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Pythagoras in der Schmiede ist eine antike Legende die beschreibt wie Pythagoras in einer Schmiede entdeckte dass gleichzeitige Hammerschlage wohlklingende Tone erzeugten wenn die Gewichte der Hammer in bestimmten ganzzahligen Verhaltnissen standen Diese Beobachtung habe ihn zu Experimenten an der schwingenden Saite eines Monochords gefuhrt die zur Grundlage fur die musiktheoretische Beschreibung von Intervallen wurden Mit den auf diesem Weg gewonnenen Erkenntnissen habe Pythagoras die Musiktheorie begrundet Die Legende hatte zur Folge dass Pythagoras in der romischen Kaiserzeit und im Mittelalter pauschal als Erfinder der Musik bezeichnet wurde womit die Musiktheorie gemeint war Pythagoreische Hammer im Gewichteverhaltnis 12 9 8 6Die Legende ist erst in der romischen Kaiserzeit in griechischer Sprache bezeugt altere Quellen sind nicht bekannt und moglicherweise verloren gegangen Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Erzahlung abgewandelt Erst im 17 Jahrhundert konnte gezeigt werden dass die Darstellung der Legende nicht zutreffen kann weil die Tonhohe beim Hammern kaum vom Gewicht des Hammers abhangt und die Schwingungen des Hammers selbst praktisch unhorbar sind Dennoch wird die Legende auch in neueren Veroffentlichungen noch wie ein glaubwurdiger Bericht behandelt Unabhangig von der Frage wie und durch wen die Pythagoras zugeschriebene Entdeckung von musikalischen Zahlenverhaltnissen tatsachlich erfolgt ist handelt es sich bei der Formulierung dieser Zahlenverhaltnisse um die erste uberlieferte mathematische Beschreibung eines physikalischen Sachverhalts fur deren Richtigkeit experimentelle Beobachtungen als Beleg angefuhrt wurden 1 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt der Legende 2 Weitere Uberlieferungen 3 Interpretation der Legende 4 Grundlage der Musiktheorie 5 Bedeutung fur die spatere Weiterentwicklung der Tonsysteme 6 Die vier pythagoreischen Tone in der Musik 7 Widerlegung 8 Physikalische Betrachtungen 8 1 Konsonanz 8 1 1 Ganzzahlige Frequenzverhaltnisse 8 1 2 Rationale Frequenzverhaltnisse 8 2 Longitudinale Schwingungen und Eigenfrequenz von Festkorpern 8 2 1 Hammer 8 2 2 Ambosse 8 2 3 Metallstabe 8 3 Saitenschwingungen 9 Rezeption 9 1 Antike 9 2 Mittelalter 9 3 Fruhe Neuzeit 9 4 Moderne 10 Quellen 11 Literatur 12 Weblinks 13 AnmerkungenInhalt der Legende BearbeitenDer altesten uberlieferten Version 2 der Legende zufolge hat Pythagoras der im 6 Jahrhundert v Chr lebte ein Hilfsmittel gesucht mit dem akustische Wahrnehmungen gemessen werden konnen so wie geometrische Grossen mit dem Zirkel oder Gewichte mit der Waage Als er an einer Schmiede vorbeikam wo vier nach einer spateren Version funf Handwerker mit Hammern bei der Arbeit waren bemerkte er dass die einzelnen Schlage Tone unterschiedlicher Tonhohe hervorriefen die paarweise Harmonien ergaben Dabei konnte er Oktave Quinte und Quarte unterscheiden Nur ein Paar welches das Intervall zwischen Quarte und Quinte grosse Sekunde ergab empfand er als dissonant Darauf lief er freudig in die Schmiede um Versuche anzustellen Dabei fand er heraus dass der Unterschied in der Tonhohe weder von der Gestalt des Hammers noch von der Lage des geschlagenen Eisens oder der Kraft des Schlags abhangt Vielmehr konnte er die Tonhohen den Gewichten der Hammer zuordnen die er genau mass Darauf kehrte er nach Hause zuruck um dort die Experimente fortzusetzen An einem Pflock der schrag uber die Ecke an den Wanden befestigt war hangte er der Reihe nach vier gleich lange gleich starke und gleich gedrehte Saiten auf die er unten durch Anbinden unterschiedlicher Gewichte beschwerte Dann schlug er die Saiten paarweise an wobei die gleichen Harmonien erklangen wie in der Schmiede Die mit zwolf Gewichtseinheiten am starksten beschwerte Saite ergab mit der am geringsten belasteten an der sechs Gewichtseinheiten hingen eine Oktave So zeigte sich dass die Oktave auf dem Verhaltnis 12 6 also 2 1 beruht Die gespannteste Saite ergab mit der zweitlockersten acht Gewichtseinheiten eine Quinte mit der zweitstraffsten neun Gewichtseinheiten eine Quarte Daraus folgte dass die Quinte auf dem Verhaltnis 12 8 also 3 2 beruht die Quarte auf dem Verhaltnis 12 9 also 4 3 Fur das Verhaltnis der zweitstraffsten Saite zur lockersten ergab sich wiederum mit 9 6 also 3 2 eine Quinte fur das der zweitlockersten zur lockersten mit 8 6 also 4 3 eine Quarte Fur das dissonante Intervall zwischen Quinte und Quarte zeigte sich dass es auf dem Verhaltnis 9 8 beruht was mit den schon in der Schmiede durchgefuhrten Gewichtsmessungen ubereinstimmte Die Oktave erwies sich als das Produkt von Quinte und Quarte 3 2 4 3 12 6 2 1 2 frac 3 2 cdot frac 4 3 frac 12 6 frac 2 1 2 nbsp Dann dehnte Pythagoras den Versuch auf verschiedene Instrumente aus experimentierte mit Gefassen Floten Triangeln dem Monochord usw dabei fand er immer die gleichen Zahlenverhaltnisse Schliesslich fuhrte er die seither gelaufigen Benennungen fur die relativen Tonhohen ein Weitere Uberlieferungen BearbeitenMit der Erfindung des Monochords zur Untersuchung und Demonstration der Zusammenklange von Saitenpaaren mit verschiedenen ganzzahligen Langenverhaltnissen soll Pythagoras ein bequemes Mittel zum Aufzeigen der von ihm entdeckten mathematischen Grundlage der Musiktheorie eingefuhrt haben Das Monochord altgriechisch kanwn kanōn lateinisch regula genannt ist ein Resonanzkasten uber den eine Saite gespannt ist Auf dem Kasten ist eine Masseinteilung angebracht Das Gerat ist mit einem verschiebbaren Steg ausgestattet durch dessen Verschiebung man die schwingende Lange der Saite teilen kann anhand der Masseinteilung lasst sich die Teilung genau bestimmen Damit wird eine Messung der Intervalle moglich Trotz des Namens Monochord der einsaitig bedeutet gab es auch mehrsaitige Monochorde mit denen man die Intervalle simultan zum Klingen bringen konnte Allerdings ist unklar wann das Monochord erfunden wurde Walter Burkert datiert diese Errungenschaft erst nach der Zeit des Aristoteles der das Gerat anscheinend noch nicht kannte demnach wurde es erst lange nach Pythagoras Tod eingefuhrt 3 Leonid Zhmud hingegen meint Pythagoras habe sein Experiment das zur Entdeckung der Zahlenverhaltnisse fuhrte wahrscheinlich mit dem Monochord durchgefuhrt 4 Hippasos von Metapont ein Pythagoreer der Fruhzeit spates 6 und fruhes 5 Jahrhundert v Chr hat quantitative Untersuchungen zu musikalischen Intervallen durchgefuhrt Das Hippasos zugeschriebene Experiment mit verschieden dicken frei schwingenden Kreisplatten ist im Gegensatz zu den angeblichen Versuchen des Pythagoras physikalisch korrekt Ob Archytas von Tarent ein bedeutender Pythagoreer des 5 4 Jahrhunderts v Chr einschlagige Experimente durchgefuhrt hat ist unklar Vermutlich war er in der Musik eher Theoretiker als Praktiker doch nahm er auf akustische Beobachtungen seiner Vorganger Bezug Die musikalischen Beispiele die er zur Stutzung seiner akustischen Theorie anfuhrt betreffen Blasinstrumente Versuche mit Saiteninstrumenten oder einzelnen Saiten fuhrt er nicht an Archytas ging von der falschen Hypothese aus dass die Tonhohe von der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalls und der Wucht des Stosses auf den Klangkorper abhangt in Wirklichkeit ist die Schallgeschwindigkeit in einem gegebenen Medium konstant und die Wucht beeinflusst nur die Lautstarke 5 Interpretation der Legende BearbeitenWalter Burkert ist der Ansicht dass die Legende trotz der physikalischen Unmoglichkeit nicht als willkurliche Erfindung zu betrachten sei sondern einen Sinn habe der in der griechischen Mythologie zu finden sei Die Idaischen Daktylen die mythischen Erfinder der Schmiedekunst waren einem Mythos zufolge auch die Erfinder der Musik Von einem Zusammenhang zwischen Schmiedekunst und Musik ging somit offenbar schon eine sehr alte Uberlieferung aus in der die mythischen Schmiede als Kenner des Geheimnisses der magischen Musik dargestellt wurden Burkert sieht in der Legende von Pythagoras in der Schmiede eine spate Umformung und Rationalisierung des uralten Daktylen Mythos In der Pythagoras Legende erscheinen die Schmiede nicht mehr als Besitzer alten magischen Wissens sondern sie werden ohne es zu wollen zu wenngleich unwissenden Lehrmeistern des Pythagoras 6 Im Fruhmittelalter bezeichnete Isidor von Sevilla den biblischen Schmied Tubal als den Erfinder der Musik darin folgten ihm spatere Autoren In dieser Uberlieferung zeigt sich wiederum die Vorstellung einer Beziehung zwischen Schmiedekunst und Musik die auch in aussereuropaischen Mythen und Sagen vorkommt 7 Tubal war Halbbruder des Jubal der als Urvater aller Musiker angesehen wurde Beide waren Sohne des Lamech und somit Enkel des Kain In manchen christlichen Uberlieferungen des Mittelalters wurde der seinen Bruder Tubal beobachtende Jubal mit Pythagoras gleichgesetzt 8 Eine andere Erklarung schlagt Jorgen Raasted vor dem Leonid Zhmud folgt Raasteds Hypothese besagt dass der Ausgangspunkt der Legendenbildung ein Bericht uber Experimente des Hippasos gewesen sei Hippasos verwendete Gefasse die sphairai genannt wurden Dieses Wort sei durch ein Schreiberversehen mit sphyrai Hammer verwechselt worden und statt Hippasos Namen sei der des Pythagoras als Urheber der Versuche eingesetzt worden Daraus sei dann die Schmiedelegende entstanden 9 Grundlage der Musiktheorie BearbeitenDie ganzen Zahlen 6 8 9 und 12 entsprechen bezogen auf den tiefsten Ton Zahl 12 den reinen Intervallen Quarte Zahl 9 Quinte Zahl 8 und Oktave Zahl 6 nach oben Ganze Zahl Verhaltnis zurgrossten Zahl 12 Verhaltnis gekurzt Verhaltniszahl Intervallbezeichnung12 12 12 1 1 1 000 Prime9 9 12 3 4 0 750 Quarte8 8 12 2 3 0 667 Quinte6 6 12 1 2 0 500 OktaveSolche reinen Intervalle werden vom menschlichen Ohr als schwebungsfrei wahrgenommen da die Lautstarke der Tone nicht variiert In Notenschrift konnen diese vier pythagoreischen Tone zum Beispiel mit der Tonfolge c f g c ausgedruckt werden nbsp source Die Audiowiedergabe wird in deinem Browser nicht unterstutzt Du kannst die Audiodatei herunterladen Wird diese Tonfolge nicht vom tiefsten sondern vom hochsten Ton Zahl 6 aus betrachtet ergeben sich ebenfalls eine Quarte Zahl 8 eine Quinte Zahl 9 und eine Oktave Zahl 12 in diesem Fall allerdings nach unten Ganze Zahl Verhaltnis zurkleinsten Zahl 6 Verhaltnis gekurzt Verhaltniszahl Intervallbezeichnung6 6 6 1 1 1 000 Prime8 8 6 4 3 1 333 Quarte9 9 6 3 2 1 500 Quinte12 12 6 2 1 2 000 OktaveDie Quinte und die Oktave tauchen in Bezug auf den Grundton zwar auch bei Naturtonreihen auf nicht jedoch die Quarte oder deren Oktavierungen Dieser Quartton kommt bei den schon in der Antike bekannten ventillosen Blechblasinstrumenten und bei Flageoletttonen von Saiteninstrumenten nicht vor Bedeutung fur die spatere Weiterentwicklung der Tonsysteme BearbeitenDie weitere Untersuchung von Intervallen bestehend aus Oktaven Quinten und Quarten und deren Vielfachen fuhrte schliesslich von diatonischen Tonleitern mit sieben verschiedenen Tonen Heptatonik in Pythagoreischer Stimmung zu einer chromatischen Tonleiter mit zwolf Tonen Dabei storten die Pythagoreischen Wolfsquinten Statt der reinen Quinten As Es und Des As erklangen die um das pythagoreisches Komma verstimmten Quinten Gis Es und Cis As Mit dem Aufkommen der Mehrstimmigkeit in der zweiten Halfte des 15 Jahrhunderts wurde neben der Oktave und Quinte auch die reine Terz fur die Dur und Molldreiklange entscheidend Diese Stimmung war zwar auf einer zwolfstufigen Tastatur nicht realisierbar konnte aber gut in der mitteltonigen Stimmung verwirklicht werden Ihr Nachteil war dass nicht alle Tonarten des Quintenzirkels spielbar waren Um diesen Mangel zu beheben wurden die temperierten Stimmungen eingefuhrt allerdings mit der Einbusse dass die reine Terz in manchen Tonarten rauer erklang Heutzutage sind die meisten Instrumente mit 12 Tasten gleichstufig gestimmt sodass die Oktaven vollkommen rein die Quinten fast rein und die Terzen rau erklingen Die vier pythagoreischen Tone in der Musik BearbeitenIn der Musik spielen die vier harmonischen pythagoreischen Tone in der Pentatonik besonders auf der ersten vierten funften und achten Tonstufe von diatonischen Tonleitern insbesondere bei Dur und Moll und bei der Komposition von Kadenzen als Grundtone von Tonika Subdominante und Dominante eine herausragende Rolle Diese Tonfolge tritt oft bei Schlusskadenzen mit den entsprechenden Akkorden auf nbsp Horbeispiel Vollkadenz in C Dur mit der Stufenfolge Tonika C Dur Subdominante F Dur Dominante G Dur Tonika C Dur Die vier pythagoreischen Tone tauchen in vielen Kompositionen auf Die ersten Tone der fruhmittelalterlichen Antiphonen Ad te levavi und Factus est repente bestehen abgesehen von einigen Verzierungen beziehungsweise Spitzentonen im Wesentlichen aus den vier pythagoreischen Tonen 10 nbsp Thema der Passacalia von Johann Sebastian BachEin weiteres Beispiel ist der Anfang der Passacaglia c Moll von Johann Sebastian Bach Das Thema besteht aus funfzehn Tonen von denen insgesamt zehn Tone und insbesondere die letzten vier Tone aus der Tonfolge geschopft wurden Widerlegung BearbeitenAbsolute Tonhohe von Hammern Die Eigenfrequenz von Stahlhammern die von Menschenhand bewegt werden konnen ist meist im Ultraschallbereich und somit unhorbar Pythagoras kann diese Tone nicht wahrgenommen haben insbesondere wenn die Hammer in der Tonhohe einen Unterschied von einer Oktave aufwiesen Tonhohe in Abhangigkeit vom Hammergewicht Die Schwingungsfrequenz eines longitudinal frei schwingenden Festkorpers ist in der Regel nicht proportional zu seinem Gewicht beziehungsweise seinem Volumen wohl aber proportional zur Lange die sich bei ahnlicher Geometrie nur mit der Kubikwurzel des Volumens andert Fur die pythagoreischen Hammer gelten bei ahnlicher Geometrie also die folgenden Verhaltniszahlen Angaben in willkurlichen Masseinheiten Gewicht Volumen Verhaltniszahl zumgrossten Hammer Hammerkopflange Schwingungsfrequenz Verhaltniszahl zumgrossten Hammer12 1 000 2 289 1 0009 0 750 2 080 0 9098 0 667 2 000 0 8746 0 500 1 817 0 794Tonhohe in Abhangigkeit von der Saitenspannung Die Annahme dass die Schwingungsfrequenz einer Saite proportional zur Spannkraft ist trifft nicht zu vielmehr ist die Schwingungsfrequenz proportional zur Quadratwurzel der Spannkraft Um die Schwingungsfrequenz zu verdoppeln muss also eine vierfache Zugkraft ausgeubt und somit ein viermal so schweres Gewicht an eine Saite gehangt werden Physikalische Betrachtungen BearbeitenKonsonanz Bearbeiten Ganzzahlige Frequenzverhaltnisse Bearbeiten Ganzzahliges Verhaltnisder Frequenzenf 2 f 1 n 1 displaystyle frac f 2 f 1 frac n 1 nbsp n Schwebungsfrequenzf S n 1 f 1 displaystyle f S n 1 cdot f 1 nbsp 2 1 2 f S f 1 displaystyle f S f 1 nbsp 3 1 3 f S 2 f 1 displaystyle f S 2f 1 nbsp 4 1 4 f S 3 f 1 displaystyle f S 3f 1 nbsp 5 1 5 f S 4 f 1 displaystyle f S 4f 1 nbsp Die Tatsache dass ein Ton mit der Grundfrequenz f 1 displaystyle f 1 nbsp in Konsonanz zu einem zweiten Ton mit einem ganzzahligen Vielfachen n displaystyle n nbsp mit n N displaystyle n in mathbb N nbsp und n gt 1 displaystyle n gt 1 nbsp dieser Grundfrequenz f 2 n f 1 displaystyle f 2 n cdot f 1 nbsp steht ergibt sich zwar schon unmittelbar daraus dass die Maxima und Minima der Tonschwingungen zeitlich synchron sind kann aber auch folgendermassen erklart werden Die Schwebungsfrequenz f S displaystyle f S nbsp der beiden gleichzeitig klingenden Tone ergibt sich rechnerisch aus der Differenz der Frequenzen dieser beiden Tone und ist als Kombinationston horbar f S f 2 f 1 displaystyle f S f 2 f 1 nbsp siehe Mathematische Beschreibung der Schwebung Diese Differenz steht ihrerseits in einem ganzzahligen Verhaltnis zur Grundfrequenz f 1 displaystyle f 1 nbsp f S n f 1 f 1 n 1 f 1 displaystyle begin aligned f S amp n cdot f 1 f 1 amp n 1 cdot f 1 end aligned nbsp Fur alle ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz beim zweiten Ton ergeben sich auch ganzzahlige Vielfache fur die Schwebungsfrequenz siehe nebenstehende Tabelle so dass alle Tone konsonant klingen Rationale Frequenzverhaltnisse Bearbeiten Rationales Verhaltnisder Frequenzenf 2 f 1 n 1 n displaystyle frac f 2 f 1 frac n 1 n nbsp n Schwebungsfrequenzf S 1 n f 1 displaystyle f S frac 1 n cdot f 1 nbsp Grundfrequenzf 1 n f S displaystyle f 1 n cdot f S nbsp 2 1 1 f S f 1 displaystyle f S f 1 nbsp f 1 f S displaystyle f 1 f S nbsp 3 2 2 f S 1 2 f 1 displaystyle f S frac 1 2 f 1 nbsp f 1 2 f S displaystyle f 1 2f S nbsp 4 3 3 f S 1 3 f 1 displaystyle f S frac 1 3 f 1 nbsp f 1 3 f S displaystyle f 1 3f S nbsp 5 4 4 f S 1 4 f 1 displaystyle f S frac 1 4 f 1 nbsp f 1 4 f S displaystyle f 1 4f S nbsp Auch fur zwei Tone deren Frequenzen in einem rationalen Verhaltnis von n 1 displaystyle n 1 nbsp zu n displaystyle n nbsp stehen gibt es eine Konsonanz Die Frequenz des zweiten Tones ergibt sich hierbei nach f 2 n 1 n f 1 displaystyle f 2 frac n 1 n cdot f 1 nbsp Demzufolge ergibt sich fur die Schwebungsfrequenz der beiden gleichzeitig klingenden Tone f S n 1 n f 1 f 1 1 1 n 1 f 1 1 n f 1 n f S f 1 displaystyle begin aligned Rightarrow f S amp frac n 1 n cdot f 1 f 1 amp 1 frac 1 n 1 cdot f 1 amp frac 1 n cdot f 1 Leftrightarrow n cdot f S amp f 1 end aligned nbsp Die Grundfrequenz ist also unter dieser Bedingung immer ein ganzzahliges Vielfaches der Schwebungsfrequenz siehe nebenstehende Tabelle Daher entsteht ebenfalls keine Dissonanz Longitudinale Schwingungen und Eigenfrequenz von Festkorpern Bearbeiten Zur Abschatzung eines Metallklotzes moge ein homogener Quader mit einer maximalen Lange l displaystyle l nbsp und aus einem Material mit der Schallgeschwindigkeit v displaystyle v nbsp betrachtet werden Dieser hat fur den Schwingungsmodus entlang seiner langsten Seite Longitudinalschwingung mit Schwingungsbauchen an den beiden Enden und einem Schwingungsknoten in der Mitte die tiefste Eigenfrequenz f displaystyle f nbsp von 11 f v 2 l displaystyle f frac v 2 cdot l nbsp Die Tonhohe ist also unabhangig von der Masse und der Querschnittsflache des Quaders die Querschnittsflache darf sogar variieren Ferner spielen auch die Kraft und die Geschwindigkeit beim Anschlagen des Korpers keine Rolle Zumindest dieser Sachverhalt deckt sich mit der Pythagoras zugeschriebenen Beobachtung dass die wahrgenommene Tonhohe nicht von den Handen und somit den Kraften der Handwerker abhangig gewesen sei Korper mit komplizierterer Geometrie wie zum Beispiel Glocken Becher oder Schalen die eventuell sogar noch mit Flussigkeiten gefullt sind haben Eigenfrequenzen deren physikalische Beschreibung erheblich aufwendiger ist da hier nicht nur die Form sondern auch die Wanddicke oder sogar der Ort des Anschlagens berucksichtigt werden mussen Hierbei werden unter Umstanden auch Transversalschwingungen angeregt und horbar Hammer Bearbeiten nbsp Schmiedehammerkopf Darstellung aus einem US amerikanischen Schmiedehandwerkslehrbuch von 1899Ein sehr grosser Vorschlaghammer die Schallgeschwindigkeit in Stahl betragt ungefahr v displaystyle v nbsp 5000 Meter pro Sekunde mit einer Hammerkopflange l displaystyle l nbsp 0 2 Meter hat also eine Eigenfrequenz von 12 5 Kilohertz Bei einer quadratischen Querschnittsflache von 0 1 Meter mal 0 1 Meter hatte er bei der Dichte von 7 86 Gramm pro Kubikzentimeter eine ungewohnlich grosse Masse von fast 16 Kilogramm Bereits Frequenzen oberhalb von etwa 15 Kilohertz konnen von vielen Menschen nicht mehr wahrgenommen werden siehe Horflache daher ist die Eigenfrequenz selbst eines solch grossen Hammers kaum horbar Hammer mit kurzeren Kopfen haben noch hohere Eigenfrequenzen die daher keinesfalls horbar sind Ambosse Bearbeiten Ein grosser Amboss aus Stahl mit einer Lange l displaystyle l nbsp 0 5 Meter hat eine Eigenfrequenz von nur 5 Kilohertz und ist somit gut horbar Es gibt eine Vielzahl von Kompositionen in denen der Komponist die Verwendung von Ambossen als Musikinstrument vorschreibt Besonders bekannt sind die beiden Opern aus dem Musikdrama Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner Das Rheingold Szene 3 18 Ambosse in F in drei Oktaven Siegfried 1 Aufzug Siegfrieds Schmiedelied Nothung Nothung Neidliches Schwert Materialien mit geringerer Schallgeschwindigkeit als Stahl wie zum Beispiel Granit oder Messing erzeugen bei kongruenter Geometrie noch tiefere Frequenzen Jedenfalls ist von Ambossen in den fruhen Uberlieferungen und von horbaren Klangen der Ambosse in den spater uberlieferten Versionen der Legende nicht die Rede sondern die Klange werden immer den Hammern zugeschrieben Metallstabe Bearbeiten nbsp Metallstab mit der Lange l und der Querschnittsflache A nbsp Vier Meissel mit verschiedener Lange 12 9 8 und 6 Einheiten und gleicher Querschnittsflache die bei Anregung entlang der Langsachse mit Schwingungsfrequenzen proportional zur Lange und zur Masse schwingen Klangbeispiele von Meisseln mit Schwingungsfrequenzen die in ganzzahligen Verhaltnissen zueinander stehen source source Grundton 12 Langeneinheiten source source Quarte 9 Langeneinheiten source source Quinte 8 Langeneinheiten source source Oktave 6 Langeneinheiten Meissel mit nicht ganzzahligem Verhaltnis zum Grundton Tritonus Oktave source source Tritonus 8 485 Langeneinheiten Es ist moglich Metallstabe zu vergleichen wie zum Beispiel Meissel von Steinmetzen oder Spaltkeile zum Steinbrechen um auf eine ahnliche wie die Pythagoras zugeschriebene Beobachtung zu kommen dass namlich die Schwingungsfrequenz von Werkzeugen proportional zu deren Gewicht ist Wenn die Metallstabe unter der Vernachlassigung der spitz zulaufenden Werkzeugschneiden alle dieselbe gleichmassige Querschnittsflache A aber verschiedene Langen l haben ist ihr Gewicht proportional zur Lange und somit auch zur Schwingungsfrequenz sofern die Metallstabe durch Schlage entlang der Langsachse zu longitudinalen Schwingungen angeregt werden Klangbeispiele siehe im Kasten rechts 12 Fur Biegeschwinger wie zum Beispiel Stimmgabeln oder die Plattchen von Metallophonen gelten allerdings andere Bedingungen und Gesetze daher sind diese Uberlegungen nicht auf sie anwendbar Saitenschwingungen Bearbeiten nbsp Prinzip des Monochords Schwingende Saite mit der Lange l und der Spannkraft F zwischen zwei Stegen auf einem ResonanzkastenSaiten konnen an zwei Seiten auf jeweils einem Steg fixiert werden Genau andersherum als bei einem Festkorper mit longitudinalen Schwingungen stellen die beiden Stege die Randbedingungen fur zwei Schwingungsknoten her daher befindet sich der Schwingungsbauch in der Mitte Die Eigenfrequenz f displaystyle f nbsp und somit die Tonhohe von Saiten mit der Lange l displaystyle l nbsp sind nicht proportional zur Spannkraft F displaystyle F nbsp sondern zur Quadratwurzel der Spannkraft Ausserdem nimmt die Frequenz bei hoherem Zuggewicht und somit hoherer Spannkraft zu und nicht ab 13 f F l displaystyle f propto frac sqrt F l nbsp Nichtsdestoweniger ist die Schwingungsfrequenz bei konstanter Spannkraft streng umgekehrt proportional zur Lange der Saite was mit dem angeblich von Pythagoras erfundenen Monochord direkt nachgewiesen werden kann Rezeption Bearbeiten nbsp Zeitstrahl Autoren die Versionen der Schmiedelegende uberliefern grun Die blau gekennzeichneten Philosophen haben sich mit dem Verhaltnis von Mathematik und Musik auseinandergesetzt Antike Bearbeiten Die fruheste Erwahnung von Pythagoras Entdeckung der mathematischen Grundlage der musikalischen Intervalle findet sich bei dem Platoniker Xenokrates 4 Jahrhundert v Chr da es sich nur um ein Zitat aus einem verlorenen Werk dieses Denkers handelt ist unklar ob er die Schmiedelegende kannte 14 Im 4 Jahrhundert v Chr wurde auch schon allerdings ohne Bezugnahme auf die Pythagoras Legende Kritik an der pythagoreischen Zahlentheorie der Intervalle geaussert der Philosoph und Musiktheoretiker Aristoxenos hielt sie fur falsch nbsp Nikomachos von Gerasa in einer mittelalterlichen Darstellung aus dem 12 Jahrhundert Universitatsbibliothek Cambridge Ms Ii 3 12 fol 61 vDie alteste uberlieferte Version der Legende prasentiert Jahrhunderte nach der Zeit des Pythagoras der Neupythagoreer Nikomachos von Gerasa der im 1 oder 2 Jahrhundert nach Christus die Geschichte in seinem Harmonikon encheiridion Handbuch der Harmonielehre festgehalten hat Er beruft sich fur seine Darstellung der Zahlenverhaltnisse in der Harmonielehre auf den Philosophen Philolaos einen Pythagoreer des 5 Jahrhunderts vor Christus 15 Der beruhmte Mathematiker und Musiktheoretiker Ptolemaios 2 Jahrhundert kannte die von der Legende uberlieferte Gewichtsmethode und lehnte sie ab er hatte allerdings nicht die Falschheit der Gewichtsexperimente erkannt sondern bemangelte nur ihre Ungenauigkeiten im Vergleich mit den genauen Messungen am Monochord 16 Wahrscheinlich bezog er seine Kenntnis der legendenhaften Uberlieferung nicht von Nikomachos sondern aus einer alteren heute verlorenen Quelle 17 Der chronologisch schwer einzuordnende kaiserzeitliche Musiktheoretiker Gaudentios schilderte in seiner Harmonikḗ eisagōgḗ Einfuhrung in die Harmonie die Legende in einer Fassung die etwas kurzer ist als die des Nikomachos Der Neuplatoniker Iamblichos der im spaten 3 und fruhen 4 Jahrhundert als Philosophielehrer tatig war verfasste eine Pythagoras Biographie mit dem Titel Uber das pythagoreische Leben worin er die Schmiedelegende in der Version des Nikomachos wiedergab In der ersten Halfte des 5 Jahrhunderts ging der Schriftsteller Macrobius in seinem Kommentar zu Ciceros Somnium Scipionis ausfuhrlich auf die Schmiedelegende ein die er ahnlich wie Nikomachos schilderte 18 nbsp Boethius links im Wettstreit mit Pythagoras rechts mit Abakus Darstellung von Gregor Reisch mit einer allegorischen weiblichen Figur die zwei Bucher und den Schriftzug Typus arithmeticae tragt Margarita philosophica 1508Die starkste Nachwirkung unter den antiken Musiktheoretikern welche die Erzahlung aufgriffen erzielte Boethius mit seinem im fruhen 6 Jahrhundert verfassten Lehrbuch De institutione musica Einfuhrung in die Musik in dem er die Erkenntnisbemuhungen des Pythagoras zunachst in der Schmiede und dann zu Hause schildert 19 Ob er dabei von der Darstellung des Nikomachos oder von einer anderen Quelle ausging ist unklar Im Unterschied zur gesamten alteren Uberlieferung berichtet er von funf Hammern statt wie die fruheren Autoren vier Hammer anzunehmen Er behauptet den funften Hammer habe Pythagoras verworfen weil er mit allen anderen Hammern eine Dissonanz ergeben habe Nach Boethius Darstellung wie schon bei Macrobius uberprufte Pythagoras seine erste Vermutung der Klangunterschied beruhe auf unterschiedlicher Kraft in den Armen der Manner indem er die Schmiede die Hammer tauschen liess was zur Widerlegung fuhrte Uber die Versuche im Hause des Pythagoras schreibt Boethius der Philosoph habe zuerst an die Saiten gleich schwere Gewichte gehangt wie die der Hammer in der Schmiede und dann mit Rohren und Bechern experimentiert wobei alle Versuche zu denselben Ergebnissen gefuhrt hatten wie die ersten mit den Hammern Anhand der Legende thematisiert Boethius die wissenschafts und erkenntnistheoretische Frage nach der Zuverlassigkeit von Sinneswahrnehmungen Wesentlich ist dabei der Umstand dass Pythagoras zunachst durch Sinneswahrnehmung zu seiner Fragestellung und zur Hypothesenbildung angeregt wurde und durch empirische Uberprufung von Hypothesen zu unumstosslicher Gewissheit gelangte Der Erkenntnisweg fuhrte von der Sinneswahrnehmung zur ersten Hypothese die sich als irrig erwies dann zur Bildung einer richtigen Meinung und schliesslich zu deren Verifizierung Boethius anerkennt die Notwendigkeit und den Wert der Sinneswahrnehmung und der Meinungsbildung auf dem Weg zur Einsicht obwohl er als Platoniker der Sinneswahrnehmung wegen ihrer Irrtumsanfalligkeit prinzipiell misstraut Wirkliches Wissen ergibt sich fur ihn erst wenn die Gesetzmassigkeit erfasst ist womit der Forscher sich von seiner anfanglichen Abhangigkeit von der unzuverlassigen Sinneswahrnehmung emanzipiert Das Urteil des Forschers darf nicht bloss als Sinnesurteil auf der empirischen Erfahrung beruhen sondern es darf erst gefallt werden wenn er durch Uberlegungen eine Regel gefunden hat die es ihm ermoglicht sich jenseits des Bereichs moglicher Sinnestauschung zu positionieren 20 Im 6 Jahrhundert schrieb der Gelehrte Cassiodor in seinen Institutiones Gaudentios habe in seinem Bericht uber die Schmiedelegende die Anfange der Musik auf Pythagoras zuruckgefuhrt Gemeint war die Musiktheorie wie schon bei Iamblichos der ebenfalls mit Bezug auf die Schmiedeerzahlung und die dort beschriebenen Experimente Pythagoras als Erfinder der Musik bezeichnet hatte 21 Mittelalter Bearbeiten Im Fruhmittelalter erwahnte Isidor von Sevilla in seinen Etymologien die zu einem massgeblichen Nachschlagewerk der mittelalterlichen Gebildeten wurden die Schmiedelegende kurz wobei er Cassiodors Formulierung ubernahm und ebenfalls Pythagoras als Erfinder der Musik bezeichnete 22 Da Cassiodor und Isidor im Mittelalter erstrangige Autoritaten waren verbreitete sich die Vorstellung Pythagoras habe das Grundgesetz der Musik entdeckt und sei somit deren Begrunder gewesen Trotz solcher pauschaler Formulierungen gingen die mittelalterlichen Musiktheoretiker aber davon aus dass es Musik schon vor Pythagoras gegeben hatte und dass mit der Erfindung der Musik die Entdeckung ihrer Prinzipien gemeint war 23 Im 9 Jahrhundert berichtete der Musikwissenschaftler Aurelian von Reome in seiner Musica disciplina Musiklehre von der Legende Aurelians Darstellung folgte im 10 Jahrhundert Regino von Prum in seiner Schrift De harmonica institutione Einfuhrung in die Harmonielehre Beide legten Wert auf die Feststellung dass Pythagoras durch eine gottliche Fugung die Gelegenheit erhalten habe in der Schmiede seine Entdeckung zu machen 24 Schon in der Antike hatten Nikomachos und Iamblichos von einer daimonischen Fugung gesprochen Boethius hatte daraus einen gottlichen Ratschluss gemacht Im 11 Jahrhundert wurde der Legendenstoff in den Carmina Cantabrigiensia verarbeitet 25 nbsp Guido von Arezzo links unterweist einen Bischof am Monochord Wien Osterreichische Nationalbibliothek Codex Lat 51 fol 35v 12 Jahrhundert In der ersten Halfte des 11 Jahrhunderts erzahlte Guido von Arezzo der beruhmteste Musiktheoretiker des Mittelalters im letzten Kapitel seines Micrologus die Schmiedelegende wobei er von der Version des Boethius den er namentlich nannte ausging Einleitend bemerkte Guido Auch wurde wohl niemals ein Mensch etwas Bestimmtes uber diese Kunst die Musik erforscht haben wenn nicht schliesslich die gottliche Gute auf ihren Wink das nachfolgende Ereignis herbeigefuhrt hatte Dass die Hammer 12 9 8 und 6 Gewichtseinheiten wogen und so den Wohlklang erzeugten fuhrte er auf Gottes Fugung zuruck 26 Er erwahnte auch dass Pythagoras von seiner Entdeckung ausgehend das Monochord erfunden habe ging aber dabei nicht naher auf dessen Eigenschaften ein Das Werk De musica des Johannes Cotto auch unter den Namen John Cotton oder Johannes Afflighemensis bekannt wurde um 1250 von einem anonymen Buchmaler der Zisterzienserabtei Aldersbach mit der Schmiedeszene illustriert 27 Zu den mittelalterlichen Musiktheoretikern welche die Schmiedelegende nach der Version des Boethius erzahlten gehoren ferner der im spaten 13 und fruhen 14 Jahrhundert tatige Juan Gil de Zamora Johannes Aegidius von Zamora im 14 Jahrhundert Johannes de Muris und Simon Tunstede im 15 Jahrhundert an der Schwelle zur Neuzeit Adam von Fulda Als Gegner der pythagoreischen Auffassung wonach die Konsonanzen auf bestimmten Zahlenverhaltnissen beruhen trat im 13 Jahrhundert Johannes de Grocheio hervor der von einer aristotelischen Sichtweise ausging Er stellte zwar ausdrucklich fest dass Pythagoras die Prinzipien der Musik entdeckt habe und erzahlte die Schmiedelegende mit Berufung auf Boethius den er fur vertrauenswurdig hielt doch verwarf er die pythagoreische Konsonanzlehre die er auf eine bloss metaphorische Redeweise reduzieren wollte 28 Fruhe Neuzeit Bearbeiten nbsp Franchino Gaffurio Theorica musice 1492 Der biblische Erfinder der Musik Jubal mit sechs Schmieden um einen Amboss links oben Pythagoras beim Experimentieren mit sechs Glocken und sechs Glasern rechts oben mit sechs Saiten links unten und zusammen mit Philolaos mit sechs Floten rechts unten nbsp Eine Illustration der vier pythogareischen Hammer mit den Gewichtsverhaltnissen 12 9 8 6 nach dem Mathematiker Heinrich Schreiber in dem 1521 erschienenen Buch Ayn new kunstlich Buech welches gar gewiss vnd behend lernet nach der gemainen Regel detre Grammateum oder Schreyber Franchino Gaffurio veroffentlichte 1480 in Neapel sein Werk Theoricum opus musice discipline Theoretische Musiklehre das 1492 in einer uberarbeiteten Fassung unter dem Titel Theorica musice Musiktheorie erschien Darin prasentierte er eine Version der Schmiedelegende die an Ausfuhrlichkeit alle fruheren Darstellungen ubertraf Er ging von der Fassung des Boethius aus und fugte einen sechsten Hammer hinzu um moglichst alle Tone der Oktave in der Erzahlung unterzubringen In vier bildlichen Darstellungen prasentierte er Musikinstrumente bzw Klangerzeuger mit jeweils sechs harmonischen Tonen und gab dazu die den Tonen zugeordneten Zahlen 4 6 8 9 12 und 16 in der Beschriftung an Den vier traditionellen Verhaltniszahlen der Legende 6 8 9 und 12 fugte er die 4 und die 16 hinzu die einen Ton um eine Quinte tiefer und einen weiteren Ton um eine Quarte hoher reprasentieren Die gesamte Tonfolge erstreckt sich also nun nicht nur uber eine sondern uber zwei Oktaven Diese Zahlen entsprechen zum Beispiel den Tonen f c f g c f nbsp source Die Audiowiedergabe wird in deinem Browser nicht unterstutzt Du kannst die Audiodatei herunterladen Der Maler Erhard Sanssdorffer wurde im Jahr 1546 damit beauftragt im hessischen Schloss Budingen ein Fresko zu gestalten das gut erhalten ist und die Musikgeschichte ausgehend von der Schmiede des Pythagoras wie ein Kompendium darstellt 29 Auch Gioseffo Zarlino erzahlte die Legende in seiner Schrift Le istitutioni harmoniche Die Grundlagen der Harmonie die er im Jahr 1558 publizierte dabei legte er wie Gaffurio die Darstellung des Boethius zugrunde 30 Der Musiktheoretiker Vincenzo Galilei der Vater von Galileo Galilei veroffentlichte 1589 seine Streitschrift Discorso intorno all opere di messer Gioseffo Zarlino Abhandlung uber die Werke des Herrn Gioseffo Zarlino die gegen die Ansichten seines Lehrers Zarlino gerichtet war Darin wies er darauf hin dass die Angaben der Legende uber die Belastung von Saiten mit Gewichten nicht zutreffen 31 nbsp Kupferstich Duynkirchen von Eberhard Kieser1626 erschien im Thesaurus philopoliticus von Daniel Meisner ein Kupferstich von Eberhard Kieser mit dem Titel Duynkirchen auf dem nur drei Schmiede an einem Amboss zu sehen sind Der lateinisch und deutsch abgefasste Bildtext lautet 32 Triplicibus percussa sonat varie ictibus incus Musica Pythagoras struit hinc fundamina princ eps Der Amboss von drey Hammern klingt darauss dreyerley thon entspringt Pythagoras hie die Music findt das hett kein Eselskopff gekont Einige Jahre spater wurde der Sachverhalt definitiv geklart nachdem Galileo Galilei und Marin Mersenne die Gesetze fur die Schwingungen von Saiten entdeckt hatten Mersenne veroffentlichte 1636 seine Harmonie universelle in der er den physikalischen Fehler in der Legende darlegte Die Schwingungsfrequenz ist nicht zur Spannkraft sondern zu deren Quadratwurzel proportional Mehrere Komponisten verarbeiteten den Stoff in ihren Werken darunter am Ende des 17 Jahrhunderts Georg Muffat 33 und Rupert Ignaz Mayr 34 Moderne Bearbeiten Noch im 19 Jahrhundert ging Hegel in seinen Vorlesungen uber die Geschichte der Philosophie von der physikalischen Richtigkeit der angeblichen Messungen die in der Pythagoras Legende mitgeteilt werden aus 35 Werner Heisenberg betonte in einem erstmals 1937 veroffentlichten Aufsatz die pythagoreische Entdeckung der mathematischen Bedingtheit der Harmonie beruhe auf dem Gedanken an die sinngebende Kraft mathematischer Strukturen einem Grundgedanken den die exakte Naturwissenschaft unserer Zeit aus der Antike ubernommen hat die Pythagoras zugeschriebene Entdeckung gehore zu den starksten Impulsen menschlicher Wissenschaft uberhaupt 36 Noch in neuerer Zeit sind Darstellungen veroffentlicht worden in denen die Legende ohne Hinweis auf ihre physikalische und historische Falschheit unkritisch wiedergegeben wird 37 wie zum Beispiel im Sachbuch Der funfte Hammer Pythagoras und die Disharmonie der Welt von Daniel Heller Roazen 38 Quellen BearbeitenGottfried Friedlein Hrsg Anicii Manlii Torquati Severini Boetii de institutione arithmetica libri duo de institutione musica libri quinque Minerva Frankfurt am Main 1966 Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1867 online deutsche Ubersetzung online Michael Hermesdorff Ubersetzer Micrologus Guidonis de disciplina artis musicae d i Kurze Abhandlung Guidos uber die Regeln der musikalischen Kunst Trier 1876 online Ilde Illuminati Fabio Bellissima Hrsg Franchino Gaffurio Theorica musice Edizioni del Galluzzo Firenze 2005 ISBN 88 8450 161 X S 66 71 lateinischer Text und italienische Ubersetzung Literatur BearbeitenWalter Burkert Weisheit und Wissenschaft Studien zu Pythagoras Philolaos und Platon Erlanger Beitrage zur Sprach und Kunstwissenschaft Band 10 Hans Carl Nurnberg 1962 Anja Heilmann Boethius Musiktheorie und das Quadrivium Eine Einfuhrung in den neuplatonischen Hintergrund von De institutione musica Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2007 ISBN 978 3 525 25268 0 S 203 222 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Werner Keil Hrsg Basistexte Musikasthetik und Musiktheorie Wilhelm Fink Paderborn 2007 ISBN 978 3 8252 8359 9 S 342 346 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Barbara Munxelhaus Pythagoras musicus Zur Rezeption der pythagoreischen Musiktheorie als quadrivialer Wissenschaft im lateinischen Mittelalter Orpheus Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik Band 19 Verlag fur systematische Musikwissenschaft Bonn Bad Godesberg 1976 Jorgen Raasted A neglected version of the anecdote about Pythagoras s hammer experiment In Cahiers de l Institut du Moyen Age grec et latin Band 31a 1979 S 1 9 Leonid Zhmud Wissenschaft Philosophie und Religion im fruhen Pythagoreismus Akademie Verlag Berlin 1997 ISBN 3 05 003090 9Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Pythagoras in der Schmiede Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikibooks Pythagoras in der Schmiede Lern und LehrmaterialienAnmerkungen Bearbeiten Leonid Zhmud Wissenschaft Philosophie und Religion im fruhen Pythagoreismus Berlin 1997 S 193 196 vgl Karoly Simonyi Kulturgeschichte der Physik 3 Auflage Frankfurt am Main 2001 S 62 Nikomachos von Gerasa Handbuch der Harmonielehre 6 ubersetzt bei Anja Heilmann Boethius Musiktheorie und das Quadrivium Gottingen 2007 S 345 347 wortlich zitiert bei Iamblichos von Chalkis Uber das pythagoreische Leben 115 121 ubersetzt von Michael von Albrecht Jamblich Pythagoras Legende Lehre Lebensgestaltung Darmstadt 2002 S 109 113 Walter Burkert Weisheit und Wissenschaft Nurnberg 1962 S 353 und Anm 28 Leonid Zhmud Wissenschaft Philosophie und Religion im fruhen Pythagoreismus Berlin 1997 S 193 196 vgl Barbara Munxelhaus Pythagoras musicus Bonn Bad Godesberg 1976 S 28 f Walter Burkert Weisheit und Wissenschaft Nurnberg 1962 S 362 364 Leonid Zhmud Wissenschaft Philosophie und Religion im fruhen Pythagoreismus Berlin 1997 S 196 199 Skepsis hinsichtlich akustischer Experimente des Archytas aussert Carl A Huffman Archytas of Tarentum Cambridge 2005 S 129 148 vgl S 473 475 Er weist darauf hin dass sich Archytas hauptsachlich auf Angaben seiner Vorganger und auf Alltagserfahrung beruft Walter Burkert Weisheit und Wissenschaft Nurnberg 1962 S 355 Walter Burkert Weisheit und Wissenschaft Nurnberg 1962 S 355 Barbara Munxelhaus Pythagoras musicus Bonn Bad Godesberg 1976 S 38 f 46 James W McKinnon Jubal vel Pythagoras quis sit inventor musicae In The Musical Quarterly Bd 64 Nr 1 1978 S 1 28 Paul E Beichner The Medieval Representative of Music Jubal or Tubalcain Texts and Studies in the History of Mediaeval Education 2 Notre Dame Indiana 1954 Francis Olivier Zimmermann La forge et l harmonie De Pythagore a Tubalcain et Jubal In Zimmermann Orphee arts vivants arts de parole et melodie online Jorgen Raasted A neglected version of the anecdote about Pythagoras s hammer experiment In Cahiers de l Institut du Moyen Age grec et latin 31a 1979 S 1 9 hier 6 f Leonid Zhmud Wissenschaft Philosophie und Religion im fruhen Pythagoreismus Berlin 1997 S 192 Siehe Factus est repente Wort Melodie Beziehungen in der Gregorianik Der erste Gesang des Kirchenjahres Ludwig Bergmann Clemens Schaefer Lehrbuch der Experimentalphysik Band 1 9 Auflage Berlin 1974 Kapitel 83 Schallsender Abschnitt Longitudinalschwingungen Markus Bautsch Uber die pythagoreischen Wurzeln der gregorianischen Modi online Ludwig Bergmann Clemens Schaefer Lehrbuch der Experimentalphysik Band 1 9 Auflage Berlin 1974 Kapitel 83 Schallsender Abschnitt Saite Xenokrates Fragment 9 H Siehe dazu Walter Burkert Weisheit und Wissenschaft Nurnberg 1962 S 57 und Leonid Zhmud Wissenschaft Philosophie und Religion im fruhen Pythagoreismus Berlin 1997 S 193 Diese Passage von Nikomachos Werk ist herausgegeben ins Englische ubersetzt und kommentiert von Carl A Huffman Philolaus of Croton Cambridge 1993 S 145 165 Barbara Munxelhaus Pythagoras musicus Bonn Bad Godesberg 1976 S 52 Walter Burkert Weisheit und Wissenschaft Nurnberg 1962 S 355 Macrobius Commentarii in somnium Scipionis 2 1 8 13 Boethius De institutione musica 1 10 11 ubersetzt von Anja Heilmann Boethius Musiktheorie und das Quadrivium Gottingen 2007 S 342 345 Zum wissenschafts und erkenntnistheoretischen Hintergrund siehe Anja Heilmann Boethius Musiktheorie und das Quadrivium Gottingen 2007 S 205 218 Cassiodor Institutiones 2 5 1 vgl Iamblichos De vita Pythagorica 121 Isidor Etymologiae 3 16 1 Barbara Munxelhaus Pythagoras musicus Bonn Bad Godesberg 1976 S 15 17 Hans Martin Klinkenberg Der Verfall des Quadriviums im fruhen Mittelalter In Josef Koch Hrsg Artes liberales Von der antiken Bildung zur Wissenschaft des Mittelalters Leiden 1976 S 1 32 hier 24 f Carmina Cantabrigiensia Lied 45 und Pythagoras Sequenz erste Halfte des 11 Jahrhunderts siehe Walther Kranz Pythagoras in den Carmina Cantabrigiensia online PDF 2 3 MB Guido von Arezzo Micrologus 20 deutsche Ubersetzung online Aldersbacher Sammelhandschrift Clm 2599 fol 96 v Bayerische Staatsbibliothek Munchen Barbara Munxelhaus Pythagoras musicus Bonn Bad Godesberg 1976 S 16 76 Frank Hentschel Sinnlichkeit und Vernunft in der mittelalterlichen Musiktheorie Stuttgart 2000 S 148 150 online Walter Salmen Musikleben im 16 Jahrhundert Leipzig 1976 schwarzweisse Fotografie online Werner Keil Hrsg Basistexte Musikasthetik und Musiktheorie Paderborn 2007 S 56 Ubersetzung von Zarlinos Text Vincenzo Galilei Discorso intorno all opere di messer Gioseffo Zarlino Florenz 1589 online PDF 347 kB Daniel Meisner Thesaurus philopoliticus Frankfurt 1626 S 327 Georg Muffat Nova Cyclopeias Harmonica 1690 Rupert Ignaz Mayr Pythagorische Schmids Fuencklein 1692 Werner Keil Hrsg Basistexte Musikasthetik und Musiktheorie Paderborn 2007 S 343 Werner Heisenberg Gedanken der antiken Naturphilosophie in der modernen Physik In Werner Heisenberg Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaft 8 Auflage Stuttgart 1949 S 47 53 hier 50 Arnold Keyserling Geschichte der Denkstile 3 Das logische Denken online Karl Sumereder Musik und Mathematik online Arnold Keyserling Der neue Name Gottes Die Weltformel und ihre Analogien in der Wirklichkeit Wien 2002 S 71 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Daniel Heller Roazen Der funfte Hammer Pythagoras und die Disharmonie der Welt Frankfurt am Main 2014 S 14 22 online nbsp Dieser Artikel wurde am 2 Februar 2011 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pythagoras in der Schmiede amp oldid 239424377