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Das landesherrliche KirchenregimentoderSummepiskopat ist ein Ausdruck aus der deutschen Rechts und Kirchengeschichte Es beschreibt die Leitungsgewalt das Regiment des Inhabers der Territorialgewalt des Landesherrn uber das evangelische Kirchenwesen in seinem Territorium bis 1918 Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung 2 Theorien 3 Ius in sacra Ius circa sacra 4 Institutionen und Praxis 5 Ende 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseUrsprung BearbeitenAnfange des landesherrlichen Kirchenregimentes sind schon in vorreformatorischer Zeit zu finden Aufgrund der kritikwurdigen Zustande in der Reichskirche des Spatmittelalters etwa hinsichtlich der Lebensfuhrung und Dienstauffassung der Bischofe und Pfarrpriester wagten viele deutsche Landesfursten und Stadtrate schon deutlich vor dem Auftreten Martin Luthers Eingriffe in nach damaligem Verstandnis eigentlich kirchliche Bereiche wie etwa Pfarrstellenbesetzung und geistliche Gerichtsbarkeit Der Reichstagsabschied von Speyer 1526 wurde das Startsignal fur die Furstenreformation In der Fruhphase gab es in Hessen und in Kursachsen zwei konkurrierende Vorstellungen von der Kirchenleitung Luther lehnte die synodale Konzeption Hessens ab In Kursachsen bat er den Kurfursten um die landesherrliche Aufsicht uber die Kirche dachte dabei allerdings anfanglich an eine Ubergangs und Notlosung Davon war aber in den kurfurstlichen Visitationsinstruktionen nichts zu merken Die Leitung der Kirche wurde zunachst durch Kommissionen spater behordlich durch ein Konsistorium ausgeubt In Kirch und Schulvisitationen wurde das gesamte Kirchen und Schulwesen kontrolliert 1 Nachdem mit der Reformation die Einheit von Kirche und Reich zu zerbrechen drohte hielt der Augsburger Religionsfrieden durch das Prinzip cuius regio eius religio wessen Land dessen Glaube zumindest die religiose Einheit innerhalb der einzelnen Territorien aufrecht die Konfessionszugehorigkeit der Untertanen richtete sich nach der des Landesfursten Der Westfalische Friede weitete dieses Prinzip von Katholiken und Lutheranern auf die bisher nicht anerkannten Reformierten aus Obwohl es unter den Reformatoren verschiedene Ansatze zum Thema Kirche und Staat gab setzte sich die Ansicht durch dass jedenfalls bis auf weiteres der Landesfurst bzw der Rat einer Reichsstadt als membra praecipua ecclesiae hervorragende Glieder der Kirche als Notbischofe anzusehen waren die in ihrem jeweiligen Kirchenwesen den heutigen Landeskirchen die Leitungsfunktion innehatten Was als Notlosung bis zu einer umfassenden Neuordnung durch ein Konzil gedacht war entwickelte sich jedoch in den protestantischen Kirchen zu einem langlebigen Instrument das erst 1918 endete Theorien BearbeitenEs lassen sich drei Phasen des landesherrlichen Kirchenregiments unterscheiden die jeweils durch zeitgenossische Rechtstheorien charakterisiert werden konnen Nach der Theorie des Episkopalismus die ihre Hauptvertreter im 16 und 17 Jahrhundert hatte war die Herrschaft des Landesherrn in seiner Kirche ein kirchliches Recht namlich die Jurisdiktion der katholischen Bischofe die durch Artikel 20 des Augsburger Religionsfriedens auf ihn ubertragen worden war Das Kirchenregiment war nach dieser Ansicht nur treuhanderisch auf den Fursten ubertragen und mit der staatlichen Herrschaftsgewalt nicht identisch Der Episkopalismus ermoglichte es schon vor dem Ende des landesherrlichen Kirchenregiments staatliche und kirchliche Behorden zu trennen und lediglich in der Person des Monarchen eine personelle Verbindung zu sehen Absolutistischem Staatsverstandnis im 18 Jahrhundert naherte sich dagegen die Theorie vom Territorialismus nach der das Kirchenregiment Teil der alle Lebensbereiche umfassenden Herrschaft des Landesherrn in seinem Territorium war Nach dieser Theorie war der Landesherr bei der Ausubung des Kirchenregiments nicht mehr an Beratung und Mitwirkung des geistlichen Standes gebunden Beeinflusst durch die aufklarerische Idee des Gesellschaftsvertrages entstand schliesslich die Theorie vom Kollegialismus Nach ihr waren die Kirchen Religionsgesellschaften collegia deren Mitgliedern eine gewisse Autonomie zustand Der Landesherr wurde somit zum blossen Vereinsvorstand dessen Funktion von der staatlichen streng zu trennen war Wegen der Vergleichbarkeit zu gesellschaftsrechtlichen Strukturen setzte sich dieses Verstandnis schliesslich in der Rechtswissenschaft durch Noch heute erinnert die Bezeichnung der Religionsgemeinschaften als Religionsgesellschaften in den ins Grundgesetz inkorporierten Artikeln der Weimarer Reichsverfassung an diese Theorie Mit dem kirchlichen Selbstverstandnis stimmte das sakulare Vereinsmodell freilich nicht uberein Ius in sacra Ius circa sacra BearbeitenIm 19 Jahrhundert bildete sich im Zuge der gesellschaftlichen und juristischen Entwicklungen nicht zuletzt ausgelost durch die Gebietsveranderungen des Reichsdeputationshauptschlusses und der Koalitionskriege eine folgenreiche Unterscheidung heraus Beim Kirchenregiment sei zu unterscheiden zwischen ius in sacra dem Recht des Landesherrn als summus episcopus oberster Bischof die inneren Angelegenheiten der evangelischen Kirche seines Territoriums zu ordnen Dazu gehoren insbesondere die Ordnung des Gottesdienstes ius liturgicum durch Agenden und Gesangbucher aber auch das Recht die Kirchenunion anzuordnen In der Regel ist der Landesherr dabei auf die Mitwirkung des geistlichen Standes angewiesen Dieses Recht war ein Hauptstreitpunkt im Agendenstreit ius circa sacra dem Aufsichtsrecht des Landesherrn als staatlicher Souveran uber alle Religionsgesellschaften auf seinem Territorium Dazu gehoren unter anderem die Gestaltung der Voraussetzungen zum geistlichen Amt Fragen der Besoldung und Bauunterhaltung sowie die Aufsicht uber die Teilhabe der Religionsgesellschaften am offentlichen Leben Wieweit dieses Recht in das Selbstverstandnis der Religionsgesellschaften eingreifen durfte war nicht so sehr in der evangelischen Kirche umstritten dafur umso mehr im Kulturkampf mit der romisch katholischen Kirche Institutionen und Praxis BearbeitenDie wichtigsten Institutionen des landesherrlichen Kirchenregiments waren das Konsistorium als kirchenaufsichtliche Behorde sowie der Superintendent als Vorgesetzter der Pfarrerschaft Gerade an seiner Person wurde das Dilemma des Konstrukts deutlich als Teil der an ihren Ordinationseid gebundenen Pfarrerschaft stand er dem Fursten gegenuber gleichzeitig aber war er ein furstlicher Beamter und vertrat diesen gegenuber der Pfarrerschaft In den stadtischen Kirchentumern gab es daruber hinaus das Geistliche Ministerium als Gesamtvertretung der Pfarrerschaft mit dem gewahlten Senior an der Spitze das daruber wachte dass seine Beratungs und Mitwirkungsrechte etwas bei der Herausgabe von Agenden und Gesangbuchern sowie bei Fragen der offentlichen Moral auch gewahrt blieben Ende BearbeitenDas landesherrliche Kirchenregiment fand sein Ende mit den Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung in Artikel 137 zum Selbstbestimmungsrecht der Kirche Die Kirchenleitung ging auf die Synoden uber die Konsistorien wurden rein kirchliche Behorden Literatur BearbeitenKarl Holl Luther und das landesherrliche Kirchenregiment Zeitschrift fur Theologie und Kirche Erganzungsheft Mohr Tubingen 1911 Johannes Heckel Cura religionis lus in sacra lus circa sacra In Festschrift Ulrich Stutz zum siebzigsten Geburtstag Kirchenrechtliche Abhandlungen 117 118 ZDB ID 501637 x Dargebracht von Schulern Freunden und Verehrern Enke Stuttgart 1938 S 224 298 Sonderausgabe unveranderte photomechanischer Nachdruck 2 Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Libelli 49 ZDB ID 846543 5 Gunter Zimmermann Die Einfuhrung des landesherrlichen Kirchenregiments In Archiv fur Reformationsgeschichte 76 1985 S 146 168 Hans Walter Krumwiede Kirchenregiment Landesherrliches In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 19 de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 012355 X S 59 68 Martin Heckel Religionsbann und landesherrliches Kirchenregiment In Hans Christoph Rublack Hrsg Die lutherische Konfessionalisierung in Deutschland Wissenschaftliches Symposion des Vereins fur Reformationsgesch 1988 Schriften des Vereins fur Reformationsgeschichte 197 Wissenschaftliches Symposion des Vereins fur Reformationsgeschichte 6 Mohn Gutersloh 1992 ISBN 3 579 01665 2 S 130 162 Christoph Link Summepiskopat des Landesherren In Religion in Geschichte und Gegenwart RGG 4 Auflage Band 7 Mohr Siebeck Tubingen 2004 Sp 1866 1867 Johannes Wischmeyer Kirchenleitung und ihre Institutionen als Thema lutherischer Theologie in der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts In Zwischen Ekklesiologie und Administration Modelle territorialer Kirchenleitung und Religionsverwaltung im Jahrhundert der europaischen Reformationen Gottingen 2013 S 41 65 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Adolf von Stahlin Das landesherrliche Kirchenregiment Quellen und Volltexte Hartmut Bottcher Summepiskopat Landesherrliches Kirchenregiment In Historisches Lexikon BayernsEinzelnachweise Bearbeiten Johannes Wallmann Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation 7 Auflage Mohr Siebeck Tubingen 2012 UTB 1355 ISBN 978 3 8252 3731 8 S 62 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Landesherrliches Kirchenregiment amp oldid 238188207