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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Flechte Begriffsklarung aufgefuhrt Eine Flechte lateinisch Lichen ist eine symbiotische also fur verschiedene Arten nutzliche Lebensgemeinschaft zwischen einem oder mehreren Pilzen den so genannten Mykobionten und einem oder mehreren Partnern die mittels Photosynthese Licht in chemische Energietrager umwandeln konnen Diese Photobionten sind Grunalgen oder Cyanobakterien Die Grunalgen bezeichnet man in der Symbiose auch als Phykobionten 1 die Cyanobakterien auch als Cyanobionten Die Eigenschaften der Flechten setzen sich deutlich von jenen der Organismen ab aus denen sie sich zusammensetzen Erst in der Symbiose bilden sich die typischen Wuchsformen der Flechten heraus und nur in Lebensgemeinschaft mit einem Photobionten bilden die Mykobionten die charakteristischen Flechtensauren Die Wissenschaft von den Flechten ist die Flechtenkunde oder Lichenologie Flechten treten in sehr verschiedenen Farben aufAuch trompetenformige Strukturen sind etwa bei Vertretern der Gattung Cladonia nicht seltenWeltweit gibt es rund 25 000 Flechtenarten In Mitteleuropa kommen davon etwa 2000 vor Der Anteil endemischer Arten die nur in einer begrenzten Region vorkommen ist bei Flechten viel niedriger als bei Blutenpflanzen Flechten werden immer nach dem Pilz benannt der die Flechte bildet da es meist dieser ist der ihr die Form und Struktur gibt Mehrere Photobionten konnen in einer Flechte vorhanden sein Jungste Forschungsarbeiten haben gezeigt dass auch mehr als eine Pilzart in einer Flechte vorkommen kann 2 3 In der biologischen Systematik werden Flechten den Pilzen Fungi zugerechnet unter denen sie als eigene Lebensform eine Sonderstellung einnehmen sie sind also keine Pflanzen Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau und Wuchsform 2 Mykobiont Photobiont und ihre Symbiose 3 Wasserhaushalt 4 Flechtenstoffe 5 Verbreitung und Lebensraum 6 Vergesellschaftung 7 Fortpflanzung 8 Alter 9 Flechten und Tiere 10 Bioindikatoren 11 Entwicklungsgeschichte 12 Flechten und der Mensch 12 1 Geschichte der Flechtenkunde 12 2 Verwendung 12 3 Flechten in der Literatur 13 Graffiti 14 Literatur 15 Weblinks 16 EinzelnachweiseAufbau und Wuchsform Bearbeiten nbsp Aufbau einer Laubflechte Beschreibung siehe Text Flechten existieren in einem breiten Spektrum an Farben das von weiss uber leuchtendes Gelb verschiedene Brauntone kraftiges Orange tiefrot rosa olivgrun blaugrun und grau bis zu tiefschwarz reicht Den Vegetationskorper einer Flechte formt ein Geflecht aus Pilzfaden Hyphen das so genannte Lager darin eingeschlossen befindet sich eine Population der Photobionten Die meisten Flechten bestehen aus mehreren Schichten Bei den meisten Laubflechten wird auf der dem Untergrund Substrat abgewandten Seite die aussere Schicht aus dichten geflochtenen Pilzfaden gebildet sie wird obere Rinde genannt a Darunter liegt die Algenschicht in der die Algen in einem lockeren Pilzgeflecht lagern b Anschliessend folgt die Markschicht die aus lockerem Pilzgeflecht ohne Algen besteht c Es schliesst sich die untere dem Substrat zugewandte Rinde an d die durch Rhizinen e wurzelartige Pilzfaden die dem Substrat eng anliegen oder es durchdringen verankert ist Solche Flechtenkorper in denen die Photobionten nur in einer Schicht liegen nennt man heteromer Wenn der phototrophe Partner dagegen mehr oder weniger regellos zerstreut im Pilzkorper liegt spricht man von einem homoomeren Thallus Nach der Wuchsform und der Auflageflache des Lagers auch Pilzthallus genannt unterscheidet man zwischen Krustenflechten Eine Krustenflechte besteht aus Lagern welche als Areolen bezeichnet werden Diese schliessen nicht immer dicht zusammen Sie konnen einzeln oder zu wenigen einem Prothallus aufsitzen Weiter konnen kornige firnisartige oder schorfige Uberzuge auf Pflanzenresten Moosen Rinde und Erde gebildet werden Es entsteht eine Scheinrinde durch das Absterben der aussersten Schicht des Lagers Nekralschicht sowie durch Verschleimung der Zellreste Das Wachstum des Flechtenkorpers Thallus wird von dieser Nekralschicht aus den verschleimenden absterbenden Zellen nachgebildet Laub oder Blattflechten Die Flechte ist flachig gestaltet folios und liegt mehr oder weniger locker auf dem Substrat auf Morphologisch sind die Blattflechten sehr vielfaltig und besiedeln verschiedene Lebensraume wie etwa auf Moosen aber auch auf Gestein Wie bei Pflanzenblattern optimiert der blattartige Wuchs die Lichtausbeute fur die Photosynthese des Photobionten Die Wachstumszone befindet sich auf den Blattrandern Strauchflechten Der Thallus ist strauchformig und wachst als aufrechter Rasen auf Erde oder Fels oder hangt von Baumen Totholz oder Felsen Bart oder Bandflechten Die Wachstumszone liegt am Ende der einzelnen Aste Gallertflechten Dies sind Flechten mit Cyanobakterien als Partner die bei Befeuchtung gallertartig aufquellen und meist schwarzlich bis dunkeloliv gefarbt sind 4 Die Einteilung in Wuchsformen entspricht nicht den stammesgeschichtlichen Verwandtschaftsverhaltnissen Mykobiont Photobiont und ihre Symbiose Bearbeiten nbsp Die Ebenastige Rentierflechte Cladonia portentosa ist eine typische Strauchflechte alpiner ZwergstrauchheidenDie Pilze gehoren zu 98 Prozent der Abteilung der Schlauchpilze an nur sehr wenige Arten sind Standerpilze Einige nur steril bekannte Flechtenpilze werden formal den Deuteromycota oder Fungi imperfecti zugerechnet Uber 20 Prozent der heute bekannten Pilze leben in einer Flechtensymbiose In 85 Prozent der Falle ist der Photobiont eine ein oder wenigzellige Grunalge bisher sind uber 80 Arten aus etwa 30 Gattungen bekannt Die bedeutendste davon ist zweifellos Trebouxia die in Flechten der Gattungen Cladonia Parmelia Ramalina Umbilicaria und Xanthoria 5 zu finden ist Weitere bedeutende Grunalgen sind Coccomyxa Myrmecia und die fadige Gattung Trentepohlia 5 Es gibt auch Flechten bei denen der Partner aus dem Bakterien Phylum der Cyanobacteria stammt Dessen einzige Klasse Cyanobacteria enthalt uber 2000 Arten in funf Ordnungen Mit Ausnahme der Ordnung Oscillatoriales weisen alle auch Vertreter in Flechtensymbiosen auf Die wichtigste Cyanobakterien Gattung mit Flechten Symbionten ist Nostoc Manchmal kommen Grunalgen und Cyanobakterien auch zusammen in einer Flechte vor Wahrend alle Photobionten ohne ihren Pilzpartner leben konnen findet man in der Natur die Mykobionten nicht ohne ihre domestizierten Partner in Kultur konnen die meisten aber auch ohne Photobionten gehalten werden Die Symbiose zwischen Pilzen und Photobionten kann in unterschiedlichen Kontaktformen vorkommen Die Pilzfaden konnen nur lose neben dem Partner liegen man spricht dann von Kontakthyphen sie konnen sie fest umschliessen Klammerhyphen oder sogar in sie eindringen Haustorium Die Vorteile der Symbiose liegen stark auf der Seite des Mykobionten und man beschreibt die Lebensgemeinschaft wahrscheinlich am besten als kontrollierten Parasitismus Dies zeigt sich auch daran dass der Pilz das Wachstum und die Zellteilungsrate der Alge kontrolliert Aufgrund der langen Entwicklungszeit dieser probiotischen Beziehung hat sich daher ein Gleichgewicht zwischen Pilz und Alge eingestellt Der Vorteil besteht fur den Pilz darin dass er von den Photobionten mit Nahrstoffen versorgt wird welche die Alge durch Photosynthese bildet Der Pilz wiederum schutzt den Partner vor zu rascher Austrocknung da im Hyphengeflecht die Feuchtigkeit weniger stark schwankt daneben schirmt er seinen Photobionten vor der Ultraviolettstrahlung ab An Standorten wo die Algen auf dem Boden pH Werten zwischen 3 5 und 6 5 ausgesetzt waren hilft das Leben im Verband mit dem Mykobionten bei der Aufnahme von Phosphat Auch durch die gemeinsame Vermehrungsstrategie von Pilz und Alge ergibt sich fur beide Symbionten ein Vorteil Von Grunalgen werden Zuckeralkohole etwa Ribit Erythrit oder Sorbit gebildet die fur den Pilz bekommlicher sind als Kohlenhydrate Bei Cyanobakterien als Partner wird hingegen Glucose transportiert Bei den stickstofffixierenden Cyanobakterien wird auch reduzierter Stickstoff an den Mykobionten geliefert Stoffstrome des Primarstoffwechsels vom Pilz zum Photobionten sind nicht bekannt Wasserhaushalt Bearbeiten nbsp Das Wachstum solcher Baumbarte wird besonders durch die hohe Luftfeuchtigkeit in Susswasser oder Meernahe begunstigtFlechten besitzen keine Moglichkeit ihren Wasserhaushalt zu regeln da sie keine echten Wurzeln zur aktiven Wasseraufnahme und auch keinen Verdunstungsschutz besitzen Nur uber die Oberflache des Flechtenlagers konnen sie wie ein Schwamm Wasser in relativ kurzer Zeit aufsaugen entweder in flussiger Form oder als Wasserdampf Bei Trockenheit verlieren sie relativ schnell das fur die Aufrechterhaltung des Stoffwechsels notige Wasser und wechseln in einen photosynthetisch inaktiven leblosen Zustand in dem der Wassergehalt bei weniger als zehn Prozent des Trockengewichts liegen kann Es gibt starke Hinweise darauf dass wie bei den mit ahnlichen Problemen konfrontierten Bartierchen der Zucker Trehalose eine grosse Rolle beim Schutz lebenswichtiger Makromolekule wie Enzymen Membranbestandteilen oder der Erbsubstanz DNA selbst spielt Anders als lange Zeit angenommen schutzt der Mykobiont den Photobionten nicht vor Austrocknung sondern verlangert allenfalls die Zeit die fur diesen Prozess zur Verfugung steht Der nahezu vollstandige Feuchtigkeitsverlust ist vielmehr Teil der Uberlebensstrategie von Flechten Nur im ausgetrockneten Zustand sind sie in der Lage Temperaturextreme oder hohe Lichtintensitaten insbesondere von ultravioletter Strahlung zu uberstehen kunstlich befeuchtete Flechten verlieren unter diesen Umstanden dagegen schnell ihre Vitalitat Bei vielen Arten geht mit der Austrocknung eine Verdickung der Rindenschicht einher die dadurch lichtundurchlassiger wird Die Fahigkeit der Ruhestarre ist besonders in kalten Gebieten sehr wichtig da gefrorenes Wasser nicht fur den Stoffwechsel verfugbar ist Die Zeit in der eine Flechte in einem solchen Stadium uberleben kann variiert je nach Art es ist jedoch der Fall einer Wustenflechte bekannt die nach 40 Jahren im ausgetrockneten Zustand durch Befeuchtung wiederbelebt werden konnte Erst bei erneuter Wasseraufnahme uber Regen Tau oder Luftfeuchtigkeit wird der Stoffwechsel reaktiviert Bei einem Wassergehalt von 65 bis 90 Prozent des maximalen Speichervermogens erreicht er seine hochste Effizienz Weil die Luftfeuchtigkeit im Laufe eines Tages starken Schwankungen unterworfen ist variiert entsprechend auch die Photosynthese Rate der Flechten meist ist sie am fruhen Morgen wenn das Flechtenlager von Tau benetzt wird am hochsten Der vorstehend beschriebene Lebensrhythmus ist auch eine Ursache fur das extrem langsame Wachstum mancher Flechten Krustenflechten wachsen manchmal nur wenige Zehntel Millimeter pro Jahr Laubflechten meist weniger als einen Zentimeter Zum langsamen Wachstum tragt jedoch auch die ungleiche Symbiose bei in welcher der Photobiont der oft nur zehn Prozent des Flechtenvolumens einnimmt allein fur die Ernahrung des Mykobionten aufkommen muss Das uppigste Wachstum findet man dagegen vor allem in subtropischen Nebelwaldern und nahe den Meereskusten wo eine nur geringen Schwankungen unterworfene Luftfeuchtigkeit fur optimale Wachstumsbedingungen sorgt Flechtenstoffe BearbeitenDie primaren intrazellularen Produkte wie Proteine Aminosauren Polysaccharide Lipide Vitamine etc werden sowohl vom Photo als auch vom Mykobionten gebildet und sind nicht flechtenspezifisch Die so genannten Flechtenstoffe sind sekundare Produkte des Stoffwechsels und werden ausschliesslich vom Pilz gebildet und extrazellular auf den Hyphen deponiert Heute sind uber 600 Stoffe bekannt wobei die Hauptgruppen nach ihrer biosynthetischen Herkunft in die Acetyl Polymalonate etwa Usninsaure die Shikimisauren und die Mevalonsauren eingeteilt werden Dies sind auch die wichtigsten Farbpigmente wie etwa die gelbe Vulpinsaure oder das gelb orange Parietin Um Flechtensauren nachzuweisen nutzt man chemische Reagenzien die eine Farbreaktion auslosen Die wichtigsten sind Calcium oder Natriumhypochlorit C Kaliumhydroxid K und p Phenylendiamin P oder Pd 6 Flechtensauren spielen auch bei der Verwitterung eine wichtige Rolle da sie Gesteine angreifen und so zur Bodenbildung beitragen Verbreitung und Lebensraum Bearbeiten nbsp Unter Schutz stehende Flechten in der Namib bei Wlotzkasbaken Der Nebel an der Kuste versorgt die Flechten mit FeuchtigkeitViele Flechten wachsen nur sehr langsam meist nur wenige Millimeter im Jahr einzelne Arten sogar nur Bruchteile eines Millimeters Daher konnen sie nur an Standorten uberleben an denen sie nicht von Pflanzen uberwuchert und an der Photosynthese gehindert werden An feuchten Standorten konnen sie sich oft nicht gegen Moose durchsetzen Unter geeigneten Bedingungen etwa dauerhafter Feuchte und geeigneten Temperaturen wie im Regenwald oder Nebelwald wachsen Flechten um einige Zentimeter im Jahr Ahnliche Wuchsformen in teilweise ubereinstimmendem Habitat kommen bei den Luftalgen Aerophyten vor die ebenfalls auf exponierten Oberflachen wie Baumstammen oder Felsen wachsen und diese oberflachlich bunt farben konnen In Mitteleuropa kommt die Gattung Trentepohlia vor Flechten haben meist bescheidene Stoffwechselanspruche und begnugen sich mit geringen Mengen an Mineralstoffen aus Staub der uber die Luft angeweht wird oder Nahrstoffen die im Regenwasser enthalten sind oder aus dem Untergrund gelost werden Viele Arten sind in der Lage extreme Lebensraume zu erschliessen So konnen manche Flechten auf blankem Fels wachsen andere wurden in fast 5000 Meter Hohe im Himalaya Gebirge gefunden Sie kommen in Hitze und Kaltewusten ebenso wie in Heidelandschaften in Mooren ebenso wie in Permafrostgebieten vor und konnen in Trockenstarre Temperaturen von 47 Grad Celsius bis 80 Grad Celsius uberstehen In der Antarktis lassen sich etwa 200 Flechtenarten antreffen selbst bei 86 Grad sudlicher Breite findet man in den Horlick Mountains noch sechs Flechtenarten Auch gibt es amphibische Arten wie etwa Verrucaria serpuloides die permanent im Wasser leben Flechten besiedeln unterschiedlichste Standorte wie Baumrinde Gesteine Boden und selbst verrostetes Metall Malerfarbe oder Kunststoffe manche robuste Arten sind sogar an vielbefahrenen Strassen anzutreffen Viele Flechtenarten sind substratspezifisch das heisst sie gedeihen nur auf basischem Gestein wie Kalkstein oder Dolomit oder saurem kalkfreiem Silikatgestein wie Quarz Gneis oder Basalt Flechten die als Epiphyt auf Baumen wachsen sind keine Parasiten sie entnehmen der Pflanze keine Nahrstoffe oder Wasser lediglich die Photosynthese wird durch die Abdeckung etwas behindert Sie zeigen eindeutige Vorlieben fur bestimmte Bedingungen wie saure Rinden von Fichten Birken oder Erlen oder basenreiche Rinden von Nussbaum Spitzahorn oder Holunder Diese Merkmale sind oft wertvolle Bestimmungshilfen Eine Reihe von Flechten dient selbst als Substrat fur andere Flechten Oft bilden sich typische Abfolgen in denen verschiedene Flechtenarten in einer charakteristischen Reihenfolge ubereinander geschichtet vorliegen nbsp Die Landkartenflechte Rhizocarpon geographicum ist eine Zeigerart fur saure Standorte hier auf Quarz Erkennbar sind die schwarzen Rander wo der Pilz mit dem sogenannten Vorlager Prothallus neuen Lebensraum ohne den Photobionten erobert Auf Fels sind Flechten wichtige Pionierorganismen die entweder dem Gestein aufsitzen oder sogar in den Stein eindringen Bei endolithischen Flechten ist das Lager im Inneren des Gesteins entwickelt und ausserlich nur an einer Verfarbung des Gesteins erkennbar Bei Vertretern der Gattung Verrucaria auf Kalkstein sind etwa nur die Perithecien genannten Fruchtkorper als schwarze Vertiefungen sichtbar Nach dem Absterben des Lagers ist der Fels von kleinen Gruben ubersat Erst nach dem Anritzen des Steins erscheint die grune Algenschicht Trotz der Unauffalligkeit spielen diese Arten eine bedeutende Rolle bei der chemisch physikalischen Verwitterung und Bodenbildung umso mehr da sie die Felsen oft flachendeckend uberziehen Da Flechten naturgemass keinen Unterschied zwischen Substraten in naturlicher und kunstlicher Umgebung machen finden sie sich schliesslich auch oft auf Mauern Dachern Zaunen oder Grabsteinen Letztere konnen zur Datierung des Flechtenwachstums eingesetzt werden Der extremste Lebensraum in dem Flechten bisher ihre Uberlebensfahigkeit unter Beweis stellen konnten ist ohne Zweifel der Weltraum Durch im Mai 2005 durchgefuhrte Experimente an den Flechten Landkartenflechte Rhizocarpon geographicum und der Zierlichen Gelbflechte Xanthoria elegans konnte gezeigt werden dass diese Arten zumindest fur einen Zeitraum von etwa zwei Wochen in der Lage sind die lebensfeindlichen Bedingungen ausserhalb der Erdatmosphare wie starke Temperaturschwankungen und hohe UV Strahlungsintensitat zu uberstehen Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstituts haben in einer aktuellen Studie Stand 2017 herausgefunden dass sich manche Flechtenarten abhangig von den jeweiligen klimatischen Bedingungen unterschiedlich entwickeln und auch verschiedene Algen zur Symbiose auswahlen konnen So leben die flechtenbildenden Pilze Lasallia pustula und Lasallia hispanica je nach Hohenlage mit verschiedenen Grunalgen der Gattung Trebouxia zusammen Im mittleren Hohenbereich wurden beide Kombinationen aufgefunden Aufgrund von DNA Analysen konnte festgestellt werden dass die flechtenbildenden Pilze theoretisch mit sieben unterschiedlichen Trebouxia Arten zusammenleben konnen 7 Vergesellschaftung Bearbeiten nbsp Flechten Kiefernwald Cladonio Pinetum auf sehr nahrstoffarmen Flugsanddunen in NorddeutschlandWie bei Blutenpflanzen treten auch Flechtenarten miteinander bzw mit Pflanzenarten vergesellschaftet auf Die Benennung solcher Gesellschaften folgt Regeln die in einem Code der pflanzensoziologischen Nomenklatur festgehalten sind 8 Ein Beispiel einer von Flechten mitbestimmten Assoziation ist das Cladonio Pinetum der Flechten Kiefernwald Es handelt sich um die forstwirtschaftlich zwar uninteressanteste naturschutzfachlich aber besonders wertvolle und seltene Auspragung von Kiefernwald nahrstoffarmster Standorte Durch diffuse flachendeckende Eintrage von Schad und Nahrstoffen Eutrophierung ist diese Gesellschaft in Mitteleuropa stark bedroht Bei der durch die Nahrstoffe begunstigten Sukzession wird sie vor allem durch Drahtschmielen Kiefernwald verdrangt Fortpflanzung BearbeitenDie Photobionten vermehren sich solange sie in Flechtengemeinschaft leben nur vegetativ bilden also keine Gameten Der Pilzpartner kann sich hingegen wie andere Pilze auch sexuell fortpflanzen nbsp Chaenotheca ferruginea SporenAlle Sporen sind nur wenige tausendstel Millimeter gross Die geschlechtlichen Sporen werden je nach der Zugehorigkeit des Mykobionten zu den Schlauch oder Standerpilzen in so genannten Schlauchen Asci oder an so genannten Standern Basidien gebildet und dementsprechend als Asco oder Basidiosporen bezeichnet nbsp Ophioparma ventosa Die roten Flecken sind Apothecien derentwegen die Flechte im Volksmund auch Blutaugenflechte genannt wird Bei den Schlauchpilz Flechten werden die Ascosporen in Fruchtkorpern gebildet die sich nach ihrem Aufbau in zwei grossere Gruppen einteilen lassen Apothecien und Perithecien Apothecien sind gewohnlich vom Flechtenlager scharf abgegrenzte rundliche bis scheiben oder schusselformige Gebilde Darauf beziehungsweise darin liegt eine aus parallel gelagerten Asci und nichtsporenbildenden Hyphenenden bestehende Schicht das so genannte Hymenium offen zu Tage Perithecien sind mehr oder weniger kugelige fast geschlossene Gebilde in denen sich die Asci befinden und die Ascosporen gebildet werden die nur durch eine Pore austreten konnen 9 Der Pilz kann sich aber auch asexuell durch Pyknosporen fortpflanzen die in Pyknidien gebildet werden Dies sind kugelige bis birnenformige Behalter die in das Lager eingebettet sind In diesen werden von speziellen Hyphen Pyknosporen abgegliedert Pyknidien sind meist als sehr kleine schwarzliche Punkte auf dem Lager erkennbar Die Sporen verbreiten sich durch die Luft und konnen wenn sie hohere Luftschichten erreichen uber weite Strecken mitunter auch weltweit verfrachtet werden So erfolgt beispielsweise auch die Besiedelung isolierter Denkmaler oder Grabsteine auch wenn das nachste Flechtenvorkommen weit entfernt ist Auf welche Weise sich die Flechtensynthese vollzieht also wie die Gemeinschaft aus Myko und Photobiont entsteht ist noch nicht vollstandig aufgeklart Der Pilzpartner muss zunachst einen geeigneten frei lebenden Algen oder Bakterienpartner aufspuren und dann uber diesen die Kontrolle ubernehmen Beides geschieht anscheinend erst wenn sowohl Pilz als auch Alge oder Bakterium in einem ausgehungerten dringend auf Nahrstoffe angewiesenen Zustand sind Auch im Labor ist es nur dann moglich aus den beiden Einzelorganismen die Flechte zu bilden Die typische Wuchsform der jeweiligen Flechtenart entsteht erst nachdem der Pilzpartner seine Dominanz uber den Photobionten etabliert hat Viele Flechten sind auf das Zusammentreffen solch gunstiger Umstande nicht angewiesen und haben spezielle vegetative Vermehrungsorgane ausgebildet mit denen Pilz und Alge gleichzeitig verbreitet werden konnen Isidien sind Auswuchse in Form von Stiften Knopfen Blattchen oder kleinen Asten die an der Basis eine Sollbruchstelle haben Durch Wind Wasser oder leichte Beruhrungen brechen diese ab und bilden auf einem geeigneten Untergrund eine neue Flechte Sorale sind staubige Aufbruche der Flechten aus der Kornchen aus wenigen verflochtenen Pilzfaden und Algen heraustreten Soredien Durch Verbreitung dieser Kornchen konnen ebenfalls neue Flechten gebildet werden 10 Alter BearbeitenWachstumsgeschwindigkeiten einiger Flechtenarten 11 Flechtenart Strauch Blatt und Krustenfl Geschwindigkeit in mm JahrCladonia rangiferina 0 2 5Peltigera aphtosa 0 5 10Peltigera canina 18Peltigera rufescens 25 27Physcia caesia 0 8 1 1Parmelia saxatilis 0 1 7 3 2Lecanora muralis 0 1 3Rhizocarpon geographicum 0 2 0 6 nbsp Landkartenflechten konnen zur Altersdatierung genutzt werdenFlechten zahlen zu den langstlebigen Lebewesen uberhaupt und konnen ein Alter von mehreren hundert Jahren in Einzelfallen sogar von uber 4 500 Jahren erreichen wie etwa bei einer Landkartenflechte Rhizocarpon geographicum aus Gronland Durch ihre nach einer Initialzeit konstante Wachstumsrate konnen sie zur Altersbestimmung von blossgelegten Steinen Gletscherruckgang oder neu errichtete Bauwerke genutzt werden Die meisten Untersuchungen beziehen sich auf die gelben Sippen der Gattung Rhizocarpon wobei der Durchmesser der Flechtenlager direkt zum Alter des Untergrunds in Bezug gesetzt wird Diese Altersdatierung anhand von Flechten wird auch als Lichenometrie bezeichnet und wurde 1957 vom osterreichischen Botaniker Roland Beschel eingefuhrt 1965 bestimmte Gerhard Follmann etwa das Alter der durchschnittlich knapp 500 Jahre alten Monumentalfiguren auf der Osterinsel anhand des Flechtenbewuchses Die Methode ist jedoch wegen des nicht immer gleichmassigen Wachstums nicht unumstritten und wird nur dort genutzt wo etwa die Radiokohlenstoffmethode nicht angewandt werden kann 12 Flechten und Tiere Bearbeiten nbsp Typisches mit Totengebeinsflechten Thamnolia vermicularis ausgestattetes Nest des WanderregenpfeifersBesonders im hohen Norden wo die Vegetation sparlich ist sind Flechten wahrend der Wintermonate fur Rentiere mit etwa 90 Prozent Hauptbestandteil der Nahrung Meist handelt es sich um Rentierflechten Cladonia die sie mit ihren Hufen auch unter einer Schneedecke freilegen und mit Hilfe des Enzyms Lichenase verwerten konnen Auch Elche nutzen diese Nahrungsquelle Fur viele Larven von Schmetterlingen dienen Flechten als Nahrungsgrundlage wie etwa fur Vertreter der Gattung der Flechtenbarchen Eilema deren Raupen sich ausschliesslich von Flechten ernahren Im Ubrigen sind es vor allem wirbellose Tiere wie Schnecken Insekten und Milben zu deren Ernahrung Flechten in unterschiedlichem Ausmass beitragen Dazu zahlen auch Staublause Psocoptera manchmal auch Flechtlinge genannt zu denen etwa die Bucherlaus Liposcelis simulans gehort Erwahnenswert ist auch die Larve der Hornmilbe Mycobates parmeliae die sich mit ihrer leuchtend orangen Farbung an ihren Lebensraum in der Gewohnlichen Gelbflechte angepasst hat Die Flechtenvegetation bietet vielen Tieren nebst Nahrung auch Lebensraum und Tarnung vor Fressfeinden Milben und Insekten leben in grosser Zahl zwischen Flechtenlagern auch fur die ebenfalls austrocknungsresistenten Bartierchen sind Flechten ein wichtiger Lebensraum Die Raupen verschiedener Nachtfalter tarnen sich mit Flechtenstuckchen andere ahmen einen flechtenbewachsenen Zweig nach Mimikry Viele Vogel verwenden Flechten vor allem blatt und strauchformige Arten fur den Nestbau wie etwa der Wanderregenpfeifer der sein Bodennest aus etwa 250 Thalli der Totengebeinsflechte und anderen Vertretern der Gattung Cladonia und Cetraria baut Bioindikatoren BearbeitenResistenzeigenschaften einiger Flechtenarten gegen SO2 in der Luft 13 Konzentration in µg m3 Flechtenart gt 170 keine Flechte 150 Lecanora conizaeoides 70 Xanthoria parietina 60 Ramalina farinacea 40 Anaptychia ciliaris lt 30 Ramalina fraxinea0 Lobaria amplissima nbsp Der Gewohnliche Baumbart Usnea filipendula wachst nur an Standorten mit hoher LuftqualitatFlechten gelten als Zeigerorganismen fur bestimmte Umweltbedingungen insbesondere die Luftqualitat Dies liegt daran dass das Zusammenleben zwischen Pilz und Alge leicht gestort werden kann Die in Luft und Regen enthaltenen Nahr und Schadstoffe werden nahezu ungefiltert aufgenommen da Flechten keine speziellen Organe zur Wasseraufnahme aus dem Boden besitzen und uber den gesamten Thallus Feuchtigkeit aufnehmen Daher reagieren sie besonders empfindlich auf Luftverschmutzung Die ersten Berichte uber eine massive Verarmung der Flechtenvegetation im Bereich industrialisierter Stadte stammen aus der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts lange bevor Waldsterben und saurer Regen ins Blickfeld der Offentlichkeit gerieten Als Hauptursache konnte der erhohte Schwefeldioxid Gehalt der Luft identifiziert werden Inzwischen haben Schwefelfilter in Industrieanlagen und Katalysatoren in Kraftfahrzeugen dazu beigetragen die Luftgute zu verbessern sodass heute Flechten wieder haufiger in Grossstadten aufzufinden sind Mit dem Passiven Monitoring werden anhand von Verbreitung und Haufigkeit Ruckschlusse uber die Luftgute getroffen Flechtenkartierung Beim Aktiven Monitoring werden mehrere Thalli einer bestimmten Art meist der Blasenflechte an einem belasteten Standort ausgesetzt und die Reaktionen wie Vitalitatsverlust Verfarbung des Thallus oder gar das Absterben der Organismen beobachtet Flechtenexposition Die Bioindikation mit Flechten ist allerdings auf lange Zeiten ausgelegt In Deutschland sind passives und aktives Monitoring in den VDI Richtlinienreihen 3799 und 3957 seit 1991 standardisiert 14 In Gebieten mit intensiver Landwirtschaft reagieren Dungemittel die Stickstoffverbindungen enthalten mit dem Regen schwach basisch Dies fuhrt vor allem zum Verschwinden der Flechtenarten die saure Standorte bevorzugen Daneben sind Flechten Akkumulationsindikatoren fur Schwermetalle da sie die toxischen Partikel im Gewebe anreichern was schliesslich auch zum Absterben der Flechte fuhren kann Schliesslich speichern Flechten auch radioaktive Substanzen So lassen sie sich insbesondere zur Uberwachung des radioaktiven Niederschlags nach atmospharischen Kernwaffentests heranziehen Nach dem Reaktorungluck von Tschernobyl gelangten grosse Mengen radioaktiver Isotope nach Finnland und wurden dort von Rentierflechten Cladonia aufgenommen In Rentieren die sich hauptsachlich von diesen Flechten ernahren reicherten sie sich weiter an und gelangten schliesslich uber die Milch der Tiere und den daraus hergestellten Kase als Nahrung in den menschlichen Korper Entwicklungsgeschichte BearbeitenAlteste palaontologische Hinweise auf eine Symbiose aus Pilz und Alge belegen Fossilien aus Sudchina die rund 600 Millionen Jahre alt 15 sind und somit aus der erdgeschichtlichen Epoche des Ediacarium stammen Sie enthalten noch im Wasser lebende Flechten Bis dahin galten Fossilien aus dem fruhen Devon vor etwa 400 Millionen Jahren 16 als die altesten Flechtenfossilien Neuerdings wird Prototaxites aus dem Devon als mogliche Riesenflechte diskutiert Ob diese an Land lebende Art von der in China gefundenen Spezies abstammt ist nicht geklart da Flechten mehrfach unabhangig entstanden sind Taxonomisch gesehen handelt es sich bei Flechten um eine so genannte polyphyletische Gruppe der Pilze das heisst die einzelnen Arten gehen nicht auf eine Flechten Stammart zuruck Fur ein hohes phylogenetisches Alter sprechen auch Uberlegungen dass diese Organisationsform vor den Gefasspflanzen das Land besiedelte da nur genugsame wechselfeuchte Organismen erste Schritte auf blankem Fels unternehmen konnten Moglicherweise sind die ersten Flechten auch erst nach den Gefasspflanzen entstanden 17 Flechten und der Mensch BearbeitenGeschichte der Flechtenkunde Bearbeiten nbsp Flechten von Ernst Haeckels Kunstformen der Natur 1904 Der griechische Botaniker Theophrastos ein Schuler von Aristoteles beschreibt erstmals in seinem Werk Geschichte der Pflanzen zwei Flechtenarten eine Bartflechte Usnea und eine Flechte auf Kustenfelsen Rocella Zu dieser Zeit erkannte man sie noch nicht als eigenstandige Organismen sondern hielt sie fur Auswuchse von Baumen oder Algen Seetang Erst im 17 Jahrhundert entwickelte sich erneut Interesse und der Name Lichen wurde nun gebrauchlich Dieser leitet sich vom griechischen leixhn leichan lat Lichen ab und bedeutet Warze was auf die Gestalt der Fruchtkorper hinweist Die Anzahl der bis dahin bekannten Arten erhohte sich auf nur 28 Der franzosische Arzt und Botaniker Joseph Pitton de Tournefort gliederte in einem neuen System die Flechten als eigene Abteilung Lichen von den Moosen ab Obwohl 1753 schon uber 170 Arten bekannt waren beschrieb Carl von Linne nur 80 Arten und bezeichnete sie als armseligstes Bauernvolk der Vegetation Mit der Publikation der Schrift Methodus qua omnes detectos lichenes ad genera redigere tentavit begrundete Erik Acharius 1803 die wissenschaftliche Lichenologie Er erstellte ein System das auf dem Bau der Fruchtkorper beruht und verfasste eine Zusammenstellung aller zu seiner Zeit bekannten 906 Flechtenarten Der Arzt und Mykologe Heinrich Anton de Bary erkannte 1866 erstmals die Symbiose bei einer bestimmten Art von Gallertflechte Die Vermutung dass Flechten Doppelorganismen von Alge und Pilz sind wurde 1869 vom Schweizer Botaniker Simon Schwendener aufgegriffen der sie auf die ubrigen Flechtenarten anwendete 18 Heute hat sich die Lichenologie zu einer eigenen Disziplin entwickelt die zwischen Mykologie und Botanik angesiedelt ist Verwendung Bearbeiten nbsp Illustration des Islandischen Mooses Cetraria islandica aus Kohler s Medizinal Pflanzen von 1887 nbsp DC Trennung von FlechteninhaltsstoffenDie alteste Verwendung von Flechten ist jene als Nahrungsmittel Am bekanntesten ist die kontrovers diskutierte Ansicht ob es sich beim biblischen Manna um die Wustenflechte Sphaerothallia esculenta gehandelt haben konnte 19 Bestimmte Flechten z B Cetraria islandica und Lecanora esculenta wurden vor allem in Notzeiten gekocht oder als Mehlzusatz verwendet Manche Teilnehmer schwieriger Expeditionen etwa bei John Franklins Suche nach der Nordwest Passage haben nur dank Flechten uberlebt In Kanada waren manche Flechten als tripes de roche Felskutteln rock tripe bekannt In der indischen Region um Ballari wird aus einer Parmelia Art das Currygericht rathapu zubereitet In Japan gilt die Nabelflechte Iwatake Umbilicaria esculenta als Delikatesse und findet als Suppe oder Salat Verwendung In Nordamerika werden Bryoria Arten als Nahrung zubereitet Seit dem Altertum werden Flechten auch als Heilmittel 20 genutzt etwa von dem griechischen Botaniker Theophrast Die mittelalterliche Mystikerin Hildegard von Bingen schrieb Und das Moos das an gewissen Baumen wachst hat Heilkraft in sich Und solches das auf fauligen Holzern wachst hat fast keine Heilkraft weil die in stinken Saften der Dacher und fauliger Holzer und in Steinen vorhanden ist ausbricht und im Moos auswachst daher ist es fast ohne Nutzen 21 Entsprechend der Signaturenlehre wurde fruher die Echte Lungenflechte Lobaria pulmonaria gegen Lungenleiden eingesetzt und findet noch heute in der Homoopathie Verwendung Im 17 und 18 Jahrhundert fand die Echte Lungenflechte die auf Kiefern wuchs in einem Kloster an der Ussolka in Sibirien als Bitterstoff an Stelle des Hopfens beim Bierbrauen Verwendung Mit der in Afrika endemischen Art Parmelia hottentotta wird Honigbier gewurzt Im Mittelalter wurden Flechten die auf freiliegenden Totenschadeln wuchsen als Muscus cranii humani oder Muscus ex cranio humano gegen Epilepsie verwendet Flechten enthalten oft eine grosse Vielfalt an Inhaltsstoffen die sie fur die pharmazeutische Industrie interessant machen So wird das Islandische Moos Cetraria islandica Hustenmitteln beigegeben Das Antibiotikum Usninsaure wurde im Baumbart Usnea entdeckt Neuerdings sind gewisse Polysaccharide sarcoma 180 in der Krebsbehandlung von Interesse Einige Arten werden zur Alkoholproduktion verwendet z B Bryoria spp Cladonia spp Cetraria islandica Die durch Vulpinsaure giftige Wolfsflechte Letharia vulpina wurde fruher zum Vergiften von Fuchs und Wolfskodern genutzt Lange Zeit wurde aus den an Kustenfelsen vorkommenden Flechten der Gattung Roccella und der Art Pertusaria corallina die purpurfarbene Orseille ein wertvoller Farbstoff gewonnen Lackmus ist ebenfalls ein Flechtenfarbstoff der aus Roccella Arten gewonnen wird Auch andere Flechtenarten etwa Evernia oder Parmelia Arten konnen zum Farben von Wolle und Stoffen verwendet werden was in Europa hauptsachlich in Skandinavien und Schottland praktiziert wurde Vor allem angenehme Gelb und Brauntone konnen erzielt werden Im Suden Chiles finden fur das Farben von Wolle nach wie vor Bartflechten der Gattung Usnea Verwendung 22 Der schwedische Naturwissenschaftler Carl von Linne erwahnt in seinem Plantae tinctoriae sechs Farberflechten Das Baummoos Pseudevernia furfuracea und das Eichenmoos Evernia prunastri werden in der Parfumindustrie genutzt Die Alpen Rentierflechte Cladonia stellaris wird schliesslich in grosseren Mengen aus Skandinavien importiert und findet als Modellbaumchen in Architekturmodellen oder in Kranzschmuck Verwendung Beim Wilde Mandle Tanz des Alpenraums der heute noch alle funf Jahre in Oberstdorf aufgefuhrt wird sind die Darsteller am ganzen Korper mit langen zottelig herabhangenden Bartflechten die auf das leinene Gewand aufgenaht sind geschmuckt Lediglich die Augenpartie bleibt frei Sie tanzen zu urtumlicher rhythmischer Musik Eine ungewohnliche Verwendung einer Flechte ist von den Waorani einem Volk von Amazonas Indianern in Ost Ecuador bekannt Die Schamanen der Waorani verwendeten fur ihre Rituale die Flechte Dictyonema huaorani gebildet durch die seltene Symbiose zwischen einem Standerpilz und einem Cyanobakterium Nach jungsten Untersuchungen enthalt die Flechte als psychoaktiv wirksame Bestandteile verschiedene Tryptamine wie 5 MeO DMT 5 MeO NMT und Psilocybin 23 Flechten in der Literatur Bearbeiten John Wyndhams Science Fiction Roman Arger mit der Unsterblichkeit Trouble with Lichen erwahnt die Gewinnung des altershemmenden Wirkstoffs Antigeron aus Flechten Naturgemass werden Flechten auch in Berichten uber den Norden Europas an vielen Stellen erwahnt etwa bei Alfred Andersch in seinen Reiseerzahlungen Hohe Breitengrade und Nordische Wanderungen Von Hans Magnus Enzensberger stammt das Gedicht flechtenkunde aus dem Band Blindenschrift 1969 24 Graffiti BearbeitenDurch Flechtenbewuchs dunkel gefarbte Betonwande sind beliebte Basis fur Reverse Graffiti indem von einer Schablone nicht abgedeckte Bereiche durch den Wasserstrahl eines Hochdruckreinigers von Flechten gesaubert werden Literatur BearbeitenVolkmar Wirth Ulrich Kirschbaum Flechten einfach bestimmen Ein zuverlassiger Fuhrer zu den haufigsten Arten Mitteleuropas Quelle amp Meyer Verlag Wiebelsheim 2013 ISBN 978 3 494 01538 5 Ulrich Kirschbaum Volkmar Wirth Flechten erkennen Umwelt bewerten Hessisches Landesamt fur Umwelt und Geologie Wiesbaden 2010 ISBN 978 3 89026 363 2 Volkmar Wirth Ruprecht Dull Farbatlas Flechten und Moose Eugen Ulmer Stuttgart 2000 ISBN 3 8001 3517 5 Hans Martin Jahns BLV Bestimmungsbuch Farne Moose Flechten blv Munchen 1995 ISBN 3 405 13458 7 Volkmar Wirth Die Flechten Baden Wurttembergs Eugen Ulmer Stuttgart 1987 ISBN 3 8001 3305 9 Volkmar Wirth Flechtenflora 2 Aufl Eugen Ulmer Stuttgart 1995 ISBN 3 8252 1062 6 Volkmar Wirth Markus Hauck amp Matthias Schulz Die Flechten Deutschlands Eugen Ulmer Stuttgart 2013 ISBN 978 3 8001 5903 1 Sylvia Reckel Manfred Aoschner Marion Stock Flechten als Anzeiger der Luftqualitat In Biologie in unserer Zeit Band 29 Nr 6 1999 S 364 370 ISSN 0045 205X doi 10 1002 biuz 960290608 Aino Henssen Hans Martin Jahns Lichenes Eine Einfuhrung in die Flechtenkunde Thieme Stuttgart 1974 ISBN 3 13 496601 8 Heribert Scholler Hrsg Flechten Geschichte Biologie Systematik Okologie Naturschutz kulturelle Bedeutung Kleine Senckenberg Reihe Nr 27 Kramer Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 7829 1151 2 Jan Peter Frahm Felix Schumm amp Norbert Stapper Epiphytische Flechten als Umweltgutezeiger eine Bestimmungshilfe Books on Demand Norderstedt 2010 ISBN 978 3 8391 5299 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Flechten Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Flechte Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Rote Liste der gefahrdeten Arten der Schweiz PDF 775 kB LIAS light ein interaktiver Bestimmungsschlussel der Flechtenarten der Welt mehrsprachig Umfassende Website zu Flechten englisch Flechten Belgiens Luxemburgs und Nordfrankreichs englisch Checklists of Lichens englisch Chilenische Flechten spanisch Datenbank der Nutzbarkeit von Flechten fur den Menschen englisch Fossile Flechten Flechtenmikroskopie Online Zeitschrift ISSN 2625 5812 Bildtafeln von Flechten Merkmalsmatrix zur Aufnahme von Fundort Merkmalen von Lichenes Flechten und Bryophyta Moosen nbsp Dieser Artikel ist als Audioversion verfugbar Teil 1 Von Aufbau bis Fortpflanzung source source Speichern 22 25 min 12 9 MB Text der gesprochenen Version 26 April 2013 Teil 2 Von Alter bis Flechten und der Mensch source source Speichern 15 47 min 9 13 MB Text der gesprochenen Version 26 April 2013 Mehr Informationen zur gesprochenen WikipediaEinzelnachweise Bearbeiten H Ettl G Gartner Syllabus der Boden Luft und Flechtenalgen 2 Auflage Gustav Fischer Verlag Stuttgart 2014 773 S Toby Spribille Veera Tuovinen Philipp Resl Dan Vanderpool Heimo Wolinski M Catherine Aime Kevin Schneider Edith Stabentheiner Merje Toome Heller Goran Thor Helmut Mayrhofer Hanna Johannesson John P McCutcheon Basidiomycete yeasts in the cortex of ascomycete macrolichens In Science doi 10 1126 science aaf8287 englisch sciencemag org Ed Yong How a Guy From a Montana Trailer Park Overturned 150 Years of Biology Abgerufen am 23 Juli 2016 amerikanisches Englisch Heribert Scholler Flechten Geschichte Biologie Systematik Okologie Naturschutz und kulturelle Bedeutung Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 7829 1151 2 S 21 28 a b Guido B Feige Bruno B Kremer Flechten Doppelwesen aus Pilz und Alge Vorkommen Lebensweise Bestimmung Franckh Stuttgart 1979 ISBN 3 440 00302 7 S 15 Volkmar Wirth Die Flechten Baden Wurttembergs 2 Aufl Eugen Ulmer Stuttgart 1995 ISBN 3 8001 3325 3 S 33 Flechten passen sich durch Algenwechsel an neues Klima an 14 November 2017 abgerufen am 21 November 2017 Volkmar Wirth Die Flechten Baden Wurttembergs 2 Aufl Eugen Ulmer Stuttgart 1995 ISBN 3 8001 3325 3 S 40 Heribert Scholler Flechten Geschichte Biologie Systematik Okologie Naturschutz und kulturelle Bedeutung Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 7829 1151 2 S 35 37 Bernhard Marbach Christian Kainz Moose Farne und Flechten Haufige und auffallige Arten erkennen und bestimmen BLV Verlagsgesellschaft Munchen 2002 ISBN 3 405 16323 4 S 15 Guido B Feige Bruno B Kremer Flechten Doppelwesen aus Pilz und Alge Vorkommen Lebensweise Bestimmung Franckh Stuttgart 1979 ISBN 3 440 00302 7 S 28 Bernhard Marbach Christian Kainz Moose Farne und Flechten Haufige und auffallige Arten erkennen und bestimmen BLV Verlagsgesellschaft Munchen 2002 ISBN 3 405 16323 4 S 17 Guido B Feige Bruno B Kremer Flechten Doppelwesen aus Pilz und Alge Vorkommen Lebensweise Bestimmung Franckh Stuttgart 1979 ISBN 3 440 00302 7 S 33 Willfried Nobel Heike Beismann Jurgen Franzaring Reinhard Kostka Rick Gerhard Wagner Walter Erhardt Standardisierte biologische Messverfahren zur Ermittlung und Bewertung der Wirkung von Luftverunreinigungen auf Pflanzen Bioindikation in Deutschland In Gefahrstoffe Reinhalt Luft 65 Nr 11 12 2005 ISSN 0949 8036 S 478 484 Yuan Xunlai Xiao S Taylor TN Lichen like symbiosis 600 million years ago In Science 308 Jahrgang Nr 5724 Mai 2005 S 1017 20 doi 10 1126 science 1111347 PMID 15890881 amerikanisches Englisch nih gov The oldest fossil lichen Memento vom 11 Januar 2007 im Internet Archive Matthew P Nelsen Robert Lucking u a No support for the emergence of lichens prior to the evolution of vascular plants In Geobiology 2019 doi 10 1111 gbi 12369 Heribert Scholler Flechten Geschichte Biologie Systematik Okologie Naturschutz und kulturelle Bedeutung Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 7829 1151 2 S 3 10 Heribert Scholler Flechten Geschichte Biologie Systematik Okologie Naturschutz und kulturelle Bedeutung Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 7829 1151 2 S 185 186 Werner Christian Simonis Die niederen Heilpflanzen Pilze Algen Flechten Heidelberg 1970 Heribert Scholler Flechten Geschichte Biologie Systematik Okologie Naturschutz und kulturelle Bedeutung Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 7829 1151 2 S 189 A Tacon J Palma La comercializacion de los productos forestales no madereros una oportunidad para el manejo comunitario y la valorizacion del bosque nativo In R Catalan P Wilken A Kandzor D Tecklin H Burschel Bosques y comunidades del Sur de Chile Editorial Universitaria Santiago de Chile 2006 ISBN 956 11 1829 7 S 253 266 New psychedelic species of lichen discovered Dictyonema huaorani Psychedelic Frontier vom 3 Februar 2015 Vgl Alwin Binder Unterrichtsmodell zur Behandlung von Enzensbergers Gedicht flechtenkunde in der 13 Klasse des Gymnasiums In Der Deutschunterricht 23 1971 Heft 1 S 100 120 nbsp Dieser Artikel wurde am 22 September 2005 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Normdaten Sachbegriff GND 4017450 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Flechte amp oldid 237342721