www.wikidata.de-de.nina.az
Die Goldberg Variationen sind ein Werk Johann Sebastian Bachs BWV 988 fur Cembalo Im von Bach selbst veranlassten Erstdruck aus dem Jahr 1741 wurde es als Clavier Ubung bestehend in einer ARIA mit verschiedenen Veraenderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen bezeichnet 1 Die Benennung nach Johann Gottlieb Goldberg entstand posthum aufgrund einer Anekdote 2 Titelblatt des ErstdrucksDie Goldberg Variationen stellen einen Hohepunkt barocker Variationskunst dar Das Werk zeichnet sich durch einen planvollen Gesamtaufbau mit regelmassig eingefugten in den Oberstimmen streng kanonischen Satzen aus Den inneren Zusammenhang der Variationen untereinander liefert das gemeinsame Bassthema Jeder Einzelsatz besitzt einen eigenen Charakter Die Haupttonart ist G Dur Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung und Namensgebung 2 Aufbau und Struktur 3 Einzelanalysen 3 1 Aria 3 2 Fundamental Noten 3 3 Kanons und frei imitierende Polyphonie 3 4 Stilisierungen 3 5 Bravourstucke 3 6 Mollvariationen 3 7 Quodlibet 3 8 Ubersicht 4 Johann Sebastian Bachs Handexemplar 5 Musikgeschichtliche Einordnung 6 Editionen und Bearbeitungen 7 Musikalische Interpretation 8 Goldberg Variationen in der Literatur 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseEntstehung und Namensgebung BearbeitenDie genaue Entstehungszeit des Werkes ist unbekannt Es wurde im Herbst 1741 3 in Nurnberg von Balthasar Schmid 1705 1749 gestochen und verlegt Bachs Autograph existiert nicht mehr Grosse Beachtung fand daher ein 1975 aufgefundenes einwandfrei Bach zuzuschreibendes Handexemplar des Erstdruckes das neben kleinen Korrekturen auch 14 Kanons in Bachs Handschrift enthalt 4 Der Name Goldberg Variationen auch Goldberg sche Variationen etablierte sich erst im Laufe des 19 Jahrhunderts Er wurde nach einem anekdotischen Bericht in Johann Nikolaus Forkels Uber Johann Sebastian Bachs Leben Kunst und Kunstwerke von 1802 gebildet Laut Forkel sei Bachs Aria mit verschiedenen Veranderungen fur den russischen Gesandten am Dresdner Hof den mit der Familie Bach befreundeten Grafen Hermann Carl von Keyserlingk verfasst worden Der in dessen Diensten stehende Cembalist Johann Gottlieb Goldberg ein hochbegabter Schuler Wilhelm Friedemann Bachs und Johann Sebastian Bachs sollte dem Grafen daraus vorspielen 2 Einst ausserte der Graf gegen Bach dass er gern einige Clavierstucke fur seinen Goldberg haben mochte die so sanften und etwas muntern Charakters waren dass er dadurch in seinen schlaflosen Nachten ein wenig aufgeheitert werden konnte Bach glaubte diesen Wunsch am besten durch Variationen erfullen zu konnen die er bisher der stets gleichen Grundharmonie wegen fur eine undankbare Arbeit gehalten hatte Dieser Bericht geht wahrscheinlich auf Informationen der beiden altesten Bachsohne zuruck 5 Eine weitere Quelle wurde nicht aufgefunden Zwei wichtige Argumente lassen am Wahrheitsgehalt des Berichts zweifeln Die gedruckte Fassung der Variationen enthalt einerseits keine Widmung etwa eine formliche Widmung an Keyserlingk Zum anderen war Johann Gottlieb Goldberg 1740 erst 13 Jahre alt und damit technisch kaum in der Lage dieses anspruchsvolle Werk adaquat zu bewaltigen Daher ist der Wahrheitsgehalt von Forkels Bericht umstritten Forkel habe einen spateren romantischen Kunstbegriff des beginnenden 19 Jahrhunderts auf Bachs Motive und die Kunstauffassung seiner Epoche angewendet 6 Sein Bericht widerspricht allerdings nicht der heute meist vertretenen Meinung die Komposition sei von Anfang an als Teil und kronender Abschluss der Clavierubung geplant worden 7 Doch selbst hierbei gibt es keine Sicherheit denn der Druck von Teil IV der Clavier Ubung von 1741 wurde anders als Teil II und III und genauso wie Teil I von 1731 mit seinen Vorveroffentlichungen nicht in die laufende Nummerierung Bachs aufgenommen Allerdings legen identische sich nur in der Rechtschreibung unterscheidende Formulierungen auf den Titelblattern die Zusammengehorigkeit samtlicher Clavier Ubungen nahe Auf dem Titelblatt von Bachs OPUS 1 heisst es Clavir Ubung bestehend in Praeludien Allemanden Couranten Sarabanden Giguen Menuetten und anderen Galanterien Denen Liebhabern zur Gemuths Ergetzung verfertiget von Johann Sebastian Bach 8 Aufbau und Struktur BearbeitenSatzuberschriften des Originaldrucks Bachs spatere Zusatze in seinem Handexemplar in Klammern Aria Variatio 1 a 1 Clav Variatio 2 a 1 Clav Variatio 3 Canone all Unisuono a 1 Clav Variatio 4 a 1 Clav Variatio 5 a 1 o vero 2 Clav Variatio 6 Canone alla Seconda a 1 Clav Variatio 7 a 1 o vero 2 Clav al tempo di Giga Variatio 8 a 2 Clav Variatio 9 Canone alla Terza a 1 Clav Variatio 10 Fugetta a 1 Clav Variatio 11 a 2 Clav Variatio 12 Canone alla Quarta Variatio 13 a 2 Clav Variatio 14 a 2 Clav Variatio 15 andante Canone alla Quinta a 1 Clav Variatio 16 a 1 Clav Ouverture Variatio 17 a 2 Clav Variatio 18 Canone alla Sexta a 1 Clav Variatio 19 a 1 Clav Variatio 20 a 2 Clav Variatio 21 Canone alla Settima Variatio 22 a 1 Clav alla breve Variatio 23 a 2 Clav Variatio 24 Canone all Ottava a 1 Clav Variatio 25 a 2 Clav adagio Variatio 26 a 2 Clav Variatio 27 Canone alla Nona a 2 Clav Variatio 28 a 2 Clav Variatio 29 a 1 o vero 2 Clav Variatio 30 a 1 Clav Quodlibet Aria da Capo e FineDer einleitenden Aria folgen in zwei Teile unterteilt 30 Variationen die sich jedoch kaum an der Melodie der Arie sondern nahezu ausschliesslich an ihrer 32 taktigen Basslinie orientieren Jede dritte Variation enthalt einen Kanon wobei das Intervall der kanonischen Stimmen stetig wachst Die aufsteigende Intervallfolge ist vom Einklang uber Sekunde Terz Quarte usw bis zur None angeordnet Die 16 Variation eine Ouverture markiert den Beginn des zweiten Teiles der Variationenreihe Die 30 Variation weicht von der strengen Anordnung ab Statt eines Dezimenkanons setzt Bach hier ein Quodlibet ein das zwei Volkslieder kunstvoll kontrapunktisch ineinander verwebt Ein da Capo der im Erstdruck nicht nochmals wiedergegebenen Aria schliesst den Zyklus ab Dadurch ergibt sich folgende Grossdisposition 1 Teil 16 Satze 2 Teil 16 SatzeAria 3 Variationen 3 Variationen 3 Variationen 3 Variationen 3 Variationen 3 Variationen 3 Variationen 3 Variationen 3 Variationen 3 Variationen AriaBinnengliederung der zehn Dreiergruppenfreie Variation freie Variation Kanon bzw QuodlibetDer symmetrische Aufbau und die schematische Binnengliederung bilden das Gerust fur vielfaltige musikalische Gestalten Bach im Handexemplar verschiedene Veraenderungen Die Varietas der Variationen kommt beispielsweise durch unterschiedliche Satztypen Tempi Taktarten Tongeschlechter Spielweisen und die unterschiedliche Gestaltung der Intervallkanons zustande Einzelanalysen BearbeitenAria Bearbeiten nbsp Klavierstuck ohne Titel notiert von Anna Magdalena Bach in ihrem zweiten Notenbuchlein Es ist bis auf Kleinigkeiten identisch mit der Aria der Goldberg Variationen source source Aria der Goldberg Variationen in wohltemperierter Stimmung Werckmeister III auf einem Digitalpiano mit digitalisiertem Cembaloklang gespieltDie Aria ist der einzige Satz des Werkes von dem es eine fruhere handschriftliche Fassung gibt Diese weicht nur in unwichtig erscheinenden Kleinigkeiten von der gedruckten Aria ab 9 Sie wurde von Anna Magdalena Bach ohne Titel in ihr zweites 1725 begonnenes Notenbuchlein eingetragen Dabei gelangte der Satz auf zwei bis dahin freie Leerseiten zwischen Auf und Abgesang eines schon fruher notierten Liedes Seit Arnold Schering aufgrund von stilkritischen Untersuchungen die Meinung vertrat Bach konne nicht der Autor der Aria oder ihrer Vorlage sein halt die Auseinandersetzung um deren Herkunft an Dabei spielt auch der vermutliche Zeitpunkt der Niederschrift eine Rolle Anna Magdalenas Handschrift lasst vermuten sie habe die Noten zwischen 1735 und 1741 eingetragen 9 Damit kann der titellose Satz in direkter zeitlicher Verbindung mit der Komposition des Variationenwerkes gesehen werden Gegen Bachs Urheberschaft wird vor allem das uberreiche ausfuhrliche Auszieren von Melodie und Unterstimmen nach franzosischer Manier angefuhrt fur Bachs Urheberschaft spricht die besondere Qualitat des weit ausgesponnenen Bassfundaments dessen ersten acht Takten Bach in seinem Handexemplar durch die Niederschrift von vierzehn Kanons weitere grosse Bedeutung gegeben hat 10 Auch versteckte melodische Anspielungen an die Variation 30 das Quodlibet wurden angefuhrt 11 Der italienische Name Aria meint in diesem Falle nicht etwa eine stilisierte Opernarie sondern einen Typ von Instrumentalsatz wie er im italienischen und deutschen Barock etwa seit Girolamo Frescobaldi Aria detta la Frescobalda von 1627 des Ofteren als Thema fur Instrumentalvariationen genommen wurde Dabei hat neben der meist gesanglichen Melodie vor allem das harmonische Gerust uber einem oft ostinaten Bass konstituierende Bedeutung 12 Vergleichbares zeigt beispielsweise Georg Friedrich Handels reichverzierte Air als Thema nachfolgender Variationen in dessen 1720 veroffentlichter Cembalo Suite d Moll HWV 428 Nach Christoph Wolff weist der Anfangsteil der Bassstimme mit dem Ostinato Bass von Handels Werk Chaconne avec 62 veriations HWV 442 eine Ahnlichkeit auf Die Aria der Goldberg Variationen ist zweiteilig forma bipartita aus jeweils wiederholten 16 16 Takten Die Zahl der 32 Takte korrespondiert mit der Zahl der 32 Satze Die Aria gleicht dem Satztyp einer gravitatischen Sarabande 13 Ihre reiche genau ausgeschriebene Ornamentik verweist auf Francois Couperin Ein besonderes Gewicht erhalt diese Aria weil sie nicht nur dem Zyklus voransteht und dessen Fundamentalbass liefert sondern das Werk auch in einem da Capo beschliesst Damit folgt Bach einer barocken Praxis in der die variierte Melodie in der letzten Variation noch einmal klar herausgestellt wird 14 Fundamental Noten Bearbeiten Die Aria und die meisten Variationen besitzen Basslinien die auf 32 Fundamental Noten 15 zuruckgefuhrt werden konnen Bei Variatio 18 wurden einige Fundamental Noten in die Oberstimmen versetzt Manchmal erscheinen diese auf die beiden Stimmen von zwei Klaviaturen verteilt wie in Variatio 20 oder geraten beim Uberkreuzen der Hande in hohere Stimmlagen wie in Variatio 17 Wie in der nachfolgend gezeigten Idealform kommen sie allerdings nirgends vor Manchmal sind sie vom Taktanfang fortgeruckt oder werden durch andere Tone der dazugehorigen Akkorde ersetzt 16 nbsp Die 32 Takte lassen sich in gleich grosse Abschnitte teilen Jeweils am Ende der Teile steht eine Kadenz Harmonische GrobgliederungTakte 1 8 Takte 9 16 Takte 17 24 Takte 25 32Kadenz in G Kadenz in D Kadenz in e Kadenz in GViele Variationen entsprechen dieser schlichten harmonischen Gliederung In einzelnen Variationen kommen weitere harmonische Mittel wie Zwischendominanten Ausweichungen und neapolitanischer Sextakkord vor Die Moll Variationen besitzen ihrem Tongeschlecht entsprechend das Grundschema g D Es g Bachs Anwendung der Fundamental Noten unterscheidet sich vom bis dahin vorherrschenden Usus bei Variationen das harmonische Gerust uber dem Bass moglichst unverandert zu belassen und mit den Basstonen die erste Zahlzeit der Takte zu markieren und gelangt zu einer ziemlich freien variablen Verwendung der uberkommenen Mittel 16 Das zeigt sich beispielsweise beim Vergleich der Goldberg Variationen mit Georg Friedrich Handels auch in G Dur stehender zwischen 1703 und 1706 entstandener und 1730 und 1733 veroffentlichter Chaconne mit 62 Variationen HWV 442 Deren Bassfundament beschrankt sich auf acht Tone und entspricht den ersten acht der zweiunddreissig Bach schen Fundamental Noten Handel komponierte als letzte Variation dieser Chaconne einen zweistimmigen Kanon allerdings ohne Bassfundament Dieser Umstand hat dennoch dazu gefuhrt anzunehmen Bach habe Handels Chaconne gekannt und als direkte Anregung zur Komposition der Goldberg Variationen und der damit verbundenen Vierzehn Canones genommen 7 Doch keinerlei Quellen unterstutzen diese Theorie Dagegen ist belegt dass Bach Girolamo Frescobaldis Fiori musicali besass und Dietrich Buxtehudes Variationenwerk kannte und damit mit den Traditionen von Variationenwerken uber ostinaten Bassen vertraut war zu denen beispielsweise auch Kompositionen von Henry Purcell 17 und Francois Couperin 18 gehoren Frescobaldi benutzte nicht nur ostinate Basse sondern er variierte in der Bergamasca aus den Fiori musicali zudem die Bergamasca Melodie die dem von Bach verwendeten Lied Kraut und Ruben zugrunde liegt 19 Der einzige Bach bekannte Komponist der ein ahnlich weitgespanntes Harmonie und Bassgerust benutzt hatte war Johann Christoph Bach 1642 1703 mit seiner Sarabanda duodecies variata 20 Kanons und frei imitierende Polyphonie Bearbeiten nbsp Beginn der Variatio 12 Kanon in der Unterquart mit UmkehrungJede dritte Variation ist ein Kanon Es handelt sich um sogenannte Intervall Kanons bei denen die Kanonstimmen in einem jeweils grosseren Intervall zueinander beginnen und zwar von der Prime von Bach all Unisuono genannt bis zur None Alle Kanons sind zweistimmig und werden ausser dem Kanon in der None von einer dritten Stimme einem der Basslinie der Aria verpflichteten Bass begleitet Variatio 12 und Variatio 15 enthalten Umkehrungskanons und zwar Variatio 12 in der Unterquarte und Variatio 15 in der Oberquinte Diese Clavier Kanons sind ohne direktes Vorbild also Bachs ureigene Formschopfung Auch die nichtkanonischen Variationen sind durchdrungen von polyphonen Satztechniken und konnen im Vergleich mit den Kanons als frei imitierend bezeichnet werden Vor allem drei Satzarten sind zu nennen Invention oder Duetto Fuge bzw Fugato und ganz allgemein der Stile antico der von der alten polyphonen Vokalmusik herkommt und durch eine Notation in grossen Notenwerten und im Alla breve Takt gekennzeichnet wird 21 22 Daruber hinaus kommen polyphone Formen vor die keinem bisherigen Schema zugeordnet werden konnen nbsp Beginn von Variatio 22In der Satzart von Inventionen sind beispielsweise Variatio 1 Variatio 8 Variatio 11 und Variatio 17 Fugenartig sind die Variatio 10 Fugetta 23 und das Fugato in Variatio 16 Dem Stile antico verpflichtet sind Variatio 10 Variatio 18 und Variatio 22 Freie Polyphonie ohne vorgegebenes Schema findet sich beispielsweise in Variatio 4 und Variatio 19Stilisierungen Bearbeiten Einige Variationen lehnte Bach an bekannte Formen Gattungen und Satztypen an Beispiele Polonaise Variatio 1 wird gepragt vom Rhythmus einer Polonaise Takt 1 Unterstimme der abtaktig eingesetzt zum ausgeschriebenen Mordent wird Takt 1 Oberstimme 24 Passepied Variatio 4 es fehlt allerdings der charakteristische Achtel Auftakt 25 nbsp Beginn der Variatio 7 al tempo di Giga Gigue franzosischer Typ Variatio 7 erhielt von Bach selbst in seinem Handexemplar den Zusatz al tempo di Giga Dennoch ist sie eine franzosische Gigue vom Canarie Typ 26 Giga italienischer Typ Variatio 11 mit dem 12 16 Takt und den laufenden 16tel Noten 27 Menuett Variatio 19 und Variatio 27 auch in franzosischer Clavecin Musik kommen haufiger Menuette im 3 8 Takt vor 28 29 Sarabande Variatio 26 ist eine dreistimmige piece croisee mit zweierlei Taktarten fur die beiden Hande Die zweistimmig gegriffene Sarabande erhalt jeweils einen 3 4 Takt die lauffenden Noten erhalten einen 18 16 Takt 30 Triosonate Variatio 2 gleicht mit ihren imitierend gefuhrten zwei Oberstimmen und der Basslinie dem Satz einer Corelli schen Triosonate 31 32 Fughetta Variatio 10 eine kleine Fuge mit periodischem Bau Die Melodik weist deutlich auf die Bergamasca des Quodlibets voraus 33 Aria Variatio 13 gleicht einer Arie im Stile monodico 34 Franzosische Ouverture Variatio 16 mit typischer Punktierung im langsamen alla breve und mit schnellem Fugato im 3 8 Takt nbsp Beginn der Variatio 29 Toccata Variatio 29 entspringt der italienischen Toccata Tradition 35 Lamento Variatio 21 und Variatio 25 zeigen die typischen chromatisch ausgefullten absteigenden Quarten im Bass Siehe unten das Kapitel Mollvariationen tertiam minorem oder Re Mi Fa betreffend Stile antico siehe oben im Kapitel Kanons und frei imitierende Polyphonie Quodlibet Variatio 30 wird unten gesondert besprochen Bravourstucke Bearbeiten nbsp Beginn der Variatio 14Die bravourosen Satze konnen als Hommage an Domenico Scarlatti gesehen und gehort werden dessen Essercizi 1738 im Druck erschienen sind 36 Gepragt sind Bachs virtuose dem entsprechende Variationen vom Uberschlagen der Hande das Carl Philipp Emanuel Bach 1731 eine sehr eingerissene Hexerey genannt hat und vom Kreuzen der Hande piece croisee Dazu gehoren Variatio 5 Variatio 14 Variatio 20 Variatio 23 und Variatio 28 37 Mollvariationen Bearbeiten nbsp Beginn der Variatio 25 mit dem von Bach nachtraglich eingefugten Eintrag adagio und zusatzlichen VorschlagenEinen besonderen Affect erhielten innerhalb der Variationenreihe die drei g Moll Variationen nach Bachs Sprachgebrauch im Titel des Wohltemperierten Klaviers Variationen tertiam minorem oder Re Mi Fa betreffend Sie werden durch eine dissonanzenreiche Chromatik mit vielen Vorhalten Seufzern vor allem in Variatio 15 und der bei Variatio 21 und Variatio 25 chromatisch ausgefullten abwarts fuhrenden Quarte zu Lamentos im affectus tristitiae Klagen im Affekt der Traurigkeit 38 Den ahnliche Zuge tragenden chromatischen 11 Kanon des Handexemplars siehe unten hat Bach 1747 in ein Stammbuch eingetragen und mit einer Beischrift versehen die auf die g Moll Variationen ubertragen werden kann Symbolum Christus Coronabit Crucigeros Christus wird die Kreuztragenden kronen 39 Quodlibet Bearbeiten nbsp Quodlibet im ErstdruckUber die Gepflogenheiten der Bach schen Grossfamilie sich bei ihren Zusammenkunften am gemeinsamen Stegreifsingen von Quodlibets zu delektieren berichtet Forkel Sie sangen nehmlich nun Volkslieder theils von possierlichem theils auch von schlupfrigem Inhalt zugleich mit einander aus dem Stegreif so dass zwar die verschiedenen extemporirten Stimmen eine Art von Harmonie ausmachten die Texte aber in jeder Stimme andern Inhalts waren Sie nannten diese Art von extemporirter Zusammenstimmung Quodlibet und konnten nicht nur selbst recht von ganzem Herzen dabey lachen sondern erregten auch ein eben so herzliches und unwiderstehliches Lachen bey jedem der sie horte Dieser Bericht und die Texte der im Quodlibet der Goldberg Variationen anklingenden Lieder beleuchten die letzte Variation des Zyklus in burgerlich behabiger Weise Zum Bassthema erklingen namlich Bruchstucke von zwei Gassenhauern der Bachzeit den thuringisch sachsischen Volksliedern Ich bin so lang nicht bei dir g e west ruck her ruck her ruck her und Kraut und Ruben haben mich vertrieben 40 nbsp Die Kernmelodie der Bergamasca im Quodlibet und in der Variatio 10 Doch fur irgendeine Art von Improvisation ist in diesem Stuck kein Platz Es ist bis in alle Einzelheiten sorgfaltigst ausgefeilt Trotz der Vielfalt an Motiven wirkt das Quodlibet sehr einheitlich 41 Jenseits der Beschaulichkeit eines humorvollen Abschieds und Kehraustanzes wie ihn die Volksmelodien nahelegen zeigen sich bei genauerer Analyse weitaus bedeutendere Bezuge Denn die Kraut und Ruben Melodie ist eine Variante der traditionellen Bergamasca Melodie die zusammen mit einem ostinaten Bass Thema unzahliger Variationen war Uber Buxtehudes La Capricciosa Frescobaldis Aria di Romanesca und Scheidts Canzon a 5 Voci ad imitationem Bergamasc reicht die Tradition bis ins 16 Jahrhundert zuruck Die Melodie ist seit 1570 belegt 42 Ein Blick zuruck auf die vorherigen 29 Variationen und die Aria zeigt dass die Melodiestruktur der Anfangstakte der Kraut und Ruben Melodie uber den Kadenzformeln gelegentlich vorkommt 33 Dass es sich hierbei um eine geplante Gestaltung handelt lasst sich nicht belegen doch dass Bach sich des Zusammenhangs zwischen seinem Quodlibet und der Bergamasca Tradition bewusst war kann vor allem wegen seiner Kenntnis der entsprechenden Werke Frescobaldis und Buxtehudes als sicher gelten 43 Ubersicht Bearbeiten Variation Kanon Taktart Anzahl Stimmen Tonart Stilisierung nach Dammann Claviere Registrierungsempfehlung nach Dammann x chorig x choriges CembaloII oberes Manual Tempoempfehlung nach Dammann BemerkungenAria 3 4 3 G Dur gravitatische Sarabande 44 1 1 Teil I 8 Wiederholung II 8 2 Teil rechts I 8 links II 8 ab Takt 25 beide II 8 nbsp 521 3 4 2 G Dur Polonaise 45 1 3 chorig I 8 4 chorig I 8 II 4 Koppel Allegro moderato nbsp 722 2 4 3 G Dur Triosonate a la Corelli 46 1 Andante oder Allegro moderato nbsp 693 Prime 12 8 3 G Dur Pastorale 47 quasi Fagott amp 2 Oboen 48 1 nbsp 138 Ahnlichkeiten zur Sinfonia von Ich steh mit einem Fuss im Grabe BWV 156 49 4 3 8 4 G Dur Passepied 50 1 3 chorig II 8 4 chorig II 8 4 nbsp 1325 3 4 2 G Dur Hommage a Domenico Scarlatti 51 1 oder 2 nbsp 966 Sekunde 3 8 3 G Dur Streicher Duktus 52 1 Gebrauch von Chromatik ohne fur Bach typische pathopoetische Bedeutsamkeit 53 7 6 8 2 G Dur Canarie alla Siciliano 54 1 oder 2 3 chorig rechts I 4 Koppel links 82oder rechts 81 4 links 824 chorig rechts 81 links 82 nbsp 1688 3 4 2 G Dur opernhaft mit Concerto Gestus 55 2 3 chorig rechts I 8 4 links II 8 Manualtausch bei Wiederholung 4 chorig rechts II 8 4 links I 8 gemassigtes Allegro nbsp 769 Terz nbsp 3 G Dur seraphisch verzuckt 56 1 II 8 nbsp 5210 nbsp 4 G Dur auf dem Stile antico aufbauend aber mit martialischem Idiom 57 1 3 chorig I 8 4 4 chorig I 8 gekoppelt II 4 nbsp 7211 12 16 2 G Dur Giga mit Elementen von Pastorale und Siciliano 27 2 rechts II 8 links I 8 3 chorig Manualtausch bei Wiederholung nbsp 88 Dammann imaginiert etwa zwei Schmetterlinge oder zwei federleichte Balletteusen die am Ende im Dreiklang zusammenfinden 58 12 Quarte motu contrario 3 4 3 G Dur 1 I 8 nbsp 5213 3 4 3 G Dur ornamentiertes Arioso im Stile monodico 34 2 3 chorig rechts I 4 Oktave tiefer links II 8 mit Lautenzug 4 chorig rechts II 4 Oktave tiefer links I 16 Oktave hoher Andante nbsp 6914 3 4 2 G Dur 2 3 chorig rechts I 8 4 links II 8 zweiter Teil umgekehrt 4 chorig rechts I 8 links II 8 nbsp 80 88 Versatilitat als Kerngedanke 59 15 Quinte motu contrario 2 4 3 g moll Musica pathetica 60 1 Aufgrund seines Ausdrucksgehalts vanitas mundi und seiner Position im Zyklus liegt der Kerngedanke Media vita in morte sumus nahe 61 16 nbsp 3 8 3 G Dur Franzosische Ouverture 62 1 3 chorig I 8 4 4 chorig I 8 II 8 4 Koppel auf I im zweiten Teil evtl auf II Entsprechend der Franzosischen Ouverture sind die Punktierungen doppeltscharf zu spielen 63 17 3 4 2 G Dur mechanistische Figurationen mit Orgelliteratur als Vorbild 64 2 3 chorig rechts II 8 links I 8 4 Manualtausch bei Wiederholung 4 chorig rechts II 8 4 links I 8 16 nbsp 8418 Sexte nbsp 3 G Dur Stile antico durchdrungen von Zugen des franzosischen Balletts 65 1 nbsp 72 Dammann vergleicht den Satz mit einem himmlischen Tanzreigen oder dem Gesang der drei Engel 65 19 3 8 3 G Dur Menuett 28 1 3 chorig II 8 4 chorig II 8 4 nbsp 14420 3 4 2 G Dur alla Domenico Scarlatti 66 2 rechts II 8 links I 8 3 chorig Manualtausch bei Wiederholung nbsp 76 Am Ende der beiden Halften kommen durch triolisch gebrochene Dreiklangsverschiebungen quasi Quintparallelen vor 67 21 Septe nbsp 3 g moll Lamento 1 3 chorig I 8 4 Chorig I 8 16 nbsp 7222 nbsp 4 G Dur hofische Grandezza 1 I 8 4 und II 8 mit Koppel nbsp 66 7223 3 4 2 G Dur Scherzo grotesquement 68 2 3 chorig rechts I 4 8 2 Lautenzug Koppel links II 8 Lautenzug 4 chorig rechts I 8 16 Theorbenzug links II 8 Lautenzug 4 evtl Koppel nbsp 72 Nach Dammann das ingeniose enfant terrible des Zyklus Vergleich mit Poltergeistern 68 24 Oktave 9 8 3 G Dur Schlummerlied im Bannkreis von Siciliano und Pastorale 69 1 I 8 Larghetto nbsp 152 Die Trillerketten konnen als onomatopoetisches Quirilieren der Vogel wahrgenommen werden 70 25 3 4 3 g moll violinistischer Duktus affectus dolorosus 71 2 rechts I 8 mit Koppel links II 8 nbsp 72 Anklange an Nr 39 der Matthaus Passion 71 26 18 16 X3 4 3 G Dur stilisierte Sarabande 72 2 I 8 4 II 8 mit differenziertem Wechsel 72 nbsp 76 Nach Dammann die ungewohnlichste weil brillanteste Sarabande die je geschrieben wurde 72 27 None 6 8 2 G Dur musikalisches Apercu mit giguenahnlicher Serenitat 73 2 rechts II 8 links I 8 Manualtausch bei Wiederholung empfehlenswert nbsp 52 58 Das einzige pure Duett des Zyklus 74 28 3 4 2 5 G Dur Triller Variation 75 2 3 chorig rechts II 8 links I 4 Manualtausch bei Wiederholung 4 chorig rechts II 8 Laute 4 links I 8 Dammann mutmasst dass es sich bei den obligatorischen Trillern und Doppeltrillern die das Stuck bestimmen im Sinne des Locus amoenus um die Schilderung etwa sprudelnder Bache oder zwitschernder Vogel handeln konnte 76 29 3 4 2 G Dur Toccata im italienischen Stil 35 1 oder 2 3 chorig rechts II 8 Koppel links I 8 4 mit differenziertem Wechsel 77 4 chorig I 8 II 8 4 Koppel Laut Dammann mag Bach das Bild von machtigen hofischen Springbrunnen geleitet haben 77 30 nbsp 4 G Dur instrumentales Quodlibet 78 1 3 chorig II 8 Laute I 4 Koppel 4 chorig II 4 I 16 Koppel auf dem I Manual zu spielen Andante nbsp 52Johann Sebastian Bachs Handexemplar Bearbeiten nbsp Canon triplex aus dem Gemalde von E G Haussmann 1746 Originaldruck des Kanons BWV 1076 1747 und Kanon Nr 13 aus dem Handexemplar 1975 wurde in Strassburg Bachs personliches Handexemplar der Goldbergvariationen entdeckt Es enthalt neben einer Reihe sorgsam eingetragener zusatzlicher Tempovorschriften Verzierungen Artikulationszeichen und Vorzeichen auch vierzehn Verschiedene Canones uber die ersten acht Fundamental Noten vorheriger Arie von J S Bach BWV 1087 in Reinschrift 79 80 Dieselben acht Noten finden sich auch in der dem Betrachter zugewandten untersten Zeile des Notenblatts das Bach in dem Olgemalde von Elias Gottlob Haussmann von 1746 in der Hand halt und auf dem der Canon triplex a 6 V ocibus steht Moglicherweise deuten die Korrekturen und die Erganzungen mit den vierzehn Kanons an dass Bach eine Neuauflage plante 4 Siehe auch Verschiedene CanonesMusikgeschichtliche Einordnung Bearbeiten Die Goldberg Variationen sind ein eminent geschichtshaltiges Werk Zweihundert Jahre Musikgeschichte sind in sie eingegangen und sie wirken bis heute in die Musikgeschichte hinein Sie sind zudem ein Werk der Synthese Ars musica und Spiel Kanon und Variation Adagio und Quodlibet werden zu einem Ganzen zusammengefasst Andreas Traub 81 In Bachs Goldberg Variationen treffen sich italienische franzosische und deutsche Traditionen der Clavier Musik Daruber hinaus erfassen sie stilisierend auch Kompositionsweisen und Formen der vokalen und instrumentalen Ensemblemusik Wie dargelegt reicht das Spektrum von einfachen Volksliedern bis zu gelehrten polyphonen Techniken und von Gesanglichem bis zu ganz aus der Technik des Claviers Erfundenem In einer uberlegen disponierten Ordnung versammelt das Werk viele Stucke aus der Musikgeschichte und aus seiner eigenen Zeit bekannte Musikarten zu einer lebendigen Einheit Die Goldberg Variationen geben eine uberzeugende Demonstration dessen dass kunstvoller Bau und naturliche Anmut einander keineswegs ausschliessen 82 Da die Goldbergvariationen bereits 1741 gedruckt vorlagen und vor allem dank Forkels Anekdote und seinem Einsatz fur die Neuauflage Bach scher Klaviermusik nie in Vergessenheit gerieten gelangten sie bereits zu Beginn des 19 Jahrhunderts ins Bewusstsein der Musikliebhaber und der Komponisten Heute dienen sie der Ausbildung von Cembalisten und Pianisten und haben einen festen Platz in deren Konzertrepertoire und Einspielungen auf Tontrager Editionen und Bearbeitungen BearbeitenNach dem Erstdruck von 1741 wurden die ersten weiteren Drucke 1804 veroffentlicht Sie erschienen bei Hoffmeister amp Kuhnel Bureau de Musique und bei Hans Georg Nageli im Heft 7 der Reihe Musikalische Kunstwerke im strengen Style Bereits in diesen Ausgaben kundigte sich an was in der Folgezeit ofter geschah der Notentext wurde verandert Grund dafur war hauptsachlich die Ubertragung auf das Pianoforte mit nur einer Klaviatur 83 Das ist auch zu beobachten in der mit Fingersatzen versehenen Ausgabe Carl Czernys von 1840 in Oeuvre complets Livre 6 bei C F Peters 84 Teilweise gravierend griff Josef Gabriel Rheinberger bei seiner Bearbeitung fur zwei Klaviere aus den Jahren 1880 bis 1885 in den Notentext ein Er hatte u a das Ziel einen Schatz der Hausmusik anbieten zu konnen 83 1913 revidierte Max Reger diese Bearbeitung und erganzte sie beispielsweise durch Angaben zu Dynamik Artikulation und Tempo 85 Ferruccio Busoni dagegen wollte mit seiner Bearbeitung von 1914 die Goldberg Variationen fur den Konzertsaal retten Er empfahl radikale Kurzungen die Wiederholungen und etliche Kanons sollten gestrichen werden Variatio 29 das Quodlibet und die Wiederholung der Aria fasste er in einem grossen wirkungsvollen Finale zusammen Allerdings bot er zum Vergleich auch die Fassung der damaligen Bach Gesamtausgabe an 83 Das Werk hat zahlreiche weitere Komponisten Dirigenten und Instrumentalmusiker zu mehr oder weniger freien Bearbeitungen angeregt Beispiele 1926 Wilhelm Middelschulte Bearbeitung fur Orgel 1938 Jozef Koffler Bearbeitung fur Kammerorchester 1984 Dmitri Sitkovetsky Bearbeitung fur Streichtrio Violine Viola und Violoncello rev 2009 und auch fur Streichorchester 1992 1987 Jean Guillou Bearbeitung fur Orgel 2000 Uri Caine Bearbeitung fur verschiedenste Besetzungen und Stile Mozart Tango Wedding March Jazz Piano Hammondorgel 2000 Jacques Loussier Trio Play Bach 2000 Moritz Eggert Goldberg spielt fur Klavier und Ensemble 2003 Karlheinz Essl Gold Berg Werk fur Streichtrio und Live Elektronik 86 2006 Sebastian Gramss Goldberg underkarl 2007 Jukka Tiensuu Erz fur Akkordeon Solo erganzende Satze die zwischen die Originalvariationen eingeschoben werden 2009 Jochen Neurath Bearbeitung fur Orchester 2010 Federico Sarudiansky Bearbeitung fur Streichtrio Violine Viola und Violoncello 87 Zudem gibt es Einspielungen mit Akkordeon Blechblaser Ensemble Floten Trio Gitarre Streicher Ensemble oder gar zwei Cimbalons Im Gegensatz zu diesen Tendenzen stehen die Bach Gesamtausgaben Die Edition der Goldberg Variationen von 1853 in Band III der alten Bach Gesamtausgabe war obwohl noch ohne kritischen Apparat ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer wissenschaftlich abgesicherten textkritischen Edition fur Wissenschaft und Praxis Diese ist nach dem Auffinden von Bachs Handexemplar im Jahr 1975 mit der Herausgabe in der Neuen Bach Ausgabe unter der Obhut von Christoph Wolff zumindest vorlaufig erreicht Musikalische Interpretation BearbeitenDas Werk fordert insgesamt eine hohe Virtuositat und gilt als eine der schwierigsten Klavierkompositionen Bachs Fur Interpreten die statt des vorgesehenen Cembalos ein modernes Klavier verwenden wollen gilt dies besonders da das Werk fur ein zweimanualiges Instrument komponiert wurde und sich die Ausfuhrung mit nur einer Klaviatur stellenweise als schwierig erweist Als bekanntester Interpret der Neuzeit gilt der kanadische Pianist Glenn Gould der das Werk zweimal im Studio mit dem modernen Konzertflugel aufgenommen hat Bewundert werden die Einspielungen von Grigori Sokolow und Andras Schiff und Ragna Schirmer Cembalo Daruber hinaus gibt es viele andere Cembalo und Klavieraufnahmen 88 Hermann Keller schreibt 1950 89 Der zusammenhangende Vortrag des Werks stellt ungewohnliche Anforderungen an den Horer noch mehr an den Spieler Der Cembalist wird alle Kunste der Registrierung spielen lassen der Spieler auf dem modernen Flugel wird aber die Mehrzahl der zweimanualigen Variationen nur mit Oktavversetzungen und anderen Kunstgriffen sich adaptieren konnen Die Bearbeitung fur zwei Klaviere von Josef Rheinberger 1881 neue Ausgabe von Max Reger 1910 ist besonders fur das hausliche Musizieren noch heute zu empfehlen Immer mehr aber setzt sich die Erkenntnis durch dass das Cembalo mit zwei Manualen fur dieses monumentale und doch intime Werk der einzig angemessene Vermittler ist Hermann KellerGoldberg Variationen in der Literatur Bearbeiten1814 erschienen E T A Hoffmanns Kreisleriana als Teil der Fantasiestucke in Callots Manier Im ersten Stuck daraus Johannes Kreislers des Kapellmeisters musikalische Leiden fuhrt der fiktive Kapellmeister Kreisler die Unfahigkeit einer burgerlich biedermeierlichen Gesellschaft grosse Kunst und Musik zu erfassen vor indem er ihr die Johann Sebastian Bachschen Variationen fur das Klavier erschienen bei Nageli in Zurich vorspielt 90 Alleine mit seinem musikverstandigen Diener und rotem Burgunder lasst er sich dann vom Quodlibet zum Fantasieren anregen aber diese Nro 30 das Thema riss mich unaufhaltsam fort Die Quartblatter dehnten sich plotzlich aus zu einem Riesenfolio wo tausend Imitationen und Ausfuhrungen jenes Themas geschrieben standen die ich abspielen musste Die Noten wurden lebendig und flimmerten und hupften um mich her elektrisches Feuer fuhr durch die Fingerspitzen in die Tasten der Geist von dem es ausstromte uberflugelte die Gedanken 91 Damit waren die Goldberg Variationen in die Literatur eingefuhrt und das Wissen um sie gelangte auch auf diesem Wege zu den Komponistengenerationen um Robert Schumann und Johannes Brahms der die Goldberg Variationen offentlich spielte 92 1974 wurde Dieter Kuhns Horspiel Goldberg Variationen erstmals gesendet Es verarbeitet von Forkels Bericht ausgehend das Verhaltnis zwischen Goldberg und dem Grafen Keyserlingk und behandelt die sozialen und politischen Verhaltnisse der Zeit um 1748 und erweitert diese Thematik ins Grundsatzliche Es findet statt ein Dialog zwischen einem Sprecher und einem Musiker der nur in seiner Musik prasent ist Das Horspiel ist was schon der Titel andeutet eine Variationsreihe In immer neuen Konstellationen wird den Beziehungen und Widerspruchen nachgegangen zwischen Musik und einer historischen Wirklichkeit in der diese Musik entsteht Dieter Kuhn an die Horspielabteilung des Bayerischen Rundfunks 28 Juni 1973 93 1983 wurde Thomas Bernhards Roman Der Untergeher veroffentlicht Er enthalt auf verschiedensten Ebenen Bezuge zu den Goldberg Variationen Er beschaftigt sich mit der halb real und halb fiktiv gezeichneten Gestalt Glenn Goulds und dessen Einuben und Interpretieren der Goldberg Variationen Die Entstehungsgeschichte der Goldberg Variationen wird persifliert die Verbindung zu den beiden Volksliedern des Quodlibets stellen eine Wirtin und ein Holzfaller her und Form und Zahlenordnungen der Goldberg Variationen werden im Untergeher aufgegriffen So kommt das Wort Aria zweimal das Wort Goldberg Variationen 32 mal vor und in den einleitenden Absatzen wird ahnlich wie in der Aria Themenmaterial exponiert das in Variationen den gesamten Roman bestimmt 94 In den Romanen Das Schweigen der Lammer 1988 und Hannibal 1999 von Thomas Harris wird der Protagonist Hannibal Lecter als gebildeter Bach Liebhaber dargestellt Im ersten Roman lasst Lecter in seiner Zelle die von Glenn Gould gespielten Goldberg Variationen auf dem Kassettenrekorder erklingen wahrend er seine Warter totet bzw verstummelt Im zweiten Roman spielt er die Goldberg Variationen auf seinem Flugel in Florenz 1991 wurde George Taboris Theaterstuck Goldberg Variationen uraufgefuhrt Tabori hat sich allerdings lediglich den Titel geliehen Ein weiterer Bezug zu Bachs Werk besteht nicht 2008 veroffentlichte Anna Enquist klinische Psychologin und ausgebildete Pianistin den Roman Kontrapunkt Original Contrapunt Enquist geht von der fiktiven Vorstellung aus Bachs 1739 im Alter von 24 Jahren verstorbener Sohn Johann Gottfried Bernhard habe die Aria geliebt Deshalb habe Bach die Aria als Variationsthema gewahlt Er behielt seinen Sohn bei sich wenn er sich in die Variationen vertiefte er wurde nicht verruckt vor Verzweiflung solange er komponierte er arbeitete an einem tonenden Grabmal fur den verlorenen Sohn 95 Wahrend die Protagonistin die Goldberg Variationen auf dem Klavier einstudiert kann sie ihre todlich verungluckte Tochter in Erinnerungen zu sich zuruckholen und die Trauer um sie mit Hilfe der Musik bewaltigen 2015 veroffentlichte Leon de Winter den Roman Geronimo Darin entwickelt die weibliche Protagonistin Apana eine Passion fur die Goldberg Variationen Zudem ist der Roman in Anlehnung an die Goldberg Variationen aufgebaut Er hat 32 Teilstucke von denen das erste und letzte identisch sind 96 97 Literatur BearbeitenWerner Breig Bachs Goldberg Variationen als zyklisches Werk Archiv fur Musikwissenschaft XXXII 1975 Rolf Dammann Johann Sebastians Goldberg Variationen Schott Mainz London New York Tokyo 1986 ISBN 978 3 7957 1792 6 Ingrid Kaussler Helmut Kaussler Die Goldberg Variationen von J S Bach Verlag Freies Geistesleben Stuttgart 1985 ISBN 978 3 7725 0845 5 Heinz Klaus Metzger Rainer Riehn Hrsg Johann Sebastian Bach Goldberg Variationen Musik Konzepte 42 Munchen 1985 Peter Petersen Bachs Goldberg Variationen Visualisierung des Klanggeschehens Intensivierung des Horens Schliengen Argus 2020 ISBN 978 3 931264 18 5 Ulrich Siegele Johann Sebastian Bach komponiert Zeit Tempo und Dauer in seiner Musik Band 1 Grundlegung und Goldberg Variationen Hamburg 2014 ISBN 978 3 7323 0226 0 Andreas Traub Johann Sebastian Bach Goldberg Variationen BWV 988 Munchen 1983 ISBN 3 7705 2166 8 Peter F Williams Bach The Goldberg Variations Cambridge 2001 Reprint 2003 ISBN 0 521 00193 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Goldberg Variationen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Goldberg Variationen auch das Faksimile von Bachs Handexemplar Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project Englisch japanische Website mit umfassender Diskografie Goldberg Variationen BWV 988 gespielt von Matthew Halls auf dem Cembalo und von David Korevaar auf dem Klavier jeweils mit Notentext der Erstausgabe Flash Einzelnachweise Bearbeiten Gregory Butler Neues zur Datierung der Goldberg Variationen Bach Jahrbuch 74 1988 doi 10 13141 bjb v19882590 a b Uber Johann Sebastian Bachs Lebens Kunst und Kunstwerke Barenreiter Verlag Kassel et altera 1974 S 91 93 siehe auch die Onlinefassung Christoph Wolff Johann Sebastian Bach 2 Auflage Frankfurt am Main 2007 S 406 a b Christoph Wolff Bach s Handexemplar of the Goldberg Variations A New Source JAMS 29 1976 Rolf Dammann Mainz 1986 S 11 Heinz Hermann Niemoller Polonaise und Quodlibet In Musik Konzepte 42 1985 S 4 u 5 a b Christoph Wolff Frankfurt am Main S 407 Werner Neumann Bilddokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs Kassel u a 1979 S 214 217 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 81 Christoph Wolff Bach s Handexemplar of the Goldberg Variations A New Source JAMS 29 1976 S 229 231 Gunter Hartmann BWV 988 Bergamasca Variationen oder Das aus dem Rahmen fallende Quodlibet Lahnstein 1997 an diversen Stellen der Streitschrift eigene Erkenntnisse und hilfreiche Zitate nebst Notenbeispielen besonders S 74 78 Wolfgang Ruf Arie I Begriff Terminologie und Fruhgeschichte bis zum 16 Jahrhundert In Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite neubearbeitete Ausgabe Sachteil 1 Kassel et altera 1994 Spalte 812 Rolf Dammann Mainz 1986 S 85 vergl Bachs Sarabande in der Franzosischen Suite G Dur Vergl Aria Eberliniana pro dormente camillo varita von Johann Christoph Bach aus dem Jahre 1680 Faksimile in Johann Christoph Bach ARIA EBERLINIANA Neue Bachgesellschaft e V Leipzig 1992 Beachte dagegen die Ahnlichkeiten und Unterschiede dazu in Ludwig Beethovens Funfzehn Variationen mit einer Fuge op 35 1802 und Robert Schumanns Impromptus uber ein Thema von Clara Wieck op 5 1832 Bezeichnung entsprechend den Fundamental Noten der 14 Kanons in Bachs Handexemplar a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 32f Henry Purcell A Ground in Gamut Mehrere Satze aus Premiere Ordreund Dixieme Ordre siehe Rolf Dammann Mainz 1986 S 31f Gunter Hartmann Lahnstein 1997 S 56 58 Rolf Dammann Mainz 1986 S 31 Andreas Jacob Studien zu Kompositionsart und Kompositionsbegriff in Bachs Klavierubungen Archiv fur Musikwissenschaft Beiheft XL Stuttgart 1997 S 56 Christoph Wolff Der Stile antico in der Musik Johann Sebastian Bachs Wiesbaden 1968 Im Erstdruck steht Fugetta und nicht wie eigentlich korrekt Fughetta Rolf Dammann Mainz 1986 S 90 97 Rolf Dammann Mainz 1986 S 109 117 Siehe auch Dietrich Buxtehude Aria La Capricciosa 32 partite diverse BuxWV 250 Partita 29 Rolf Dammann Mainz 1986 S 123 125 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 136 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 180 Andreas Jacob halt diese Variation fur eine Passepied siehe Andreas Jacob Stuttgart 1997 S 243 u 252 Rolf Dammann Mainz 1986 S 216 Peter F Williams Cambridge 2001 S 57 Rolf Dammann Mainz 1986 S 98 a b Gunter Hartmann Lahnstein 1997 S 74 78 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 144 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 229f Peter F Williams Cambridge 2001 S 28f Rolf Dammann Mainz 1986 S 64f Rolf Dammann Mainz 1986 S 190 193 u 208 215 Werner Neumann Bilddokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs Kassel et altera 1979 S 330 Die Identifikation der Lieder geht auf den Bachschuler Johann Christian Kittel zuruck Siehe Andreas Jacob Studien zu Kompositionsart und Kompositionsbegriff in Bachs Klavierubungen Archiv fur Musikwissenschaft Beiheft XL Stuttgart 1997 S 263 Dort weitere Literaturhinweise Rolf Dammann Mainz 1986 S 234f Gunter Hartmann Lahnstein 1997 S 53 67 Siehe oben im Kapitel Fundamental Noten Rolf Dammann Mainz 1986 S 85 Rolf Dammann Main 1986 S 94 Rolf Dammann Mainz 1986 S 98 Rolf Dammann Mainz 1986 S 106 Rolf Dammann Mainz 1986 S 108 Rolf Dammann Mainz 1986 S 107 Rolf Dammann Mainz 1986 S 110 Rolf Dammann Mainz 1986 S 114 Rolf Dammann Mainz 1986 S 121 Rolf Dammann Mainz 1986 S 121f Rolf Dammann Mainz 1986 S 123 Rolf Dammann Mainz 1986 S 126 Rolf Dammann Mainz 1986 S 130 Rolf Dammann Mainz 1986 S 133f Rolf Dammann Mainz 1986 S 139 Rolf Dammann Mainz 1986 S 154 Rolf Dammann Mainz 1986 S 156 Rolf Dammann Mainz 1986 S 161 Rolf Dammann Mainz 1986 S 163 Rolf Dammann Mainz 1986 S 166 Rolf Dammann Mainz 1986 S 171 S 174 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 179 Rolf Dammann Mainz 1986 S 186 Rolf Dammann Mainz 1986 S 189 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 198 Rolf Dammann Mainz 1986 S 204 S 207 Rolf Dammann Mainz 1986 S 206 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 211 a b c Rolf Dammann Mainz 1986 S 219 Rolf Dammann Mainz 1986 S 223 Rolf Dammann Mainz 1986 S 222 Rolf Dammann Mainz 1986 S 224 Rolf Dammann Mainz 1986 S 228 a b Rolf Dammann Mainz 1986 S 233 Rolf Dammann Mainz 1986 S 235 Rolf Dammann Mainz 1986 S 241 246 Online Prasentation des Handexemplares Andreas Traub Johann Sebastian Bach Goldberg Variationen BWV 988 Munchen 1983 S 70 Christoph Wolff Johann Sebastian Bach 2 Auflage 2007 S Fischer Frankfurt am Main S 407 a b c Andreas Traub Munchen 1983 S 67ff Peter F Williams Cambridge 2001 S 95 Seiji Choki Zwei Aspekte der Bach Rezeption um die Jahrhundertwende Reger und Busoni In Alexander Becker Hrsg 6 Reger Studien Musikalische Moderne und Tradition Karlsruhe 1998 S 313 319 ISBN 3 7651 0335 7 Karlheinz Essl Gold Berg Werk Partitur bei IMSLP Englisch japanische Website mit umfassender Diskografie Hermann Keller Die Klavierwerke Bachs Ein Beitrag zu ihrer Geschichte Form Deutung und Wiedergabe Peters Leipzig 1950 S 219 Heinz Hermann Niemoller Polonaise und Quodlibet in Musik Konzepte 42 1985 Seite 3 E T A Hoffmann JohannesKreislers des Kapellmeisters musikalische Leiden zeno org Andreas Traub Munchen 1983 S 70 Bund der Kriegsblinden Deutschlands Filmstiftung Nordrhein Westfalen Hrsg HorWelten 50 Jahre Horspielpreis der Kriegsblinden Memento vom 10 September 2014 im Internet Archive Berlin 2001 S 57 PDF 558 KB Liesbeth M Voerknecht Thomas Bernhard und die Musik Der Untergeher In Joachim Hoell Kai Luehrs Kaiser Hrsg Thomas Bernhard Traditionen und Trabanten Berlin 1999 S 195 199 Anna Enquist in Kontrapunkt Leipziger Buchmesse Veranstaltungen Lesung mit Leon de Winter Aufbau des Romans Bedeutung der Goldbergvariationen fur Apana Memento vom 25 Marz 2016 im Internet Archive Normdaten Werk GND 30000527X lobid OGND AKS LCCN n81055107 VIAF 178017975 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Goldberg Variationen amp oldid 232599282