nbsp der reellen Zahlen als die Menge aller Dedekindschen Schnitte in Q displaystyle mathbb Q nbsp Der Einfachheit halber werden im Folgenden wie oben beschrieben nur die Untermengen von Dedekindschen Schnitten betrachtet und als Schnitte bezeichnet In die Menge aller Schnitte bettet man die rationalen Zahlen ein indem man jeder Zahl als Schnitt die Menge aller kleineren Zahlen zuordnet Der rationalen Zahl x Q displaystyle x in mathbb Q nbsp ordnet man also den Schnitt x s Q s lt x displaystyle x s in mathbb Q mid s lt x nbsp zu Aber auch die irrationalen Zahlen lassen sich durch Schnitte darstellen Die Zahl 2 displaystyle sqrt 2 nbsp entspricht zum Beispiel dem Schnitt s Q s lt 0 oder s 2 lt 2 displaystyle s in mathbb Q mid s lt 0 text oder s 2 lt 2 nbsp 7 Damit man die Schnitte sinnvoll Zahlen nennen kann muss man die Rechenoperationen und die Ordnung der neuen Zahlen so festsetzen dass sie die Rechenoperationen auf den rationalen Zahlen und deren Ordnung fortsetzen Seien dazu a displaystyle alpha nbsp und b displaystyle beta nbsp zwei beliebige Schnitte Ordnung Bearbeiten Man setzt a lt b displaystyle alpha lt beta nbsp genau dann wenn a displaystyle alpha nbsp echte Teilmenge von b displaystyle beta nbsp ist Dies definiert eine strenge Totalordnung auf R displaystyle mathbb R nbsp Diese ist sogar nach Konstruktion ordnungsvollstandig das heisst jede beschrankte Teilmenge besitzt ein Supremum Ist namlich A displaystyle A nbsp eine Menge von Schnitten und b displaystyle beta nbsp eine obere Schranke so ist also jeder Schnitt a A displaystyle alpha in A nbsp eine Teilmenge von b displaystyle beta nbsp Die Vereinigung aller a A displaystyle alpha in A nbsp ist dann auch ein Schnitt die kleinste obere Schranke von A displaystyle A nbsp Addition Bearbeiten Man definiert a b r s r a s b displaystyle alpha beta r s mid r in alpha s in beta nbsp Man kann zeigen dass dies tatsachlich eine Addition also eine kommutative assoziative Verknupfung definiert und dass es zu jedem Schnitt a displaystyle alpha nbsp ein additiv inverses Element a displaystyle alpha nbsp gibt Des Weiteren fallt die Definition dieser Addition mit der bereits bekannten Addition auf Q displaystyle mathbb Q nbsp zusammen Multiplikation Bearbeiten Fur a gt 0 displaystyle alpha gt 0 nbsp und b gt 0 displaystyle beta gt 0 nbsp definiert man die Multiplikation wie folgt a b p Q r a s b r s gt 0 p r s displaystyle alpha cdot beta p in mathbb Q mid exists r in alpha s in beta r s gt 0 colon p leq r cdot s nbsp Diese Multiplikation kann man auf ganz R displaystyle mathbb R nbsp ausdehnen indem man a 0 0 a 0 displaystyle alpha cdot 0 0 cdot alpha 0 nbsp und a b a b a b lt 0 a b a lt 0 b gt 0 a b a gt 0 b lt 0 displaystyle alpha cdot beta begin cases alpha cdot beta amp alpha beta lt 0 alpha cdot beta amp alpha lt 0 beta gt 0 alpha cdot beta amp alpha gt 0 beta lt 0 end cases nbsp definiert Auch diese Multiplikation ist assoziativ kommutativ und es gibt zu jedem a 0 displaystyle a neq 0 nbsp ein Inverses a 1 displaystyle a 1 nbsp Zudem fallt diese Multiplikation auch mit der auf Q displaystyle mathbb Q nbsp zusammen falls die Faktoren rational sind Verallgemeinerungen BearbeitenWendet man die Konstruktion Dedekindscher Schnitte erneut auf die geordnete Menge R lt displaystyle mathbb R lt nbsp an so entstehen keine neuen Elemente jeder Schnitt entsteht durch eine zugehorige Schnittzahl Diese Eigenschaft wird auch als Schnittaxiom bezeichnet und ist fast wortlich aquivalent zum Supremumsaxiom Jede in sich dichte strenge Totalordnung M lt lasst sich mit Hilfe von Dedekindschen Schnitten auf M statt Q displaystyle mathbb Q nbsp in eine ordnungsvollstandige Ordnung N einbetten Im Sinne der Ordnungstheorie ist eine total geordnete Menge in sich dicht geordnet wenn zwischen zwei verschiedenen Elementen stets ein drittes liegt Ob und wie sich andere auf M vorhandene Strukturen wie hier die Verknupfungen Addition und Multiplikation sinnvoll auf N fortsetzen lassen hangt vom speziellen Anwendungsfall ab vergleiche hierzu Ordnungstopologie Eine zu den Dedekindschen Schnitten sehr ahnliche Methode wird zur Konstruktion der surrealen Zahlen benutzt Siehe auch BearbeitenCauchy FolgeLiteratur BearbeitenJoseph Bertrand Traite d Arithmetique Crapelet Paris 1849 online Richard Dedekind Stetigkeit und irrationale Zahlen Friedrich Vieweg und Sohn Braunschweig 1872 online Oliver Deiser Grundbegriffe der wissenschaftlichen Mathematik Springer 2010 ISBN 978 3 642 11488 5 S 118 120 Auszug Google K Mainzer Reelle Zahlen Kapitel 2 Paragraph 2 zu Dedekindschen Schnitten in Heinz Dieter Ebbinghaus u a Zahlen Springer Verlag 1983 S 30 f Harro Heuser Lehrbuch der Analysis Teil 1 Vieweg Teubner Wiesbaden 1980 6 aktualisierte Auflage ebenda 1988 ISBN 3 519 42221 2 S 29 32 36 38Weblinks BearbeitenDedekind cut in der Encyclopedia of Mathematics Dedekind cut auf PlanetMath A Bogomolny On Dedekind Cuts auf cut the knot org Dedekind cut im MacTutor History of Mathematics archive Konstruktion von R displaystyle mathbb R nbsp PDF 65 kB Teil eines Analysis Skriptes der Uni MunsterEinzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Joseph Bertrand Traite d Arithmetique 1849 S 203 bnf fr Eine inkommensurabele Zahl kann nur definiert werden indem angegeben wird wie die Grosse die sie ausdruckt durch die Einheit gebildet werden kann Im Folgenden nehmen wir an dass diese Definition darin besteht anzugeben welche kommensurabele Zahlen kleiner oder grosser als die Zahl sind Detlef Spalt Eine kurze Geschichte der Analysis Springer 2019 S 229 doi 10 1007 978 3 662 57816 2 Dies bedeutet dass a b displaystyle alpha beta nbsp eine Zerlegung Partitionierung der Menge der rationalen Zahlen Q displaystyle mathbb Q nbsp darstellen Es ist b Q a displaystyle beta mathbb Q setminus alpha nbsp Fritz Reinhardt Heinrich Soeder dv Atlas zur Mathematik Deutscher Taschenbuchverlag Munchen 1974 Seite 59 Edmund Landau Grundlagen der Analysis Akademische Verlagsgesellschaft M B H Leipzig 1930 Kapitel 3 1 Definition 28 Walter Rudin Analysis Oldenbourg Verlag Munchen 2005 ISBN 978 3 486 57852 2 Seite 19 Das Beispiel lasst sich leicht verallgemeinern Der Zahl x displaystyle sqrt x nbsp mit rationalem x gt 0 displaystyle x gt 0 nbsp entspricht der Schnitt s Q s lt 0 oder s 2 lt x displaystyle s in mathbb Q mid s lt 0 text oder s 2 lt x nbsp Falls x displaystyle sqrt x nbsp rational ist fallt dies auf die obige Definition fur x displaystyle sqrt x nbsp zuruck Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dedekindscher Schnitt amp oldid 239007410