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Das Staatskirchenrecht ist ein Teilgebiet des deutschen offentlichen Rechts Es umfasst die vom Staat gesetzten Rechtsnormen die sich auf die Rechtsstellung von Religions und Weltanschauungsgemeinschaften sowie deren Verhaltnis zum Staat beziehen Mit einer Staatskirche hat der Begriff nichts zu tun Auch betrifft das Staatskirchenrecht keineswegs nur die traditionellen Kirchen sondern alle religiosen und weltanschaulichen Gemeinschaften Daher wird vorgeschlagen anstatt von Staatskirchenrecht von Religionsverfassungsrecht zu sprechen Das hat sich aber deshalb nicht durchgesetzt weil auch dieser Begriff insoweit irrefuhrend ist als das Staatskirchenrecht keineswegs nur aus Verfassungsrecht besteht vielmehr auch Normen unter Verfassungsrang Kirchenaustrittsgesetze Zustimmungsgesetze zu Staatskirchenvertragen usw umfasst Zuletzt verdeutlicht der Begriff Staatskirchenrecht dass dieses Rechtsgebiet aus traditionellen Grunden auf mitgliedschaftlich organisierte Religionsgemeinschaften ausgerichtet ist Namentlich in Bezug auf den Islam ergeben sich hieraus Probleme vgl Schwierigkeiten in Bezug auf islamischen Religionsunterricht Im Unterschied zum staatlichen Staatskirchenrecht ist das Kirchenrecht das von Religions oder Weltanschauungsgemeinschaften selbst gesetzte Recht Inhaltsverzeichnis 1 Modelle staatskirchenrechtlicher Ordnungen 2 Historische Entwicklung 2 1 Heiliges Romisches Reich 2 2 Reformation 2 3 Linksrheinisches Gebiet wahrend der franzosischen Rheinlandbesetzung 2 4 Reichsdeputationshauptschluss 2 5 Kulturkampf 2 6 Weimarer Republik 2 7 Nationalsozialismus 2 8 DDR 3 Geltendes Staatskirchenrecht 3 1 Rechtsquellen 3 2 Das Verhaltnis von Staat und Religionsgemeinschaften 3 3 Religionsunterricht 3 4 Der Status der Religionsgemeinschaften 4 Bekannte Staats Kirchenrechtler 5 Aktuelle Fragen 6 Volkerrechtlicher Status der katholischen Weltkirche 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseModelle staatskirchenrechtlicher Ordnungen BearbeitenFur das Staatskirchenrecht ist von grundlegender Bedeutung wie der Staat sein Verhaltnis zu den Religionsgemeinschaften gestaltet Die Vielzahl der nationalen staatskirchenrechtlichen Systeme lasst sich grob in zwei Hauptgruppen einteilen Staat und Religionsgemeinschaften konnen miteinander verbunden sein Staatskirche Theokratie Damit geht regelmassig die Bevorzugung einer Konfession einher Staatskirche ist beispielsweise in England die Anglikanische Kirche in Schottland die reformierte Church of Scotland in Monaco die romisch katholische Kirche Auch in einigen skandinavischen Landern und Schweizer Kantonen bestehen Staatskirchen ebenso in der Turkei obwohl dem Islam eine feste religiose Organisation fremd ist werden die religiosen Belange des sunnitischen Islams staatlich organisiert Staat und Religionsgemeinschaften konnen auch voneinander getrennt sein man spricht dann vom Trennungsmodell Die Trennung von Staat und Kirche ist insbesondere in weiten Teilen Frankreichs Trennungsgesetz von 1905 das nicht im Elsass und dem Departement Moselle gilt die damals als Elsass Lothringen zu Deutschland gehorten und den USA streng umgesetzt In seiner konsequentesten Form dem Laizismus ist Religionsausubung eine rein private Angelegenheit Zwischen diesen beiden Extremen existieren aber auch zahlreiche modifizierte staatskirchenrechtliche Systeme Belgien und Luxemburg beispielsweise kennen ein strenges Trennungssystem finanzieren andererseits samtliche Pfarrgehalter aus dem Staatshaushalt Das deutsche Grundgesetz geht ebenfalls von einer Trennung von Staat und Kirche aus Anders als der Laizismus halt es aber die religiose Betatigung der Staatsburger fur eine wichtige offentliche Aufgabe Die Religionsausubung soll sich nicht alleine auf das Privatleben beschranken sondern der gesamten Offentlichkeit zugutekommen Da die Verfassung aber den Staat zu weltanschaulicher Neutralitat verpflichtet ist er gerade daran gehindert diese fur wichtig gehaltene offentliche Aufgabe selbst zu erfullen Stattdessen uberlasst er den Raum den einzelnen Religionsgemeinschaften die er darin gleichermassen unterstutzt Paritatsprinzip Diese Kooperation ist unter dem von Ulrich Stutz gepragten Schlagwort der hinkenden Trennung bekannt geworden Diese Bezeichnung ist allerdings inhaltlich zweifelhaft da sie impliziert es fehle diesem Modell etwas aber nicht die positiven Seiten betont Welches der Systeme vorzugswurdig ist ist in rechtspolitischer Hinsicht umstritten Das Konzept der Staatskirche mag zwar die staatsburgerliche Verbundenheit in religioser Hinsicht fortsetzen schliesst aber notwendigerweise alle ubrigen Religionen und Konfessionen aus Wahrend die strikte Trennung laizistischer Pragung klare Verhaltnisse schafft wird einer paritatischen Kooperation mit allen Religionsgemeinschaften zugutegehalten dass diese in Zeiten eines zunehmenden religiosen Pluralismus eher als eine totale Verdrangung ins Private geeignet sei ein gedeihliches und fur die Gesamtgesellschaft forderliches Zusammenleben der einzelnen Religionsgemeinschaften zu bewirken Anzumerken bleibt dass das Staatskirchenrecht selten auf ein systematisches gesetzgeberisches Konzept zuruckgeht sondern wie kaum ein anderes Rechtsgebiet im Laufe der Jahrhunderte historisch gewachsen ist Vielfach stehen auch volkerrechtliche oder innerstaatliche Vertrage Neukonzeptionen entgegen Historische Entwicklung BearbeitenDas deutsche Staatskirchenrecht beruht anders als etwa das burgerliche Recht nicht auf einem wissenschaftlich erarbeiteten umfassenden Regelungskonzept Es hat sich vielmehr in jahrhundertelanger Entwicklung gebildet und ist wie kaum eine andere Rechtsmaterie durch historische Ereignisse beeinflusst Heiliges Romisches Reich Bearbeiten Das Heilige Romische Reich war gepragt von der Einheit von romisch katholischer Kirche und Reich Vor allem unter Kaiser Otto dem Grossen wurden staatliche Herrschaftsrechte an Abteien und Bistumer ubertragen Ottonisches Reichskirchensystem wodurch geistliche Territorien entstanden Mit den Erzbischofen von Mainz Koln und Trier stellte die Kirche spater sogar drei der sieben Kurfursten Reformation Bearbeiten Mit der Reformation drohte die Einheit von Kirche und Reich zu zerbrechen Der Augsburger Religionsfrieden hielt durch das Prinzip cuius regio eius religio wessen Land dessen Glaube zumindest die religiose Einheit innerhalb der einzelnen Territorien aufrecht Die Konfessionszugehorigkeit der Untertanen richtete sich nach der des Landesfursten Der Westfalische Friede schrankte dieses Prinzip stark ein s Normaljahr Reformierte wurden Katholiken und Lutheranern gleichgestellt Martin Luther setzte die Landesfursten als Notbischofe ein worauf die heutigen Landeskirchen zuruckgehen Deren Gebiete knupfen deshalb haufig noch an Territorialgrenzen aus der Zeit vor 1918 an Wahrend die katholischen geistlichen Furstentumer unverandert fortbestanden war umstritten wie sich das Verhaltnis von Staat und Landes Kirche in den evangelischen Staaten das landesherrliche Kirchenregiment erklarte Nach der Theorie vom Episkopalsystem war die Herrschaft des Landesherrn in seiner Kirche ein kirchliches Recht das durch den Augsburger Religionsfrieden auf ihn ubertragen worden war Das Kirchenregiment war nach dieser Ansicht nur treuhanderisch auf den Fursten ubertragen und mit der staatlichen Herrschaftsgewalt nicht identisch Das Episkopalsystem ermoglichte es schon vor dem Ende des landesherrlichen Kirchenregiments staatliche und kirchliche Behorden zu trennen und lediglich in der Person des Monarchen eine personelle Verbindung zu sehen Absolutistischem Staatsverstandnis naherte sich dagegen die Theorie vom Territorialsystem nach der die kirchliche Gewalt nur Teil der unumschrankten Herrschaft des Fursten in seinem Territorium war also nicht kirchlich sondern staatlich legitimiert Beeinflusst durch die aufklarerische Idee des Gesellschaftsvertrages entstand schliesslich die Theorie vom Kollegialsystem Danach waren die Kirchen Religionsgesellschaften deren Herrschaftsgewalt auf der Autonomie der Mitglieder fusste Der Landesherr wurde somit zum blossen Vorstand dessen Funktion von der staatlichen streng zu trennen war Wegen der Vergleichbarkeit zu gesellschaftsrechtlichen Strukturen setzte sich dieses Verstandnis schliesslich in der Rechtswissenschaft durch Noch heute erinnert die Bezeichnung der Religionsgemeinschaften als Religionsgesellschaften in den ins Grundgesetz inkorporierten Artikeln der Weimarer Reichsverfassung an diese Theorie Mit dem kirchlichen Selbstverstandnis stimmte das sakulare Vereinsmodell freilich nicht uberein Linksrheinisches Gebiet wahrend der franzosischen Rheinlandbesetzung Bearbeiten Nach der Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch Frankreich 1794 wurde dort nach und nach franzosisches Recht eingefuhrt Mit einer Verordnung vom 9 Juni 1802 wurden Massnahmen zur Sakularisation im Rheinland angeordnet So wurden Kloster und andere geistliche Institute aufgehoben und ihr Besitz verstaatlicht Auch die weltliche Herrschaft der Kloster wurde beendet 1 Reichsdeputationshauptschluss Bearbeiten Vor allem fur die katholischen geistlichen Furstentumer brachte 1803 der Reichsdeputationshauptschluss eine Wende Als Ersatz fur linksrheinische Gebietsverluste wurden die weltlichen Furstentumer nicht nur mit dem Grundvermogen der geistlichen Furstentumer abgefunden Neben dieser Vermogenssakularisation fand auch eine Herrschaftssakularisation statt sakularisiert verweltlicht wurden auch die politischen Herrschaftsrechte der geistlichen Reichsfursten Damit endete das ottonische System endgultig Mit den sakularisierten Gutern ubernahmen die Staaten aber im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch die darauf lastenden Unterhaltsverpflichtungen fur Kirchenbedienstete und die Kirchenbaulast Damit war die Grundlage fur die Staatsleistungen an die Kirchen gelegt Die Enteignungen nahmen den Kirchen die Moglichkeit sich selbst zu versorgen und machten sie abhangig von staatlichen Unterstutzungsleistungen Auch uber zweihundert Jahre nach dem Reichsdeputationshauptschluss bestehen diese Staatsleistungen fort Konkrete Auswirkungen haben sie zum Beispiel heute noch bei der Neustrukturierung des Bistums Essen wo um der Erhaltung solcher Leistungsverpflichtungen willen auf die Auflosung begunstigter Pfarreien auch gegen die sonst zugrundegelegten Strukturgrundsatze verzichtet wird Mit abnehmendem Geschichtsbewusstsein sind sie zunehmend schwieriger zu erklaren und bilden einen haufigen Streitpunkt in der offentlichen Diskussion Eine Ablosung der Staatsleistungen ist trotz Vorgabe in der Verfassung bisher nicht in Angriff genommen worden Im Laufe des 19 Jahrhunderts setzte sich eine organisatorische Trennung der Behorden durch Der Landesherr ubte in seiner Landeskirche die iura in sacra die bischoflichen kirchenregimentlichen Rechte durch ein Konsistorium oder einen Oberkirchenrat aus die Kirchenaufsicht uber samtliche Religionsgemeinschaften iura circa sacra dagegen ubte er durch staatliche Ministerien aus Kulturkampf Bearbeiten In Preussen geriet die katholische Kirche die Otto von Bismarck als Vertreter einer auslandischen Macht verstand in die Situation staatlicher Verfolgung Kulturkampf Durch die Einfuhrung der obligatorischen Zivilehe und verschiedene Strafvorschriften vgl den Kanzelparagraphen sollte ihr Einfluss in der Gesellschaft zuruckgedrangt werden Bis zum 1 Januar 2009 fand sich im Personenstandsgesetz PStG die Ordnungswidrigkeit der religiosen Voraustrauung die denjenigen Geistlichen mit Geldbusse bedrohte der eine kirchliche Trauung vornahm oder anlasslich der Eheschliessung einen Gottesdienst feierte ohne dass zuvor die standesamtliche Ehe geschlossen worden war Die Verfassungsmassigkeit dieser Vorschrift war im Hinblick auf Religionsfreiheit und Kirchliches Selbstbestimmungsrecht umstritten und wurde daher 2008 ersatzlos gestrichen Weimarer Republik Bearbeiten Mit Ende der Monarchie auch in den Einzelstaaten entfiel 1918 das landesherrliche Kirchenregiment in den evangelischen Landeskirchen Zwar waren kirchliche und staatliche Strukturen auch in den evangelischen Landern schon zuvor getrennt und nur noch in der Person des Landesherren verbunden gewesen Probleme ergaben sich aber dadurch dass nicht selten die politische Linke trotz ihrer Forderung nach Trennung von Staat und Kirche die Kirchenherrschaft fortsetzte freilich unter umgekehrten Vorzeichen Allein 60 000 Demonstranten in Berlin und eine Sammlung von sieben Millionen Unterschriften liessen die Weimarer Nationalversammlung aber von einer radikalen Umkehrung des geltenden Staatskirchenrecht Abstand nehmen Das Weimarer System schrieb die Trennung von Staat und Kirche und die weltanschauliche Neutralitat des Staates fest beliess aber den Kirchen ihren offentlich rechtlichen Status und ihre gesellschaftlichen Mitwirkungsmoglichkeiten Freilich war dieser Status nicht mehr exklusiv sondern auf Antrag auch anderen Religionsgemeinschaften und sogar areligiosen Weltanschauungsgemeinschaften zu gewahren Diese Prinzipien der von Paritat und Toleranz gepragten hinkenden Trennung sind bis heute geltendes Verfassungsrecht Das Ende des landesherrlichen Kirchenregiments und der damit verbundene Wegfall des Landesbischofs hat dazu gefuhrt dass manche Landeskirchen bis heute kein Bischofsamt kennen sondern einen Kirchenprasidenten Prases oder in Bremen Schriftfuhrer des Kirchenausschusses Die uberwiegende Zahl hat aber dieses Amt wieder besetzt Nationalsozialismus Bearbeiten Wahrend die katholische Kirche schon im Kulturkampf auf Distanz zum Staat gegangen war hatten die evangelischen Landeskirchen noch nicht zu einem neuen Selbstverstandnis gefunden als der Nationalsozialismus zur Gleichschaltung aller gesellschaftlichen Gruppierungen schritt Wegen der demokratischen Struktur liessen sich die Landeskirchen auch leicht von den Deutschen Christen unterwandern Die Schaffung einer Deutschen Reichskirche mit Reichsbischof konnte aber nicht verhindern dass einige Landeskirchen bis zuletzt Widerstand leisteten sog intakte Landeskirchen Erst in diesem Kirchenkampf und den Aktivitaten der Bekennenden Kirche entstand ein neues evangelisches Kirchen und Kirchenrechtsverstandnis das sich in der Barmer Erklarung niederschlug Ein rein nationalsozialistisch gepragtes Kirchenrecht wurde im Warthegau eingefuhrt Wegfall des offentlich rechtlichen Status Organisation der Kirche als Verein Unterstellung unter staatliche Rechtsaufsicht DDR Bearbeiten Die Verfassung der DDR vom 7 Oktober 1949 enthielt mit den Artikeln 41 bis 48 Regelungen die den Weimarer Kirchenartikeln inhaltlich sehr ahnlich waren Insbesondere wurde der Status der Religionsgemeinschaften als Korperschaften des offentlichen Rechts in Art 43 Abs 3 beibehalten Verfassungstext und wirklichkeit wichen aber auch in diesem Punkt stark voneinander ab Die DDR war selbst nicht weltanschaulich neutral sondern ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern unter Fuhrung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch leninistischen Partei Art 1 der Verfassung der DDR von 1949 Religionsgemeinschaften wurden deshalb vom Staat als Storquelle bei der Vermittlung der sozialistischen Weltanschauung empfunden und aus dem offentlichen Leben verdrangt Die staatliche Einfuhrung und Propagierung der Jugendweihe als Konkurrenz zur evangelischen Konfirmation und katholischen Firmung die Beobachtung der Kirchen durch Inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit die Erschwerung des Religionsunterrichts die Abschaffung der Kirchensteuer die Diskriminierung kirchlicher Arbeit im sozialen Bereich und der Ausschluss aktiver Christen aus vielen Berufsgruppen fuhrten dazu dass noch heute in den neuen Bundeslandern der Anteil der Burger die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft sind vergleichsweise gering ist vgl Christen und Kirche in der DDR In der Verfassung vom 6 April 1968 wurde die Rechtslage weitgehend an die gesellschaftliche Wirklichkeit angepasst und das Staatskirchenrecht nur noch in Art 39 erwahnt Obwohl damit der Status als offentlich rechtliche Religionsgesellschaften entfallen war ubten die Religionsgemeinschaften weiterhin offentlich rechtlich Dienstherrnfahigkeit und Rechtsetzung aus Das wurde vom Staat nicht nur akzeptiert sondern vom einfachen Recht im Widerspruch zur Verfassung auch berucksichtigt Trotz dieser totalitaren Kirchenpolitik Axel Freiherr von Campenhausen bestanden die Religionsgemeinschaften fort und spielten eine bedeutende Rolle beim Umsturz der Jahre 1989 90 vgl Montagsgebete Montagsdemonstrationen Demokratie Jetzt Geltendes Staatskirchenrecht BearbeitenDas geltende Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland ist gepragt von der Religionsfreiheit und der Trennung von Staat und Kirche durch die der Staat zu weltanschaulicher Neutralitat verpflichtet ist Die Religionsgemeinschaften regeln ihre Angelegenheiten selbst und ohne staatlichen Einfluss sog Kirchliches Selbstbestimmungsrecht Weil das Grundgesetz die Religionspflege zwar gerade nicht als staatliche aber doch als offentliche Aufgabe betrachtet fordert der Staat Religions und Weltanschauungsgemeinschaften Rechtsquellen Bearbeiten Die wesentlichen Grundlagen der Beziehung von Kirche und Staat sind im Grundgesetz GG geregelt Im Grundrechtsteil sind Art 4 GG der neben der individuellen auch kollektive Religionsfreiheit gewahrt und Art 7 GG Religionsunterricht von Bedeutung Hauptsachlich begnugt sich aber das Grundgesetz damit in Art 140 GG die Weimarer Kirchenartikel zu ubernehmen Die Bestimmungen der Art 136 Art 137 Art 138 Art 139 und Art 141 der deutschen Verfassung vom 11 August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes Sie sind kein Verfassungsrecht minderen Ranges sondern bilden mit den ubrigen Normen des Grundgesetzes ein organisches Ganzes Die Zustandigkeit zur Regelung des Rechtsstatus der Kirchen ist ansonsten die der Bundeslander Art 140 GG in Verbindung mit Art 137 Abs 8 WRV Daher ergeben sich in gewissem Umfang Unterschiede in jedem Bundesland sog Landeskirchenrecht Klassisches Beispiel fur Unterschiede im Landeskirchenrecht ist das Verfahren zur Erhebung der Kirchensteuer und zum Kirchenaustritt Daneben gibt es auch das sogenannte Vertragskirchenrecht das insbesondere nach der Wiedervereinigung Deutschlands in den neuen Bundeslandern an Bedeutung gewonnen hat Die Bundeslander schliessen dabei Kirchenvertrage also mit der Katholischen Kirche sog Konkordate mit den evangelischen Landeskirchen und anderen Religionsgemeinschaften Kirchenvertrage Wichtiges Beispiel ist das Reichskonkordat von 1933 ein volkerrechtlicher Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich Das Verhaltnis von Staat und Religionsgemeinschaften Bearbeiten Das Verhaltnis von Staat und Religionsgemeinschaft ist in Deutschland gepragt von der Religionsfreiheit der Trennung von Staat und Kirche und dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Daher gilt das Prinzip der staatlichen Neutralitat gegenuber den Religionsgemeinschaften Dies bedeutet aber nicht zuletzt aufgrund des Gottesbezuges in der Praambel des Grundgesetzes keine radikale Trennung bei der staatliche Einrichtungen oder staatliches Handeln im Sinne des Laizismus religionsfrei also frei von allen religiosen Bezugen Elementen Pragungen oder Zeichen sein mussten Es existieren vielmehr im Bereich der sog gemeinsamen Angelegenheiten res mixta gesetzliche oder vertragliche Regelungen in denen Fragen wie Religionsunterricht Kirchensteuer Militarseelsorge theologische Fakultaten oder Besetzung einzelner Universitatslehrstuhle ausserhalb der theologischen Fakultaten geregelt sind Religionsgemeinschaften mussen gleichbehandelt und in gleicher Weise gefordert werden Verschiedentlich werden rechtliche oder faktische Privilegien der christlichen Religionsgemeinschaften kritisiert deren Legalitat gemessen am Massstab des Grundgesetzes und deren Legitimitat gemessen am Massstab der weltanschaulichen Vielfalt der Bevolkerung als zweifelhaft bewertet wird Johann Albrecht Haupt benennt 9 Hauptprivilegien und 38 weitere Privilegien 2 Gerhard Czermak nennt im Lexikon des Instituts fur Weltanschauungsrecht Privilegien in den folgenden funf Fallgruppen Forderung innerkirchlicher Angelegenheiten Schule offentliche Institutionen und Amtsakte finanzielle Religionsforderung und institutionelle Gleichheitswidrigkeiten 3 Religionsunterricht Bearbeiten Hauptartikel Religionsunterricht Im Grundgesetz GG garantieren Art 7 Abs 3 GG den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach eingeschrankt in Art 141 GG sog Bremer Klausel GG Art 7 Abs 3 Der Religionsunterricht ist in den offentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Ubereinstimmung mit den Grundsatzen der Religionsgemeinschaften erteilt Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden Religionsunterricht zu erteilen Der Status der Religionsgemeinschaften Bearbeiten Damit Religionsgesellschaften am Rechtsverkehr im Staat teilnehmen konnen also rechtlich uberhaupt existent sind mussen sie Rechtsfahigkeit erwerben Dies erfolgt nach den Grundsatzen des privaten Rechts gleich Zivilrecht Art 137 Abs 4 WRV In Betracht kommt grundsatzlich die Rechtsform des privatrechtlichen Vereins Aus dem Kirchlichen Selbstbestimmungsrecht das allen Religions und Weltanschauungsgemeinschaften zusteht konnen sich dabei allerdings Abweichungen zum gewohnlichen Vereinsrecht ergeben verfassungskonforme Auslegung 4 Einige Kirchen wie die katholische Kirche die evangelischen Landeskirchen sowie auch israelitische Synagogengemeinden wurden schon vor der Weimarer Zeit in der Rechtsform einer Korperschaft des offentlichen Rechts eigener Art gefuhrt Diese Rechtsform wurde in die heutige Zeit ubernommen Art 137 Abs 5 WRV Daran zeigt sich dass das Grundgesetz die Religionspflege zwar nicht als staatliche Aufgabe aber doch als offentliche Aufgabe ansieht Auch neuere im Ggs zu den o g altkorporierten Religions oder Weltanschauungsgemeinschaften konnen diesen Status erlangen einige von ihnen haben die Moglichkeit wahrgenommen 5 6 Probleme gab es bei den Zeugen Jehovas die ihren Anspruch auf Anerkennung mithilfe mehrerer Gerichtsurteile durchsetzen mussten 7 8 Im Unterschied zu anderen Korperschaften des Offentlichen Rechts Bund Lander Gemeinden Kammern Universitaten sind die offentlich rechtlichen Religionsgesellschaften kein Teil des Staates und somit nicht Trager offentlicher Gewalt im Sinne des Art 1 Abs 3 GG Infolgedessen sind die Religionsgemeinschaften nicht grundrechtsverpflichtet sondern grundrechtsberechtigt Sie sind Korperschaften offentlichen Rechts eigener Art sui generis Es gibt deshalb keine staatliche Rechtsaufsicht uber die offentlich rechtlich organisierten Religionsgemeinschaften Es sollen aber auch gegen solche Korperschaften Amtshaftungsanspruche moglich sein Bekannte Staats Kirchenrechtler BearbeitenWichtige Kirchen und Staatskirchenrechtler sind bzw waren Axel Freiherr von Campenhausen Hans Dombois Johannes Heckel Rudolf Smend Albert Stein Rudolph Sohm Alexander Hollerbach Christoph Link Erik Wolf Jorg Winter und Hans Michael Heinig Auch andere bekannte Juristen wie Konrad Hesse Josef Isensee Ernst Gottfried Mahrenholz Paul Kirchhof Dirk Ehlers und Hartmut Maurer veroffentlichten Schriften zum Verhaltnis von Staat und Kirche Aktuelle Fragen BearbeitenImmer wieder in der Diskussion hat in letzter Zeit vor allem das Kopftuchurteil fur neue Bewegung in diesem Rechtsgebiet gesorgt Auch die Diskussion zur Einfuhrung eines staatlichen uberkonfessionellen religionskritischen Unterrichtes ist aufgrund eines Vorstosses im Bundesland Berlin im Jahr 2005 erneut auf der politischen Agenda vgl den Streit um die Bremer Klausel Volkerrechtlicher Status der katholischen Weltkirche BearbeitenEs ist moglich kirchenrechtliche Vertrage auf Volkerrechtsebene zu begrunden Dazu muss jedoch die sog Volkerrechtsfahigkeit der Parteien vorliegen Grundsatzlich erlangen nur Staaten Volkerrechtsfahigkeit Der Vatikan ist dabei ein eigener Staat folglich Volkerrechtssubjekt Ausnahmen von diesem Grundsatz sind sog atypische Volkerrechtssubjekte u a der Heilige Stuhl oder der Souverane Malteser Ritterorden Diese sind mangels Staatsgebietes kein Staat aber dennoch volkerrechtsfahig Der Heilige Stuhl ist das Oberhaupt der romisch katholischen Weltkirche Sowohl der Vatikan als auch der Heilige Stuhl konnen unabhangig voneinander mit anderen Staaten bindende volkerrechtliche Vertrage abschliessen letztere werden als Konkordate bezeichnet Staatskirchenvertrage mit anderen Religionsgemeinschaften unterliegen mangels Volkerrechtsfahigkeit dem nationalen Recht Siehe auch BearbeitenStaatskirchenrecht Kirchliches Selbstbestimmungsrecht KonkordatslehrstuhlLiteratur BearbeitenHans Ulrich Anke Die Neubestimmung des Staat Kirche Verhaltnisses in den neuen Landern durch Staatskirchenvertrage zu den Moglichkeiten und Grenzen des staatskirchenvertraglichen Gestaltungsinstruments Mohr Siebeck Tubingen 2000 ISBN 3 16 147319 1 Jus Ecclesiasticum Bd 62 Axel Freiherr von Campenhausen Heinrich de Wall Staatskirchenrecht Eine systematische Darstellung des Religionsverfassungsrechts in Deutschland und Europa Ein Studienbuch 4 Auflage Beck Munchen 2006 ISBN 3 406 51734 X Claus Dieter Classen Religionsrecht Mohr Siebeck Tubingen 2006 ISBN 3 16 149034 7 Gerhard Czermak Religions und Weltanschauungsrecht Eine Einfuhrung in Kooperation mit Eric Hilgendorf Springer Berlin u a 2008 e ISBN 978 3 540 72049 2 Marion Hundt Religionsrecht in Kita und Schule Link Kronach 2010 ISBN 978 3 556 02482 9 Bernd Jeand Heur Stefan Korioth Grundzuge des Staatskirchenrechts Kurzlehrbuch Boorberg Stuttgart u a 2000 ISBN 3 415 02695 7 Markus Kleine Institutionalisierte Verfassungswidrigkeiten im Verhaltnis von Staat und Kirchen unter dem Grundgesetz Bd 114 der Universitatsschriften Recht im Nomos Verlag Baden Baden 1993 ISBN 3 7890 3028 7 Joseph Listl Dietrich Pirson Hrsg Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland 2 Bande Duncker und Humblot Berlin 1994 1995 ISBN 3 428 08030 0 Gesamtwerk ISBN 3 428 08031 9 Band 1 ISBN 3 428 08032 7 Band 2 Peter Unruh Religionsverfassungsrecht 2 Auflage Nomos Baden Baden 2012 ISBN 978 3 8329 7349 0 Andreas Wallkamm Muslimische Gemeinden in Deutschland im Lichte des Staatskirchenrechts Eine systematische Gesamtbetrachtung Boorberg Stuttgart u a 2012 ISBN 978 3 415 04812 6 Christian Walter Religionsverfassungsrecht in vergleichender und internationaler Perspektive Jus publicum Bd 150 Mohr Siebeck Tubingen 2006 ISBN 3 16 148990 X Jorg Winter Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland Eine Einfuhrung mit kirchenrechtlichen Exkursen Luchterhand Neuwied u a 2001 ISBN 3 472 04328 8 Reinhold Zippelius Staat und Kirche Eine Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart 2 Auflage Mohr Siebeck Tubingen 2009 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Staat und Kirche Beitrag zum Stand 1914 in Deutschland Quellen und Volltexte Ulrich Rhode Vorlesung Religion und Religionsgemeinschaften im staatlichen Recht Philosophisch Theologische Hochschule Sankt Georgen Frankfurt am Main PDF 520 kB Staatskirchenrecht de Christian Ruch Das stille Schisma Was Schweizer Katholiken von katholischen Schweizern trennt Stimmen der Zeit kath net Liste der Religionsgemeinschaften mit dem Status als Korperschaft des offentlichen Rechts in Berlin mit Datum der Anerkennung auf berlin de Die kirchenrechtlichen Artikel der Weimarer Verfassung die laut Grundgesetz weiter geltenEinzelnachweise Bearbeiten Paul Fabianek Folgen der Sakularisierung fur die Kloster im Rheinland Am Beispiel der Kloster Schwarzenbroich und Kornelimunster Verlag BoD Norderstedt 2012 ISBN 978 3 8482 1795 3 S 6 und Anlage Arrete portant suppression des ordres monastiques et congregations regulieres dans les departemens de la Sarre de la Roer de Thinet Moselle et du Mont Tonnerre 1789 Johann Albrecht Haupt Die Privilegien der Kirchen Gesetze und Verfassungen Eine Dokumentation In Helmut Ortner Hrsg Exit Warum wir weniger Religion brauchen Eine Abrechnung Nomen Verlag Frankfurt 2019 ISBN 978 3 939816 61 4 S 321 345 Gerhard Czermak Privilegien In weltanschauungsrecht de Abgerufen am 13 Juni 2022 Vgl BVerfGE 83 341 Baha i Religions und Weltanschauungsgemeinschaften BMI 20 November 2014 archiviert vom Original am 13 Juli 2015 abgerufen am 20 November 2014 Vgl Liste der in Berlin als Korperschaft anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in den Weblinks Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26 Juni 1997 Keine Anerkennung der Zeugen Jehovas als Korperschaft des offentlichen Rechts 26 Juni 1997 abgerufen am 11 Juni 2020 Grundsatzurteil Staat muss Zeugen Jehovas wie Katholische Kirche behandeln Der Spiegel 24 Marz 2005 abgerufen am 5 November 2010 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Staatskirchenrecht Deutschland amp oldid 233104890