www.wikidata.de-de.nina.az
Wilhelm Friedemann Bach und oft nur Friedemann Bach genannt 22 November 1710 in Weimar 1 Juli 1784 in Berlin war ein deutscher Komponist und Organist des Spatbarock im Ubergang zur Klassik 1 2 3 4 5 6 Wilhelm Friedemann Bach Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Weimar 1710 1717 1 2 Kothen 1718 1723 1 3 Leipzig 1723 1733 1 4 Dresden 1733 1746 1 5 Halle 1746 1770 1 6 Braunschweig 1770 1774 1 7 Berlin 1774 1784 2 Bedeutung 3 Rezeption 4 Werke summarisch 5 Ausgaben summarisch 6 Aufnahmen Auswahl 7 Literatur 8 Weblinks 9 QuellenLeben und Wirken BearbeitenWeimar 1710 1717 Bearbeiten Wilhelm Friedemann Bach war das zweite Kind und der alteste Sohn von Johann Sebastian Bach und seiner ersten Frau Maria Barbara 1684 1720 einer Cousine zweiten Grades des Vaters Vor ihm kam in seiner Familie 1708 seine Schwester Catharina Dorothea in Weimar zur Welt Sein Vater besass um diese Zeit eine Stellung als Hoforganist und Kammermusikus bei dem streng lutherischen Herzog Wilhelm Ernst in Weimar dieser galt in jener Zeit als einer der vornehmsten gebildetsten und kunstsinnigsten Fursten Mitteldeutschlands Die zwei Vornamen des Bach Sohns leiten sich von den beiden Taufpaten her Baron Wilhelm Ferdinand von Lyncker 1687 1713 einem Adeligen aus dem Haus des Herzogs und Paul Friedemann Meckbach 1674 1713 Jurist in Muhlhausen und Sohn des dortigen Burgermeisters beides Bekannte Johann Sebastians aus dessen Muhlhauser Zeit Entsprechend den damaligen Gepflogenheiten kam als Taufpatin Anna Dorothea Hagedorn hinzu eine noch junge Freundin von Wilhelm Friedemanns Mutter Die Taufe war am 24 November 1710 Die Wohnung der Familie lag am Markt 16 in der Nahe von Schloss Wilhelmsburg in dem der Landesherr residierte Im Hause Bach bekam Wilhelm Friedemann nach Aussage des Bach Biografen Johann Nikolaus Forkel vom fruhen Kindesalter an gute Musik zu horen noch bevor er zur Schule ging hierzu trugen auch Schuler seines Vaters bei insbesondere Johann Caspar Vogler Noch in der fruhesten Zeit Wilhelm Friedemanns als er gerade gut zwei Jahre alt war gebar seine Mutter am 23 Februar 1713 Zwillinge namlich Johann Christoph der noch am Tag der Geburt starb und Maria Sophia die ihm nach drei Wochen in den Tod folgte Nach einem weiteren Jahr am 8 Marz 1714 wurde Carl Philipp Emanuel geboren nochmals ein Jahr spater am 11 Mai 1715 kam Johann Gottfried Bernhard als dritter Sohn Johann Sebastian Bachs zur Welt Zwischenzeitlich am 2 Marz 1714 war Vater Johann Sebastian Bach zum Konzertmeister ernannt worden und schlug gleichzeitig das Stellenangebot an der Marktkirche zu Halle aus Die neue Position erwies sich fur die Familie als wesentliche materielle Verbesserung 1716 war der Kapellmeister der sachsischen Hofkapelle in Weimar Johann Samuel Drese verstorben nachdem er sich in den letzten 20 Jahren meistens durch seinen Sohn Johann Wilhelm hatte vertreten lassen Fur die Nachfolge versuchte der Herzog Georg Philipp Telemann der in Frankfurt wirkte zu gewinnen und nach dessen Ablehnung bekam der Sohn Johann Wilhelm Drese die Stelle ohne dass Johann Sebastian Bach uberhaupt nur gefragt wurde Seit dieser Ubergehung trachtete dieser danach Weimar baldmoglichst zu verlassen Dies schlug sich in mehreren vergeblichen Entlassungsgesuchen nieder zuletzt Anfang November 1717 mit besonderer Dringlichkeit Dies hatte zur Folge dass der Landesherr ihn wegen seiner Halssstarrigen Bezeugung und zu erzwingenden dimission verhaften liess ihn vom 6 November bis 2 Dezember 1717 im Arrest hielt und anschliessend mit angezeigter Ungnade entliess Wilhelm Friedemann feierte somit seinen siebenten Geburtstag ohne den Vater und es ist mit Sicherheit anzunehmen dass der alteste Sohn gespurt haben muss dass der Vater sich hier in einer wichtigen Angelegenheit behauptet hatte Zuvor schon im August 1717 hatte Johann Sebastian beim Fursten von Anhalt Kothen einen Vertrag unterzeichnet der ihn zum dortigen Hofkapellmeister mit einer deutlichen Erhohung seiner Bezuge machen wurde Die Familie beging das Weihnachtsfest noch in Weimar und lebte dann ab Anfang 1718 in Kothen Das ganze Furstentum hatte damals etwa zehntausend Einwohner Kothen 1718 1723 Bearbeiten Der noch nicht funfundzwanzigjahrige und musikalisch gebildete Furst Leopold von Anhalt Kothen hatte Italien bereist und war dabei von dem Komponisten Johann David Heinichen begleitet worden Er hatte eine gut ausgebildete Bass Stimme und wirkte moglicherweise in seiner Hofkapelle zeitweilig als Violinspieler mit Er war auch stolz auf seinen neuen Kapellmeister Johann Sebastian Bach und es entwickelte sich zwischen beiden eine lebenslange Freundschaft Wilhelm Friedemann Bach besuchte hier ab 1718 die lutherische Lateinschule Dort drangten sich im Klassenraum des Lehrers Paul Berger bis zu 117 Kinder Dass es im Gegensatz dazu mit der hauslichen und musikalischen Ausbildung gut stand zeigt das Klavierbuchlein fur Wilhelm Friedemann Bach ein Geschenk des Vaters vom Jahresanfang 1720 mit folgendem Deckblatt C l a v i e r B u c h l e i n vor Wilhelm Friedemann Bach Angefangen in Cothen den 22 Januarij Anno 1720 Dies war ein Heft im Kleinoktav Format eine Fibel die erst im Entstehen war und nach und nach mit Stucken im stetig fortschreitenden Schwierigkeitsgrad bis 1725 1726 ausgefullt wurde Diese Stucke reichen von den zweistimmigen Inventionen BWV 772 786 zu den noch schwierigeren dreistimmigen Sinfonien oder Fantasien BWV 787 801 und Stucken aus dem 1 Teil des Wohltemperierten Klaviers Ausser Kompositionen von Bach Vater enthalt dieses Lehrwerk noch Stucke von Johann Christoph Richter Georg Philipp Telemann und Gottfried Heinrich Stolzel Daruber hinaus beinhaltet dieses kleine Lehrwerk eingetragene Fingersatze und eine Verzierungstabelle nach D Anglebert sowie Friedemanns erste eigenen Kompositionsversuche Wahrend sein Vater seinen Dienstherrn zu den Quellen nach Karlsbad begleitete starb am 5 Juli 1720 Wilhelm Friedemanns Mutter Als Vater Bach am 7 Juli zuruckkehrte war seine Frau bereits beerdigt und der 36 jahrige Bach musste nun mit vier kleinen Kindern alleine zurechtkommen Bach engagierte im Fruhsommer 1721 Anna Magdalena Wilcke 1701 1760 eine gute Sangerin und Tochter des Trompeters der Kothener Hofkapelle als Furstliche Kothener Kammermusikerin Am 3 Dezember 1721 heirateten die beiden Es wird berichtet dass Anna Magdalena Bach durch ihr freundliches Wesen schnell in ihre neue Rolle als Familienmutter hineinfand insbesondere zu den vier schon vorhandenen Kindern Nachdem Furst Leopold im Jahr 1721 Friederike Henriette von Anhalt Bernburg geheiratet hatte kuhlte sich das Verhaltnis zwischen Vater Bach und dem Kothener Hof ab weil die Gattin seines Dienstherrn nach Bachs Ansicht eine Amusa war und nur wenig Sinn fur musikalische Aktivitaten hatte Als im Juni 1722 das Amt des Leipziger Thomaskantors nach dem Tod des bisherigen Amtsinhabers Johann Kuhnau frei geworden war suchte der Leipziger Rat fur Kuhnau einen wurdigen Nachfolger Es wurden zunachst Georg Philipp Telemann dann der Darmstadter Kapellmeister Christoph Graupner Schuler von Johann Kuhnau in die engere Wahl gezogen Johann Sebastian Bach meldete sich erst gegen Ende des Jahres nachdem die beiden anderen Kandidaten von ihren jeweiligen Dienstherren nicht freigegeben worden waren Nach der Vorfuhrung des Probestucks am 7 Februar 1723 wurde J S Bach am 5 Mai offiziell ernannt und am 31 Mai in sein Amt eingefuhrt er war hier in Leipzig ein Angestellter der Stadt nicht der Kirche Die Familie bezog die Kantorenwohnung im linken Flugel des Thomasschulgebaudes Leipzig 1723 1733 Bearbeiten In seine Leipziger Zeit in einer Stadt mit damals 30 000 Einwohnern fallt fur Wilhelm Friedemann ebenso wie fur seine jungeren Bruder Carl Philipp Emanuel und Johan Gottfried Bach zunachst der Besuch der dortigen Thomasschule aus dieser Zeit sind vier Schulhefte aus den Jahren 1723 bis 1726 erhalten Von September 1724 bis August oder September 1726 hat er nachweislich Kantatenstimmen seines Vaters ausgeschrieben Von Juli 1726 bis April 1727 erhielt er bei Johann Gottlieb Graun in Merseburg Violinunterricht Ausserdem begleitete er in den spaten 1720er Jahren seinen Vater mehrfach nach Dresden und er machte sich hier schon mit der Statte vertraut an der er einige Jahre spater eine Stelle bekommen sollte Daruber hinaus ist belegt dass Wilhelm Friedemann Bach bei einem Besuch in Halle im Jahr 1729 Georg Friedrich Handel eine Einladung seines Vaters ubermittelte Nachdem Vater Bach seinen altesten Sohn schon 1723 als Depositus an der Universitat Leipzig hatte vormerken lassen wurde dieser am 5 Marz 1729 an dieser Hochschule immatrikuliert und horte Vorlesungen uber Jura Philosophie und Mathematik es wird berichtet dass ihn das letztere Fach besonders interessierte Ab 1727 scheint sich Wilhelm Friedemann Bach bis zum Ende seiner Leipziger Zeit besonders mit dem Orgelspiel beschaftigt zu haben was aus seinen Abschriften von Orgelwerken seines Vaters Concerto BWV 594 und Triosonaten 525 bis 528 hervorgeht eigene Kompositionen sind fur diese Zeit nicht mit Sicherheit nachzuweisen 1729 wirkte er bei der Begrabnismusik fur Herzog Leopold in Kothen mit die sein Vater leitete Auch fungierte er im Dezember 1732 in Udestedt als Taufpate fur Dorothea Wilhelmine die jungste Tochter seines Cousins Tobias Friedrich Bach Auf seine bedeutenden Fortschritte in Richtung Orgel und Cembalo Virtuose deutet auch die Tatsache hin dass er ab 1730 den Unterricht von Christoph Nichelmann ubernahm moglicherweise zur Entlastung seines Vaters Am 26 Marz 1731 machte er ein Probespiel an St Peter und Paul in Halberstadt als Bewerbung um die dortige Stelle Er wurde zwar besser bewertet als seine beiden Mitbewerber jedoch entschied sich die dortige Prufungskommission dann doch fur einen Bewerber aus dem eigenen Land Spater mit Datum vom 7 Juni 1733 bewarb sich Wilhelm Friedemann Bach in einem von seinem Vater verfassten Brief um die Organistenstelle an der Sophienkirche in Dresden und fuhrte in seinem Probespiel am 22 Juni vermutlich Praludium und Fuge G Dur BWV 541 seines Vaters auf Es gab zwei weitere Bewerber und als Gutachter war auch der Vizekapellmeister der dortigen Hofkapelle Pantaleon Hebenstreit geladen Dieser gab unter anderem zu Protokoll dass der jungere Bach unter den drei Competenten der beste sey und er vor anderen des jungeren Bach Geschicklichkeit geruhmet hat Wilhelm Friedemann Bach wurde anschliessend einstimmig gewahlt Dresden 1733 1746 Bearbeiten Wilhelm Friedemann Bach bekam am 11 Juli 1733 die Schlussel zur Sophienkirche und trat sein neues Amt am 1 August an indem ihm offiziell die Orgel ubergeben wurde Seine Aufgabe beschrankte sich auf das gottesdienstliche Orgelspiel und enthielt auch die Verpflichtung zur einvernehmlichen Zusammenarbeit mit dem Kantor der Kirche Diese Stelle war mit etwa 80 Reichstalern jahrlich schlecht bezahlt andererseits liess sie ihm gleichzeitig freie Hand und Zeit fur die Verfolgung anderer Interessen Hierzu gehorten insbesondere die Pflege der Bekanntschaft mit Komponisten des Dresdner Hofs wie Johann Adolph Hasse mit seiner Ehefrau der Sangerin Faustina Bordoni ferner Johann Georg Pisendel Jan Dismas Zelenka Pantaleon Hebenstreit dem zweiten Kapellmeister Johann David Heinichen dem dritten Kapellmeister Antonio Lotti und dem Lautenisten Silvius Leopold Weiss sowie den Flotisten Johann Joachim Quantz und dessen Lehrer Pierre Gabriel Buffardin Der Ruf dieses Orchesters hatte eine legendare Hohe erreicht und sogar Komponisten wie Antonio Vivaldi und Georg Philipp Telemann nach Dresden gezogen Musikhistoriker nehmen an dass Wilhelm Friedemann Bach auch aktiv am Musikleben des Hofs teilnahm und naheren Kontakt zu musikliebenden Adeligen knupfte besonders zu Hermann Karl Graf von Keyserlingk dem russischen Botschafter in Dresden aber auch zu Carl Heinrich von Dieskau dem directeur des plaisirs und zu der spateren Kurfurstin Maria Antonia Walpurgis von Sachsen der er Jahre spater 1767 sein Cembalokonzert e Moll widmete In dieser Zeit unterrichtete er auch Johann Gottlieb Goldberg dessen Name spater durch die Goldberg Variationen von Vater Bach BWV 988 einem Auftrag von Graf Keyserlingk besonders bekannt werden sollte Auffallenderweise ist in seiner Dresdner Zeit keine einzige Orgelkomposition entstanden aber Wilhelm Friedemann Bach verstarkte offenbar seine kompositorischen Aktivitaten auf anderen Gebieten Es entstanden zwei Cembalokonzerte Sinfonien fur Streichorchester Triosonaten und mehrere Cembalosonaten nach etwa 1740 die Sonate F Dur fur zwei Cembali und vielleicht das Konzert Es Dur fur zwei Cembali und Orchester Eine gewisse Aufbruchstimmung des Komponisten ist zu spuren bei der letzteren noch jungen Gattung des Klavierkonzerts In Dresden entstanden drei Konzerte dieser Art sie gehoren zu den fruhesten Beispielen dieser Gattung uberhaupt Auf das Fruhjahr 1745 lasst sich Wilhelm Friedemann Bachs erstes auf eigene Kosten gedrucktes Werk datieren eine Cembalosonate D Dur Sie war als erste Sonate von sechs geplant wurde aber wegen ihrer hohen spieltechnischen Anforderungen kaum verkauft woraufhin er keine weiteren Sonaten mehr schrieb Auch sonst fand sein musikalisches Schaffen in Dresden praktisch keinen Anklang und seine Konzerte fanden kein geneigtes Gehor Wegen der Annahme der polnischen Krone durch den amtierenden sachsischen Konig wurde der katholische Einfluss auch in Dresden starker und ein eigenes katholisches Gotteshaus wurde errichtet Nachdem die alte Schlosskirche seit der Reformation protestantisch profaniert und nach Umbau in Wohnungen fur Hofbedienstete umgewandelt worden war wurde dem protestantischen Hofpersonal fur dessen Gottesdienste die Sophienkirche zugewiesen Weil es aber dieser Personenkreis nicht fur standesgemass hielt sich hier dem gewohnlichen Volk anzuschliessen wurde an St Sophien ein zweiter sonntaglicher Gottesdiensttermin eingerichtet und der Sophien Organist Wilhelm Friedemann Bach hatte hier einen zusatzlichen Organistendienst zu versehen aber selbstverstandlich ohne die geringste Erhohung seiner Bezuge Dagegen erhielt der Orgelstimmer den doppelten Lohn weil dessen Zeitaufwand erheblich gestiegen war Daruber hinaus wurde nach dem Umbau der Sophienkirche der am 16 Juni 1737 abgeschlossen war auch die Generaluberholung der Silbermann Orgel notwendig wobei Wilhelm Friedemann Bach jedoch als Sachkundiger vollig ubergangen wurde ein offener Affront gegen den Organisten der hier seit vier Jahren amtierte und sein Instrument bestens kannte Eine gewisse Resignation Wilhelm Friedemann Bachs fuhrte wohl auch dazu dass er sich 1742 nach dem Tod des Frauenkirchen Organisten nicht um dessen Nachfolge bemuhte Die Stelle wurde schliesslich dem Sebastian Bach Schuler Gottfried August Homilius ubertragen Die zuvor beschriebenen Vorgange fuhrten mit Sicherheit dazu dass der Komponist seiner Stellung in Dresden mehr und mehr uberdrussig wurde und Kontakte zu den Kirchenbehorden in Halle an der Saale knupfte Er bat am 16 April 1746 seine Vorgesetzten in Dresden um Entlassung und schlug als seinen Nachfolger einen Schuler seines Vaters vor Johann Christoph Altnikol der allerdings nicht genommen wurde Mit dem gleichen Datum erfolgte Friedemann Bachs Ernennung zum director musices und Organisten an der Marienkirche oder Liebfrauenkirche in Halle Dort wurde er Nachfolger von Gottfried Kirchhoff welcher der Lehrer von Friedrich Wilhelm Zachow gewesen war an dieser Entscheidung zu Gunsten seines altesten Sohnes hatte Vater Bach sicherlich erheblich mitgewirkt Halle 1746 1770 Bearbeiten nbsp Portratminiatur von Wilhelm Friedemann BachNach Annahme der Stelle als Organist in Halle war Wilhelm Friedemann Bach von einer Hauptstadt die vom hofischen Leben gepragt war in eine burgerliche Stadt gewechselt und es war eben jene Stelle die sein Vater 33 Jahre zuvor ausgeschlagen hatte Neben dem Orgelspiel oblag ihm die regelmassige Komposition und Auffuhrung von Figuralmusik wegen dieses Aufgabenzuwachses verbesserten sich auch seine Einkunfte gegenuber Dresden auf mehr als das Doppelte etwa 181 Reichstaler jahrlich Zu seinem offiziellen Amtsantritt zu Pfingsten am 29 Mai 1746 fuhrte der Komponist im Gottesdienst seine Kantate Wer mich liebet wird mein Wort halten auf Diese war mit ihrem gross angelegten Eingangschor und einer virtuosen Arie mit Orgelbegleitung bewusst als Reprasentationsmusik angelegt Friedemann Bach hielt offenbar in den ersten Jahren in Halle einen engeren Kontakt zu seinem Vater Bekannt ist in diesem Zusammenhang seine Begleitung des Vaters bei dessen Besuch bei Konig Friedrich dem Grossen in Berlin im Mai 1747 Auch setzte er sich 1749 1750 zusammen mit seinem Vater fur die Vermittlung des Orgelbaumeisters Heinrich Andreas Contius nach Frankfurt an der Oder ein Er fuhrte auch mindestens drei Kantaten seines Vaters in Halle auf Er soll auch einer von Friedrich Wilhelm Marpurg kolportierten Anekdote zufolge des Plagiats beschuldigt worden sein weil er angeblich parodierte Arien aus einer Passion seines Vaters unter seinem eigenen Namen aufgefuhrt haben soll ein dokumentarischer Beweis dafur fehlt Aus seiner Hallenser Zeit wurden auch diverse Spannungen und Unregelmassigkeiten berichtet Nach dem Tod seines Vaters am 28 Juli 1750 der kein Testament hinterliess reiste Wilhelm Friedemann Bach zur Regelung der Erbschaftsangelegenheiten nach Leipzig Anschliessend brachte er seinen jungsten noch nicht volljahrigen Bruder Johann Christian zu Carl Philipp Emanuel nach Berlin Von dort kehrte er nach mehrmonatigem Aufenthalt erst kurz vor Weihnachten zuruck was eine deutliche Ruge seiner Vorgesetzten wegen Urlaubsuberschreitung nach sich zog Vorher gab es einen grosseren Streit zwischen ihm und dem Kantor der Kirche Johann Gottfried Mittag der sich der Entnahme von Kollektengeldern schuldig gemacht hatte die ihm von Friedemann Bachs Vorganger zugestanden worden waren und die Sache weitete sich zum offentlichen Scandal aus Jedoch war der Organist hier formal im Recht und der Kantor wurde mit der Entlassung bestraft In einem anderen Fall geriet Friedemann Bach selber ins Visier seiner Kirchenbehorde als er im Jahr 1750 vertragswidrig eine Pauke aus dem kirchlichen Bestand an einen Studenten des Collegium musicum ausgeliehen hatte Am 25 Februar 1751 schloss Wilhelm Friedemann Bach die Ehe mit Dorothea Elisabeth Georgi 1725 1791 der Tochter des ortlichen Steuereinnehmers aus der Ehe gingen drei Kinder hervor Die beiden Sohne Wilhelm Adolf 13 Januar 1752 und Gottfried Wilhelm 30 Juli 1754 starben mit acht bzw achtzehn Monaten Das Erwachsenenalter erreichte nur die Tochter Friderica Sophia 7 Februar 1757 nach 1800 In seiner Hallenser Zeit hatte der Komponist offenbar einen grosseren Schulerkreis Davon bekannt geworden ist ein entfernter Verwandter Johann Christian Bach von dem es ein Portrat des Malers Friedrich Georg Weitsch gibt Dieses Bild mit Hut und Pelzkragen wurde lange Zeit trotz der Unahnlichkeit mit anderen Bildern des Komponisten fur ein Portrat von Wilhelm Friedemann gehalten Zu den Schulern gehorten auch Friedrich Wilhelm Rust der bedeutsame Abschriften von Friedemann Bachs Klavierwerken besass ferner Johann Samuel Petri sowie Johann Carl Angerstein der in einer im Jahr 1800 in Stendal erschienenen Schrift uber die Art der Choralbegleitung des Komponisten berichtete Er hatte auch Kontakt zu dem Hallenser Buchdrucker Johann Justinus Gebauer Besitzer einer Sammlung von Friedemann Bachs Clavierwerken und zu dem schon erwahnten Friedrich Wilhelm Marpurg dem Verfasser der Abhandlung von der Fuge erschienen Berlin 1754 mit 13 Kanons von Wilhelm Friedemann Daruber hinaus war das Kothener Furstenpaar Taufpate bei Friedemanns Tochter und der Komponist schrieb mehrere Stucke fur die mechanische Spieluhr im Kothener Schloss Die wachsende Unzufriedenheit Wilhelm Friedemann Bachs mit seiner Position in Halle schlug sich in seinen wiederholten Versuchen nieder seine dortige Anstellung zu verlassen So bewarb er sich 1753 um die Organistenstelle an der Johanniskirche Zittau dann 1758 und 1759 um die Kapellmeisterstelle in Frankfurt am Main sowie beim Landgrafen von Hessen mit einem Empfehlungsschreiben Telemanns um die Hofkapellmeisterstelle in Darmstadt als Nachfolger Christoph Graupners er hatte aber damit nirgends Erfolg Aus nicht dokumentierten Grunden zog er bei dem letztgenannten Versuch die Verhandlungen absichtlich in die Lange obwohl er in diesem Zusammenhang von dem Landgrafen den Titel eines Kapellmeisters von Haus aus bekam und brach sie schliesslich ab Moglicherweise hatte er bei seinen aus Vorsichtsgrunden erfolgten Erkundigungen in Erfahrung gebracht dass der Landgraf von Hessen als Beteiligter im Siebenjahrigen Krieg ebenso wie viele Fursten in dieser Zeit finanziell angeschlagen war und somit das zugesicherte Gehalt kaum wurde aufbringen konnen Schliesslich hatte Bach im Mai 1764 angeblich noch Kontakte nach Fulda mit der gleichen Absicht es sind dazu jedoch keine Einzelheiten uberliefert Musikhistoriker vermuten hier dass es sich da um ein frei erfundenes und bewusst lanciertes Gerucht handelte mit dem der Komponist den Adressaten seiner Bewerbungen zeigen wollte dass er durchaus auch anderswo gefragt sei um seine Chancen zu verbessern Eine Stelle im streng katholischen Fulda zu bekommen war aber fur einen protestantischen Kirchenmusiker so gut wie ausgeschlossen die erste evangelische Kirche wurde dort 1896 erbaut Wenig spater im Juni 1764 entschloss sich Wilhelm Friedemann Bach gegenuber seiner vorgesetzten Stelle zu der Ankundigung Halle zu verlassen was auch durch die Folgen des begonnenen Siebenjahrigen Kriegs mit seinen Beschwernissen verursacht war Bach gab kurz darauf seine Stellung als Organist auf ohne ein neues Amt in Aussicht zu haben blieb aber noch in Halle Hier bestritt er seinen karglichen Lebensunterhalt von dem Vermogen seiner Frau und von den Unterrichtsstunden mit seinen Schulern zu denen in dieser Zeit noch der Hallesche Clavier Bach Johann Christian gehorte Er verbrachte ausserdem einige Zeit in Leipzig und in Dresden In Hamburg wurde im Oktober 1767 die Veroffentlichung des Konzerts e Moll fur Klavier angekundigt das zuvor wie erwahnt Prinzessin Maria Antonia Walpurgis von Bayern gewidmet worden war und leichter und verstandlicher sein sollte als alles bisher von ihm vorgestellte das Konzert ist jedoch nie erschienen Seine beiden Nachfolger an den Hallenser Kirchen verstarben kurz nach ihrem Amtsantritt Wilhelm Friedemann liess sich aus materieller Not oder auf Drangen seiner Frau dazu verleiten sich fur die von ihm fruher selbst verlassene Stelle zu bewerben die er naturlich nicht bekam Die Position ging an Leberecht Friedrich Berger zuvor Organist an der Hallenser Moritzkirche der dann in diesem Amt bis zu seinem Suizid im Januar 1787 verblieb Friedemann Bach beschloss im Sommer 1770 Halle endgultig zu verlassen Am 13 August wurde ein Grundstuck aus dem Besitz seiner Frau versteigert Er komponierte eine Fantasie e Moll fur Klavier mit dem Untertitel Abschied von Halle Oktober 1770 vermutlich ein Abschiedsgeschenk an seinen Freund den erwahnten Verleger Justinus Gebauer Er verliess Ende Oktober Halle mit seiner Familie in Richtung Braunschweig Braunschweig 1770 1774 Bearbeiten Die Ubersiedelung Wilhelm Friedemann Bachs nach Braunschweig war auf Rat von zwei wohlmeinenden Gonnern erfolgt diese waren Johann Joachim Eschenburg ein offentlicher Hochmeister an der Braunschweiger Hochschule und Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Literatur Professor an der gleichen Anstalt Die altere Schwester Friedemanns Catharina Dorothea Bach war ihm nicht nach Braunschweig gefolgt sondern nach Leipzig zuruckgekehrt und starb dort am 14 Januar 1774 In Braunschweig gab es ein reiches Musikleben hier lebte auch der Dichter Gotthold Ephraim Lessing Es gibt zwar keinen Beleg dafur aber es ist mit Sicherheit anzunehmen dass beide in diesen Jahren Kontakt hatten In der Braunschweiger Zeit setzte der Komponist seine Bemuhungen um eine Anstellung fort Er bewarb sich 1771 an der Stadtkirche Wolfenbuttel und an St Katharinen in Braunschweig hier mit Probespiel am 18 Juni 1771 jeweils um die Organistenstellen Sein mangelnder Erfolg wird von Musikhistorikern seinem schwierigen Charakter zugeschrieben In den Bewerbungsprotokollen ist teilweise von einem merkwurdigen Benehmen die Rede auch von Eigensinn was in diesem Zusammenhang so viel wie mangelnder Gehorsam gegenuber der Obrigkeit bedeutete der von fruher innegehabten Stellen in Erfahrung gebracht werden konnte Belegt sind fur diese Zeit Reisen des Komponisten beispielsweise im Jahr 1773 zu Johann Nikolaus Forkel nach Gottingen wo er im Juni ein von Forkel organisiertes Orgelkonzert gab Er wirkte auch am 22 August 1773 als Orgelvirtuose bei einem Konzert in der Burgkirche in Braunschweig ebenso am 3 Oktober des gleichen Jahres in der Stadtkirche Wolfenbuttel In dieser Kirche fuhrte er auch in der Adventszeit 1773 eine revidierte Fassung seiner Kantate Lasset uns ablegen die Werke der Finsternis auf Bei Wilhelm Friedemann Bach wird zu dieser Zeit erkennbar dass er ein steigendes Interesse an der Orgelimprovisation hatte was aber mit einem Ruckgang seiner kompositorischen Tatigkeit verbunden war Eine Besserung seiner finanziellen Verhaltnisse in den ersten Braunschweiger Jahren geht aus der Tatsache hervor dass er sich in dieser Zeit einen Sekretar und einen Kopisten leisten konnte Spater verschlechterte sich offenbar seine materielle Situation erneut denn er musste Notenmaterial seines Vaters aus seiner Erbschaft verkaufen An Eschenburg ubergab er Werke und Eigenschriften mit der Bitte sie fur ihn zu versteigern ob die Auktion erfolgte ist nicht bekannt Friedemann Bach erkundigte sich aber nach dem Ergebnis erst vier Jahre spater als er schon in Berlin weilte Die Manuskripte des ersten Teils des Wohltemperierten Klaviers seines Vaters verkaufte er an seinen Vermieter Carl Heinrich Ernst Muller den Hilfsorganisten am Braunschweiger Dom und einen Teil des zweiten Kantatenjahrgangs seines Vaters an Johann Georg Nacke 1718 1804 den Kantor in Oelsnitz Wilhelm Friedemann Bach hatte auch die Absicht die in seinem Eigentum verbliebenen Werke seines Vaters zu katalogisieren Dazu kam es nicht mehr als Folge seiner ubersturzten Abreise nach Berlin im April 1774 Die Grunde und naheren Umstande seiner Ubersiedelung mit Frau und Tochter dorthin sind nicht uberliefert Berlin 1774 1784 Bearbeiten Fur Wilhelm Friedemann Bach war Berlin interessant weil diese Stadt nach dem Siebenjahrigen Krieg Dresden als Musikmetropole abgelost hatte Ausserdem lebte hier sein fruherer Violinlehrer Johann Gottlieb Graun und auch der Sebastian Bach Schuler Johann Philipp Kirnberger Weitere bekannte Musiker und Komponisten in Berlin waren Johann Friedrich Reichardt Carl Friedrich Zelter und der erwahnte Musikschriftsteller Friedrich Wilhelm Marpurg bei dem Friedemann Bach mit seiner Familie zunachst wohnte Er fuhrte in seinen ersten Berliner Jahren Orgelkonzerte auf und zwar am 4 Mai 1774 in der Garnisonkirche am 15 Mai in der Nikolaikirche und in der Marienkirche am 9 Juni nochmals in der Marienkirche ausserdem am 10 Oktober und am 3 Dezember 1776 in der Dreifaltigkeitskirche letzteres war das letzte bekannt gewordene Konzert Bachs Diese Konzerte trugen in Berlin wesentlich zu seinem Ruf als grosstem lebenden Orgelvirtuosen und Improvisator bei Friedemann Bach schrieb in dieser Zeit nur wenige Kompositionen dazu gehoren die Violen Duette teilweise Bearbeitungen fruherer Werke ferner zwei seiner sechs Flotenduette die acht Klavierfugen datiert auf das Jahr 1778 die Prinzessin Anna Amalia von Preussen gewidmet waren zwei Cembalosonaten in D und G Dur und wahrscheinlich die meisten seiner Klavierfantasien Anna Amalia liess dem Komponisten ausser einigen Geschenken auch eine regelmassige finanzielle Unterstutzung zukommen Die genannten Fantasien sind musikgeschichtlich von besonderer Bedeutung wegen ihrer deutlich spurbaren Tendenz zum Sturm und Drang die sonst mehr in der Literatur vorherrschend war 1778 1779 arbeitete Friedemann Bach auch an einer Oper Lausus und Lydie die aber krankheitsbedingt nie fertiggestellt wurde und deren Fragment verloren ist Aus dieser Zeit ist nur eine Schulerin bekannt mit Namen Sara Levy geborene Itzig 1761 1854 eine Grosstante des spateren Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy In Berlin bewarb sich Wilhelm Friedemann Bach am 9 Januar 1779 um die Organistenstelle an der Marienkirche wiederum ohne Erfolg trotz der Fursprache des Bruders des preussischen Konigs und von Prinzessin Anna Amalia Finanzielle Probleme zwangen ihn auch nach und nach seine musikalische Bibliothek und die noch verbliebenen geerbten Musikalien seines Vaters zu verkaufen ebenso auch eigene Kompositionen In diese Zeit fallt auch seine Manipulation der Autorschaft vorhandener Noten so deklarierte er Johann Sebastian Bachs Bearbeitung des Vivaldi Konzerts BWV 596 als sein eigenes Werk die hieraus entstandene musikhistorische Verwirrung konnte erst im Jahr 1911 endgultig aufgeklart werden Andererseits anderte er die Autorschaft eigener Kompositionen in der Weise dass sie als solche seines Vaters gelten sollten vermutlich um sie besser zu verkaufen Bekannt geworden ist auch Wilhelm Friedemann Bachs angeblicher Versuch Johann Philipp Kirnberger mittels Verleumdungen aus seiner Stellung bei Prinzessin Anna Amalia zu drangen um selbst dieses Amt einnehmen zu konnen allerdings ist diese Begebenheit nur aus einem Brief Kirnbergers an Forkel bekannt und sonst nirgends belegt Jedoch hatte dieser Vorgang zur Folge dass Anna Amalia dem Komponisten von da an die finanzielle Unterstutzung entzog In seinen letzten Jahren krankelte Wilhelm Friedemann Bach zunehmend und zog sich resignierend mehr und mehr aus der Offentlichkeit zuruck Er starb am 1 Juli 1784 wie es heisst im 74 Jahr seines Alters an einer volligen Entkraftung Der Schreiber des Totenbuchs der Berliner Luisenstadtkirche vermerkte als Todesursache an der Brustkrankheit was an eine Tuberkulose denken lasst Friedemann Bach wurde auf dem Luisenstadter Kirchhof neben der Kirche beigesetzt Im Jahr 1870 wurde dieser Friedhof eingeebnet und heute erinnert eine Stele im Luisenstadtischen Kirchpark mit einem Portrat des Komponisten an ihn und an die verlorene Grabstatte Der Komponist muss aber bis zum Schluss noch weithin bekannt gewesen sein denn nach seinem Ableben schrieb Carl Friedrich Cramer in dem von ihm herausgegebenen Magazin der Musik Deutschland hat in ihm seinen ersten Orgelspieler und die musikalische Welt uberhaupt einen Mann verloren dessen Verlust unersetzlich ist Frau und Tochter Bachs blieben in grosser Armut zuruck Zu ihrer Unterstutzung wurde im folgenden Jahr in Berlin ein Benefizkonzert mit der Auffuhrung von Handels Oratorium Der Messias veranstaltet und die Hinterbliebenen bekamen einen Teil der Einnahmen Dorothea Elisabeth Bach uberlebte ihren Mann um knapp sieben Jahre und starb in Berlin am 21 Juni 1791 Die gemeinsame Tochter Friederica Dorothea heiratete am 10 Februar 1793 den vier Jahre jungeren Grenadier Joseph Schmidt vom Infanterieregiment Arnim zu Berlin Beide wanderten wenige Jahre spater in die Vereinigten Staaten aus zusammen mit einem Teil von Friedemann Bachs Nachlass Dieser ist dort zwischen den Jahren 1990 und 2000 wie es heisst versehentlich vernichtet worden Bedeutung BearbeitenDie Aussagen Wilhelm Friedemann Bachs und seines Bruders Carl Philipp Emanuel waren fur den Bach Biografen Johann Nikolaus Forkel die wichtigsten Quellen fur seine Biografie von deren Vater Johann Sebastian Das Werk Friedemann Bachs begann schon zu Lebzeiten des Komponisten in seinem Bestand verloren zu gehen weil er seine Kompositionen infolge seiner Verarmung teilweise veraussern musste Erhebliche weitere Verluste traten dann offenbar um das Jahr 1800 ein Zusatzliche Verluste grosseren Ausmasses erfolgten dann durch die Einwirkung des Zweiten Weltkriegs Der bedeutende Quellenschatz der Berliner Singakademie der Stucke des Komponisten nach der Zufuhrung durch Sara Levy und Carl Friedrich Zelter enthielt war ab 1945 zunachst verschollen und wurde 1999 in Kiew durch den Harvard Professor Christoph Wolff wieder aufgefunden Die Auswertung dieses umfangreichen Fundes ist noch im Gange bzw es gibt dazu noch keine enzyklopadische Veroffentlichung Auch ist die chronologische Einordnung der vorhandenen Werke Friedemann Bachs wegen der grossen Zahl von untergeschobenen Stucken erheblich erschwert Infolgedessen muss sich eine Wurdigung des Gesamtwerks des Komponisten auf den vergleichsweise schmalen Sektor der verbliebenen bekannten Kompositionen beschranken Wilhelm Friedemann Bach begann erst in seiner Dresdner Zeit nach der relativen Unabhangigkeit von seinem Vater in nennenswertem Umfang mit dem Komponieren zunachst mit Werken fur Tasteninstrumente Vor dieser Zeit sind nur wenige Stucke entstanden eher durch improvisatorische Einfalle Gerade in seinem Gesamtwerk fur Tasteninstrumente ist seine Neigung zu grosser Virtuositat unverkennbar Musikwissenschaftler sowie Interpreten dieser Werke sind sich einig dass die Cembalokonzerte a Moll und D Dur ebenso wie die 1745 erschienene Sonate D Dur zu den technisch schwierigsten Werken ihrer Zeit in dieser Gattung gehoren Bachs Werke der Dresdner Zeit zeigen eine deutliche Nahe zum 1 Teil der Clavierubung seines Vaters also zu den Partiten BWV 525 530 entstanden 1726 1731 doch schon hier ist ein sehr individueller und eigenwilliger Stil des Komponisten in seinen charakteristischen melodischen Formeln und seiner Tendenz zu kontrapunktischer oder imitativer Durcharbeitung sichtbar In den Kantaten die vermutlich alle in Halle geschrieben wurden benutzt er teilweise Wendungen des Dresdner Opernstils kommt aber in vielen Einzelheiten auf den Vokalstil seines Vaters zuruck Dies gilt insbesondere fur seine Verwendung von Instrumental Einleitungen die teilweise neu sind teilweise aber aus Stucken seiner Dresdner Zeit ubernommen wurden die Chorsatze dieser Werke enthalten eine Reihe von hoch anspruchsvollen Fugen Unabhangig davon zeigen einige dieser Kantaten einen deutlichen Einfluss von Kantaten Telemanns so zeigt seine Komposition uber Ach Gott vom Himmel sieh darein eine offenkundige Ahnlichkeit mit Telemanns Vertonung des gleichen Lieds So wie die Instrumentalwerke stellen auch seine Vokalwerke hohe technische Anforderungen an die Singstimmen und die sie begleitenden Instrumentalisten In seinen spaten Klavierwerken beschreitet der Komponist neue stilistische Wege bei seinen spaten Sonaten tendiert er zu grosserer formaler satztechnischer und melodischer Klarheit Das virtuose Profil seiner Fantasien nimmt teilweise Spieltechniken des 19 Jahrhunderts vorweg andererseits greift er hier auf fruhere Formmodelle wie Fuge und Toccata zuruck Von Forkel ist eine Wurdigung Wilhelm Friedemanns durch Carl Philipp Emanuel Bach uberliefert Er konnte unseren Vater eher ersetzen als wir alle zusammengenommen Rezeption Bearbeiten nbsp Gedenktafel am Haus Markt 18 in Weimar nbsp Gedenktafel am Haus Oberwallstrasse 9 in Berlin MitteIm 19 Jahrhundert orientierte sich das Urteil der Nachwelt uber Wilhelm Friedemann Bach zunachst an den vielen Anekdoten uber seine Auseinandersetzungen mit seiner sozialen Umgebung die besonders von Friedrich Wilhelm Marpurg Johann Friedrich Reichardt und Johann Friedrich Rochlitz verbreitet wurden Andererseits waren in dieser Zeit von seinen Kompositionen speziell die Polonaisen so popular dass Friedrich Konrad Griepenkerl im Jahr 1819 eine Neuausgabe dieser Werke vornahm Bis in die Gegenwart ist der Roman Friedemann Bach von Albert Emil Brachvogel aus dem Jahr 1858 lebendig der mit seinen stark romantisch gepragten Darstellungen dem Publikumsgeschmack des 19 Jahrhunderts weit entgegenkam mit der tatsachlichen Biografie des Komponisten aber fast nichts gemeinsam hat Spater befassten sich Karl Franz Friedrich Chrysander und insbesondere Karl Hermann Bitter 1868 und 1883 mit Leben und Werk des Komponisten wobei gerade letzterer durch seine mit Vorurteilen behaftete und wegen des Alkoholismus Vorwurfs teilweise verleumderische Darstellung besonders auffallt Auf Brachvogels Roman basierten im 20 Jahrhundert die Oper Friedemann Bach von Paul Graener aus dem Jahr 1931 ebenso wie die Verfilmung mit dem gleichen Titel aus dem Jahr 1941 mit Gustaf Grundgens in der Hauptrolle unter der Regie von Traugott Muller Der erste Lichtblick in diesem Zusammenhang war die grundlegende Monografie von Martin Falck aus dem Jahr 1913 die spater durch eine Reihe von Spezialstudien von Werner Braun Heinrich Miesner und Hans Joachim Schulze um wesentliche Aspekte erganzt wurde und bezogen auf einzelne Werkgruppen von weiteren Musikwissenschaftlern diskutiert und erweitert wurde Zuletzt wurde das Gesamtschaffen von Wilhelm Friedemann Bach von Peter Wollny in seiner Dissertation aus dem Jahr 1993 dargestellt Die eigentliche Problematik der Musikerpersonlichkeit von Wilhelm Friedemann Bach hat der Musikschriftsteller Ulrich Kahmann in seiner Veroffentlichung Wilhelm Friedemann Bach der unterschatzte Sohn aus dem Jahr 2010 unter anderem mit folgenden Satzen charakterisiert Unterwarf er sich den Dresdner Idealen einer galanten Tonsprache so verriet er das musiksprachliche Erbe seines Vaters so wie er es verstand Wagte er sich aber durchaus im Einklang mit Sebastians Innovations Mut mit kunstlerischer Konsequenz an die Formulierung neuer kuhner Ideen so verfehlte er den Publikumsgeschmack Die Marktgesetze blieben ihm auch spaterhin fremd Carl Philipp Emanuel dagegen wusste sie klug zu nutzen Ein stolzer Geist so scheint es leitete einen Mann der Eigensinn dort zeigte wo Konformitat gefragt war Friedemann Bachs Musik passte weder ins erhabene Barockmetier der alten Schule noch ins gangige gefallige Unterhaltungsfach Ein Museum mit dem Namen Wilhelm Friedemann Bach Museum wurde 2012 in Halle eroffnet Werke summarisch BearbeitenHier sind diejenigen Kompositionen nur teilweise berucksichtigt die in dem 1999 in Kiew wieder aufgefundenen Bestand der Berliner Singakademie enthalten sind Ein neueres kritisches Werkverzeichnis mit dem Nachweis aller bekannten Quellen erstellt von Peter Wollny ist 2012 in der Reihe Bach Repertorium erschienen 7 Vokalmusik 26 geistliche Kantaten Chorsatze und Arien 5 Messen Einzelsatze des Mess Ordinariums und andere liturgische Stucke 2 weltliche Kantaten und Huldigungsmusiken Buhnenwerk Oper Lausus und Lydie Libretto von Carl Martin Plumicke nach Jean Francois Marmontel um 1778 1779 Fragment Manuskript verschollen Instrumentalmusik 9 Sinfonien fur Orchester eine davon unvollstandig 8 Konzerte davon 5 fur Cembalo 1 fur zwei Cembali 1 fur Flote 1 weiteres fur Cembalo das aber moglicherweise von Altnikol stammt 8 Sonaten fur verschiedene Instrumente 6 Duette fur zwei Floten 3 Duette fur zwei Violen Claviermusik 12 Sonaten fur Cembalo 1 Sonate fur zwei Cembali verschollen 2 Concerti fur ein Cembalo bzw zwei Cembali 13 Polonaisen 10 Fantasien 10 Fugen 1 Suite 18 Einzelstucke wie Menuette Marsch Andante Allegro Praludien und anderes Echtheit teilweise unsicher teilweise seit 1945 verschollen 18 kleine Stucke fur die Spieluhr im Kothener Schloss 4 Fantasien 2 Menuette 1 Ouverture und 1 Sonate aus der ehemaligen Universitatsbibliothek Konigsberg seit 1945 verschollen Orgelmusik 5 Fugen Echtheit teilweise unsicher 7 Choralbearbeitungen 1 Orgel Choraltrio 4 weitere Choralbearbeitungen Echtheit unsicher aus der ehemaligen Universitatsbibliothek Konigsberg seit 1945 verschollen Kontrapunktische Studien Widmungen und Kanons 1 Fugen Exposition Braunschweig 14 Juni 1771 1 Studie uber B A C H 15 Juli 1773 im Stammbuch von Carl Friedrich Cramer etwa 20 Kanons und Kontrapunktstudien davon 13 bei Friedrich Wilhelm Marpurg 4 Tripelkanons bei Johann Philipp Kirnberger Schrift Abhandlung vom Harmonischen Dreyklang Angekundigter Druck nicht erschienen Manuskript verschollen Ausgaben summarisch BearbeitenGesamtausgabe Wilhelm Friedemann Bach Gesammelte Werke Hrsg von Peter Wollny 10 Bande Carus Stuttgart 1999ff 7 Kantaten bei verschiedenen Verlagen 1964 1980 3 Sinfonien bei verschiedenen Verlagen 1961 1967 2 Cembalokonzerte bei verschiedenen Verlagen 1955 und 1999 4 Trios fur 2 Soloinstrumente und Basso continuo 3 Duette fur zwei Violen 6 Duette fur zwei Floten bei verschiedenen Verlagen 1966 1988 Klaviermusik Samtliche Klaviersonaten Hrsg von Friedrich Blume Kassel 1930 1940 Klavierfantasien Hrsg von Peter Schleunig Mainz 1972 Ausgewahlte Klavierwerke Hrsg von A Bohnert und K Schilde Munchen 1992 Samtliche Orgelwerke Hrsg von Traugott Fedtke Frankfurt am Main 1966 Aufnahmen Auswahl BearbeitenClaviermusik I Leon Berben Cembalo Carus 2010 Kantaten I und II und anderes Carus Rastatter Hofkapelle Leitung Jurgen Ochs 2010 Literatur BearbeitenHeinrich Bellermann Bach Friedemann In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 1 Duncker amp Humblot Leipzig 1875 S 743 f Martin Falck Wilhelm Friedemann Bach Sein Leben und seine Werke mit thematischem Verzeichnis seiner Werke Leipzig 1913 Nachdruck Olms Hildesheim 2003 Wilibald Gurlitt Bach Wilhelm Friedemann In Neue Deutsche Biographie NDB Band 1 Duncker amp Humblot Berlin 1953 ISBN 3 428 00182 6 S 489 Digitalisat Albert Schweitzer Johann Sebastian Bach Breitkopf Hartel Wiesbaden 1960 Wolfgang Plath Hrsg Klavierbuchlein fur Wilhelm Friedemann Bach Kassel 1963 Neue Bach Ausgabe V 3 Friedrich Wilhelm Bautz Bach Wilhelm Friedemann In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 1 Bautz Hamm 1975 2 unveranderte Auflage Hamm 1990 ISBN 3 88309 013 1 Sp 323 324 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Marc Honegger Gunther Massenkeil Hrsg Das grosse Lexikon der Musik Band 1 Herder Freiburg im Breisgau 1978 ISBN 3 451 18051 0 S 160 161 Percy M Young Die Bachs 1500 1850 VEB Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1978 Kapitel 9 Elena Borysenko The Cantatas of W F Bach Dissertation University of Rochester 1981 Peter Wollny Studies in the Music of Wilhelm Friedemann Bach Sources and Style Cambridge 1993 Zugleich Cambridge University Dissertation 1993 Marc Vignal Die Bach Sohne Laaber Verlag Laaber 1999 ISBN 3 89007 440 5 Peter Wollny Bach Wilhelm Friedemann In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite Ausgabe Personenteil Band 1 Aagard Baez Barenreiter Metzler Kassel u a 1999 ISBN 3 7618 1111 X Sp 1536 1547 Online Ausgabe fur Vollzugriff Abonnement erforderlich Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Music and Musicians 2 Auflage Band 2 McMillan Publishers London 2001 ISBN 0 333 60800 3 Michael Heinemann Jorg Strodthoff Hrsg Wilhelm Friedemann Bach Der streitbare Sohn Schriftenreihe der Hochschule fur Musik Carl Maria von Weber Dresden 2005 Ulrich Kahmann Wilhelm Friedemann Bach der unterschatzte Sohn 2 Auflage Aistesis Bielefeld 2015 ISBN 978 3 89528 828 9 Ulrich Kahmann Ein falsches Bild von Wilhelm Friedemann Bach In Die Tonkunst Jg 4 Nr 4 2010 S 535 539 Daniel Hensel Wilhelm Friedemann Bach Epigone oder Originalgenie verquere Erscheinung oder grosser Komponist ibidem Stuttgart 2011 ISBN 978 3 8382 0178 8 Pieter Dirksen Zur Umfang des erhaltenen Orgelwerks von Wilhelm Friedemann Bach In Wilhelm Friedemann Bach und die protestantische Kirchenkantate nach 1750 Ortus Musikverlag Berlin 2012 S 391 412 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Wilhelm Friedemann Bach Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Wilhelm Friedemann Bach im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Wilhelm Friedemann Bach in der Deutschen Digitalen Bibliothek Noten und Audiodateien von Wilhelm Friedemann Bach im International Music Score Library Project Diskografie der Werke Bachs und der Bach Familie mit vielen weiteren Informationen abgerufen am 15 Juli 2014 Werkverzeichnis bei klassika info abgerufen am 15 Juli 2014 Wilhelm Friedemann Bach Aktuelle Forschungsergebnisse zum Portrat und der Person bei Bach uber BachQuellen Bearbeiten Peter Wollny Bach Wilhelm Friedemann In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite Ausgabe Personenteil Band 1 Aagard Baez Barenreiter Metzler Kassel u a 1999 ISBN 3 7618 1111 X Sp 1536 1547 Online Ausgabe fur Vollzugriff Abonnement erforderlich Marc Honegger Gunther Massenkeil Hrsg Das grosse Lexikon der Musik Band 1 Herder Freiburg im Breisgau 1978 ISBN 3 451 18051 0 S 160 161 Stanley Sadie Hrsg The New Grove Dictionary of Music and Musicians 2 Auflage Band 2 McMillan Publishers London 2001 ISBN 0 333 60800 3 Marc Vignal Die Bach Sohne Laaber Verlag Laaber 1999 ISBN 3 89007 440 5 Albert Schweitzer Johann Sebastian Bach Breitkopf Hartel Wiesbaden 1960 Ulrich Kahmann Wilhelm Friedemann Bach der unterschatzte Sohn 2 Auflage Aistesis Bielefeld 2015 ISBN 978 3 89528 828 9 Peter Wollny Wilhelm Friedemann Bach thematisch systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke BR WFB Bach Repertorium 2 CV 24 202 Carus Stuttgart 2012 ISBN 978 3 89948 155 6 Normdaten Person GND 118505548 lobid OGND AKS LCCN n79145903 VIAF 74036708 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bach Wilhelm FriedemannKURZBESCHREIBUNG deutscher Komponist Organist und CembalistGEBURTSDATUM 22 November 1710GEBURTSORT WeimarSTERBEDATUM 1 Juli 1784STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm Friedemann Bach amp oldid 234721555