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Als Fliehburg auch Fluchtburg Volksburg Bauernburg oder Vryburg wird eine burgahnliche meist von Wallen umgebene Verteidigungsanlage bezeichnet die nicht dauerhaft bewohnt wurde sondern einer lokal ansassigen Bevolkerung als zeitweiliger Ruckzugsort bei Kriegsgefahr diente Ihrer Bauweise nach handelt es sich meist um Wallburgen In vergangenen Jahrhunderten wurden derartige Anlagen oft mit historisch falschen legendenhaften Namen bezeichnet wie Hunenburgen deren Entstehung Hunen zugeschrieben wurde oder als Heidenburgen da man Heiden als Erbauer vermutete oder Hunnenburgen im Zusammenhang mit dem Hunnensturm Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Gestalt der Anlagen 3 Fliehburgen in Deutschland mit Zeitangabe 4 Fliehburgen in Osterreich 5 Siehe auch 6 WeblinksGeschichte Bearbeiten nbsp Babilonie im Wiehengebirge Wall der vorromischen Eisenzeit nbsp Rekonstruierte spatromische Fliehburg Katzenberg bei MayenIn Europa sind durch archaologische Grabungen eine Vielzahl von grossraumigen Wallanlagen meist mehr als 100 m Durchmesser der fruhgeschichtlichen Zeit nachgewiesen die als Fliehburgen vor allem aus der Hallstattzeit ab etwa 800 v Chr insbesondere der Latenezeit 450 v Chr bis zur Zeit um Christi Geburt interpretiert werden Uber die antike Geschichtsschreibung sind unter anderem die von Caesar als oppidum bezeichneten Fliehburgen der Gallier und anderer Kelten bekannt die jedoch auch dauerhafte Siedlungen sein konnten bei den keltischen Oppida handelt es sich oft um grossere stadtartig angelegte und befestigte Siedlungen der La Tene Zeit spaten Eisenzeit Ahnliche Ringwallanlagen Wallburgen bauten auch die verschiedenen germanischen und slawischen Volkerschaften letztere noch bis weit in die Zeit des Mittelalters hinein entweder als Flucht oder auch als dauerhafte Siedlungsorte Als Baumaterial wurde vor allem Erde aber auch Holz und Stein in verschiedenen Konstruktionsweisen verwendet Die von den Romern selbst errichteten Fliehburgen aus der Zeit um 300 n Chr als der Limes uberrannt wurde und germanische Stamme plundernd ins romische Germanien eindrangen Limesfall entsprachen der hochentwickelten romischen Militararchitektur Der Ubergang von Fliehburgen zu dauerhaft bewohnten Platzen ist oft fliessend gewesen bzw in wechselnden Phasen verlaufen je nach Bedrohungslage Ausschlaggebend waren auch die Wasserversorgung die Nahe oder Ferne zu fruchtbaren Ebenen oder Handelswegen die Hohenlage mit Rundblick oder Bewaldung zur Verteidigung oder als Versteck in kriegerischen Zeiten oder auch als Ruckzugsort fur Talbewohner bei Uberschwemmungen Die Bandbreite reicht von simplen Ringwallen mit Palisaden in denen Menschen und Vieh sich kurzzeitig in Sicherheit bringen konnten bis zu langerfristig bewohnten Huttendorfern innerhalb der Walle Die volkerwanderungszeitlichen Hohensiedlungen vor allem des 4 und 5 Jahrhunderts n Chr nahmen teilweise sogar stadtartigen Charakter an In Italien sind solche Hohensiedlungen oft bis heute bewohnt im Ostromischen Reich werden sie Kastrone genannt Fliehburgen wurden wahrend der Volkerwanderung von den vordringenden Germanenstammen ebenso angelegt wie von den sich vor ihnen schutzenden romischen Burgern darunter auch der romanisierten germanischen Bevolkerung im Romischen Reich So finden sich um Ardennen und Eifel romische Fliehburgen in Sudwestdeutschland solche der Alamannen in Mitteldeutschland der Thuringer im Alpenraum der romanisierten Kelten in Italien und im Balkangebiet der dortigen romischen Bevolkerung Diese Anlagen wurden nach Ende des Westromischen Reiches teilweise von den eingedrungenen Goten und Langobarden weitergenutzt Im 8 Jahrhundert fuhrten die Auseinandersetzungen zwischen Franken und Sachsen die Sachsenkriege Karls des Grossen zur Anlage von Fliehburgen oft auf Hohenrucken die schon in vorchristlicher Zeit besiedelt gewesen waren Am Fuss von Bergen mit Sachsenwallen wie Syburg oder Eresburg wurden dann oft frankische Konigshofe angelegt Bald danach fielen die Normannen in ganz Europa ein 9 10 Jh n Chr gleichzeitig die Sarazenen im Mittelmeerraum ab etwa 700 n Chr und zwischen 899 und 955 folgten die Ungarneinfalle ebenfalls in ganz Europa und wiederum wurden Fliehburgen errichtet oder alte Flucht und Siedlungsplatze auf Anhohen erneut befestigt Die Ungarnwalle entstanden jedoch anders als fruhere Fluchtburgen nicht spontan sondern vielmehr zentral geplant aufgrund der Burgenordnung die Konig Heinrich I auf dem Hoftag zu Worms 926 erliess Neben dem Ausbau alterer Wallanlagen wurden auch bisher schutzlose Stadte und Markte mit Mauern befestigt nbsp Rekonstruierte slawische Fliehburg Raddusch Niederlausitz Die slawischen Burgwalle sind im Zusammenhang mit dem zeitgleichen Burgenbau in den deutschen Nachbargebieten zu sehen als Verteidigungsmassnahmen gegen die deutsche Ostsiedlung Sie kommen nur dort vor wo selbststandige slawische Gesellschaften bestanden fehlen also trotz slawischer Besiedlung in Thuringen im Main Regnitz Gebiet Bavaria Slavica und in Niederosterreich denn hier siedelten die Slawen innerhalb des Ostfrankenreichs Auch spater im Mittelalter wurden Fliehburgen durch Bauern erbaut Diese Bauernburgen dienten der Landbevolkerung als Schutz vor marodierenden Kriegshorden Die Befestigungsanlagen hatten meistens nicht viel gemein mit den vom Adel erbauten standig bewohnten Burgen sondern bestanden oft nur aus Erdbefestigungen und Holzpalisaden auf gut zu verteidigenden Hohenlagen Auch die mittelalterlichen Wehrkirchen und Kirchenburgen dienten als Fliehburgen Sie wurden primar als Dorfkirche genutzt waren durch Befestigung jedoch auch als temporarer Zufluchtsort fur die Dorfbewohner geeignet Die Mauer des Kirchhofs der in seiner eigentlichen Funktion als Friedhof diente wurde bei Kirchenburgen zu einer verteidigungsfahigen Wehrmauer ausgebaut und auch der Kirchturm konnte Wehrfunktion ubernehmen Gestalt der Anlagen BearbeitenFliehburgen bestanden meist aus Erdwerken und Ringwallen Wallburgen waren bisweilen als Viereckschanzen angelegt und verfugten oft uber Palisaden In der Regel besitzen Fliehburgen keine Turme teilweise kommen jedoch Torturm ahnliche Uberbauten siehe Bennigser Burg vor Fliehburgen dieser Art gehorten zu unbefestigten bauerlichen Siedlungen und boten im Falle eines feindlichen Angriffs der Bevolkerung einer Region Schutz wahrend die Siedlungen meist der Plunderung und Zerstorung durch die Angreifer anheimfielen Fur den Fall einer Belagerung konnten die weitlaufigen Fliehburgen auch mit Vorraten ausgestattet werden Da Fliehburgen uberwiegend keine Dauersiedlungen waren werden bei archaologischen Ausgrabungen oft nur wenige Hinterlassenschaften gefunden Fliehburgen in Deutschland mit Zeitangabe Bearbeiten nbsp Grundriss der Herlingsburg nbsp Rekonstruktion der eisenzeitlichen Wallburg 4 Jh v Chr auf dem Tonsberg im Archaologischen Freilichtmuseum OerlinghausenAllersburg bei Loiperstatt zwischen Dorfen und Velden Vils Amelungsburg Weserbergland aus der vorromischen Eisenzeit um 400 v Chr Babilonie Wiehengebirge vorromische Eisenzeit Barenburg bei Eldagsen wohl vorromische Eisenzeit Borlinghausen Buraburg Hessen frankische Grossburg um 680 n Chr auf alterem Siedlungsplatz Bumannsburg in Bergkamen um 800 n Chr Sachsenkriege Karls des Grossen Doben bei Leipzig der Zetten slawischer Viereckwall auf bronzezeitlichem Kultplatz Ringwallanlage Dunsberg Hessen eisenzeitliches Oppidum besiedelt ab dem 8 Jahrhundert v Chr innerer Wall 3 Jahrhundert v Chr ausserer Wall um 120 v Chr Eresburg Sauerland alt sachsische Volksburg 7 8 Jh n Chr auf alterem Siedlungsplatz seit 400 v Chr Eringaburg bei Holzminden wohl fruhe Eisenzeit auch im 11 12 Jh genutzt Eirings oder Iringsburg sudlich von Bad Kissingen 7 Jh n Chr Falkenburg Thuringen undatiert Fliehburg bei Merheim in Koln Merheim Grotenburg am Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald spate vorromische Eisenzeit Heidenburg bei Gimmeldingen Rheinland Pfalz 9 10 Jh n Chr Normannen Einfalle Heidenlocher bei Deidesheim Rheinland Pfalz 9 10 Jh n Chr Heidenschanze bei Sievern Landkreis Cuxhaven von 50 v Chr bis ins spate 1 Jh n Chr genutzt Auseinandersetzungen zwischen Romern Friesen Markomannen Cheruskern und Sachsen Heidenschuh bei Klingenmunster Rheinland Pfalz 9 10 Jh n Chr Normannen Einfalle Herlingsburg bei Schieder Schwalenberg auf befestigtem Siedlungsplatz der alteren Latenezeit ein sachsischer Wall des 8 Jh n Chr mit ausserer und innerer doppelter Holzschalenwand bis Anfang 10 Jh benutzt Hohensyburg bei Dortmund sachsischer Ringwall um 700 n Chr Hunenburg bei Bielefeld vorromische Eisenzeit ab 200 v Chr Hunenburg Ohle Sauerland Zeitpunkt ungeklart vermutlich sachsisch 8 Jh n Chr moglicherweise auf latenezeitlichem Flucht oder Siedlungsplatz Isenburg bei Hannover 10 bis 11 Jh n Chr Ungarnwall Jansburg bei Coesfeld im Munsterland um 100 n Chr Katzenberg spatromische Hohenbefestigung bei Mayen um 300 n Chr Limesfall Kukesburg bei Hannover erste Anlage 3 Jh v Chr spater sachsischer Ringwall 8 bis 12 Jh n Chr Mellingburg bei Hamburg 8 9 Jh n Chr Normannen Einfalle Ringwall Mettermich in Mettermich Rhon Funde aus der La Tene Zeit moglicherweise auch keltische Kultanlage und Fliehburg Monraburg Thuringen spatbronzezeitliche Wallburg wohl zur Merowingerzeit von den Franken erneut befestigt Plossnitz Sachsen Anhalt Doppelgrabenwerk der vorromischen Eisenzeit nbsp Reitlingsbefestigungen Krimmelburg Reitlingsbefestigungen im Elm bei Braunschweig Krimmelburg Brunkelburg Wendehai Walle Siedlungsplatz der Latenezeit 5 Jh v Chr Wall Graben Anlagen der vorromischen Eisenzeit dritte Bauphase im fruhen Mittelalter 7 und 8 Jh sowie Wachstation des Deutschen Ritterordens um 1300 Ringgenburg Schmalegg bei Ravensburg Hallstattzeit Ringwall der Marienburg bei Nordstemmen Siedlungsplatz der Bronzezeit Alter des Walls ungeklart wohl ab 8 Jh Ringwall Venne im Kottenforst bei Bonn 10 12 Jh Robischwall Dohna Sachsen bronzezeitlicher Siedlungsplatz 2000 800 v Chr mit sorbischem Wall des 10 bis 12 Jh Burg Schlosseck bei Bad Durkheim Rheinland Pfalz 9 10 Jh n Chr Normannen Einfalle Tonsberg Teutoburger Wald Wallburg aus der Latenezeit 4 Jh v Chr im Fruhmittelalter als Sachsenlager genutzt Burg Vogtsberg bei Wurzburg Waldschlossel bei Klingenmunster Rheinland Pfalz zwischen 880 und 920 Normannen Einfalle sowie Turmhugelburg um 1030 Wartberg bei Heilbronn bronzezeitlicher Ringwall und Graben Wittekindsburg bei Porta Westfalica vorromische Eisenzeit mit Ausbau in sachsisch frankischer ZeitFliehburgen in Osterreich BearbeitenFliehburg bei Duel Paternion Karnten Bei der Fliehburg auf einem Hugel handelt es sich um 400 n Chr erbautes spatantikes Kastell das die Aufgabe der Sicherung des Strassenuberganges in das Gailtal besass also primar nicht als Fliehburg angelegt worden war Bei Ausgrabungen wurde neben den Befestigungsanlagen eine fruhchristliche Kirche im Inneren des Kastells freigelegt Burg Kreuzen Bad Kreuzen Oberosterreich der Uberlieferung nach als Fliehburg um 900 angelegt Siehe auch BearbeitenWallburg Liste von Wallburgen in Niedersachsen Wallburgen im Bergischen Land Liste von Wallburgen im Sauerland Wallburgen aus der Latenezeit in Westfalen Lippe Wallburgen am Haunsberg Salzburg Oppidum Kelten Volkerwanderungszeitliche Hohensiedlung Slawischer Burgwall Ungarnwalle HohlenburgSiehe auch Burgwalle in DeutschlandWeblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Fluchtburg Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Normdaten Sachbegriff GND 4154629 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fliehburg amp oldid 221744806