www.wikidata.de-de.nina.az
Platonischer Mythos ist die Bezeichnung fur die mythischen Erzahlungen die Platon in seine literarisch gestalteten philosophischen Werke eingefugt hat Sie werden platonisch genannt weil Platon sie teils selbst erfunden teils durch Umgestaltung von bereits vorhandenem mythischem Material fur seine Zwecke adaptiert hat Platons Verhaltnis zum Mythos ist ambivalent Einerseits ubt er scharfe inhaltliche Kritik an den uberlieferten allgemein verbreiteten Mythen andererseits halt er das Erzahlen von selbst erfundenen Mythen fur einen legitimen Weg der Vermittlung von Einsichten im Rahmen einer philosophischen Didaktik Seine Auffassung vom Sinn und Wahrheitsgehalt der philosophischen Mythen und von ihrer Rolle als Erganzung der dialektischen Argumentation im philosophischen Dialog ist ein viel erortertes Thema der modernen philosophiegeschichtlichen Forschung Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsbestimmung und Gruppierung 2 Die einzelnen platonischen Mythen 2 1 Die Entstehung der Zivilisation 2 2 Zalmoxis 2 3 Das Jenseits nach der Apologie 2 4 Die Inseln der Seligen und der Tartaros 2 5 Das Fass und das Sieb 2 6 Die Seelenwanderung 2 7 Das Jenseits nach dem Phaidon 2 8 Der Jenseitsbericht des Er 2 9 Die Erdgeborenen 2 10 Der Ring des Gyges 2 11 Der Seelenwagen 2 12 Die Zikaden 2 13 Theuth 2 14 Die Kugelmenschen 2 15 Die Geburt des Eros 2 16 Die Weltzeitalter 2 17 Atlantis 2 18 Die Erschaffung der Welt 2 19 Die Herrschaft des Kronos 2 20 Die gottliche Weltlenkung nach den Nomoi 3 Die Funktion des platonischen Mythos 4 Rezeption 4 1 Antike 4 2 Fruhe Neuzeit 4 3 Moderne 5 Texte 6 Literatur 7 Weblinks 8 AnmerkungenBegriffsbestimmung und Gruppierung BearbeitenPlaton betrachtet den Mythos als Alternative und Erganzung zum Logos der vernunftgesteuerten Erwagung und argumentativ nachvollziehbaren Untersuchung Einerseits lasst er die beiden Ausdrucke von den Figuren seiner Dialoge wie einander entgegengesetzte Begriffe behandeln andererseits grenzt er sie nicht terminologisch klar voneinander ab Dies entspricht dem oft uneindeutigen Sprachgebrauch fruherer und zeitgenossischer Autoren 1 Ausserdem weist er auf einen subjektiven Aspekt der Unterscheidung hin Was fur den einen belanglose mythische Fabelei ist das findet ein anderer so stimmig und einleuchtend dass er es dem Bereich des Logos zuordnet 2 Daher lasst sich nicht in allen Fallen mit Sicherheit bestimmen welche Textpartien in Platons Werken zu den platonischen Mythen zu zahlen sind In der Forschungsliteratur sind verschiedene inhaltliche oder formale Kriterien zur Bestimmung dieser Partien erwogen worden 3 Nach heutigem Forschungsstand ist eine Kombination mehrerer Merkmale fur den platonischen Mythos charakteristisch Glenn Most folgt einem diskursiven Ansatz indem er von der jeweiligen Kommunikationssituation ausgeht 4 Er hat acht Merkmale herausgearbeitet die das Charakteristische ausmachen wobei aber nicht erforderlich ist dass in jedem einzelnen Fall alle acht gegeben sein mussen 5 1 Monologische Darbietung Im Gegensatz zum dialogischen Charakter des dialektischen Gesprachs wird der Mythos stets von nur einem Sprecher vorgetragen gewohnlich ohne Unterbrechung durch die Zuhorer 2 Sozialer Rang des Sprechers Der Vortragende ist in der Regel eine altere Respektsperson die fur ihre relativ jungen Zuhorer eine Autoritat darstellt 3 Berufung auf eine angebliche mundliche Quelle Der Vortragende behauptet auch bei den zweifellos von Platon erfundenen Mythen er gebe mundlich Uberliefertes wieder und teilt etwas uber seine angebliche Quelle mit 4 Fehlende Uberprufbarkeit Es geht stets um Themen die sich ihrer Natur nach einer empirischen Nachprufung ganzlich entziehen Entweder ist von einer sehr fernen Vergangenheit die Rede oder vom Schicksal der Seele nach dem Tode 5 Autoritat der Tradition Es wird versucht die Erzahlung als authentischen Bericht erscheinen zu lassen Ihre Autoritat beruht auf der Tradition auf die sich der Sprecher beruft In manchen Fallen wird die Frage der Glaubwurdigkeit angesprochen sei es dass die Moglichkeit von Zweifeln thematisiert wird sei es dass der Glaube an den Mythos beteuert wird 6 Angestrebte emotionale Wirkung Der Mythos wird von den Zuhorern als unterhaltsam empfunden und appelliert an die Gefuhle Er soll zu einer erwunschten Haltung und Verhaltensweise ermutigen oder Vertrauen in deren Richtigkeit einflossen 7 Struktur Im Gegensatz zur Dialektik deren Struktur in der Abfolge logischer Schritte besteht weist der Mythos eine Struktur auf die durch die zeitliche Abfolge von Handlungselementen oder in manchen Fallen durch die raumliche Beschaffenheit eines beschriebenen Ortes bestimmt ist 8 Position Platon stellt den Mythos immer entweder an den Anfang oder an das Ende einer dialektischen Erorterung Entweder soll bei der Erkenntnisbemuhung ein Neuanfang gemacht werden oder es geht um eine einpragsame Veranschaulichung von bereits spekulativ vorgebrachten oder argumentativ abgestutzten Gedanken Die Mythen lassen sich nach ihren Erzahlern in sokratische und nichtsokratische gruppieren Sokratische Mythen sind diejenigen die Platon seinem Lehrer Sokrates in den Mund legt Dieser in den platonischen Dialogen auftretende Sokrates ist eine von Platon literarisch gestaltete Figur seine Ansichten unterscheiden sich zumindest teilweise von denen des historischen Sokrates Daher wird er als der platonische Sokrates bezeichnet Ein anderes Gruppierungskriterium ist inhaltlicher Art Man unterscheidet aitiologische Mythen die gegenwartige Gegebenheiten auf einen historischen Ursprung in einer mythischen Vergangenheit zuruckfuhren und Jenseitsmythen oder eschatologische Mythen die vom Schicksal der Seele nach dem Tode handeln Die einzelnen platonischen Mythen BearbeitenDie Entstehung der Zivilisation Bearbeiten Diesen Mythos lasst Platon in seinem Dialog Protagoras von der Titelfigur dem Sophisten Protagoras erzahlen 6 Der Kern geht moglicherweise auf den historischen Protagoras zuruck 7 Dem Mythos zufolge beauftragten die Gotter die Bruder Prometheus und Epimetheus die neu geschaffenen sterblichen Geschopfe mit allem zum Uberleben Benotigten auszustatten Epimetheus kummerte sich um die Tiere vernachlassigte aber den Menschen worauf sich Prometheus des Menschen annahm und ihm den Gebrauch des Feuers vermittelte Die anfangs zerstreut lebenden Menschen schlossen sich zum Schutz gegen die wilden Tiere in Siedlungen zusammen waren aber den dadurch entstehenden sozialen Spannungen nicht gewachsen Erst als die Gotter ihnen die Eigenschaften Scham Fahigkeit zur Respektierung der Mitburger und Recht Rechtsempfinden Sinn fur rechtliches Verhalten zuteilwerden liessen wurde ein geordnetes dauerhaftes Zusammenleben moglich Zalmoxis Bearbeiten Diesen Mythos tragt der platonische Sokrates im Dialog Charmides seinem jungen Gesprachspartner Charmides vor 8 Er berichtet von seiner Begegnung mit einem thrakischen Arzt der mit Berufung auf den legendaren Gottkonig Zalmoxis eine ganzheitliche Heilkunst gelehrt habe die von der Seele ausgehend den Korper heile Das Jenseits nach der Apologie Bearbeiten Platons Apologie des Sokrates ist eine literarisch ausgestaltete Version der Verteidigungsrede die Sokrates als Angeklagter hielt Hier lasst Platon seinen Lehrer eine knappe optimistische Schilderung des erhofften Schicksals der Seele nach dem Tod geben 9 Der platonische Sokrates beruft sich dabei auf einen mundlich uberlieferten Mythos Er hofft im Totenreich bedeutenden Personlichkeiten zu begegnen und ist zuversichtlich dort gerecht behandelt zu werden eine Erwartung die er mit der Ungerechtigkeit der irdischen Justiz kontrastiert Die Inseln der Seligen und der Tartaros Bearbeiten Am Ende des Dialogs Gorgias erzahlt der platonische Sokrates einen Jenseitsmythos 10 Diesem zufolge gelangen die Seelen gerechter Menschen nach dem Tode auf die paradiesischen Inseln der Seligen diejenigen der Ungerechten in den Tartaros Fruher wurde das Urteil uber sie am Tag ihres Todes als sie noch lebten von lebenden Richtern gefallt Dies fuhrte zu Fehlurteilen da die Richter die von den Korpern verhullten Seelen nicht richtig einschatzen konnten Daher ordnete Zeus eine Anderung an Seither treten die Seelen nackt korperlos vor ihre ebenfalls korperlosen Richter die Sohne des Zeus sind Infolgedessen sehen die Richter sie so wie sie wirklich sind und urteilen gerecht Das Fass und das Sieb Bearbeiten Diesen kurzen Mythos tragt der platonische Sokrates im Dialog Gorgias vor 11 Hier findet sich die beruhmte Metapher vom Leib als Grab der Seele Unersattliche Menschen tragen nach ihrem Tode im Hades Unterwelt Wasser mit einem lecken Sieb in ein lochriges Fass Diese Tatigkeit symbolisiert die Fruchtlosigkeit ihres Bestrebens Die Seelenwanderung Bearbeiten Im Dialog Menon tragt der platonische Sokrates seine Anamnesis Lehre vor eine metaphysische Erkenntnistheorie die er sowohl argumentativ begrundet als auch in mythischer Einkleidung prasentiert 12 Er deutet alles Lernen und Erkennen als Erinnerung an ein bereits vorhandenes aber zeitweilig vergessenes Wissen das die Seele aus ihrem vorgeburtlichen Dasein mitbringt Da sie im Verlauf der Seelenwanderung schon viele Erfahrungen gesammelt hat verfugt sie uber einen reichen Wissensschatz Das Jenseits nach dem Phaidon Bearbeiten Im Dialog Phaidon fuhrt Sokrates an seinem Todestag im Gefangnis mit einigen Freunden ein Gesprach uber die Unsterblichkeit der Seele Abschliessend schildert er in einem Mythos ausfuhrlich die unterschiedlichen Wege und Aufenthaltsorte der Seelen in den verschiedenartigen Bereichen der Totenwelt 13 Auch in diesem Jenseitsmythos wird die Abhangigkeit des Schicksals der Seelen von ihren Taten hervorgehoben Dem durch Weisheitsliebe Philosophie Gereinigten wird in Aussicht gestellt dass seine Seele aus dem Prozess der Seelenwanderung ausscheiden und fur alle kunftigen Zeiten eine korperfreie Existenz fuhren wird Der Jenseitsbericht des Er Bearbeiten Dieser beruhmte Mythos der den Abschluss des Dialogs Politeia bildet 14 nimmt durch die ungewohnliche Art seiner Prasentation und Beglaubigung eine Sonderstellung ein Der platonische Sokrates beruft sich auf die Darstellung eines aus Pamphylien stammenden tapferen Kriegers namens Er der im Kampf gefallen sei Die unsterbliche Seele dieses Mannes habe seinen Korper verlassen sei aber am zwolften Tag nach seinem Tod zuruckgekehrt So sei Er wieder lebendig geworden und habe dann von den Verhaltnissen in den Bereichen der korperlosen Seelen und von den dortigen Erlebnissen seiner Seele berichtet Im Mittelpunkt der Darstellung steht die Vergeltung der irdischen Taten nach dem Tode Wer auf gesunde Weise philosophiere der konne nicht nur auf der Erde glucklich leben sondern auch uber den Tod hinaus ein erfreuliches Dasein erwarten Allerdings sei der Aufenthalt im Jenseits zeitlich begrenzt da die Seelen auf die Erde zuruckkehrten um dort ein neues Leben zu beginnen Seelenwanderung Jede Seele sei fur ihr irdisches Geschick selbst verantwortlich da sie sich vor der Geburt den Korper in den sie eintreten werde und dessen Lebensumstande aussuche Bei dieser Wahl folge sie ihren Gewohnheiten und Neigungen die sie aus ihrem vorherigen Leben mitbringe Die Erdgeborenen Bearbeiten Der Mythos von den Erdgeborenen oder Autochthonen steht ebenfalls in der Politeia 15 Hier ist zwar herkommlicher mythischer Stoff verwertet doch stellt der platonische Sokrates von vornherein klar dass es sich um eine zu erzieherischen Zwecken erfundene Geschichte handelt Die Erde wird als Mutter der Menschen dargestellt Der Gott der die Menschen geformt hat hat ihnen unterschiedliche Metalle beigemischt einigen Gold anderen Silber anderen Eisen und Erz Aus dieser Metallbeimischung resultieren die angeborenen individuellen Eigenschaften und Fahigkeiten In einem idealen Staat soll jeder gemass seiner Veranlagung im Rahmen einer dreigliedrigen Standeordnung tatig sein wobei die Standeszugehorigkeit mit der jeweiligen Metallbeimischung begrundet werden soll Der Ring des Gyges Bearbeiten In der Politeia erzahlt Platons Bruder Glaukon eine Version des auch anderweitig uberlieferten beruhmten Mythos von der Machtergreifung des lydischen Konigs Gyges des Begrunders der Mermnaden Dynastie 16 Gyges war ursprunglich ein einfacher Hirte Er fand in einer Erdspalte einen Leichnam der an der Hand einen goldenen Ring trug Diesen eignete sich Gyges an Er fand heraus dass er sich mittels des Rings unsichtbar machen konnte Die damit erlangte magische Macht nutzte er um eine Stellung am Hof des Konigs zu erlangen und dessen Frau zum Ehebruch zu verfuhren Schliesslich totete er den Konig und riss die Herrschaft an sich Mit dieser Erzahlung will Glaukon seine Uberzeugung illustrieren dass Macht generell korrumpiere und niemand sich der Versuchung entziehen konne wenn sich eine Gelegenheit zum Machtmissbrauch biete Der Seelenwagen Bearbeiten Im Dialog Phaidros schildert der platonische Sokrates den Seelenwagen 17 Dieser Mythos zeigt allegorische Zuge und ahnelt dadurch den Gleichnissen Um das Wesen der Seele zu veranschaulichen stellt Sokrates einen Vergleich mit einem Gespann an Die Seelen sind ebenso wie die Gotter geflugelte Wagenlenker Jeder Wagenlenker lenkt ein Gespann von zwei geflugelten Pferden Die Gotter haben nur gute Pferde die menschlichen Seelen hingegen ein gutes und ein schlechtes Mit intakten Flugeln kann das menschliche Gespann in den Himmel aufsteigen doch bei Verlust des Gefieders fallt die unsterbliche Seele auf die Erde wo sie einen sterblichen Korper annimmt In einer himmlischen Prozession konnen manche Seelen den Gottern folgend bis zum uberhimmlischen Ort aufsteigen Dort erblicken sie die platonischen Ideen insbesondere die Idee des Schonen Auf der Fahrt stossen die Seelen aber auf grosse Schwierigkeiten da ihr Gespann wegen der Verschiedenartigkeit ihrer Pferde schwer zu lenken ist Das schlechte Pferd strebt wenn es nicht sehr gut erzogen ist nach unten wodurch in dem Gespann ein Konflikt entsteht und das Gefieder beschadigt und schliesslich eingebusst wird Die zur Erde gefallenen Seelen konnen wieder aufsteigen wenn das verlorene Gefieder nachwachst Dieses Nachwachsen wird durch philosophische Betatigung und die Liebe zum Schonen ermoglicht Die Zikaden Bearbeiten Den kurzen Mythos von den Zikaden erzahlt Sokrates im Dialog Phaidros 18 Die Zikaden waren einst Menschen die vom Gesang so entzuckt waren dass sie singend das Essen und Trinken vergassen und so ums Leben kamen Als Zikaden wurden sie von den Musen mit der Fahigkeit ausgestattet von Geburt an ohne Nahrung zu leben und unablassig zu singen Wenn sie gestorben sind begeben sie sich zu den Musen und berichten ihnen welche Menschen die einzelnen Musen verehren Theuth Bearbeiten Den Mythos von der Erfindung der Schrift durch den agyptischen Gott Theuth erzahlt Sokrates im Dialog Phaidros 19 Als Theuth verschiedene Kunste darunter die Schrift erfunden hatte begab er sich zu Thamus dem Konig von Agypten um ihm und durch ihn dem Volk die entsprechenden Fertigkeiten beizubringen Thamus wollte aber nichts ungepruft ubernehmen Hinsichtlich der Schrift zeigte er sich ausserst skeptisch Er befurchtete sie werde mehr Schaden als Nutzen bringen Das Schreiben und Lesen fuhre nicht nur zu einer Schwachung des Gedachtnisses sondern sei auch zur Vermittlung von Weisheit ungeeignet diese konne nur durch mundlichen Unterricht erfolgen Die Kugelmenschen Bearbeiten Hauptartikel Kugelmenschen und Androgynos Im Dialog Symposion lasst Platon sechs Gesprachsteilnehmer Reden uber Eros und die Erotik halten Unter ihnen ist der Komodiendichter Aristophanes der in seiner Rede den Mythos von den kugelformigen Urmenschen erzahlt 20 Die Menschen hatten ursprunglich kugelformige Rumpfe sowie vier Hande und Fusse und zwei Gesichter Es gab drei Geschlechter ein rein mannliches ein rein weibliches und eines mit einer mannlichen und einer weiblichen Halfte die androgynoi Nach einem gescheiterten Aufstand gegen die Gotter wurden die Kugelmenschen von Zeus in je zwei Halften zerschnitten Diese Halften sind die heutigen zweibeinigen Menschen Sie leiden unter ihrer Unvollstandigkeit und sind auf der Suche nach ihren verlorenen anderen Halften Diese Sehnsucht nach der verlorenen Ganzheit zeigt sich in Gestalt des erotischen Begehrens das auf Vereinigung abzielt Je nach der Beschaffenheit des ursprunglichen Kugelmenschen richtet sich die erotische Liebe auf das eigene oder auf das andere Geschlecht Die Geburt des Eros Bearbeiten Als letzter der sechs Redner im Symposion ergreift Sokrates das Wort Er berichtet von einem Gesprach in dem ihn die Priesterin Diotima aus Mantineia uber den Eros belehrt habe wobei sie einen Mythos erzahlt habe In Diotimas Mythos ist Eros nicht wie in einer verbreiteten Uberlieferung der Sohn der Gottin Aphrodite sondern seine Mutter ist Penia die personifizierte Armut sein Vater Poros Wegfinder die Personifikation der Findigkeit Um ihre Bedurftigkeit auszugleichen wollte Penia von Poros ein Kind empfangen So kam es zur Zeugung des Eros In seinem Naturell verbindet Eros die Eigenschaften seines Vaters mit denen seiner Mutter 21 Die Weltzeitalter Bearbeiten Hauptartikel Goldenes Zeitalter Im Dialog Politikos schildert eine Autoritatsperson der Fremde aus Elea den periodischen Wechsel von zwei nach anderer Deutung drei mythischen Weltzeitaltern Der Wechsel ist jeweils mit einer Umkehrung der Kreisbewegung des Kosmos und einem Umsturz der irdischen Lebensverhaltnisse verbunden 22 Dabei geht der Erzahler besonders auf die paradiesischen Zustande im einstigen Goldenen Zeitalter ein Damals lebte die Menschheit sorglos in tiefem Frieden unter der Obhut des fursorglichen Gottes Kronos und sogar unter den Tieren gab es keine Konflikte Tierfrieden Atlantis Bearbeiten Hauptartikel Atlantis Der in den Dialogen Timaios 23 und Kritias 24 dargestellte Atlantis Mythos ist der bekannteste platonische Mythos Platon schildert die Seemacht Atlantis ein riesiges Inselreich im Atlantischen Ozean das in ferner Vergangenheit Nordafrika und einen Grossteil Europas beherrscht habe Vor neun Jahrtausenden sei die expansive Grossmacht aber vom damaligen Ur Athen in einem grossen Krieg besiegt und darauf nach Westen zuruckgedrangt worden Schliesslich seien beide Staaten einer Naturkatastrophe zum Opfer gefallen die Insel Atlantis sei im Meer versunken Dieser von Platon ausfuhrlich ausgearbeitete Mythos sollte der Verherrlichung der Vergangenheit Athens dienen Er hat zu zahlreichen spekulativen Hypothesen uber einen moglichen historischen Kern Anlass gegeben Die Erschaffung der Welt Bearbeiten Hauptartikel Timaios Im Dialog Timaios beschreibt der Pythagoreer Timaios von Lokroi ausfuhrlich die schrittweise Erschaffung und Gestaltung des Kosmos durch den Demiurgen Schopfergott 25 Nach seiner Schilderung vollzog sich die Schopfung Kosmogonie im Zusammenwirken der gottlichen Vernunft mit der Notwendigkeit Die Kosmogonie wird im Mythos als ein Geschehen in der Vergangenheit dargestellt Dies widerspricht der in der Antike auch unter den Platonikern verbreiteten Vorstellung von der Ewigkeit des Kosmos Daher war die Frage ob der Mythos wortlich im Sinne eines zeitlichen Anfangs der Welt zu verstehen sei in der Antike sehr umstritten Zahlreiche Platoniker pladierten fur eine metaphorische Interpretation Dieser Deutung zufolge meinte Platon nicht einen Schopfungsakt zu einem bestimmten Zeitpunkt sondern wollte nur eine uberzeitliche Abhangigkeit der ewig bestehenden Welt von der ebenfalls ewigen Gottheit anschaulich ausdrucken Die Frage ist weiterhin ungeklart in der modernen Forschung wird uberwiegend die nicht wortliche Deutung befurwortet Die Herrschaft des Kronos Bearbeiten In Platons Dialog Nomoi einem Spatwerk erzahlt ein nicht namentlich genannter Athener eine Version des Mythos vom Goldenen Zeitalter 26 Nach seiner Schilderung erkannte der Gott Kronos der damals herrschte dass absolute Macht jeden menschlichen Herrscher korrumpiert Daher vertraute er die Verwaltung der menschlichen Angelegenheiten keinem Menschen an sondern ubertrug diese Aufgabe wohlwollenden Damonen Diese sorgten fur Frieden Eintracht und gute Gesetze Die gottliche Weltlenkung nach den Nomoi Bearbeiten In den Nomoi tragt der Athener einige Mythen vor die er fur erforderlich halt um Zweifler von der Vollkommenheit der gottlichen Weltlenkung Theodizee zu uberzeugen Auch hier wird betont dass sich die Menschen mit ihren Taten ihre erfreulichen oder unerfreulichen Schicksale selbst erschaffen Daher konnen die Gotter nicht der Nachlassigkeit bei der Lenkung der Welt beschuldigt werden Wer sich von ihnen vernachlassigt wahnt tragt in Wirklichkeit selbst die Schuld an seinem Geschick Er uberblickt die gottliche Planung nicht die nicht nur die einzelnen Seelen kleine Teilchen des Kosmos sondern auch das Ganze im Blick hat Jede Seele erhalt stets den ihr gebuhrenden Platz 27 Die Funktion des platonischen Mythos BearbeitenPlaton hat sich intensiv mit der Problematik des Verhaltnisses von Mythos und Logos auseinandergesetzt und auch die Ausformung der einschlagigen Terminologie beeinflusst Kein anderer griechischer Denker hat so oft und so eindringlich wie er Mythen zur Veranschaulichung und Erganzung philosophischer Aussagen genutzt Insbesondere kommt Platon immer wieder auf seine Annahme einer jenseitigen Gerechtigkeit zuruck die er mit den Mitteln philosophischer Argumentation nicht plausibel machen kann und daher in den Seelenmythen thematisiert Dort geht er auf die Schicksale der einzelnen Seelen ein denen im Jenseits eine ihren Verdiensten oder Schandtaten entsprechende gerechte Behandlung zuteilwird Die mythische Ausmalung des Totengerichts der kunftigen Belohnungen und Strafen soll zu einem gerechten Leben ermuntern Dem Gerechten verschaffen solche Mythen Trost und Hoffnung den nicht in der Gerechtigkeit Gefestigten sollen sie zur Nachdenklichkeit veranlassen Eindringlich betont der platonische Sokrates am Schluss der Politeia nachdem er den Jenseitsbericht des Er mitgeteilt hat dieser Mythos konne auch uns erhalten wenn wir ihm Folge leisten Wer daraus die notigen Konsequenzen fur seine Lebensfuhrung ziehe der werde seine Seele nicht beflecken sondern sich jederzeit an den Weg nach oben halten und mit sich selbst und den Gottern befreundet sein Seine Tugendhaftigkeit werde reich belohnt 28 Wahrend der Logos die Vernunft anspricht wendet sich der Mythos auch an die irrationalen Bereiche in der Seele die ebenfalls auf die philosophische Zielsetzung ausgerichtet werden mussen 29 Die moderne Forschung geht von der Erkenntnis aus dass in den platonischen Mythen offenbar ein Wahrheitsanspruch mit Scherz und Spiel gemischt ist und versucht das Verhaltnis dieser beiden Elemente genauer zu bestimmen Dabei ergibt sich aus den vielfaltigen Hinweisen in Platons Werken ein differenziertes Bild Einerseits lasst seine scharfe Kritik an der im Volk verbreiteten vor allem von der homerischen Dichtung vermittelten Mythentradition erkennen dass er eine kritische Auseinandersetzung mit der mythischen Uberlieferung unter dem Gesichtspunkt der Wahrheitsfrage fur unbedingt erforderlich hielt Andererseits zeigt sein sehr unbefangener Umgang mit dem mythischen Material das er bedenkenlos fur seine Zwecke umwandelte oder selbst erschuf dass es ihm uberhaupt nicht um Wahrheit im Sinne historischer oder naturgeschichtlicher Fakten ging 30 Der scheinbare Widerspruch lost sich vor dem Hintergrund der platonischen Ideenlehre auf Dieser Lehre zufolge sind nicht die unzahligen einzelnen Dinge in der sinnlich wahrnehmbaren Welt wesentlich sondern nur ihre Urbilder die unverganglichen vollkommenen Ideen Die Ideen bilden eine eigenstandige objektiv existierende rein geistige Wirklichkeit die aus Platons Sicht die Wahrheit schlechthin ist Wahrheit im eigentlichen Sinne kann prinzipiell nur dem Unwandelbaren nicht dem Verganglichen zukommen Aus dieser Perspektive erscheint ein historisch korrektes Wissen uber einzelne Vorgange in der mythischen Vergangenheit nicht als wesentlich Auch bei den Jenseitsmythen erhebt Platon einen Wahrheitsanspruch nur fur den philosophischen Gehalt nicht fur Einzelheiten wie etwa die detaillierten Angaben zur Topographie des Totenreichs 31 Die Frage nach der Wahrheit einer mythischen Darstellung im buchstablichen Sinne ist fur den Philosophen im Grunde belanglos denn sie beruhrt sein eigentliches Anliegen nicht Dieses besteht in der Erlangung und Pflege der Tugenden aretai die ihn zu einer philosophischen Lebensweise befahigen Daher billigt Platon Mythen nur insoweit einen Wert zu als sie mittels anschaulicher Vorstellungen einen zusatzlichen Ansporn zum philosophischen Leben bieten Es kommt ihm nur auf die Wirkung des Mythos auf das Gemut der Horer oder Leser an Starkt der Mythos die Verbindung mit der intelligiblen rein geistigen Welt der Ideen so bringt er den Menschen der Wahrheit naher und ist insofern in einem hoheren Sinne wahr auch wenn er frei erfunden ist Ein Mythos hingegen der entmutigend wirkt indem er an der Weisheit und Gerechtigkeit der Gotter zweifeln lasst und ihnen menschliche Laster zuschreibt ist lugenhaft denn er entfremdet den Menschen von der metaphysischen Wahrheit Solche Mythen will Platon aus der Kindererziehung fernhalten 32 Mit diesem Mythenverstandnis weist Platon der Philosophie die Rolle des Richters uber jeden Mythos zu Sie hat den Mythos hinsichtlich des ontologischen Wahrheitsgehalts seiner Botschaft zu untersuchen und zu bewerten Je nach seiner davon abhangigen Tauglichkeit fur ihre Zwecke soll er verbreitet oder zuruckgewiesen werden Ausserdem betrachtet der platonische Sokrates die Wahrheit des Mythos als provisorisch Er betont ein Mythos konne jederzeit durch etwas Besseres mit hoherem Wahrheitsgehalt ersetzt werden wenn es gelinge etwas Besseres zu finden 33 Im Timaios wird der dort dargelegte kosmologische Entwurf als wirklichkeitsnaher Mythos eikos mythos charakterisiert Gemeint ist eine relativ getreue Wiedergabe der Realitat die gangige Ubersetzung von eikos mit wahrscheinlich ist ungenau 34 Rezeption BearbeitenAntike Bearbeiten Die Verwendung von Mythen in philosophischem Schrifttum kam auch in der Generation von Platons Schulern vor Sicher ist dass sein Schuler Aristoteles in seinen exoterischen fur eine breitere Offentlichkeit bestimmten Schriften von denen heute nur Fragmente erhalten sind vom Mythos Gebrauch machte Auch der Philosoph Herakleides Pontikos ein weiterer Schuler Platons verwertete in seinen Werken mythisches Material Platons starke Verwendung von Mythen stiess schon in der Antike auf Kritik Der Philosophiegeschichtsschreiber Diogenes Laertios berichtet in manchen Kreisen habe die reichliche Ausstattung der philosophischen Schriften mit solchen Erzahlungen Anstoss erregt 35 Ein scharfer Gegner der Nutzung von lugnerischen Mythen fur philosophische Zwecke war der Epikureer Kolotes von Lampsakos Er kritisierte insbesondere den Mythos des Er in der Politeia Soweit seine Kritik aus den nur fragmentarisch uberlieferten Ausfuhrungen in seiner gegen Platons Mythen gerichteten Schrift ersichtlich ist trug er drei Hauptargumente vor erstens sei es fur einen Philosophen unzulassig in der Art von Dichtern Geschichten vorzutragen statt seine Aussagen auf eine Beweisfuhrung zu stutzen zweitens sei es ein widerspruchliches Verhalten Platons einerseits die Dichter wegen ihrer furchterregenden Mythen zu attackieren und andererseits selbst zu diesem Mittel zu greifen drittens seien die philosophischen Mythen nutzlos denn fur die meisten Leser seien sie unverstandlich und wer sie als Weiser verstehen konne der bedurfe ihrer nicht um ein besserer Mensch zu werden 36 Der Mittelplatoniker Plutarch folgte Platons Vorbild indem er gelegentlich Mythen in seine Schriften einlegte Numenios ein einflussreicher Mittelplatoniker des 2 Jahrhunderts trat fur eine allegorische Deutung des Atlantis Mythos ein 37 Auch Kirchenschriftsteller setzten sich mit den Mythen auseinander Clemens von Alexandria trat fur eine Erschliessung des philosophischen Gehalts der Mythen durch symbolisch allegorische Interpretation ein lehnte aber eine durchgehende allegorische Deutung ihres gesamten Wortlauts ab 38 Origenes meinte der platonische Mythos sei eine verhullende Ausdrucksweise Auf diesem Wege werde etwas Wesentliches nur denjenigen mitgeteilt die den Mythos philosophisch zu interpretieren verstunden Hier sah Origenes eine Parallele zum biblischen Bericht vom Sundenfall 39 Die Neuplatoniker sahen in den Mythen verschlusselte Mitteilungen derselben Wahrheiten die der Philosoph durch die Betatigung seiner Vernunft erkennt Eine nur mit mythischen Mitteln ausdruckbare Wahrheit nahmen sie nicht an Der Mythos galt ihnen als Offenbarung allerdings nur von untergeordneten Sachverhalten nie von den hochsten Prinzipien Nach der Uberzeugung der Neuplatoniker sind alle Mythen grundsatzlich auslegungsbedurftig ihr Gehalt ist nicht dem Wortlaut zu entnehmen sondern erschliesst sich erst durch die korrekte allegorische 40 Auslegung Dies impliziert aber nicht dass der wortliche Sinn zu verwerfen sei Im 3 Jahrhundert ging Plotin der Begrunder des Neuplatonismus davon aus dass Platon ebenso wie Homer die mythische Ausdrucksweise als Mittel nutzte auf die rein geistige Wirklichkeit hinzuweisen Der spatantike Neuplatoniker Proklos 485 befasste sich mit der Interpretation sowohl der homerischen als auch der platonischen Mythen Er betrachtete beide als Darlegungen ein und derselben ontologisch theologischen Wahrheit Nach seinem Verstandnis liegt die Wahrheit im Mythos auf verborgene Weise vor der Auslegende muss sie bereits philosophisch erfasst haben wenn er den Mythos deuten will Alle platonischen Mythen erganzen sich gegenseitig und bilden eine stimmige Einheit Zwischen der Seele und dem Mythos besteht eine Analogiebeziehung da die Struktur des Mythos derjenigen der Seele entspricht kann sie in ihm sich selbst erkennen 41 In seinem Kommentar zur Politeia ging Proklos ausfuhrlich auf den Mythos des Er ein Dabei setzte er sich auch mit der Kritik des Epikureers Kolotes auseinander auf die schon Porphyrios ein Schuler Plotins mit Gegenargumenten geantwortet hatte 42 Auch Macrobius verfasste eine ausfuhrliche Entgegnung auf die epikureische Kritik am platonischen Mythos wobei er die Frage untersuchte unter welchen Voraussetzungen sich ein Philosoph einer mythischen Ausdrucksweise bedienen darf 43 Fruhe Neuzeit Bearbeiten Der Humanist Marsilio Ficino 1433 1499 der als Ubersetzer und Kommentator massgeblich zur Erschliessung von Platons Werken beitrug ausserte sich zur Frage des Wahrheitsgehalts der Mythen Er wies auf Unterschiede zwischen den Jenseitsschilderungen in verschiedenen Dialogen und auf den spielerischen scherzhaften Charakter mancher Stellen hin meinte aber diese Spiele und Scherze seien gewichtiger als die ernsthaften Ausfuhrungen der Stoiker In den mythischen Passagen seiner Werke trete Platon nicht als Lehrer auf sondern wie ein ekstatischer Seher und Priester Die Blumen seiner Lehre seien fur alle bestimmt die Fruchte Sinn der Mythen fur die Eingeweihten die sie verstehen konnten 44 Moderne Bearbeiten Moderne Philosophen Philosophiehistoriker und Altertumswissenschaftler haben versucht zu ergrunden warum Platon es fur notwendig hielt den philosophischen Diskurs haufig mit Mythen zu erganzen deren Aussagen sich jeder Nachprufung entziehen Immer wieder erortert wird das Spannungsverhaltnis zwischen dieser Vorgehensweise und dem Umstand dass Platon in der Philosophie eine stringente Argumentation forderte an deren Stichhaltigkeit er hochste Anspruche stellte Schon Hegel hat hierzu dezidiert Stellung genommen Er wandte sich gegen die Meinung Platons Mythen seien vortrefflicher als die abstrakte Weise des Ausdrucks und ein Zeichen aussergewohnlicher Genialitat die anderen Philosophen fehle In Wirklichkeit handle es sich um das Unvermogen auf die reine Weise des Gedankens sich auszudrucken aus diesem Grund greife Platon zu den Hilfsmitteln einer sinnlichen Ausdrucksweise Der philosophische Mythos solle zwar Wahrheit enthullen und nicht etwa verbergen doch erfulle er diese Aufgabe in Wirklichkeit nicht Er sei ein mangelhaftes Symbol und kein geeignetes Medium fur philosophische Gedanken 45 Im 20 Jahrhundert wurde die Frage debattiert wie ernst Platon seine Mythen als Trager von Mitteilungen mit Wahrheitsanspruch genommen hat und wie das Verhaltnis von Ernst und Spiel beim Einsatz solcher Mittel einzuschatzen ist 46 Karl Reinhardt meinte die Mythen seien ein marchenhaftes Gedankenspiel das Platon dem Logos dem Ernst der Dialektik spielerisch ironisch schwebend entgegenstelle 47 Die Gegenposition vertrat u a Josef Pieper Seiner Interpretation zufolge hat Platon die Botschaft des Mythos als eine eigenstandige vom Logos unabhangige nur dem Glauben zugangliche Wahrheit aufgefasst und an eine gottliche Offenbarung geglaubt die er fur die Quelle dieser Wahrheit hielt 48 Die neuere Forschung geht uberwiegend von einem anderen Ansatz aus Die vorherrschende Ansicht ist dass die Mythen zwar freie literarische Schopfungen mit spielerischen Elementen 49 sind aber dennoch ernst gemeinte philosophische Botschaften enthalten Man nimmt ein Erganzungsverhaltnis zwischen Logos und Mythos an der Mythos wird seiner Struktur nach als dem Logos komplementar aufgefasst 50 Eine viel erorterte Frage lautet ob der platonische Mythos nur dieselbe Wahrheit verkunden soll wie der Logos oder ob er in einen Bereich der dem Logos nicht mehr zuganglich ist hineinfuhren soll Die erstgenannte Auffassung hat sich durchgesetzt und ist heute die herrschende Lehrmeinung Zu ihren Vertretern zahlen Gerhard Muller 51 Hermann Gundert 52 Hans Georg Gadamer 53 Theo Kobusch 54 Thomas Alexander Szlezak 55 und Michael Erler 56 Auch Werner Beierwaltes verwirft die Annahme dass der Mythos der Sache nach etwas impliziere was der Dialektik per se unerreichbar bleibe Er konstatiert Mythos grundet im Logos Logos lebt im Mythos 57 Dirk Cursgen ist in einer eingehenden Untersuchung zum selben Ergebnis gelangt Er stellt fest der Mythos werde gemass dem Logos produziert Fur Platon musse das begriffliche Wissen eine Sinnebene der mythischen Bilddetails sein konnen und der Mythos musse von diesem Wissen aus reflektiert und kritisiert werden konnen Da der philosophische Mythos eine Funktion des Logos sei konne er gar nicht im Gegensatz zu diesem stehen 58 Walter Hirsch hingegen trennt die Zustandigkeitsbereiche von Mythos und Logos Er meint die Aufgabe des Mythos beginne dort wo der Logos als Dialektik seine aussersten Moglichkeiten ausgeschritten hat Der Logos musse seiner Natur nach auf Grund und Begrundung dringen Daher konne er das was allen Grund selbst grundet nicht fassen Daraus ergebe sich die Notwendigkeit die mit dem Logos begonnene philosophische Suche mit dem Mythos fortzusetzen Der Mythos bedurfe jedoch der Auslegung mit der er sich zwar nicht in den Logos verwandeln lasse aber in den Logos aus dem er hervorgegangen sei zuruckfuhre 59 Einen ahnlichen Ansatz vertritt u a Francisco J Gonzalez 60 Texte BearbeitenBernhard Kytzler Hrsg Platons Mythen Insel Verlag Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 458 33678 8 nur Ubersetzung Literatur BearbeitenUbersichtsdarstellungen Luc Brisson Einfuhrung in die Philosophie des Mythos Band 1 Antike Mittelalter und Renaissance Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1996 ISBN 3 534 10112 X S 20 38 Michael Erler Platon Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike hrsg von Hellmut Flashar Band 2 2 Schwabe Basel 2007 ISBN 978 3 7965 2237 6 S 89 92 686 688 Markus Janka Mythos In Christian Schafer Hrsg Platon Lexikon Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2007 ISBN 978 3 534 17434 8 S 203 209 Christian Schafer Mythos Mythenkritik In Christoph Horn u a Hrsg Platon Handbuch Metzler Stuttgart 2009 ISBN 978 3 476 02193 9 S 309 313 Untersuchungen Luc Brisson Platon Les mots et les mythes Maspero Paris 1982 ISBN 2 7071 1326 3 Catherine Collobert u a Hrsg Plato and Myth Studies on the Use and Status of Platonic Myths Brill Leiden 2012 ISBN 978 90 04 21866 6 Marlis Colloud Streit Funf platonische Mythen im Verhaltnis zu ihren Textumfeldern Academic Press Freiburg Schweiz 2005 ISBN 3 7278 1531 0 Dirk Cursgen Die Rationalitat des Mythischen Der philosophische Mythos bei Platon und seine Exegese im Neuplatonismus de Gruyter Berlin 2002 ISBN 3 11 017337 9 Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe Interpretationen zu den Mythen in Platons Dialogen 2 uberarbeitete Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2014 ISBN 978 3 534 25494 1 Kathryn A Morgan Myth and Philosophy from the Presocratics to Plato Cambridge University Press Cambridge 2000 ISBN 0 521 62180 1 Weblinks BearbeitenCatalin Partenie Plato s Myths In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Anmerkungen Bearbeiten Siehe dazu Markus Janka Mythos In Christian Schafer Hrsg Platon Lexikon Darmstadt 2007 S 203 209 hier 203 und allgemein zu Platons einschlagigem Sprachgebrauch Markus Janka Semantik und Kontext Mythos und Verwandtes im Corpus Platonicum In Markus Janka Christian Schafer Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 23 46 Platon Gorgias 523a 526d 527c Glenn Most Platons exoterische Mythen In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 9 21 hier 10 12 uberarbeitete Fassung Plato s Exoteric Myths In Catherine Collobert u a Hrsg Plato and Myth Leiden 2012 S 13 24 hier 14 16 Michael Erler Platon Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike hrsg von Hellmut Flashar Band 2 2 Basel 2007 S 89 Vgl Robert Zaslavsky Platonic Myth and Platonic Writing Lanham 1981 S 12 16 Genevieve Droz Les mythes platoniciens Paris 1992 S 10 16 Glenn Most Platons exoterische Mythen In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 9 21 hier 12f uberarbeitete Fassung Plato s Exoteric Myths In Catherine Collobert u a Hrsg Plato and Myth Leiden 2012 S 13 24 hier 15f Glenn Most Platons exoterische Mythen In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 9 21 hier 13 15 uberarbeitete Fassung Plato s Exoteric Myths In Catherine Collobert u a Hrsg Plato and Myth Leiden 2012 S 13 24 hier 16 19 Platon Protagoras 320c 323a Bernd Manuwald Platons Mythenerzahler In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 113 135 hier 116 Kathryn A Morgan Myth and Philosophy from the Presocratics to Plato Cambridge 2000 S 132 154 Platon Charmides 156d 157c Platon Apologie 40e 41c Platon Gorgias 523a 527a Platon Gorgias 492e 493c Platon Menon 81a e Platon Phaidon 107d 114c Platon Politeia 614a 621b Platon Politeia 414b 415d Platon Politeia 359c 360b vgl 612b Platon Phaidros 246a 257a Platon Phaidros 258e 259d Platon Phaidros 274c 275b Platon Symposion 189d 193d Platon Symposion 203a 204c Platon Politikos 268d 274e Platon Timaios 20d 26e Platon Kritias 108e 121c Platon Timaios 27c ff Platon Nomoi 713a 714b Platon Nomoi 903a 905c Vgl Christian Pietsch Mythos als konkretisierter Logos Platons Verwendung des Mythos am Beispiel von Nomoi X 903b 905d In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 157 172 Platon Politeia 621b d Joachim Dalfen Platons Jenseitsmythen eine neue Mythologie In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 355 371 hier 366 369 Michael Erler Platon Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike hrsg von Hellmut Flashar Band 2 2 Basel 2007 S 92 Zur Problemstellung siehe Georg Rechenauer Veranschaulichung des Unanschaulichen Platons neue Rhetorik im Schlussmythos des Gorgias In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 399 418 hier 399 401 Platon Phaidon 114d Vgl Gerhard Muller Die Mythen der platonischen Dialoge In Nachrichten der Giessener Hochschulgesellschaft Band 32 1963 S 77 92 hier 80f Christian Schafer Mythos Mythenkritik In Christoph Horn u a Hrsg Platon Handbuch Stuttgart 2009 S 309 313 hier 312f Siehe zu Platons Auffassung von der Funktion der Mythen Theo Kobusch Die Wiederkehr des Mythos In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 47 60 hier 50 53 Konrad Gaiser Platon als philosophischer Schriftsteller In Konrad Gaiser Gesammelte Schriften Sankt Augustin 2004 S 3 72 hier 58 63 Penelope Murray What Is a Muthos for Plato In Richard Buxton Hrsg From Myth to Reason Oxford 1999 S 251 262 Platon Gorgias 527a Siehe hierzu Elsa Grasso Myth image and likeness in Plato s Timaeus In Catherine Collobert u a Hrsg Plato and Myth Leiden 2012 S 343 367 hier 351 356 Janet E Smith Plato s myths as likely accounts worthy of belief In Apeiron Band 19 1985 S 24 42 hier 34 37 Diogenes Laertios 3 80 Siehe dazu Eleni Kechagia Plutarch Against Colotes Oxford 2011 S 68 70 Siehe dazu Harold Tarrant Literal and Deeper Meanings in Platonic Myths In Catherine Collobert u a Hrsg Plato and Myth Leiden 2012 S 47 65 hier 48f Dirk Cursgen Die Rationalitat des Mythischen Berlin 2002 S 161f Heinrich Dorrie Matthias Baltes Der Platonismus in der Antike Band 2 Stuttgart Bad Cannstatt 1990 S 498 Zum Begriff der Allegorie in diesem Zusammenhang siehe Werner Beierwaltes Logos im Mythos Marginalien zu Platon In Michael Langer Anselm Bilgri Hrsg Weite des Herzens Weite des Lebens Regensburg 1989 S 273 285 hier 280 Zur neuplatonischen Rezeption der Mythen siehe Robert Lamberton Homer the Theologian Berkeley 1986 S 97 103 169f 203 206 230 232 Theo Kobusch Die Wiederkehr des Mythos In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 47 60 hier 54f Dirk Cursgen Die Rationalitat des Mythischen Berlin 2002 S 5 11 S 31 Anm 36 S 144 160 172 211 Harold Tarrant Literal and Deeper Meanings in Platonic Myths In Catherine Collobert u a Hrsg Plato and Myth Leiden 2012 S 47 65 hier 47 50 Proklos In Platonis rem publicam II S 105 Z 23 S 109 Z 3 Kroll Siehe dazu Andre Jean Festugiere Proclus Commentaire sur la Republique Band 3 Paris 1970 S 47 52 franzosische Ubersetzung und Kommentar Macrobius Commentarii in somnium Scipionis 1 1 9 1 2 21 Siehe dazu Elizabeth McGrath Platonic myth in Renaissance iconography In Catalin Partenie Hrsg Plato s Myths Cambridge 2009 S 206 238 hier 227f Georg Wilhelm Friedrich Hegel Vorlesungen uber die Geschichte der Philosophie I Werke in zwanzig Banden Band 18 Frankfurt am Main 1971 S 108f Ubersichtsdarstellungen zur alteren Forschungsliteratur bieten Julius A Elias Plato s Defence of Poetry London 1984 S 75 118 und Kent F Moors Platonic Myth An Introductory Study Washington D C 1982 S 1 23 Karl Reinhardt Platons Mythen Bonn 1927 neu abgedruckt in Karl Reinhardt Vermachtnis der Antike 2 Auflage Gottingen 1989 S 219 295 hier 230 241 259 262 278 Vgl zu dieser Sichtweise und ihren Vertretern Dirk Cursgen Die Rationalitat des Mythischen Berlin 2002 S 18 Josef Pieper Uber die platonischen Mythen Munchen 1965 S 61 73 82 Vgl Marlis Colloud Streit Funf platonische Mythen im Verhaltnis zu ihren Textumfeldern Freiburg Schweiz 2005 S 28f und zur Kritik dieser Position Dirk Cursgen Die Rationalitat des Mythischen Berlin 2002 S 22f Zum spielerischen Aspekt siehe Janet E Smith Plato s Use of Myth in the Education of Philosophic Man In Phoenix Band 40 1986 S 20 34 hier 25 29 Dirk Cursgen Die Rationalitat des Mythischen Berlin 2002 S 23 25 27f Gerhard Muller Die Mythen der platonischen Dialoge In Nachrichten der Giessener Hochschulgesellschaft Band 32 1963 S 77 92 hier 77f Hermann Gundert Der platonische Dialog Heidelberg 1968 S 32 Hans Georg Gadamer Griechische Philosophie I Gesammelte Werke Band 5 Tubingen 1985 S 209 Theo Kobusch Die Wiederkehr des Mythos In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 47 60 hier 53f Thomas Alexander Szlezak Platon lesen Stuttgart Bad Cannstatt 1993 S 136 Michael Erler Platon Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie der Antike hrsg von Hellmut Flashar Band 2 2 Basel 2007 S 91 Werner Beierwaltes Logos im Mythos Marginalien zu Platon In Michael Langer Anselm Bilgri Hrsg Weite des Herzens Weite des Lebens Regensburg 1989 S 273 285 hier 274f 277 Vgl Kathryn A Morgan Myth and Philosophy from the Presocratics to Plato Cambridge 2000 S 180 Elizabeth E Pender Images of Persons Unseen Sankt Augustin 2000 S 79 86 Dirk Cursgen Die Rationalitat des Mythischen Berlin 2002 S 4f 374f Walter Hirsch Platons Weg zum Mythos Berlin 1971 S 252 Vgl zu dieser Position und ihren Vertretern Christian Pietsch Mythos als konkretisierter Logos Platons Verwendung des Mythos am Beispiel von Nomoi X 903b 905d In Markus Janka Christian Schafer Hrsg Platon als Mythologe 2 uberarbeitete Auflage Darmstadt 2014 S 157 172 hier S 158 und Anm 8 Francisco J Gonzalez Combating Oblivion The Myth of Er as Both Philosophy s Challenge and Inspiration In Catherine Collobert u a Hrsg Plato and Myth Leiden 2012 S 259 278 hier 276f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Platonischer Mythos amp oldid 238850780