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Dieser Artikel behandelt den Altphilologen fur den Mathematiker siehe Heinrich Dorrie Mathematiker Heinrich Dorrie 27 November 1911 in Hannover 16 Marz 1983 in Munster war ein deutscher Klassischer Philologe der als Professor an den Universitaten in Saarbrucken 1957 1961 und Munster 1961 1980 wirkte Er ist besonders durch seine Beitrage zur Erforschung des Platonismus bekannt und begrundete die Reihe Der Platonismus der Antike die erst nach seinem Tod erschien Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Fronteinsatz und Kriegsgefangenschaft 1 2 Oberassistent in Gottingen 1 3 Professor in Saarbrucken und Munster 2 Leistungen 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHeinrich Dorrie wurde 1911 als Sohn des gleichnamigen Arztes in Hannover geboren Ab 1921 besuchte er das Ratsgymnasium wo ihn seine Lehrer zur Beschaftigung mit der antiken Literatur anregten Darum begann Dorrie im Sommersemester 1930 an der Universitat Tubingen ein Studium der Klassischen Philologie und Romanistik Spater wechselte er fur ein Semester an die Universitat Lausanne dann an die Universitat Leipzig wo ihn die Grazisten Erich Bethe und Alfred Korte beeinflussten Schliesslich ging er an die Georg August Universitat Gottingen Neben Hermann Frankel und Max Pohlenz beeinflusste ihn hier besonders Kurt Latte der ihm auch das Thema seiner Doktorarbeit stellte Dorrie sollte sich mit der handschriftlichen Uberlieferung der griechischen Romanschriftsteller beschaftigen die damals noch weitgehend ungeklart war Zu diesem Zweck reiste Dorrie im Wintersemester 1933 1934 nach Florenz untersuchte die Handschriften in der Biblioteca Medicea Laurenziana und bildete sich bei den Papyrologen Girolamo Vitelli Medea Norsa und Giorgio Pasquali weiter Anfang 1935 wurde Dorrie promoviert und legte das Erste Staatsexamen ab Seine Dissertation uber die Uberlieferung der griechischen Romanautoren Longos Achilleus Tatios und Heliodoros war die letzte lateinisch abgefasste Doktorarbeit an der Universitat Gottingen Seine erste Anstellung erhielt Dorrie als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Septuaginta Unternehmen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Gottingen Hier verfeinerte er seine editorischen Fahigkeiten und sammelte Material fur seine Ausgabe der Passio Sanctorum Maccabaeorum die 1938 in den Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften erschien Seine eigentliche Aufgabe sah Dorrie aber schon damals in der systematischen Erforschung des Platonismus Die Ausfuhrung dieser Plane wurde jedoch mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verzogert Die Regisseurin Doris Dorrie ist seine Nichte Fronteinsatz und Kriegsgefangenschaft Bearbeiten Im Oktober 1939 wurde Dorrie als Soldat zur Wehrmacht eingezogen Wahrend eines Urlaubs im Februar 1940 heiratete er Annemarie Lueder die er 1937 in Gottingen kennengelernt hatte sie war im Jahr zuvor bei Ulrich Knoche und Karl Deichgraber mit der Dissertation Die philosophische Personlichkeit des Antiochos von Askalon promoviert worden Trotz seines Kriegseinsatzes verfolgte Dorrie weiterhin seine akademische Karriere Wahrend eines achtwochigen Fronturlaubs 1943 absolvierte er in Gottingen das gesamte Habilitationsverfahren einschliesslich des Probevortrags Im folgenden Jahr bestellte ihn das Gottinger Institut fur Altertumskunde zum Oberassistenten Wahrend seines Fronteinsatzes konnte Dorrie die Stelle nicht sofort antreten Kurz vor Kriegsende 1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde ins Arbeitslager von Plawsk verschleppt Wahrend seiner langen Haftzeit hielt er am Studium der antiken Literatur und Geisteswelt fest obwohl er keine Bucher besass und von der Aussenwelt beinahe abgeschnitten war Eine Postkarte aus dem Lager war auf etwa 25 Worter beschrankt Seine Frau konnte ihm in jeden Brief eine Textseite eines antiken Autors einlegen Gemeinsam mit Gleichgesinnten pflegte Dorrie die Altertumswissenschaft in kleinen Vortragen und Gesprachsrunden um nicht abzustumpfen Erst 1953 wurde er aus der Gefangenschaft entlassen und konnte nach Deutschland zuruckkehren 1 Oberassistent in Gottingen Bearbeiten Zum Sommersemester 1954 trat er die Stelle als Oberassistent in Gottingen an die ihm zehn Jahre zuvor angeboten worden war und die in der Zwischenzeit Werner Hartke 1945 1946 und Albrecht Dihle 1946 1954 vertreten hatten In Gottingen musste sich Dorrie in weite Bereiche der antiken Literatur erst wieder einarbeiten Gegenuber den Studenten gab er seinen Nachholbedarf offen zu und eroffnete so eine Art Lernwettkampf mit ihnen 2 Seine Vorlesungen und Ubungen behandelten Aristoteles und die platonische Akademie die philosophischen Schriften Marcus Tullius Ciceros die attische Komodie Catull den Neuplatonismus und die romische Satire Ausserdem erteilte er griechische und lateinische Stilubungen Professor in Saarbrucken und Munster Bearbeiten Aufgrund seines Lehrerfolgs erhielt er 1957 einen Ruf der Universitat des Saarlandes wo er Professor fur Klassische Philologie war 1961 wechselte er an die Westfalische Wilhelms Universitat Munster wo er bis zu seiner Emeritierung 1980 den Lehrstuhl fur Grazistik innehatte Im akademischen Jahr 1968 1969 war er Dekan der Philosophischen Fakultat Die allgemeine studentische Protestbewegung der 68er die ihn durch seine exponierte Position besonders traf fasste er als personlichen Affront auf Aus diesem Grund zog er sich lange Jahre aus dem akademischen Leben zuruck 2 Gleichwohl wurden ihm in den folgenden Jahren akademische Ehren zuteil Die Nordrhein Westfalische Akademie der Wissenschaften und der Kunste nahm ihn bei ihrer Grundung 1970 als ordentliches Mitglied auf Anlasslich seines 70 Geburtstages veroffentlichten seine Schuler Horst Dieter Blume und Friedhelm Mann zu seinen Ehren die Festschrift Platonismus und Christentum Munster 1983 Ebenfalls 1983 beschloss die Theologische Fakultat der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg die Verleihung der Ehrendoktorwurde an Dorrie durch seinen Tod im Fruhjahr kam es jedoch nicht mehr dazu 3 Leistungen BearbeitenDorries wissenschaftliches Werk ist breitgefachert Er publizierte zur antiken Philosophie Mythologie Religionsgeschichte zur Dichtung Ovids zur Wirkungsgeschichte antiker Themen und Motive Galateia Pygmalion und zum fruhen Christentum besonders Gregor von Nyssa er leitete auch die an der Westfalischen Wilhelms Universitat angesiedelte Forschungsstelle Gregor von Nyssa 4 Auch seine Vorlesungen in Munster umspannten alle Autoren und Epochen der griechischen und lateinischen Literatur der Antike obwohl sein Lehrstuhl traditionell der Grazistik gewidmet war 5 Seine vielfaltige Gelehrsamkeit fand Ausdruck in zahlreichen Lexikonartikeln die als Beitrage in Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft im Kleinen Pauly im Reallexikon fur Antike und Christentum und in der Theologischen Realenzyklopadie erschienen Mit dem antiken Roman beschaftigte er sich nur in seiner Anfangszeit Ausser seiner breit angelegten Dissertation De Longi Achillis Tatii Heliodori memoria die 1935 in Gottingen gedruckt wurde schrieb er noch eine Rezension zu der neuen kritischen Edition des Longos von Georges Dalmeyda Paris 1934 Grossere Schwerpunkte in Dorries Forschungsarbeit bilden die antike Briefliteratur und ganz besonders der Platonismus In jahrzehntelanger Arbeit sichtete er unterstutzt von seiner Frau die meisten der uber 200 Handschriften in denen Ovids Heroides uberliefert sind Aufgrund dieser Arbeit konnte er 1971 eine kritische Ausgabe der Epistulae Heroidum herausgeben die trotz ihrer grossen Verdienste fur die Uberlieferungsgeschichte in der Fachwelt nicht unumstritten war 5 Vier Jahre spater veroffentlichte er die Epistula Sapphus Zetemata 1975 deren Uberlieferungslage ein ahnlich grosses Problem darstellt Die systematische Erforschung des Platonismus hatte sich Dorrie bereits nach dem Studium vorgenommen Seine Arbeiten kamen jedoch nur langsam voran Seit den 50er Jahren trug er sein Projekt in die Offentlichkeit und hielt auch mehrere Symposien ab die zahlreiche Einzelarbeiten hervorbrachten In der Aufsatzsammlung Platonica Minora Munchen 1976 legte Dorrie seine bis dato formulierten Ergebnisse nieder Die grosse Systematik unter dem Titel Der Platonismus der Antike kam wegen seines Todes vorerst nicht zustande Das Projekt wurde von seiner Witwe Annemarie Dorrie seinem Schuler Friedhelm Mann und seinem Assistenten Matthias Baltes fortgefuhrt ab 2003 von Christian Pietsch Von 1987 bis 2008 sind insgesamt sieben Bande in der Reihe erschienen Sein Nachlass befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek 6 Schriften Auswahl BearbeitenDe Longi Achillis Tatii Heliodori memoria Gottingen 1935 Dissertation Passio SS Machabaeorum die antike lateinische Ubersetzung des 4 Makkabaerbuches Gottingen 1938 Leid und Erfahrung Die Wort und Sinn Verbindung pa8eῖn ma8eῖn im griechischen Denken Mainz 1956 Abhandlungen der geistes und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz Jahrgang 1956 Nr 5 Porphyrios Symmikta zetemata Ihre Stellung in System und Geschichte des Neuplatonismus nebst einem Kommentar zu den Fragmenten Munchen 1959 Zetemata Band 20 Untersuchungen zur Uberlieferungsgeschichte von Ovids Epistulae Heroidum 3 Teile Gottingen 1960 1972 Porphyrios als Mittler zwischen Plotin und Augustin In Paul Wilpert Willehad P Eckert Hrsg Antike und Orient im Mittelalter Vortrage der Kolner Mediaevistentagungen 1956 1959 Miscellanea Mediaevalia Band 1 De Gruyter Berlin 1962 S 26 47 Der Konigskult des Antiochos von Kommagene im Lichte neuer Inschriften Funde Gottingen 1964 Der heroische Brief Bestandsaufnahme Geschichte Kritik einer humanistisch barocken Literaturgattung Berlin 1968 Die schone Galatea Eine Gestalt am Rande des griechischen Mythos in antiker und neuzeitlicher Sicht Munchen 1968 Epistulae Heroidum P Ovidius Naso Ad fidem codicum edidit Henricus Dorrie Berlin New York 1971 Pygmalion Ein Impuls Ovids und seine Wirkungen bis in die Gegenwart Opladen 1974 P Ovidius Naso Der Brief der Sappho an Phaon Mit literarischem und kritischem Kommentar im Rahmen einer motivgeschichtlichen Studie Munchen 1975 Zetemata 58 Von Platon zum Platonismus Ein Bruch in der Uberlieferung und seine Uberwindung Opladen 1976 Platonica minora Munchen 1976 Sinn und Funktion des Mythos in der griechischen und der romischen Dichtung Opladen 1978 Der Platonismus der Antike Band 1 Die geschichtlichen Wurzeln des Platonismus Bausteine 1 35 Text Ubersetzung Kommentar Aus dem Nachlass herausgegeben von Annemarie Dorrie Stuttgart 1987 ISBN 3 7728 1153 1 Der Platonismus der Antike Band 2 Der hellenistische Rahmen des kaiserzeitlichen Platonismus Bausteine 36 72 Text Ubersetzung Kommentar Aus dem Nachlass herausgegeben und bearbeitet von Matthias Baltes Stuttgart 1990 ISBN 3 7728 1154 X Der Platonismus der Antike Band 3 Der Platonismus im 2 und 3 Jahrhundert nach Christus Bausteine 73 100 Aus dem Nachlass herausgegeben und bearbeitet von Matthias Baltes Stuttgart 1993 ISBN 3 7728 1155 8Literatur BearbeitenHorst Dieter Blume Friedhelm Mann Herausgeber Platonismus und Christentum Festschrift fur Heinrich Dorrie Munster 1983 mit Schriftenverzeichnis Horst Dieter Blume Heinrich Dorrie In Gnomon 56 1984 S 185 189 Cornelia Wegeler wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik Altertumswissenschaft und Nationalsozialismus Das Gottinger Institut fur Altertumskunde 1921 1962 Wien Koln Weimar 1996 ISBN 3 205 05212 9 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Heinrich Dorrie im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Der Nachlass in der Bayerischen StaatsbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Blume 1984 S 186 a b Blume 1984 S 187 Blume 1984 S 189 Forschungsstelle Gregor von Nyssa a b Blume 1984 S 188 Webseite der Bayerischen Staatsbibliothek mit Angaben zu Nachlassen Memento vom 25 September 2010 im Internet Archive abgerufen am 1 August 2010Inhaber der Professuren fur Klassische Philologie an der Universitat des Saarlandes Erste Professur Rudolf Stark 1949 1966 Otto Lendle 1967 1977 Carl Werner Muller 1978 1999 Peter Riemer 2000 2021 Zweite Professur Ernst Zinn 1951 1956 Heinrich Dorrie 1957 1961 Robert Schroter 1962 1968 Clemens Zintzen 1969 1972 Eckard Lefevre 1974 1977 Woldemar Gorler 1980 1999 Inhaber der Lehrstuhle fur Klassische Philologie an der Universitat Munster Erster Lehrstuhl Hermann Ludwig Nadermann 1821 1853 Ferdinand Deycks 1843 1867 Peter Langen 1868 1897 Peter Sonnenburg 1898 1928 Franz Beckmann 1931 1963 Hermann Trankle 1963 1972 Christian Gnilka 1972 2002 Christine Schmitz seit 2002 Zweiter Lehrstuhl Franz Winiewski 1838 1874 Johann Matthias Stahl 1874 1906 Wilhelm Kroll 1906 1913 Richard Wunsch 1913 1915 Hermann Schone 1916 1935 Walter Eberhardt 1937 1946 Friedrich Mehmel 1947 1951 Richard Harder 1952 1957 Gerhard Muller 1958 1962 Martin Sicherl 1963 1982 Wolfgang Hubner 1986 2004 Alexander Arweiler seit 2004 Dritter Lehrstuhl bis 1918 Extraordinariat Franz Ignaz Schwerdt 1861 1868 Adalbert Parmet 1869 1898 Carl Hosius 1897 1906 Ludwig Radermacher 1906 1909 Karl Munscher 1909 1936 Rudolf Gungerich 1951 1953 Hermann Kleinknecht 1953 1960 Heinrich Dorrie 1961 1980 Hermann Wankel 1981 1991 Adolf Kohnken 1992 2002 Christian Pietsch seit 2003 Vierter Lehrstuhl Otto Hiltbrunner 1962 1979 Normdaten Person GND 118526375 lobid OGND AKS LCCN n50028851 VIAF 73865473 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Dorrie HeinrichKURZBESCHREIBUNG deutscher Klassischer PhilologeGEBURTSDATUM 27 November 1911GEBURTSORT HannoverSTERBEDATUM 16 Marz 1983STERBEORT Munster Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Dorrie amp oldid 238494883