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Mykologie altgriechisch mykhs mykes Pilz und logie 1 ist die Wissenschaft von den Pilzen Zu den Pilzen gehoren die Abteilungen Schlauchpilze Ascomycota Standerpilze Basidiomycota Jochpilze Zygomycota Topfchenpilze Chytridiomycota und Arbuskulare Mykorrhizapilze Glomeromycota Vertreter der PilzeTraditionell befassen sich Mykologen oft auch mit Schleimpilzen Myxomycota und Eipilzen Oomycota die nach neueren Erkenntnissen jedoch nicht naher mit den Pilzen verwandt sind Auch die Wissenschaft von den Flechten die Lichenologie gehort im weitesten Sinn zur Mykologie da bei dieser Symbiose der dominierende Part von Pilzen eingenommen wird In der Mykologie gibt es grosse Uberschneidungen mit der Mikrobiologie da sehr viele Pilze zumindest in bestimmten Entwicklungsstadien zugleich Mikroorganismen sind Einer griechischen Sage zufolge grundete der griechische Held Perseus die Stadt Mykene an der Stelle wo er sich mit Wasser erfrischte das sich im Hut eines Pilzes mykes gesammelt hatte Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der Mykologie 1 1 Altertum und Antike 1 2 Mittelalter 1 3 16 bis 18 Jahrhundert 1 4 19 Jahrhundert 1 5 20 Jahrhundert 1 6 21 Jahrhundert 2 Forschungsgebiete der Mykologie 2 1 Systematik 2 2 Okologie Phytopathologie und Mykorrhiza 2 3 Medizinische Mykologie 2 4 Mykologie in der Tierhaltung 2 5 Technische Mykologie 3 Angewandte Mykologie Berufsfelder 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte der Mykologie BearbeitenDer Begriff Mykologie entstand im 18 Jahrhundert und wurde von Christian Hendrik Persoon gepragt woraufhin er sich dann als Terminus fur die Pilzwissenschaft verbreitete Als eigentlicher Begrunder der Mykologie gilt seit seinen ab 1841 erfolgten Entdeckungen des Hautpilzes Trichophyton schoenleinii des Hefepilzes Candida albicans der Schlauchpilzart Ctenomyces metagraphytes und anderer Pilze der ungarische Arzt David Gruby Im Laufe des 19 Jahrhunderts entwickelte sich dann aus der seit Einfuhrung des Mikroskops im 17 Jahrhundert entstandenen Parasitologie das moderne Fachgebiet der Mykologie 2 Altertum und Antike Bearbeiten Menschen sammelten schon in vorgeschichtlicher Zeit Pilze als Nahrung zu Heilzwecken und als Berauschungsmittel 3 Die altesten schriftlichen Erwahnungen uber Pilze stammen von Euripides 480 406 v Chr Der griechische Philosoph Theophrastos von Eresos 371 288 v Chr war der erste der versuchte durch vergleichende Morphologie eine Art wissenschaftliche Differenzierung von Pflanzen inklusive Pilzen zu schaffen Pilze waren fur ihn Pflanzen denen wichtige Organe fehlen Um 150 v Chr beschrieb der griechische Arzt und Dichter Nikandros aus Kolophon um 200 150 v Chr den Unterschied zwischen essbaren und giftigen Pilzen Plinius der Altere 23 24 79 nahm in seiner Enzyklopadie Naturalis historia eine anatomisch gepragte Einteilung vor indem er die Pilze den Kategorien fungus Hutpilz agaricum Larchenporling suillus Steinpilz tuber Truffel und boletus Kaiserling zuordnete Ein Zeitgenosse der griechische Arzt Pedanios Dioskurides ca 30 80 unterschied die Pilze stattdessen nach dem Ort ihres Vorkommens Hutpilze oberirdisch Truffel unterirdisch die Porlinge an den Baumen Mittelalter Bearbeiten Wahrend des Mittelalters lag die Forschung im Bereich der Pilze mehr oder weniger brach statt neuen Erkenntnissen wurde das antike Wissen tradiert wobei es auch zu Verfalschungen desselben kam Monchen dienten die Pilze in erster Linie als Nahrungsmittel Als herausragend gelten die pilzkundlichen Werke der deutschen Abtissin Hildegard von Bingen 1098 1179 die in ihrer Quantitat und Qualitat fur das Mittelalter einmalig waren Daneben gab es Gelehrte die vom Genuss der Pilze generell abrieten wie z B Albertus Magnus 1193 1280 Seiner aus den antiken Schriften ubernommenen Auffassung nach entstunden Pilze aus Ausdunstung und Faulnis Zudem handle es sich bei ihnen nicht einmal um richtige Pflanzen da ihnen weder Samen Zweige noch Blatter zu eigen seien 16 bis 18 Jahrhundert Bearbeiten Die Einteilung der Pilze in geniessbare und giftige war noch bis zur Renaissance gelaufig wie auch aus der Systematik des Charles de l Ecluse Clusius 1526 1609 hervorgeht Doch mit dem 16 Jahrhundert begann der mittelalterliche Stillstand in der Pilzkunde dem wissenschaftlichen Fortschritt zu weichen Adam Lonitzer 1528 1586 sagt noch uber Pilze Seind weder Krauter noch Wurzeln weder Blumen noch Samen sondern nichts anders dann ein oberflussige feuchtigkeit des Erdtrichs der Baume der Holzer und fauler ding darumb sie auch eine kleine zeit waren dann in sibentagen wachsen sie unnd vergehen auch sonderlich aber kriechen sie herfur wann es dondert Doch schon sein Zeitgenosse Pietro Andrea Mattioli 1501 1577 versuchte eine systematische Gliederung der Pilze in Gattungen Giambattista della Porta 1539 1615 nennt den Sporenstaub der Pilze eine Art Samen Im 17 Jahrhundert erkannte Joseph Pitton de Tournefort 1656 1708 dass Pilze selbstandige Organismen sind welche pflanzliche Krankheiten erzeugen konnen Sein System der Pilze wurde spater die Grundlage fur die Systematik von zum Beispiel Johann Jacob Dillen Dillenius 1684 1747 und Carl von Linne Linnaeus 1707 1778 Zu dieser Zeit war die Annahme noch sehr verbreitet dass Pilze durch eine Art faulende Garung entstehen wurden Linne stellt die Pilze zusammen mit Farnen Moosen und Algen zur Klasse der Cryptogamia und setzt auch fur diese Klasse das System des binaren wissenschaftlichen Namens durch Zu den Wegbereitern der Mykologie zahlt auch der mit Linne korrespondierende Pfarrer und Naturforscher Jacob Christian Schaffer 1718 1790 Autor eines vierbandigen Werkes zu den bayerischen und pfalzischen Pilzen 19 Jahrhundert Bearbeiten Geradezu revolutioniert wurde im ausgehenden 18 Jahrhundert und beginnenden 19 Jahrhundert die Mykologie durch die systematischen Arbeiten von Christian Hendrik Persoon 1761 1836 Lewis David von Schweinitz 1780 1834 und Elias Magnus Fries 1794 1878 die man als die Begrunder der modernen Mykologie bezeichnen darf Weitere Forscher aus dieser Zeit mit ihren Forschungsschwerpunkten Samuel Frederick Gray Taxonomie Petter Adolf Karsten Dickrohrlingsverwandte und Porlinge Joseph Henri Leveille Taxonomie Lucien Quelet Taxonomie Paul Kummer Taxonomie Narcisse Theophile Patouillard Taxonomie Louis Rene Tulasne Rost Brand Schlauchpilze Julius Oscar Brefeld Entwicklungsgeschichte und Phylogenie Einfuhrung neuer Techniken zur Reinkultur von Pilzen Miles Joseph Berkeley Biologie und Okologie der Pilze Anton de Bary Rost und Brandpilze Flechten Entwicklungsgeschichte und PhylogenieDas Werk von de Bary Morphologie und Physiologie der Pilze Flechten und Myxomyceten 1866 konnte man als erstes Lehrbuch der Mykologie bezeichnen 20 Jahrhundert Bearbeiten Stellvertretend fur die vielen bedeutenden Pilzforscher des 20 Jahrhunderts mogen die folgenden Wissenschaftler stehen von denen nicht wenige traditionell von der Botanik kommen aber nun schon reinrassige Mykologen sind William Alphonso Murrill Porlinge Rohrlinge Blatterpilze Hans Kniep Cytologie und Genetik Die Sexualitat der niederen Pflanzen Ernst Gaumann Rostpilze Rolf Singer Blatterpilze Hans Burgeff Mykorrhiza bei den Orchidaceae und den EricaceaeMit Zunahme der wissenschaftlichen Moglichkeiten genetische mikrobiologische molekularbiologische und andere Methoden erkannte man zum Ende des 20 Jahrhunderts dass das Reich der Pilze noch weitestgehend unerforscht ist Gerade die phylogenetische Forschung bringt in der Systematik der Pilze grossere Veranderungen mit sich So wurde die Klasse der Bauchpilze Gastromycetes uberflussig da ihre Vertreter aufgrund ihrer Entwicklungsgeschichte nun anderen teilweise unterschiedlichen Klassen zugeordnet wurden 21 Jahrhundert Bearbeiten Die Wissenschaft beginnt die Bedeutung der Arbuskularen Mykorrhizapilze Glomeromycota fur das Gedeihen vieler Pflanzen zu erkennen Gerade diesen Pilzen scheint kunftig eine erhebliche okologische und okonomische Rolle zu erwachsen deren Erforschung gerade erst begonnen hat Bisher sind erst circa 80 000 von geschatzten 1 5 Millionen Pilzarten bekannt Die Pilzsystematik sowie die Erforschung der Inhaltsstoffe und Stoffwechselprodukte der Pilze stecken gleichsam noch in den Kinderschuhen Forschungsgebiete der Mykologie BearbeitenSystematik Bearbeiten Hauptartikel Systematik der Pilze Da erst ein kleiner Teil etwa 5 aller vermuteten Pilzarten beschrieben vorliegt ist die Systematik der Pilze eine der grossten Herausforderungen fur die Mykologenzunft Wie in anderen Gebieten der Biologie werden in der Systematik der Pilze immer mehr Methoden aus der Molekularbiologie eingesetzt zum Beispiel die Polymerase Kettenreaktion oder die DNA Sequenzanalyse Okologie Phytopathologie und Mykorrhiza Bearbeiten Ein Schwerpunkt der Mykologie ist die Rolle von Pilzen als Krankheitserreger bei Pflanzen weil diese aus okonomischer Sicht im Vordergrund steht Insbesondere Monokulturen von Kulturpflanzen konnen durch phytopathogene Pilze wie die Brand und Rostpilze schwer geschadigt werden Hier untersuchen Mykologen die Infektionsmechanismen und erforschen Moglichkeiten der Bekampfung Daran schliesst sich die Entwicklung von Massnahmen gegen Pilze an die nach der Ernte die erzeugten Nahrungsmittel schadigen und zerstoren konnen Eine positive Rolle aus Sicht des Menschen spielen Pilze mit der Fahigkeit zu verschiedenen Formen der Mykorrhiza die das Gedeihen von Pflanzen und Kulturpflanzen fordern konnen Eine erhebliche Bedeutung kommt hier den erst in jungerer Zeit naher untersuchten arbuskularen Mykorrhizapilzen zu Daneben gibt es zahlreiche andere Arten von Mykorrhizen deren Bedeutung fur Okologie oder Okonomie noch nicht vollstandig erforscht sind Neben Bakterien sind Pilze die typischen Destruenten im okologischen Stoffkreislauf Ohne Pilze wurde ein Berg von ansonsten kaum abbaubarem Lignin aus Holzresten die Lebensmoglichkeiten an Land stark einschranken Physiologische Besonderheiten von Pilzen sind bislang noch unzureichend erforscht So steht man beispielsweise in der Wissenschaft immer noch vor dem Ratsel wie bei Grosspilzen die Schwerkraftwahrnehmung und die Reizantwort funktioniert Experimente in Mikrogravitation wie sie mit dem Samtfussrubling durchgefuhrt wurden brachten bislang keine Klarheit Medizinische Mykologie Bearbeiten Die medizinische Mykologie auch klinische Mykologie ist ein Teilbereich der medizinischen Mikrobiologie da pilzliche Krankheitserreger beim Menschen unter die Kategorie Mikroorganismen fallen Sie befasst sich mit Interaktionen zwischen Pilzen und Mensch Eine wichtige Rolle spielt die Erforschung von Diagnoseverfahren und Krankheitspravention sowie die Therapie von Pilzinfektionen Mykosen und Vergiftungen mit Pilzgiften und Mykotoxinen Einige Pilze verursachen Krankheiten wie beispielsweise Aspergillose Candidose Fusspilz und Schimmelpilz Allergien Anderen Pilzen wird jedoch auch eine therapeutische Wirkung nachgesagt Medizinalpilze Mykologie in der Tierhaltung Bearbeiten Pilze treten als Krankheitserreger oder Produzenten von Toxinen auf Andererseits sind Pilze auch Lieferanten von Antibiotika gegen bakterielle Erkrankungen bei Tieren Es gibt auch Forschungen minderwertige organische Substanzen zum Beispiel Stroh durch Pilze in hoherwertige Futterquellen zu transformieren In freier Natur wird inzwischen der Chytridpilz vor allem in Sudamerika und Australien zu einer Bedrohung fur die dortige Froschwelt Technische Mykologie Bearbeiten Wirtschaftlich bedeutsam ist die technische Mykologie Untersucht wird hierbei ebenso wie bei der technischen Mikrobiologie der Stoffwechsel von Pilzen Makro und Mikromyzeten Ebenso werden genetische und andere zuchterische Methoden entwickelt und angewandt um metabolische Stoffen erzeugen und gewinnen zu konnen Beispiele sind die grosstechnische Gewinnung von Antibiotika zum Beispiel durch Penicillium Arten Vitamin C und Zitronensaure durch Aspergillus Arten Vitamine der B Gruppe durch Hefen Daneben werden weitere Medikamente und Nahrungsmittel durch Pilze erzeugt Ein weiterer Aspekt in der technischen Mykologie ist die Fahigkeit einiger Pilze zum Abbau toxischer oder umweltschadigender Stoffe Angewandte Mykologie Berufsfelder BearbeitenGrundlagenforschung Recycling Biotechnologie Biologischer Pflanzenschutz Gutachter Pilzberater Pilzzucht Holzveredelung Mykoholz 4 5 Literatur BearbeitenHanns Kreisel Ethnomykologie Verzeichnis der ethnomykologisch biotechnologisch und toxikologisch relevanten Pilze Literatur Kunst Volksmedizin Pharmazie Techniken Drogen Toxine Farbstoffe Weissdorn Verlag Jena 2014 ISBN 978 3 936055 68 9 Emil Muller Wolfgang Loeffler Mykologie Grundriss fur Naturwissenschaftler und Mediziner 1 Aufl 1968 5 Auflage Thieme Stuttgart u a O 1992 ISBN 3 13 436805 6 Herbert Weber Hrsg Allgemeine Mykologie Fischer Jena 1993 ISBN 3 334 60391 1 Heinrich Dorfelt Hrsg Lexikon der Mykologie Gustav Fischer Verlag Stuttgart New York 1989 ISBN 3 437 20413 0 Heinrich Dorfelt Heike Heklau Die Geschichte der Mykologie Schwabisch Gmund 1989 Hanns Kreisel Frieder Schauer Methoden des mykologischen Laboratoriums Gustav Fischer 1987 ISBN 3 437 20382 7 Merlin Sheldrake Verwobenes Leben Wie Pilze unsere Welt formen und unsere Zukunft beeinflussen Ullstein 2020 ISBN 978 3550201103 Frederike Brocke Zunderschwamm und Hexenrohrling Jan Thorbecke Verlag 2006 Ostfildern ISBN 978 3 7995 3527 4 Hanns Kreisel Grundzuge eines naturlichen Systems der Pilze Gustav Fischer Jena 1969 Christian Volbracht MykoLibri Die Bibliothek der Pilzbucher Selbstverlag Hamburg 2006 www mykolibri de Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mykologie Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Mykologie Quellen und Volltexte European Mycological Association EMA Acta Fungorum International Mycological Association IMA Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft e V DMykG Deutsche Gesellschaft fur Mykologie e V DGfM Schweizerische Mykologische Gesellschaft SMG Osterreichische Mykologische Gesellschaft Sydowia wissenschaftliche Zeitschrift englisch Der Tinting pilzkundliche Zeitschrift deutsch Einzelnachweise Bearbeiten Wilhelm Gemoll Griechisch Deutsches Schul und Handworterbuch Munchen Wien 1965 Benedikt Ignatzek Mykologie In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 1019 Ulli Kulke Steinzeitmenschen pflegten den Drogenrausch In welt de 21 Oktober 2008 abgerufen am 17 Juni 2022 Walter Luthardt Verfahren zur Veredelung von Holz durch Steigerung verschiedener Eigenschaften wie die Schnitz und Spitzbarkeit Feuerfestigkeit und Schwimmfahigkeit DDR Patent 2175 1953 Christel Kohler Kennen Sie Mykoholz Urania Universum Band 6 1960 Seite 138 140 Normdaten Sachbegriff GND 4139655 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mykologie amp oldid 231354536