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Der Begriff res mixta lat vermischte Sache Pl res mixtae stammt aus dem deutschen Staatskirchenrecht und bezeichnet Sachgebiete die sowohl staatliche Angelegenheit sind als auch Angelegenheit von Religions und Weltanschauungsgemeinschaften Man spricht daher auch von den gemeinsamen Angelegenheiten Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft des Begriffs 2 Beispiele 2 1 Religionsunterricht 2 2 Theologische Fakultaten 2 3 Anstaltsseelsorge 2 4 Kommunalfriedhofe 2 5 Kirchensteuer 2 6 Kirchliches Arbeitsrecht 3 Problematik 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseHerkunft des Begriffs BearbeitenDer Begriff der gemeinsamen Angelegenheiten knupft an die Garantie des Kirchlichen Selbstbestimmungsrechts in Art 137 Abs 3 der Weimarer Reichsverfassung WRV an der gemass Art 140 GG Bestandteil des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland ist Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstandig innerhalb der Schranken des fur alle geltenden Gesetzes Hier werden die sogenannten eigenen Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften angesprochen Ihnen gegenuber stehen die staatlichen Angelegenheiten Allerdings verbietet die Trennung von Religion und Staat im Sinne des Grundgesetzes keineswegs jede Zusammenarbeit zwischen dem Staat und Religions bzw Weltanschauungsgemeinschaften Die Kooperation ist dem Staat nicht nur ebenso erlaubt wie mit jeder anderen gesellschaftlichen Gruppe sondern in bestimmten Bereichen sogar von Verfassungs wegen geboten Hier kennt also die Verfassung selbst neben den eigenen und den staatlichen Angelegenheiten noch einen dritten Typus eben die gemeinsamen Angelegenheiten Beispiele BearbeitenDie Verfassung unterstellt einen Sachbereich meist dann den gemeinsamen Angelegenheiten wenn sie die Erfullung einer bestimmten Aufgabe im gesellschaftlichen Interesse fur notwendig erachtet der Staat aber wegen der Verpflichtung zur weltanschaulichen Neutralitat an der Erfullung gerade gehindert ist Religionsunterricht Bearbeiten Am deutlichsten wird das beim Religionsunterricht Die Verfassung halt die religiose Erziehung der Jugend fur nutzlich und gesellschaftlich vorteilhaft Deshalb ordnet sie an dass der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach ist Allerdings darf ein weltanschaulich neutraler Staat nicht von sich aus eine bestimmte Religion vermitteln Zudem wurde er schwerwiegend in das Selbstbestimmungsrecht der jeweiligen Religionsgemeinschaft eingreifen wenn er deren Angehorige auf eigene Faust in ihrer Religion unterrichten wurde Deshalb bedarf der Staat fur die inhaltliche Ausgestaltung der Religionsgemeinschaften die Aufgabe kann nur gemeinsam erfullt werden Theologische Fakultaten Bearbeiten Als Folge des Religionsunterrichts der entsprechend ausgebildete staatliche Lehrkrafte erfordert muss der Staat auch fur diese Ausbildung sorgen Zudem liegt ihm an der Forderung der Theologie als traditioneller Bestandteil der universitaren Facher Wiederum darf der neutrale Staat aber nicht selbst Lehranschauungen festsetzen oder prufen Umgekehrt hat auch die jeweilige Religionsgemeinschaft Interesse an ausgebildeten Theologen Folglich kann auch eine Theologische Fakultat an staatlichen Universitaten nur als gemeinsame Aufgabe eingerichtet und gefuhrt werden Anstaltsseelsorge Bearbeiten Ausdrucklich beschaftigt sich das Grundgesetz auch mit der Anstaltsseelsorge Der weitergeltende Artikel 141 Weimarer Verfassung lautet Soweit das Bedurfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer in Krankenhausern Strafanstalten oder sonstigen offentlichen Anstalten besteht sind die Religionsgesellschaften zur Vornahme religioser Handlungen zuzulassen wobei jeder Zwang fernzuhalten ist Auch hier mag es dem Staat wunschenswert sein die sittlich religiose Bildung zu gewahrleisten Im Falle der Anstaltsseelsorge kommt aber noch ein weiterer Zweck hinzu der aus den Grundrechten der Betroffenen folgt Normalerweise beinhaltet die Religionsfreiheit nur ein Abwehrrecht gegen den Staat Der Einzelne kann also nur Unterlassung von Beeintrachtigungen verlangen hat dagegen keinen Anspruch auf positive Leistungen Bei den genannten Anstalten liegt aber ein Sonderfall vor Strafanstalten Armee usw nehmen den Insassen bzw Angehorigen regelmassig umfassend in Anspruch Der Gefangene etwa kann eben nicht sonntags zur Kirche gehen wie es ihm beliebt In dieser Situation wandelt sich das Abwehrrecht in ein Leistungsrecht Der Staat muss dem Grundrechtstrager als Ausgleich fur die genommenen Moglichkeiten der Religionsausubung andere Moglichkeiten positiv vermitteln In eigener Regie anbieten kann der weltanschaulich neutrale Staat diese Dienstleistungen freilich wiederum nicht womit auch insoweit nur die Losung einer gemeinsamen Angelegenheit bleibt Das stellt die Regelung klar und weist zusatzlich auf die negative Religionsfreiheit derer hin die an religiosen Handlungen nicht interessiert sind wobei jeder Zwang fernzuhalten ist So kommtes auch im Bereich der Militarseelsorge zu einem Zusammenwirken zwischen staatlichen Organen den Einrichtungen der Bundeswehr und den Religionsgemeinschaften Ziel dieser Kooperation ist es den Soldaten wahrend ihres Wehrdienstes bzw ihrer Dienstzeit als Soldat auf Zeit oder Berufssoldat seelsorgerische Leistungen zur Verfugung zu stellen die speziell auf die Arbeit der Bundeswehr sowie deren Dienstzeiten abgestellt sind Diese Seelsorge findet uberwiegend innerhalb der Einrichtungen der Truppe statt Rechtliche Vereinbarungen zur Arbeit und zum Status der Militarseelsorger sind in Staatskirchenvertragen bzw Konkordaten getroffen worden Im Schrifttum stosst die Militarseelsorge mitunter auf Kritik Von Theologen wird die Ausgestaltung der Militarseelsorge bisweilen als Instrumentalisierung der Religion zu militarischen Zwecken bezeichnet 1 Aus juristischer Sicht wird bemangelt dass die Verfassung insb Art 141 WRV fur die staatliche Finanzierung der Militarseelsorge einschliesslich der Kosten von Kraftfahrzeuge Dienstreisen Pfarrhelfer Buros Kirchenraume und Gesangs und Gebetbucher keinerlei Anhaltspunkt gebe 2 Insbesondere fur die zahlreichen beamteten Militargeistliche mit staatlich kirchlichem Doppelstatus sei eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung angesichts des Gebots institutioneller Trennung von Kirche und Staat Art 140 GG i V m Art 137 Abs 1 WRV und des Verbots konfessionsgebundener Staatsamter vgl Art 33 Abs 3 GG nicht im Ansatz ersichtlich 3 Kommunalfriedhofe Bearbeiten Kommunalfriedhofe stehen im Eigentum und unter Verwaltung der staatlichen Gemeinden Von alters her ist aber der Tod auch von religioser Bedeutung Trauerfeiern und ahnliche religiose Handlungen sind bei Bestattungen ublich und werden gleichermassen erwartet wie verlangt Auch diese Dienste kann aber die staatliche Kommune nicht selbst anbieten sondern sie muss auf die Vertreter einer Religionsgemeinschaft zuruckgreifen Kirchensteuer Bearbeiten Eine gemeinsame Angelegenheit ist die Kirchensteuer insofern als von der jeweiligen Religionsgemeinschaft bei ihren Mitgliedern erhoben andererseits aber vom Staat eingezogen wird Anders als eine staatliche Kultursteuer kann die Kirchensteuer nur in Zusammenarbeit von Staat und Religionsgemeinschaft erhoben werden Kirchliches Arbeitsrecht Bearbeiten Begrunden Religionsgemeinschaften offentlich rechtliche Dienstverhaltnisse etwa fur Pfarrer und Kirchenbeamte regeln sie damit ihre eigenen Angelegenheiten Haufig nutzen sie aber daneben auch das privatrechtliche Arbeitsrecht Die so begrundeten Arbeitsverhaltnisse sind durch staatliches Recht geregelt und entziehen sich damit nach Auffassung mancher dem Bereich der eigenen Angelegenheiten Art 137 Abs 3 WRV 4 Nach uberwiegender Auffassung musse aber auch insoweit das kirchliche Selbstbestimmungsrecht beachtet werden das staatliche Recht konne also durch kirchenrechtliche Regelungen beeinflusst oder gar uberlagert sein Bei der Anwendung des staatlichen Arbeitsrechts sind jedoch grundsatzlich auch die Grundrechte der kirchlichen Arbeitnehmer zu berucksichtigen und mit dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht in Konkordanz zu bringen 5 ein Gebot dass nach Auffassungen in der Literatur weder in der verfassungs noch fachgerichtlichen Spruchpraxis konsequent umgesetzt wird 6 Dieses Kirchliche Arbeitsrecht kann ebenfalls als gemeinsame Angelegenheit bezeichnet werden Problematik BearbeitenDie gemeinsamen Angelegenheiten stellen einen Kompromiss dar zwischen der Trennung von Staat und Kirche Art 140 GG i V m Art 137 Abs 1 WRV einerseits und dem Wunsch nach gleichmassiger Forderung aller Religionen und Weltanschauungen Das Kirchliche Selbstbestimmungsrecht wird gleichermassen geschont wie verwirklicht Allerdings konnen durch die Zusammenarbeit auch Konflikte entstehen die weder in einem staatskirchlichen noch in einem laizistischen System vorkamen Problematisch ist insbesondere das konfessionell gebundene Staatsamt das zwar keineswegs bei allen gemeinsamen Angelegenheiten auftritt aber doch in vielen Fallen Art 33 GG geht davon aus dass fur offentliche Amter normalerweise die Religionszugehorigkeit keine Rolle spielen darf Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung Befahigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem offentlichen Amte Der Genuss burgerlicher und staatsburgerlicher Rechte die Zulassung zu offentlichen Amtern sowie die im offentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhangig von dem religiosen Bekenntnis Niemandem darf aus seiner Zugehorigkeit oder Nichtzugehorigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen Indem das Grundgesetz aber an anderer Stelle gemeinsame Angelegenheiten schafft oder voraussetzt kann es fur diese Ausnahmefalle implizit feststellen dass hier die Religionszugehorigkeit sogar Eignungskriterium im Sinne des Art 33 Abs 2 GG ist So leuchtet etwa ein dass der Staat an einer evangelischen theologischen Fakultat keinen Katholiken lehren lassen kann im Religionsunterricht keinen bekennenden Atheisten Auch als Militargeistlichen kann er nur denjenigen verwenden der von der jeweiligen Konfession auch geduldet wird zur Kritik oben Probleme ergeben sich aber wenn die einmal ernannten staatlichen Beamten spater die Unterstutzung ihrer Religionsgemeinschaft verlieren oder von sich aus dieser nicht mehr angehoren wollen Dann namlich muss der Staat gleichermassen die Religionsfreiheit des Beamten wie seine Pflicht zur Neutralitat und das Selbstbestimmungsrecht der jeweiligen Religionsgemeinschaft beachten Diese Guter von Verfassungsrang mussen im Wege der praktischen Konkordanz ausgeglichen werden In den praktisch relevanten Fallen der Hochschullehrer an Theologischen Fakultaten besteht der Ausgleich meist darin dass die Hochschullehrer ihren Lehrstuhl und ihre Besoldung behalten aber nicht mehr am Prufungsverfahren der jeweiligen Konfession teilnehmen vgl auch Theologische Fakultat Weblinks BearbeitenPeter Mosgen Einfuhrung ins Kirchenrecht Juli 1996Einzelnachweise Bearbeiten W Huber in Kirche und Offentlichkeit 1973 262 ff Czermak Hilgendorf Religions und Weltanschauungsrecht 2018 S 250 Czermak Hilgendorf Religions und Weltanschauungsrecht 2018 S 250 Schlink Die Angelegenheiten der Religionsgesellschaften JuristenZeitung 68 Jahrgang 2013 S 209 ff k BVerfG Beschl des Zweiten Senats vom 22 Oktober 2014 Az 2 BvR 661 12 Vgl statt vieler Herbolsheimer Arbeitsrecht in Kirchlicher Selbstbestimmung Das KKirchenspezifische Arbeitsrecht Im Spannungsverhaltnis von Verfassungsrechtlicher Schutzpflicht und Kirchlichem Selbstbestimmungsrecht 2019 S 300 ff Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Res mixta amp oldid 233867512