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Bingium ist der lateinische Name der heutigen Stadt Bingen am Rhein den diese wahrend ihrer Zugehorigkeit zum Romischen Reich trug Strategisch an der uberregional bedeutsamen Romerstrasse zwischen Trier und Mainz an der Einmundung der Nahe in den Rhein gelegen entwickelte sich um ein von Drusus angelegtes Kastell eine Zivilsiedlung vicus Vom Militarlager und der Zivilsiedlung haben sich keine oberirdischen Reste erhalten Allerdings bezeugen zahlreiche Funde die romische Anwesenheit Tacitus erwahnt Bingium in seinen Historiae 1 Dies war wahrscheinlich der auf keltische Wurzeln zuruckgehende Name des von Drusus gegrundeten Kastells der sich dann auf die Zivilsiedlung ubertrug Andere Namensformen sind Bingio Ammianus Marcellinus 18 2 1 Notitia dignitatum Occ 41 Bingum Geograph von Ravenna 4 24 Vingo Ausonius Mosella 2 Vinco Itinerarium Antonini 371 3 und Vingio Itinerarium Antonini 253 1 Inhaltsverzeichnis 1 Grundung und Lage 2 Militarstandort 3 Zivilsiedlung 4 Nahebrucke 5 Nekropolen 6 Christianisierung 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 Einzelnachweise und AnmerkungenGrundung und Lage BearbeitenMoglicherweise befand sich an der Einmundung der Nahe in den Rhein bereits eine keltische Vorgangersiedlung Im Rahmen der romischen Expansion zum Rhein grundete Drusus 13 12 v Chr im spateren Mogontiacum Mainz ein Legionslager und an dessen Verbindungsstrasse nach Augusta Treverorum Trier im ersten Jahrzehnt vor Christus ein Kastell am rechten Ufer der Nahe und unmittelbar vor deren Mundung in den Rhein Die Lage von Bingium war fur das romische Militar strategisch wichtig Neben der militarischen Absicherung der Nahemundung wurden hier der Beginn des Mittelrheintals sowie die auslaufenden Ebenen der Ingelheimer Rheinebene und des unteren Nahetals abgesichert Militarstandort BearbeitenVon dem romischen Kastell sind keine baulichen Spuren nachweisbar Moglicherweise handelte es sich daher um ein Holz Erde Kastell Von mindestens einer romischen Befestigungsanlage kann allerdings ausgegangen werden welche eine Furt und dann die nachgewiesene romische Nahebrucke der wichtigen Uberlandstrassen schutzte Fruhere Annahmen dass es zwei Befestigungsanlagen in Bingen und dem am anderen Naheufer liegenden Bingerbruck gab gelten heute als wenig wahrscheinlich 2 Die Prasenz des romischen Militars ist auch uber literarische Erwahnungen beispielsweise in der Notitia dignitatum sowie uber zahlreiche epigraphische Nachweise in Form von Grabsteinen romischer Militarangehoriger belegt Fur die erste Halfte des 1 Jahrhunderts sind als Auxiliartruppen belegt cohors IV Delmatarum 3 cohors I Pannoniorum 4 sowie cohors I Sagittariorum 5 Die Auxiliartruppen wurden in flavischer Zeit abgezogen Stattdessen wurden Vexillationen der Legio XIIII Gemina und der spater dauerhaft in Mogontiacum stationierten Legio XXII Primigenia nach Bingium abkommandiert Entsprechende Ziegelstempel an Baumaterial wurden in Bingerbruck gefunden Ausserdem ist die Anwesenheit eines Kommandos der Legio IV Macedonica durch einen Grabsteinfund bezeugt 6 Fur das fruhe 5 Jahrhundert nennt die Notitia dignitatum Truppenliste des Dux Mogontiacensis einen praefectus militum Bingensium als militarischen Befehlshaber fur das dort genannte bingio Zivilsiedlung BearbeitenMit dem Bau des Kastells entstand eine zivile Siedlung vicus Die Anbindung von Bingium an die entstehende Romische Rheintalstrasse von Mogontiacum zur Colonia Claudia Ara Agrippinensium sorgten fur gute Handelsmoglichkeiten und einen regen zivilen und militarischen Verkehr Die Zivilsiedlung war Mitte des 4 Jahrhunderts entsprechend von regionaler Bedeutung Ausonius berichtet 370 in seiner Mosella 7 von einer Ummauerung des Ortes Vorangegangen waren grossere Germaneneinfallen im Jahr 359 die Kaiser Julian veranlassten die Zivilsiedlung mit einer Festungsmauer schutzen zu lassen 8 Bei Ausgrabungen in der Krypta von St Martin in Bingen wurde das Fragment eines antiken Altars gefunden woraus die Theorie abgeleitet wurde dass an der Stelle des spateren christlichen Gotteshauses in romischer Zeit ein Tempel gestanden habe An Flussubergangen ware fur die antike Zeit beispielsweise ein Heiligtum des Gottes Mercurius plausibel Allerdings lasst das gefundene Steinstuck solche Deutungen nicht sicher zu zumal auch die Moglichkeit besteht dass es ursprunglich an einer anderen Stelle Bingens verbaut war und erst in spaterer Zeit in die Krypta der Kirche gelangte 9 Nahebrucke BearbeitenZwischen den heutigen Orten Bingen und Bingerbruck verband eine romische Pfahlrostbrucke beide Naheufer siehe Drususbrucke Auf dieser Brucke uberquerten die strategisch wichtige Ausoniusstrasse nach Trier und die Rheintalstrasse nach Koln die Nahe 1983 fand man bei Arbeiten im Nahebett eiserne Pfahlschuhe Eichenpfahle sowie eine grossere Anzahl von Spolien Dendrochronologische und archaologische Untersuchungen identifizierten die Funde als Grundungspfahle aus dem Jahr 77 Damit gehort der Bruckenbau in die Regierungszeit des Kaisers Vespasian und datiert zeitgleich mit weiteren Bruckenbauprojekten in den romischen Stadten Koln und Mainz Eine weitere auf um 305 datierte Holzprobe weist moglicherweise auf eine unter Kaiser Konstantin errichtete Kai oder Uferbefestigung hin nbsp nbsp Grabsteine des Annaius Daverzus und des Tiberius Iulius Abdes Pantera im Museum Romerhalle in Bad KreuznachNekropolen BearbeitenDas romische Bingium lasst sich vornehmlich uber mehrere Nekropolen und ihre reichhaltigen Funde erschliessen In Bingerbruck wurde beim Bau des Bahnhofs 1859 60 eine grossere Nekropole mit zahlreichen Grabsteinen romischer Militarangehoriger der Auxiliartruppen und Zivilpersonen entdeckt 10 Der Grabstein des Annaius Daverzus eines Angehorigen der cohors IV Delmatarum weist dabei eine detaillierte Ansicht romischer Waffen und Kleidung der ersten Halfte des 1 Jahrhunderts auf 11 Weitere Grabfunde gibt es entlang der heutigen Mainzer Strasse sowie in Bingerbruck langs der Strasse nach Koln In Bingen selbst befinden sich im Bereich der Burg Klopp zwei weitere Friedhofe Hier wurde 1924 auch das sogenannte Grab des Arztes entdeckt in dem sich zahlreiche medizinische Gerate wie beispielsweise bronzene Schropfkopfe fanden 12 Christianisierung Bearbeiten nbsp Spatantiker Grabstein des Priesters AetheriusErste Hinweise auf christliches Leben im spatromischen Bingen stammen aus dem 5 und 6 Jahrhundert Aus dieser Zeit stammt mehrere Grabinschriften 13 wie beispielsweise der Grabstein des Priesters Aetherius 14 der heute in der Kirche St Martin ausgestellt ist Siehe auch BearbeitenListe der Kastelle des Donau Iller Rhein LimesLiteratur BearbeitenJakob Keuscher Bingen zur Zeit der Romer Bingium Romanorum In Zeitschrift des Vereins zur Erforschung der Rheinischen Geschichte und Altertumer 1 1845 S 273 330 Digitalisat 15 Julius Karl Friedrich Dilthey Das romische Bingen In Archiv fur hessische Geschichte und Alterthumskunde 6 1848 51 S 91 102 Digitalisat Max Ihm Bingium In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band III 1 Stuttgart 1897 Sp 475 Gustav Behrens Bingen Stadtische Altertumssammlung Kataloge west und suddeutscher Altertumssammlungen Band 4 Baer Frankfurt am Main 1920 Gustav Behrens Die Binger Landschaft in der Vor und Fruhgeschichte Rheinhessen in seiner Vergangenheit Band 10 Schneider Mainz 1954 Hans Klumbach Bingen zur Romerzeit In Fuhrer zu vor und fruhgeschichtlichen Denkmalern Band 12 Nordliches Rheinhessen Ingelheim Bingen Bad Kreuznach Alzey Oppenheim Zabern Mainz 1969 S 127 130 Kurt Bohner Bingen im fruhen Mittelalter In Fuhrer zu vor und fruhgeschichtlichen Denkmalern Band 12 Nordliches Rheinhessen Ingelheim Bingen Bad Kreuznach Alzey Oppenheim Zabern Mainz 1969 S 130 135 Hermann Bullinger Bingium In Richard Stillwell u a Hrsg The Princeton Encyclopedia of Classical Sites Princeton University Press Princeton NJ 1976 ISBN 0 691 03542 3 englisch perseus tufts edu Heinz Cuppers Hrsg Die Romer in Rheinland Pfalz Theiss Stuttgart 1990 ISBN 3 8062 0308 3 S 335 336 Gunther Neumann Hermann Bullinger Bingen In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 3 Walter de Gruyter Berlin New York 1978 ISBN 3 11 006512 6 S 5 7 Google Books Gerd Rupprecht Alexander Heising Hrsg Vom Faustkeil zum Frankenschwert Bingen Geschichte einer Stadt am Mittelrhein Zabern Mainz 2003 ISBN 3 8053 3257 2 darin S 23 107 Gabriele Ziethen Romisches Bingen Vom Beginn der romischen Herrschaft bis zum 3 Jahrhundert n Chr Alexander Heising Vom Opferplatz zum befestigten Hafen Das Binger Rheinufer von der Vorgeschichte bis zur Spatantike In Matthias Schmandt Red Vom Opferplatz zur Gartenstadt 7500 Jahre Geschichte am Binger Rheinufer Bingen 2008 ISBN 978 3 935516 47 1 S 8 23 Weblinks BearbeitenSteindenkmaler aus Bingen bei Ubi Lupa erat Jurgen Korner Die Romer in BingenEinzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Tacitus Historiae 4 70 Bingium auch in der Tabula Peutingeriana Hermann Bullinger Bingen In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 3 Walter de Gruyter Berlin New York 1978 ISBN 3 11 006512 6 S 5 Inschriften CIL 13 7507 CIL 13 7508 CIL 13 7509 Inschriften CIL 13 7510 CIL 13 7511 Inschriften CIL 13 7513 und CIL 13 7514 Grabstein des Tiberius Iulius Abdes Pantera dazu Peter Haupt Sabine Hornung Ein Mitglied der Heiligen Familie Zur Rezeption eines romischen Soldatengrabsteines aus Bingerbruck Kr Mainz Bingen In Archaologische Informationen 27 1 2004 S 133 140 Digitalisat ebenso in Heimatjahrbuch fur den Landkreis Mainz Bingen 2006 S 67 74 CIL 13 7506 Mosella 1 Ausonius verwendet dort die Namensform Vinco Ammianus Marcellinus 18 2 1 Hauke Horn Die Baugeschichte von St Martin zu Bingen In Regina Schafer Hrsg St Martin in Bingen Die Geschichte der Basilika edition tz de Rossdorf 2016 ISBN 978 3 940456 75 5 S 92 122 hier S 92 Ernst Gottlob Schmidt Johannes Freudenberg Romische Grabdenkmaler vom Ruppertsberg bei Bingen In Jahrbucher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande Band 28 1860 S 79 87 Digitalisat Ernst Gottlob Schmidt Neue romische Inschriften vom Rupertsberge bei Bingen In Jahrbucher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande Band 29 30 1860 S 205 223 Digitalisat CIL 13 7507 Jakob Como Das Grab eines romischen Arztes in Bingen In Germania 9 1925 S 152 162 Digitalisat Walburg Boppert Die fruhchristlichen Inschriften des Mittelrheingebietes Romisch Germanisches Zentralmuseum Mainz 1971 CIL 13 11963 Dazu Michael Johannes Klein Jakob Keuscher und das romische Bingen Bingium In Wolfgang Dobras Hrsg Eine Zeitreise in 175 Geschichten Der Mainzer Altertumsverein 1844 2019 Mainzer Zeitschrift 114 Mainz 2019 ISBN 978 3 96176 070 1 S 37 38 Digitalisat 49 966944444444 7 895 Koordinaten 49 58 N 7 54 O Spatantike Kastelle der Provinz Germania prima inkl Donau Iller Rhein Limes Kastell Andernach Antunnacum Burgus Neuwied Engers Kastell Koblenz Confluentes Burgus Lahnstein Kastell Boppard Bodobrica Kastell Oberwesel Kastell Bingen Bingio Kastell Bad Kreuznach Cruciniacum Legionslager Mainz Mogontiacum Kastell Alzey Altineum Kastell Worms Vangiones Kastell Altrip Alta ripa Kastell Speyer Nemetae Kastell Gernersheim Vico Iulio Kastell Rheinzabern Tabernis Kastell Seltz Saletione Kastell Brumath Brocomagus Kastell Saverne Tres Tabernae Legionslager Strassburg Argentoratum Kastell Ehl Helvetium Ruckwartige Kastelle des Obergermanischen Limes Kastell Andernach Antunnacum Kastell Koblenz Confluentes Kastell Kesselstadt Kastell Heldenbergen Kastell Okarben Kastell Friedberg Kastell Nida Heddernheim Kastell Frankfurt am Main Domhugel Kastell Hochst Kastell Hofheim Kleinkastell Heidekringen Legionslager Mainz Kastell Wiesbaden Kastell Mainz Kastel Kastell Bingen Bingium Kastell Gross Gerau Kastell Gernsheim Kleinkastell Allmendfeld Kastell Worms Borbetomagus Kastelle von Ladenburg Lopodunum Kastelle von Heidelberg Kastell Rheingonheim Kastell Eislingen Salach Legionslager Strassburg Argentoratum Kastelle von Offenburg Kastelle von Sasbach Kastelle von Riegel Kastell Biesheim Argentovaria Romerlager Untereggingen Romerlager Dangstetten Bruckenkopfkastell Zurzach Tenedo Legionslager Windisch Vindonissa Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bingium amp oldid 235375764