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Die Differential oder Differenzialrechnung ist ein wesentlicher Bestandteil der Analysis und damit ein Gebiet der Mathematik Zentrales Thema der Differentialrechnung ist die Berechnung lokaler Veranderungen von Funktionen Wahrend eine stetige Funktion ihren Eingabewerten kontinuierlich gewisse Ausgangswerte zuordnet wird durch die Differentialrechnung ermittelt wie stark sich die Ausgabewerte nach sehr kleinen Veranderungen der Eingabewerte andern Sie ist eng verwandt mit der Integralrechnung mit der sie gemeinsam unter der Bezeichnung Infinitesimalrechnung zusammengefasst wird Graph einer Funktion blau und einer Tangente an den Graphen rot Die Steigung der Tangente ist die Ableitung der Funktion an dem markierten Punkt Die Ableitung einer Funktion dient der Darstellung lokaler Veranderungen einer Funktion und ist gleichzeitig Grundbegriff der Differentialrechnung Anstatt von der Ableitung spricht man auch vom Differentialquotienten dessen geometrische Entsprechung die Tangentensteigung ist Die Ableitung ist nach der Vorstellung von Leibniz der Proportionalitatsfaktor zwischen infinitesimalen Anderungen des Eingabewertes und den daraus resultierenden ebenfalls infinitesimalen Anderungen des Funktionswertes Eine Funktion wird als differenzierbar bezeichnet wenn ein solcher Proportionalitatsfaktor existiert Aquivalent wird die Ableitung in einem Punkt als die Steigung derjenigen linearen Funktion definiert die unter allen linearen Funktionen die Anderung der Funktion am betrachteten Punkt lokal am besten approximiert Entsprechend wird mit der Ableitung in dem Punkt eine lineare Naherung der Funktion gewonnen Die Linearisierung einer moglicherweise komplizierten Funktion hat den Vorteil dass eine einfacher behandelbare Funktion entsteht als die ursprungliche Funktion oder uberhaupt erst eine Handhabbarkeit In vielen Fallen ist die Differentialrechnung ein unverzichtbares Hilfsmittel zur Bildung mathematischer Modelle die die Wirklichkeit moglichst genau abbilden sollen sowie zu deren nachfolgender Analyse Das Verhalten von Bauelementen mit nicht linearer Kennlinie wird bei kleinen Signalanderungen in der Umgebung eines Bezugspunktes durch ihr Kleinsignalverhalten beschrieben dieses basiert auf dem Verlauf der Tangente an die Kennlinie im Bezugspunkt Die Ableitung nach der Zeit ist im untersuchten Sachverhalt die momentane Anderungsrate So ist beispielsweise die Ableitung der Orts beziehungsweise Weg Zeit Funktion eines Teilchens nach der Zeit seine Momentangeschwindigkeit und die Ableitung der Momentangeschwindigkeit nach der Zeit liefert die momentane Beschleunigung In den Wirtschaftswissenschaften spricht man auch haufig von Grenzraten anstelle der Ableitung zum Beispiel Grenzkosten oder Grenzproduktivitat eines Produktionsfaktors In der Sprache der Geometrie ist die Ableitung eine verallgemeinerte Steigung Der geometrische Begriff Steigung ist ursprunglich nur fur lineare Funktionen definiert deren Funktionsgraph eine Gerade ist Die Ableitung einer beliebigen Funktion an einer Stelle x 0 displaystyle x 0 kann man als die Steigung der Tangente im Punkt x 0 f x 0 displaystyle x 0 f x 0 des Graphen von f displaystyle f definieren In der Sprache der Arithmetik schreibt man f x displaystyle f x fur die Ableitung einer Funktion f x displaystyle f x an der Stelle x displaystyle x Sie gibt an um welchen Faktor von D x displaystyle Delta x sich f x displaystyle f x ungefahr andert wenn sich x displaystyle x um einen kleinen Betrag D x displaystyle Delta x andert Fur die exakte Formulierung dieses Sachverhalts wird der Begriff Grenzwert oder Limes verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Einfuhrung 1 1 Heranfuhrung anhand eines Beispiels 1 2 Prinzip der Differentialrechnung 1 3 Berechnung von Grenzwerten 1 4 Einordnung der Anwendungsmoglichkeiten 1 4 1 Extremwertprobleme 1 4 2 Mathematische Modellierung 1 4 3 Numerische Verfahren 1 4 4 Reine Mathematik 1 5 Der hoherdimensionale Fall 2 Geschichte 3 Definition 3 1 Sekanten und Tangentensteigung 3 2 Differenzierbarkeit 3 3 Ableitungsfunktion 3 4 Notationen 3 4 1 Lagrange Notation 3 4 2 Newton Notation 3 4 3 Leibniz Notation 3 4 4 Euler Notation 4 Ableitungsberechnung 4 1 Ableitungen elementarer Funktionen 4 1 1 Naturliche Potenzen 4 1 2 Exponentialfunktion 4 1 3 Logarithmus 4 1 4 Sinus und Kosinus 4 2 Weitere elementare Funktionen 4 2 1 Allgemeine Potenzen 4 2 2 Tangens und Kotangens 4 2 3 Arkussinus und Arkuskosinus 4 2 4 Arkustangens und Arkuskotangens 4 3 Zusammengesetzte Funktion 4 4 Zusammenfassung 5 Hohere Ableitungen 5 1 Hohere Differentialoperatoren 5 2 Hohere Ableitungsregeln 5 3 Taylorformeln mit Restglied 5 4 Glatte Funktionen 5 5 Analytische Funktionen 5 6 Anwendungen 5 6 1 Horizontale Tangenten 5 6 2 Bedingung im Beispiel 5 6 3 Kurvendiskussion 5 6 4 Termumformungen 6 Zentrale Aussagen der Differentialrechnung einer Variablen 6 1 Fundamentalsatz der Analysis 6 2 Mittelwertsatz der Differentialrechnung 6 3 Monotonie und Differenzierbarkeit 6 4 Die Regel von de L Hospital 7 Differentialrechnung bei Funktionenfolgen und Integralen 7 1 Grenzfunktionen 7 2 Vertauschen mit unendlichen Reihen 7 3 Vertauschen mit Integration 8 Differentialrechnung uber den komplexen Zahlen 9 Differentialrechnung mehrdimensionaler Funktionen 9 1 Mehrdimensionale Differenzierbarkeit und die Jacobi Matrix 9 1 1 Richtungsableitung 9 1 2 Partielle Ableitungen 9 1 3 Totale Differenzierbarkeit 9 2 Rechenregeln der mehrdimensionalen Differentialrechnung 9 2 1 Kettenregel 9 2 2 Produktregel 9 2 3 Funktionenfolgen 9 3 Implizite Differentiation 9 4 Zentrale Satze der Differentialrechnung mehrerer Veranderlicher 9 4 1 Satz von Schwarz 9 4 2 Satz von der impliziten Funktion 9 4 3 Mittelwertsatz 9 5 Hohere Ableitungen im Mehrdimensionalen 9 6 Anwendungen 9 6 1 Fehlerrechnung 9 6 2 Losungsnaherung von Gleichungssystemen 9 6 3 Extremwertaufgaben 9 6 4 Optimierung unter Nebenbedingungen 9 6 5 Beispiel aus der Mikrookonomie 10 Weiterfuhrende Theorien 10 1 Differentialgleichungen 10 2 Differentialgeometrie 11 Verallgemeinerungen 12 Siehe auch 13 Literatur 13 1 Lehrbucher fur Mathematik Studierende 13 2 Lehrbucher fur das Grundlagenfach Mathematik 14 Weblinks 15 EinzelnachweiseEinfuhrung BearbeitenHeranfuhrung anhand eines Beispiels Bearbeiten Fahrt ein Auto auf einer Strasse so kann anhand dieses Sachverhalts eine Tabelle erstellt werden in der zu jedem Zeitpunkt die Strecke die seit dem Beginn der Aufzeichnung zuruckgelegt wurde eingetragen wird In der Praxis ist es zweckmassig eine solche Tabelle nicht zu engmaschig zu fuhren d h zum Beispiel in einem Zeitraum von 1 Minute nur alle 3 Sekunden einen neuen Eintrag zu machen was lediglich 20 Messungen erfordern wurde Jedoch kann eine solche Tabelle theoretisch beliebig engmaschig gestaltet werden wenn jeder Zeitpunkt berucksichtigt werden soll Dabei gehen die vormals diskreten also mit einem Abstand behafteten Daten in ein Kontinuum uber Die Gegenwart wird dann als Zeitpunkt d h als ein unendlich kurzer Zeitabschnitt interpretiert Gleichzeitig hat das Auto aber zu jedem Zeitpunkt eine theoretisch bekannte Strecke zuruckgelegt und wenn es nicht bis zum Stillstand abbremst oder gar zuruck fahrt wird die Strecke kontinuierlich ansteigen also zu keinem Zeitpunkt dieselbe sein wie zu einem anderen nbsp Exemplarische Darstellung einer Tabelle alle 3 Sekunden wird eine neue Messung eingetragen Unter solchen Voraussetzungen konnen lediglich durchschnittliche Geschwindigkeiten in den Zeitraumen 0 bis 3 3 bis 6 usw Sekunden berechnet werden Da die zuruckgelegte Strecke stets zunimmt scheint der Wagen nur vorwarts zu fahren nbsp Ubergang zu einer beliebig engmaschigen Tabelle die nach Eintragung aller Punkte die Gestalt einer Kurve annimmt Jedem Zeitpunkt zwischen 0 und 60 Sekunden wird ein Punkt auf der Kurve zugeordnet Regionen innerhalb derer die Kurve steiler nach oben verlauft entsprechen Zeitabschnitten in denen eine grossere Strecke pro Zeitspanne zuruckgelegt wird In Regionen mit nahezu gleich bleibender Strecke zum Beispiel im Bereich 15 20 Sekunden fahrt das Auto langsam und die Kurve verlauft flach Die Motivation hinter dem Begriff der Ableitung einer Weg Zeit Kurve oder Funktion ist dass nun angegeben werden kann wie schnell sich das Auto zu einem momentanen Zeitpunkt bewegt Aus einem Weg Zeit Verlauf soll also der passende Geschwindigkeit Zeit Verlauf abgeleitet werden Hintergrund ist dass die Geschwindigkeit ein Mass dafur ist wie stark sich die zuruckgelegte Strecke im Laufe der Zeit andert Bei einer hohen Geschwindigkeit ist ein starker Anstieg in der Kurve zu sehen wahrend eine niedrige Geschwindigkeit zu wenig Veranderung fuhrt Da jedem Messpunkt auch eine Strecke zugeordnet wurde sollte eine solche Analyse grundsatzlich moglich sein denn mit dem Wissen uber die zuruckgelegte Strecke D s displaystyle Delta s nbsp innerhalb einem Zeitintervall D t displaystyle Delta t nbsp gilt fur die Geschwindigkeit v D s D t displaystyle v frac Delta s Delta t nbsp Sind also t 0 displaystyle t 0 nbsp und t 1 displaystyle t 1 nbsp zwei unterschiedliche Zeitpunkte so lautet die Geschwindigkeit des Autos im Zeitintervall zwischen diesen v s t 1 s t 0 t 1 t 0 displaystyle v frac s t 1 s t 0 t 1 t 0 nbsp Die Differenzen in Zahler und Nenner mussen gebildet werden da man sich nur fur die innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls t 1 t 0 displaystyle t 1 t 0 nbsp zuruckgelegte Strecke s t 1 s t 0 displaystyle s t 1 s t 0 nbsp interessiert Dennoch liefert dieser Ansatz kein vollstandiges Bild da zunachst nur Geschwindigkeiten fur Zeitintervalle mit auseinander liegendem Anfangs und Endpunkt gemessen wurden Eine momentane Geschwindigkeit vergleichbar mit einem Blitzerfoto hingegen bezoge sich auf ein unendlich kurzes Zeitintervall Dementsprechend ist der oben stehende Begriff Geschwindigkeit durch durchschnittliche Geschwindigkeit zu prazisieren Auch wenn mit echten Zeitintervallen also diskreten Daten gearbeitet wird vereinfacht sich das Modell insofern als fur ein Auto innerhalb der betrachteten Intervalle keine schlagartige Ortsanderung und keine schlagartige Geschwindigkeitsanderung moglich ist Auch eine Vollbremsung benotigt Zeit und zwar langer als die Zeit in der die Reifen quietschen Damit ist auch in der Zeichnung der stillschweigend durchgehend eingetragene Kurvenzug ohne Sprung und ohne Knick gerechtfertigt nbsp Zum Zeitpunkt 25 Sekunden bewegt sich das Auto momentan mit ca 7 6 Metern pro Sekunde umgerechnet 27 km h Dieser Wert entspricht der Steigung der Tangente der Weg Zeit Kurve an der entsprechenden Stelle Weitere detailliertere Erklarungen zu dieser geometrischen Interpretation werden weiter unten gegeben Soll hingegen zu einem perfekt passenden Geschwindigkeit Zeit Verlauf ubergegangen werden so muss der Terminus durchschnittliche Geschwindigkeit in einem Zeitintervall durch Geschwindigkeit zu einem Zeitpunkt ersetzt werden Dazu muss zunachst ein Zeitpunkt t 0 displaystyle t 0 nbsp gewahlt werden Die Idee ist nun ausgedehnte Zeitintervalle in einem Grenzwertprozess gegen ein unendlich kurzes Zeitintervall laufen zu lassen und zu studieren was mit den betroffenen durchschnittlichen Geschwindigkeiten passiert Obwohl der Nenner t 1 t 0 displaystyle t 1 t 0 nbsp dabei gegen 0 strebt ist dies anschaulich kein Problem da sich das Auto in kurzer werdenden Zeitabschnitten bei stetigem Verlauf immer weniger weit bewegen kann womit sich Zahler und Nenner gleichzeitig verkleinern und im Grenzprozess ein unbestimmter Term 0 0 displaystyle tfrac 0 0 nbsp entsteht Dieser kann unter Umstanden als Grenzwert Sinn ergeben beispielsweise drucken 5 M e t e r S e k u n d e und 5 M i l l i m e t e r M i l l i s e k u n d e und 5 N a n o m e t e r N a n o s e k u n d e usw displaystyle tfrac 5 mathrm Meter mathrm Sekunde text und tfrac 5 mathrm Millimeter mathrm Millisekunde text und tfrac 5 mathrm Nanometer mathrm Nanosekunde text usw nbsp exakt dieselben Geschwindigkeiten aus Nun gibt es zwei Moglichkeiten beim Studium der Geschwindigkeiten Entweder sie lassen in dem betrachteten Grenzwertprozess keine Tendenz erkennen sich einem bestimmten endlichen Wert anzunahern In diesem Fall kann der Bewegung des Autos keine zum Zeitpunkt t 0 displaystyle t 0 nbsp gultige Geschwindigkeit zugeordnet werden d h der Term 0 0 displaystyle tfrac 0 0 nbsp hat hier keinen eindeutigen Sinn Gibt es hingegen eine zunehmende Stabilisierung in Richtung auf einen festen Wert so existiert der Grenzwert d s d t t 0 lim t 1 t 0 s t 1 s t 0 t 1 t 0 lim D t 0 s t 0 D t s t 0 D t displaystyle frac mathrm d s mathrm d t t 0 lim t 1 to t 0 frac s t 1 s t 0 t 1 t 0 lim Delta t to 0 frac s t 0 Delta t s t 0 Delta t nbsp und druckt die exakt im Zeitpunkt t 0 displaystyle t 0 nbsp bestehende Geschwindigkeit aus Der unbestimmte Term 0 0 displaystyle tfrac 0 0 nbsp nimmt in diesem Fall einen eindeutigen Wert an Die dabei entstehende Momentangeschwindigkeit wird auch als Ableitung von s displaystyle s nbsp an der Stelle t 0 displaystyle t 0 nbsp bezeichnet fur diese wird haufig das Symbol s t 0 displaystyle s t 0 nbsp benutzt Mit dem Grenzwert wird die Momentangeschwindigkeit zu einem beliebigen Zeitpunkt definiert als v d s d t displaystyle v frac mathrm d s mathrm d t nbsp Prinzip der Differentialrechnung Bearbeiten nbsp Schaubild der Zeit Strecke Funktion s t 2 t displaystyle s t 2t nbsp in Blau Verstreicht eine Sekunde in Rot so nimmt die zuruckgelegte Strecke um 2 Meter zu in Orange Daher bewegt sich das Auto mit 2 Meter pro Sekunde Die Geschwindigkeit entspricht der Steigung Das Steigungsdreieck lasst sich beliebig verkleinern ohne dass sich an der Proportion von Hohe und Grundseite etwas andert Das Beispiel des letzten Abschnitts ist dann besonders einfach wenn die Zunahme der zuruckgelegten Strecke mit der Zeit gleichformig also linear verlauft Dann liegt speziell eine Proportionalitat zwischen der Veranderung der Strecke und der Veranderung der Zeit vor Die relative Veranderung der Strecke also ihre Zunahme im Verhaltnis zur Zunahme der Zeit ist bei dieser Bewegung immer gleichbleibend Die mittlere Geschwindigkeit ist zu jedem Zeitpunkt auch die momentane Geschwindigkeit Beispielsweise legt das Auto zwischen 0 und 1 Sekunden eine gleich lange Strecke zuruck wie zwischen 9 und 10 Sekunden und die zehnfache Strecke zwischen 0 und 10 Sekunden Als Proportionalitatsfaktor uber den ganzen Weg gilt die konstante Geschwindigkeit v displaystyle v nbsp wobei sie im nebenstehenden Bild v 2 m s displaystyle v 2 mathrm m s nbsp betragt Die zwischen beliebig weit auseinanderliegenden Zeitpunkten t displaystyle t nbsp und t D t displaystyle t Delta t nbsp zuruckgelegte Strecke betragt D s s t D t s t v t D t v t v D t displaystyle Delta s s t Delta t s t v cdot t Delta t v cdot t v cdot Delta t nbsp Allgemein bewegt sich das Auto in der Zeitspanne D t displaystyle Delta t nbsp um die Strecke D s v D t displaystyle Delta s v Delta t nbsp vorwarts Speziell bei D t 5 s displaystyle Delta t 5 mathrm s nbsp ergibt sich ein Wegstuck D s v D t 2 m s 5 s 10 m displaystyle Delta s v Delta t 2 mathrm tfrac m s cdot 5 s 10 m nbsp Falls der Startwert bei t 0 displaystyle t 0 nbsp nicht s 0 0 displaystyle s 0 0 nbsp sondern s 0 c 0 displaystyle s 0 c neq 0 nbsp betragt andert dies nichts da sich in der Beziehung s v t c displaystyle s v t c nbsp die Konstante c displaystyle c nbsp durch die Differenzbildung aus D s displaystyle Delta s nbsp stets heraussubtrahiert Auch anschaulich ist dies bekannt Die Startposition des Autos ist unerheblich fur seine Geschwindigkeit Werden statt der Variablen t displaystyle t nbsp und s displaystyle s nbsp allgemein die Variablen x displaystyle x nbsp und y displaystyle y nbsp betrachtet so lasst sich also festhalten Lineare Funktionen Bei Linearitat hat die betrachtete Funktion die Gestalt y f x m x c displaystyle y f x mx c nbsp Fur eine lineare Funktion ist nicht notwendig eine Ursprungsgerade erforderlich Als Ableitung gilt hieran die relative Veranderung mit einem anderen Wort der Differenzenquotient D y D x displaystyle tfrac Delta y Delta x nbsp Sie hat in jedem Punkt denselben Wert m displaystyle m nbsp Die Ableitung lasst sich aus dem Ausdruck m x c displaystyle mx c nbsp direkt ablesen Insbesondere hat jede konstante Funktion f x c displaystyle f x c nbsp die Ableitung D y D x 0 displaystyle tfrac Delta y Delta x 0 nbsp da sich mit einer Anderung des Eingabewertes nichts am Ausgabewert andert Schwieriger wird es wenn eine Bewegung nicht gleichformig verlauft Dann ist das Diagramm der Zeit Strecken Funktion nicht geradlinig Fur derartige Verlaufe muss der Ableitungsbegriff erweitert werden Denn es gibt keinen Proportionalitatsfaktor der uberall die lokale relative Veranderung ausdruckt Als einzig mogliche Strategie ist die Gewinnung einer linearen Naherung fur die nicht lineare Funktion gefunden worden zumindest an einer interessierenden Stelle Im nachsten Bild ist das die Stelle x 1 displaystyle x 1 nbsp Damit wird das Problem auf eine wenigstens an dieser Stelle lineare Funktion zuruckgefuhrt Die Methode der Linearisierung ist die Grundlage fur den eigentlichen Kalkul der Differentialrechnung Sie ist in der Analysis von sehr grosser Bedeutung da sie dabei hilft komplizierte Vorgange lokal auf leichter verstandliche Vorgange namlich lineare Vorgange zu reduzieren 1 x displaystyle x nbsp 0 5 0 9 0 99 0 999 1 1 001 1 01 1 1 1 5 2f x 2 displaystyle f x 2 nbsp 0 25 0 81 0 9801 0 998001 1 1 002001 1 0201 1 21 2 25 4g 2 x 1 displaystyle g 2x 1 nbsp 0 0 8 0 98 0 998 1 1 002 1 02 1 2 2 3g x f x displaystyle g x f x nbsp 0 25 0 01 0 0001 0 000001 0 0 000001 0 0001 0 01 0 25 1 g x f x x 1 displaystyle Big tfrac g x f x x 1 Big nbsp 50 10 1 0 1 0 1 1 10 50 100 nbsp Graphische Darstellung der Approximation von f x x 2 displaystyle f x x 2 nbsp an der Stelle x 1 displaystyle x 1 nbsp durch g x 2 x 1 displaystyle g x 2x 1 nbsp Letztere ist die Gleichung der Tangente von f displaystyle f nbsp an dieser Stelle Die Strategie soll exemplarisch an der nicht linearen Funktion f x x 2 displaystyle f x x 2 nbsp erlautert werden 2 Die Tabelle zeigt Werte fur diese Funktion und fur ihre Naherungsfunktion an der Stelle x 1 displaystyle x 1 nbsp das ist g x 2 x 1 displaystyle g x 2x 1 nbsp Darunter enthalt die Tabelle die Abweichung der Naherung von der ursprunglichen Funktion Die Werte sind negativ weil in diesem Fall die Gerade immer unter der Kurve liegt ausser im Beruhrpunkt In der letzten Zeile steht der Betrag der relativen Abweichung das ist die Abweichung bezogen auf die Entfernung der Stelle x displaystyle x nbsp vom Beruhrpunkt bei x 1 displaystyle x 1 nbsp Diese kann am Beruhrpunkt nicht berechnet werden Aber die Werte in der Umgebung zeigen wie sich die relative Abweichung einem Grenzwert nahert hier dem Wert null Diese Null bedeutet Selbst wenn sich x displaystyle x nbsp ein wenig infinitesimal vom Beruhrpunkt entfernt entsteht noch kein Unterschied zwischen g x displaystyle g x nbsp und f x displaystyle f x nbsp Die lineare Funktion g x displaystyle g x nbsp ahmt das Verhalten von f x displaystyle f x nbsp nahe der Stelle x 1 displaystyle x 1 nbsp gut nach besser als jede andere lineare Funktion Die relative Veranderung D g D x displaystyle tfrac Delta g Delta x nbsp hat uberall den Wert m 2 displaystyle m 2 nbsp Die nicht so einfach zu ermittelnde relative Veranderung D f D x displaystyle tfrac Delta f Delta x nbsp stimmt aber im Beruhrpunkt mit dem Wert m 2 displaystyle m 2 nbsp uberein Es lasst sich also festhalten Nicht lineare Funktionen Soll die relative Veranderung einer nicht linearen Funktion in einem bestimmten Punkt ermittelt werden so wird sie wenn moglich dort linear genahert Die Steigung der linearen Naherungsfunktion ist die an dieser Stelle vorliegende Steigung der betrachteten nicht linearen Funktion und es gilt dieselbe Anschauung wie bei Ableitungen linearer Funktionen Dabei ist nur zu beachten dass sich die relative Veranderung einer nicht linearen Funktion von Punkt zu Punkt andert Wahrend im Beispiel oben Fahrzeugbewegung fur die durchschnittliche Geschwindigkeit die Zeitspanne D t displaystyle Delta t nbsp angemessen willkurlich gewahlt werden kann ist die momentane Geschwindigkeit wenn sie veranderlich ist nur fur kleine D t displaystyle Delta t nbsp angebbar Wie klein D t displaystyle Delta t nbsp gewahlt werden muss hangt ab von der Anforderung an die Qualitat der Naherung In mathematischer Perfektion wird sie infinitesimal Bei dieser wird fur die relative Veranderung wie schon oben angegeben anstelle des Differenzenquotienten D y D x displaystyle tfrac Delta y Delta x nbsp der Differenzialquotient d y d x displaystyle tfrac mathrm d y mathrm d x nbsp geschrieben in vereinfachter Schreibweise y displaystyle y nbsp oder f displaystyle f nbsp Die Gewinnung der linearen Naherung einer nicht linearen Funktion an einer bestimmten Stelle ist zentrale Aufgabe des Kalkuls der Differentialrechnung Bei einer mathematisch angebbaren Funktion im Beispiel war das f x x 2 displaystyle f x x 2 nbsp sollte sich die Ableitung ausrechnen lassen Im Idealfall ist diese Berechnung sogar so allgemein dass sie auf alle Punkte des Definitionsbereichs angewendet werden kann Im Falle von f x x 2 displaystyle f x x 2 nbsp kann gezeigt werden dass an jeder Stelle x displaystyle x nbsp die beste lineare Naherung die Steigung m 2 x displaystyle m 2x nbsp besitzen muss Mit der Zusatzinformation dass die lineare Funktion mit der Kurve im Punkt x 0 f x 0 displaystyle x 0 f x 0 nbsp ubereinstimmen muss kann dann die vollstandige Funktionsgleichung der linearen Naherungsfunktion aufgestellt werden Der Ansatz zur Bestimmung des Differentialquotienten liegt in der Berechnung des Grenzwerts wie oben bei der momentanen Geschwindigkeit lim D x 0 f x 0 D x f x 0 D x f x 0 displaystyle lim Delta x to 0 frac f x 0 Delta x f x 0 Delta x f x 0 quad nbsp oder in anderer Schreibweise lim h 0 f x h f x h f x displaystyle quad lim h to 0 frac f x h f x h f x nbsp Bei einigen elementaren Funktionen wie Potenzfunktion Exponentialfunktion Logarithmusfunktion oder Sinusfunktion ist jeweils der Grenzwertprozess durchgefuhrt worden Dabei ergibt sich jeweils eine Ableitungsfunktion Darauf aufbauend sind Ableitungsregeln fur die elementaren und auch fur weitere Funktionen wie Summen Produkte oder Verkettungen elementarer Funktionen aufgestellt worden Damit werden die Grenzubergange nicht in jeder Anwendung neu vollzogen sondern fur die Rechenpraxis werden Ableitungsregeln angewendet Die Kunst der Differentialrechnung besteht nur darin kompliziertere Funktionen zu strukturieren und auf die Strukturelemente die jeweils zutreffende Ableitungsregel anzuwenden Ein Beispiel folgt weiter hinten Berechnung von Grenzwerten Bearbeiten Jeder Differenzialquotient an einer vorgesehenen Stelle erscheint als unbestimmter Ausdruck vom Typ 0 0 displaystyle tfrac 0 0 nbsp Zu seiner Berechnung wird vom Differenzenquotient ausgegangen und dessen Verhalten in der Umgebung der vorgesehenen Stelle wird untersucht ob er die Tendenz hat einen bestimmten Wert anzunehmen Einige Grenzwerte die fur Ableitungsregeln benotigt werden werden nachfolgend hergeleitet Selbstverstandlich durfen dazu keine Regeln der Differenzialrechnung verwendet werden da diese erst nach der Kenntnis der Grenzwerte aufgestellt werden konnen Ein einfacher Fall 1 f x x 2 displaystyle quad f x x 2 nbsp Ausgangspunkt ist der Differenzenquotient fur die vorgesehene Funktion D f D x f x h f x x h x x h 2 x 2 h displaystyle frac Delta f Delta x frac f x h f x x h x frac x h 2 x 2 h nbsp Wird die binomische Formel x h 2 x 2 2 x h h 2 displaystyle x h 2 x 2 2xh h 2 nbsp eingesetzt so kurzt sich ein Summand heraus D f D x x 2 2 x h h 2 x 2 h 2 x h h 2 h displaystyle frac Delta f Delta x frac x 2 2xh h 2 x 2 h frac 2xh h 2 h nbsp Fur h 0 displaystyle h 0 nbsp ist dieser Bruch unbestimmt Aber fur h 0 displaystyle h neq 0 nbsp dann und nur dann konnen Zahler und Nenner durch h displaystyle h nbsp dividiert werden D f D x 2 x h displaystyle frac Delta f Delta x 2x h nbsp Fur jedes h 0 displaystyle h neq 0 nbsp ist dieser Ausdruck bestimmt auch wenn man dem Wert h 0 displaystyle h 0 nbsp nahe kommt Er strebt im Grenzubergang nach lim h 0 D f D x 2 x displaystyle lim h to 0 frac Delta f Delta x 2x nbsp Im Weiteren werden hier nur Grenzwerte berechnet und ihre Einsetzung in Differenzenquotienten erfolgt weiter hinten im Abschnitt Ableitungsberechnung nbsp Veranschaulichung zur Grenzwertableitung am EinheitskreisFall 2 sin h h displaystyle quad frac sin h h nbsp Fur h 0 displaystyle h 0 nbsp ist dieser Bruch unbestimmt Zur Berechnung bei h gt 0 displaystyle h gt 0 nbsp wird die Flache eines Kreissektors mit dem Bogen h displaystyle h nbsp verglichen mit den Flachen eines innen liegenden und eines aussen liegenden Dreiecks gemass der Zeichnung Im gezeigten Quadranten gilt offensichtlich 3 1 2 sin h cos h lt p h 2 p lt 1 2 tan h 1 displaystyle frac 1 2 sin h cdot cos h lt pi cdot frac h 2 pi lt frac 1 2 tan h cdot 1 nbsp Bei sin h 0 displaystyle sin h neq 0 nbsp kann diese Ungleichung mit 2 sin h displaystyle frac 2 sin h nbsp multipliziert werden cos h lt h sin h lt 1 cos h displaystyle cos h lt frac h sin h lt frac 1 cos h nbsp Fur h 0 displaystyle h to 0 nbsp streben sowohl der linke als auch der rechte Ausdruck gegen eins Damit muss auch der dazwischen liegende Ausdruck gegen eins streben Fur seinen Kehrwert gilt das ebenfalls Fur h gt 0 displaystyle h gt 0 nbsp strebt er im Grenzubergang nach lim h 0 sin h h 1 displaystyle lim h to 0 frac sin h h 1 nbsp Zwischenuberlegung 1 1 n n displaystyle quad left 1 frac 1 n right n nbsp Der Logarithmus dieses Ausdrucks das ist n log 1 1 n displaystyle n cdot log 1 frac 1 n nbsp strebt fur n displaystyle n to infty nbsp gegen 0 displaystyle infty cdot 0 nbsp Dieser Logarithmus ist dort unbestimmt und damit auch der Ausdruck selber Es ist aber bewiesen dass lim n 1 1 n n displaystyle lim n to infty left 1 frac 1 n right n nbsp einen bestimmten endlichen Wert annimmt der als Eulersche Zahl e displaystyle mathrm e nbsp bezeichnet wird Dieses wird unter dem verlinkten Stichwort behandelt und hier als bekannt vorausgesetzt Fall 3 a h 1 h displaystyle quad frac a h 1 h nbsp Fur h 0 displaystyle h 0 nbsp ist dieser Bruch unbestimmt Aber fur a gt 1 displaystyle a gt 1 nbsp und h gt 0 displaystyle h gt 0 nbsp ist die Substitution 4 a h 1 1 z displaystyle a h 1 frac 1 z nbsp a h 1 1 z displaystyle quad a h 1 frac 1 z nbsp zulassig Aufgelost nach h displaystyle h nbsp unter Verwendung des naturlichen Logarithmus ergibt das h ln 1 1 z ln a displaystyle h frac ln 1 frac 1 z ln a nbsp a h 1 h ln a z ln 1 1 z ln a ln 1 1 z z displaystyle frac a h 1 h frac ln a z ln 1 frac 1 z frac ln a ln left 1 frac 1 z right z nbsp Fur h 0 displaystyle h to 0 nbsp streben z displaystyle z to infty nbsp und der Nenner gegen ln e 1 displaystyle ln mathrm e 1 nbsp Fur jedes h gt 0 displaystyle h gt 0 nbsp ist dieser Ausdruck bestimmt auch wenn man dem Wert h 0 displaystyle h 0 nbsp nahe kommt Er strebt im Grenzubergang nach lim h 0 a h 1 h ln a displaystyle lim h to 0 frac a h 1 h ln a nbsp Als Voraussetzung fur diese Herleitung muss z displaystyle z nbsp positiv sein Fur 0 lt a lt 1 displaystyle 0 lt a lt 1 nbsp ist dieses erfullt mit negativem h displaystyle h nbsp Nahert man sich bei 0 lt a lt 1 displaystyle 0 lt a lt 1 nbsp dem Wert h 0 displaystyle h 0 nbsp von der Seite h lt 0 displaystyle h lt 0 nbsp her so gilt derselbe Grenzubergang Fall 4 log 1 h h displaystyle quad frac log 1 h h nbsp Fur h 0 displaystyle h 0 nbsp ist dieser Bruch unbestimmt Aber fur h gt 0 displaystyle h gt 0 nbsp ist die Substitution h 1 z displaystyle h frac 1 z nbsp zulassig 5 log 1 h h z log 1 1 z log 1 1 z z displaystyle frac log 1 h h z log left 1 frac 1 z right log left 1 frac 1 z right z nbsp Fur h 0 displaystyle h to 0 nbsp strebt z displaystyle z to infty nbsp Fur jedes h gt 0 displaystyle h gt 0 nbsp ist dieser Ausdruck bestimmt auch wenn man dem Wert h 0 displaystyle h 0 nbsp nahe kommt Er strebt im Grenzubergang nach lim h 0 log 1 h h log e displaystyle lim h to 0 frac log 1 h h log mathrm e nbsp Einordnung der Anwendungsmoglichkeiten Bearbeiten Extremwertprobleme Bearbeiten Hauptartikel Extremwertproblem Eine wichtige Anwendung der Differentialrechnung besteht darin dass mit Hilfe der Ableitung lokale Extremwerte einer Kurve bestimmt werden konnen Anstatt also anhand einer Wertetabelle mechanisch nach Hoch oder Tiefpunkten suchen zu mussen liefert der Kalkul in einigen Fallen eine direkte Antwort Liegt ein Hoch oder Tiefpunkt vor so besitzt die Kurve an dieser Stelle keinen echten Anstieg weshalb die optimale Linearisierung eine Steigung von 0 besitzt Fur die genaue Klassifizierung eines Extremwertes sind jedoch weitere lokale Daten der Kurve notwendig denn eine Steigung von 0 ist nicht hinreichend fur die Existenz eines Extremwertes geschweige denn eines Hoch oder Tiefpunktes In der Praxis treten Extremwertprobleme typischerweise dann auf wenn Prozesse zum Beispiel in der Wirtschaft optimiert werden sollen Oft liegen an den Randwerten jeweils ungunstige Ergebnisse in Richtung Mitte kommt es aber zu einer stetigen Steigerung die dann irgendwo maximal werden muss Zum Beispiel die optimale Wahl eines Verkaufspreises Bei einem zu geringen Preis ist die Nachfrage nach einem Produkt zwar sehr gross aber die Produktion kann nicht finanziert werden Ist er andererseits zu hoch so wird es im Extremfall gar nicht mehr gekauft Daher liegt ein Optimum irgendwo in der Mitte Voraussetzung dabei ist dass der Zusammenhang in Form einer stetig differenzierbaren Funktion wiedergegeben werden kann Die Untersuchung einer Funktion auf Extremstellen ist Teil einer Kurvendiskussion Die mathematischen Hintergrunde sind im Abschnitt Anwendung hoherer Ableitungen bereitgestellt Mathematische Modellierung Bearbeiten In der mathematischen Modellierung sollen komplexe Probleme in mathematischer Sprache erfasst und analysiert werden Je nach Fragestellung sind das Untersuchen von Korrelationen oder Kausalitaten oder auch das Geben von Prognosen im Rahmen dieses Modells zielfuhrend Besonders im Umfeld sog Differentialgleichungen ist die Differentialrechnung zentrales Werkzeug bei der Modellierung Diese Gleichungen treten zum Beispiel auf wenn es eine kausale Beziehung zwischen dem Bestand einer Grosse und deren zeitlicher Veranderung gibt Ein alltagliches Beispiel konnte sein Je mehr Einwohner eine Stadt besitzt desto mehr Leute wollen dort hinziehen Etwas konkreter konnte dies zum Beispiel heissen dass bei 1 000 000 displaystyle 1 000 000 nbsp jetzigen Einwohnern durchschnittlich 1 000 000 displaystyle 1 000 000 nbsp Personen in den kommenden 10 Jahren zuziehen werden bei 1 000 001 displaystyle 1 000 001 nbsp Einwohnern durchschnittlich 1 000 001 displaystyle 1 000 001 nbsp Personen in den kommenden 10 Jahren usw um nicht alle Zahlen einzeln ausfuhren zu mussen Leben n displaystyle n nbsp Personen in der Stadt so wollen so viele Menschen hinzuziehen dass nach 10 Jahren weitere n displaystyle n nbsp hinzukommen wurden Besteht eine derartige Kausalitat zwischen Bestand und zeitlicher Veranderung so kann gefragt werden ob aus diesen Daten eine Prognose fur die Einwohnerzahl nach 10 Jahren abgeleitet werden kann wenn die Stadt im Jahr 2020 zum Beispiel 1 000 000 displaystyle 1 000 000 nbsp Einwohner hatte Es ware dabei falsch zu glauben dass dies 2 000 000 displaystyle 2 000 000 nbsp sein werden da sich mit steigender Einwohnerzahl auch die Nachfrage nach Wohnraum wiederum zunehmend steigern wird Der Knackpunkt zum Verstandnis des Zusammenhangs ist demnach erneut dessen Lokalitat Besitzt die Stadt 1 000 000 displaystyle 1 000 000 nbsp Einwohner so wollen zu diesem Zeitpunkt 1 000 000 displaystyle 1 000 000 nbsp Menschen pro 10 Jahre hinzuziehen Aber einen kurzen Augenblick spater wenn weitere Menschen hinzugezogen sind sieht die Lage wieder anders aus Wird dieses Phanomen zeitlich beliebig engmaschig gedacht ergibt sich ein differentieller Zusammenhang Allerdings eignet sich die kontinuierliche Herangehensweise in vielen Fallen auch bei diskreten Problemstellungen 6 Mit Hilfe der Differentialrechnung kann aus so einem kausalen Zusammenhang zwischen Bestand und Veranderung in vielen Fallen ein Modell hergeleitet werden was den komplexen Zusammenhang auflost und zwar in dem Sinne dass zum Schluss eine Bestandsfunktion explizit angegeben werden kann Setzt man in diese Funktion dann zum Beispiel den Wert 10 Jahre ein so ergibt sich eine Prognose fur die Stadtbewohneranzahl im Jahr 2030 Im Falle oberen Modells wird eine Bestandsfunktion B displaystyle B nbsp gesucht mit B t B t displaystyle B t B t nbsp t displaystyle t nbsp in 10 Jahren und B 0 1 000 000 displaystyle B 0 1 000 000 nbsp Die Losung ist dann B t 1 000 000 e t displaystyle B t 1 000 000 e t nbsp mit der naturlichen Exponentialfunktion naturlich bedeutet dass der Proportionalitatsfaktor zwischen Bestand und Veranderung einfach gleich 1 ist und fur das Jahr 2030 lautet die geschatzte Prognose B 1 2 718 displaystyle B 1 approx 2 718 nbsp Mio Einwohner Die Proportionalitat zwischen Bestand und Veranderungsrate fuhrt also zu exponentiellem Wachstum und ist klassisches Beispiel eines selbstverstarkenden Effektes Analoge Modelle funktionieren beim Populationswachstum Je mehr Individuen desto mehr Geburten oder der Verbreitung einer ansteckenden Krankheit Je mehr Erkrankte desto mehr Ansteckungen In vielen Fallen stossen diese Modelle jedoch an eine Grenze wenn sich der Prozess aufgrund naturlicher Beschrankungen wie eine Obergrenze der Gesamtbevolkerung nicht beliebig fortsetzen lasst In diesen Fallen sind ahnliche Modelle wie das logistische Wachstum geeigneter 7 Numerische Verfahren Bearbeiten Die Eigenschaft einer Funktion differenzierbar zu sein ist bei vielen Anwendungen von Vorteil da dies der Funktion mehr Struktur verleiht Ein Beispiel ist das Losen von Gleichungen Bei einigen mathematischen Anwendungen ist es notwendig den Wert einer oder mehrerer Unbekannten x displaystyle x nbsp zu finden die Nullstelle einer Funktion f displaystyle f nbsp ist Es ist dann f x 0 displaystyle f x 0 nbsp Je nach Beschaffenheit von f displaystyle f nbsp konnen Strategien entwickelt werden eine Nullstelle zumindest naherungsweise anzugeben was in der Praxis meist vollkommen ausreicht Ist f displaystyle f nbsp in jedem Punkt differenzierbar mit Ableitung f displaystyle f nbsp so kann in vielen Fallen das Newton Verfahren helfen Bei diesem spielt die Differentialrechnung insofern eine direkte Rolle als beim schrittweisen Vorgehen immer wieder eine Ableitung explizit berechnet werden muss 8 Ein weiterer Vorteil der Differentialrechnung ist dass in vielen Fallen komplizierte Funktionen wie Wurzeln oder auch Sinus und Kosinus anhand einfacher Rechenregeln wie Addition und Multiplikation gut angenahert werden konnen Ist die Funktion an einem benachbarten Wert leicht auszuwerten ist dies von grossem Nutzen Wird zum Beispiel nach einem Naherungswert fur die Zahl 26 displaystyle sqrt 26 nbsp gesucht so liefert die Differentialrechnung fur f x x displaystyle f x sqrt x nbsp die Linearisierung f 25 h f 25 h f 25 25 h 2 25 5 h 10 displaystyle f 25 h approx f 25 hf 25 sqrt 25 frac h 2 sqrt 25 5 frac h 10 nbsp denn es gilt nachweislich f x 1 2 x displaystyle f x tfrac 1 2 sqrt x nbsp Sowohl Funktion als auch erste Ableitung konnten an der Stelle 25 displaystyle 25 nbsp gut berechnet werden weil es sich dabei um eine Quadratzahl handelt Einsetzen von h 1 displaystyle h 1 nbsp ergibt 26 5 1 10 5 1 displaystyle sqrt 26 approx 5 tfrac 1 10 5 1 nbsp was mit dem exakten Ergebnis 26 5 099 01 displaystyle sqrt 26 5 09901 dots nbsp bis auf einen Fehler kleiner als 1 1000 displaystyle tfrac 1 1000 nbsp ubereinstimmt 9 Unter Einbezug hoherer Ableitungen kann die Genauigkeit solcher Approximationen zusatzlich gesteigert werden da dann nicht nur linear sondern quadratisch kubisch usw angenahert wird siehe auch Taylor Reihe Reine Mathematik Bearbeiten nbsp Tangentialebene platziert an einem Punkt einer KugeloberflacheAuch in der reinen Mathematik spielt die Differentialrechnung als ein Kern der Analysis eine bedeutende Rolle Ein Beispiel ist die Differentialgeometrie die sich mit Figuren beschaftigt die eine differenzierbare Oberflache ohne Knicke usw haben Zum Beispiel kann auf eine Kugeloberflache in jedem Punkt tangential eine Ebene platziert werden Anschaulich Steht man an einem Erdpunkt so hat man das Gefuhl die Erde sei flach wenn man seinen Blick in der Tangentialebene schweifen lasst In Wahrheit ist die Erde jedoch nur lokal flach Die angelegte Ebene dient der durch Linearisierung vereinfachten Darstellung der komplizierteren Krummung Global hat sie als Kugeloberflache eine vollig andere Gestalt Die Methoden der Differentialgeometrie sind ausserst bedeutend fur die theoretische Physik So konnen Phanomene wie Krummung oder Raumzeit uber Methoden der Differentialrechnung beschrieben werden Auch die Frage was der kurzeste Abstand zwischen zwei Punkten auf einer gekrummten Flache zum Beispiel der Erdoberflache ist kann mit diesen Techniken formuliert und oft auch beantwortet werden Auch bei der Erforschung von Zahlen als solchen also im Rahmen der Zahlentheorie hat sich die Differentialrechnung in der analytischen Zahlentheorie bewahrt Die grundlegende Idee der analytischen Zahlentheorie ist die Umwandlung von bestimmten Zahlen uber die man etwas lernen mochte in Funktionen Haben diese Funktionen gute Eigenschaften wie etwa Differenzierbarkeit so hofft man uber die damit einhergehenden Strukturen Ruckschlusse auf die ursprunglichen Zahlen ziehen zu konnen Es hat sich dabei haufig bewahrt zur Perfektionierung der Analysis von den reellen zu den komplexen Zahlen uberzugehen siehe auch komplexe Analysis also die Funktionen uber einem grosseren Zahlenbereich zu studieren Ein Beispiel ist die Analyse der Fibonacci Zahlen 0 1 1 2 3 5 8 13 21 displaystyle 0 1 1 2 3 5 8 13 21 dots nbsp deren Bildungsgesetz vorschreibt dass eine neue Zahl stets aus der Summe der beiden vorangehenden entstehen soll Ansatz der analytischen Zahlentheorie ist die Bildung der erzeugenden Funktion F x 0 1 x 1 x 2 2 x 3 3 x 4 5 x 5 8 x 6 13 x 7 displaystyle F x 0 1x 1x 2 2x 3 3x 4 5x 5 8x 6 13x 7 dotsb nbsp also eines unendlich langen Polynoms einer sog Potenzreihe dessen Koeffizienten genau die Fibonacci Zahlen sind Fur hinreichend kleine Zahlen x displaystyle x nbsp ist dieser Ausdruck sinnvoll weil die Potenzen x n displaystyle x n nbsp dann viel schneller gegen 0 gehen als die Fibonacci Zahlen gegen Unendlich womit sich langfristig alles bei einem endlichen Wert einpendelt Es ist fur diese Werte moglich die Funktion F displaystyle F nbsp explizit zu berechnen durch F x x 1 x x 2 displaystyle F x frac x 1 x x 2 nbsp Das Nennerpolynom 1 x x 2 displaystyle 1 x x 2 nbsp spiegelt dabei genau das Verhalten f n f n 1 f n 2 0 displaystyle f n f n 1 f n 2 0 nbsp der Fibonacci Zahlen f n displaystyle f n nbsp wider es ergibt sich in der Tat F x x F x x 2 F x x displaystyle F x xF x x 2 F x x nbsp durch termweises Verrechnen Mit Hilfe der Differentialrechnung lasst sich andererseits zeigen dass die Funktion F displaystyle F nbsp ausreicht um die Fibonacci Zahlen ihre Koeffizienten eindeutig zu charakterisieren Da es sich aber um eine schlichte rationale Funktion handelt lasst sich dadurch die fur jede Fibonacci Zahl f n displaystyle f n nbsp gultige exakte Formel f n F n 1 F n 5 displaystyle f n frac Phi n left frac 1 Phi right n sqrt 5 nbsp mit dem goldenen Schnitt F 1 5 2 displaystyle Phi tfrac 1 sqrt 5 2 nbsp herleiten wenn f 0 0 f 1 1 displaystyle f 0 0 f 1 1 nbsp und f n f n 1 f n 2 displaystyle f n f n 1 f n 2 nbsp gesetzt wird Die exakte Formel vermag eine Fibonacci Zahl zu berechnen ohne die vorherigen zu kennen Der Schluss wird uber einen sog Koeffizientenvergleich gezogen und nutzt aus dass das Polynom x 2 x 1 displaystyle x 2 x 1 nbsp als Nullstellen F displaystyle Phi nbsp und 1 F displaystyle tfrac 1 Phi nbsp besitzt 10 Der hoherdimensionale Fall Bearbeiten Die Differentialrechnung kann auf den Fall hoherdimensionaler Funktionen verallgemeinert werden Damit ist gemeint dass sowohl Eingabe als auch Ausgabewerte der Funktion nicht bloss Teil des eindimensionalen reellen Zahlenstrahls sondern auch Punkte eines hoherdimensionalen Raums sind Ein Beispiel ist die Vorschrift x y x 2 y 2 x 2 2 y displaystyle left x atop y right mapsto left x 2 y 2 atop x 2 2y right nbsp zwischen jeweils zweidimensionalen Raumen Das Funktionsverstandnis als Tabelle bleibt hier identisch nur dass diese mit vier Spalten x y x 2 y 2 x 2 2 y displaystyle x y x 2 y 2 x 2 2y nbsp deutlich mehr Eintrage besitzt Auch mehrdimensionale Abbildungen konnen in manchen Fallen an einem Punkt linearisiert werden Allerdings ist dabei nun angemessen zu beachten dass es sowohl mehrere Eingabedimensionen als auch mehrere Ausgabedimensionen geben kann Der korrekte Verallgemeinerungsweg liegt darin dass die Linearisierung in jeder Komponente der Ausgabe jede Variable auf lineare Weise berucksichtigt Das zieht fur obere Beispielfunktion eine Approximation der Form f x y x 2 y 2 x 2 2 y m 1 x x 0 m 2 y y 0 c 1 m 3 x x 0 m 4 y y 0 c 2 displaystyle f x y left x 2 y 2 atop x 2 2y right approx left m 1 x x 0 m 2 y y 0 c 1 atop m 3 x x 0 m 4 y y 0 c 2 right nbsp nach sich Diese ahmt dann die gesamte Funktion in der Nahe der Eingabe x 0 y 0 displaystyle x 0 y 0 nbsp sehr gut nach 11 In jeder Komponente wird demnach fur jede Variable eine Steigung angegeben diese wird dann das lokale Verhalten der Komponentenfunktion bei kleiner Anderung in dieser Variablen messen Diese Steigung wird auch als partielle Ableitung bezeichnet 12 Die korrekten konstanten Abschnitte c 1 c 2 displaystyle c 1 c 2 nbsp berechnen sich exemplarisch durch c 1 x 0 2 y 0 2 displaystyle c 1 x 0 2 y 0 2 nbsp bzw c 2 x 0 2 2 y 0 displaystyle c 2 x 0 2 2y 0 nbsp Wie auch im eindimensionalen Fall hangen die Steigungen hier m 1 m 2 m 3 m 4 displaystyle m 1 m 2 m 3 m 4 nbsp stark von der Wahl des Punktes hier x 0 y 0 displaystyle x 0 y 0 nbsp ab an dem abgeleitet wird Die Ableitung ist demnach keine Zahl mehr sondern ein Verband aus mehreren Zahlen in diesem Beispiel sind es vier und diese Zahlen sind im Regelfall bei allen Eingaben unterschiedlich Es wird allgemein fur die Ableitung auch f x 0 y 0 m 1 m 2 m 3 m 4 displaystyle f x 0 y 0 begin pmatrix m 1 amp m 2 m 3 amp m 4 end pmatrix nbsp geschrieben womit alle Steigungen in einer sog Matrix versammelt sind Man bezeichnet diesen Term auch als Jacobi Matrix oder Funktionalmatrix 13 Beispiel Wird oben x 0 y 0 1 0 displaystyle x 0 y 0 1 0 nbsp gesetzt so kann man zeigen dass folgende lineare Approximation bei sehr kleinen Anderungen von x displaystyle x nbsp und y displaystyle y nbsp sehr gut ist f x y x 2 y 2 x 2 2 y 2 x 1 2 x 2 y 1 displaystyle f x y left x 2 y 2 atop x 2 2y right approx left 2x 1 atop 2x 2y 1 right nbsp Zum Beispiel gilt f 1 003 0 002 1 006 013 1 002 009 displaystyle f 1 003 0 002 left 1 006013 atop 1 002009 right nbsp und 2 1 003 1 2 1 003 2 0 002 1 1 006 1 002 displaystyle left 2 cdot 1 003 1 atop 2 cdot 1 003 2 cdot 0 002 1 right left 1 006 atop 1 002 right nbsp Hat man im ganz allgemeinen Fall n displaystyle n nbsp Variablen und m displaystyle m nbsp Ausgabekomponenten so gibt es kombinatorisch gesehen insgesamt n m displaystyle n cdot m nbsp Steigungen also partielle Ableitungen Im klassischen Fall n m 1 displaystyle n m 1 nbsp gibt es wegen 1 1 1 displaystyle 1 cdot 1 1 nbsp eine Steigung f x 0 displaystyle f x 0 nbsp und im oberen Beispiel n m 2 displaystyle n m 2 nbsp sind es 2 2 4 displaystyle 2 cdot 2 4 nbsp Steigungen 14 Geschichte Bearbeiten nbsp Gottfried Wilhelm Leibniz nbsp Isaac Newton Hauptartikel Infinitesimalrechnung Geschichte der Infinitesimalrechnung Die Aufgabenstellung der Differentialrechnung bildete sich als Tangentenproblem ab dem 17 Jahrhundert heraus Hierunter versteht man die Aufgabe bei einer beliebigen Kurve in einem beliebigen Punkt die Tangente zu bestimmen 15 Ein naheliegender Losungsansatz bestand darin die Tangente an eine Kurve durch ihre Sekante uber einem endlichen endlich heisst hier grosser als null aber beliebig kleinen Intervall zu approximieren Dabei war die technische Schwierigkeit zu uberwinden mit einer solchen infinitesimal kleinen Intervallbreite zu rechnen Die ersten Anfange der Differentialrechnung gehen auf Pierre de Fermat zuruck Er entwickelte um 1628 eine Methode Extremstellen algebraischer Terme zu bestimmen und Tangenten an Kegelschnitte und andere Kurven zu berechnen Seine Methode war rein algebraisch Fermat betrachtete keine Grenzubergange und schon gar keine Ableitungen Gleichwohl lasst sich seine Methode mit modernen Mitteln der Analysis interpretieren und rechtfertigen und sie hat Mathematiker wie Newton und Leibniz nachweislich inspiriert Einige Jahre spater wahlte Rene Descartes einen anderen algebraischen Zugang indem er an eine Kurve einen Kreis anlegte Dieser schneidet die Kurve in zwei nahe beieinanderliegenden Punkten es sei denn er beruhrt die Kurve Dieser Ansatz ermoglichte es ihm fur spezielle Kurven die Steigung der Tangente zu bestimmen 16 Ende des 17 Jahrhunderts gelang es Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz mit unterschiedlichen Ansatzen unabhangig voneinander widerspruchsfrei funktionierende Kalkule zu entwickeln Wahrend Newton das Problem physikalisch uber das Momentangeschwindigkeitsproblem anging 17 loste es Leibniz geometrisch uber das Tangentenproblem Ihre Arbeiten erlaubten das Abstrahieren von rein geometrischer Vorstellung und werden deshalb als Beginn der Analysis betrachtet Bekannt wurden sie vor allem durch das Buch Analyse des Infiniment Petits pour l Intelligence des Lignes Courbes 18 des Adligen Guillaume Francois Antoine Marquis de L Hospital der bei Johann I Bernoulli Privatunterricht nahm und dessen Forschung zur Analysis so publizierte Darin heisst es Die Reichweite dieses Kalkuls ist unermesslich Er lasst sich sowohl auf mechanische als auch geometrische Kurven anwenden Wurzelzeichen bereiten ihm keine Schwierigkeiten und sind oftmals sogar angenehm im Umgang er lasst sich auf so viele Variablen erweitern wie man sich nur wunschen kann der Vergleich unendlich kleiner Grossen aller Art gelingt muhelos Und er erlaubt eine unendliche Zahl an uberraschenden Entdeckungen uber gekrummte wie geradlinige Tangenten Fragen De maximis amp minimis Wendepunkte und Spitzen von Kurven Evoluten Spiegelungs und Brechungskaustiken amp c wie wir in diesem Buch sehen werden 19 Die heute bekannten Ableitungsregeln basieren vor allem auf den Werken von Leonhard Euler der den Funktionsbegriff pragte Newton und Leibniz arbeiteten mit beliebig kleinen positiven Zahlen 20 Dies wurde bereits von Zeitgenossen als unlogisch kritisiert beispielsweise von George Berkeley in der polemischen Schrift The analyst or a discourse addressed to an infidel mathematician 21 Erst in den 1960ern konnte Abraham Robinson diese Verwendung infinitesimaler Grossen mit der Entwicklung der Nichtstandardanalysis auf ein mathematisch axiomatisch sicheres Fundament stellen Trotz der herrschenden Unsicherheit wurde die Differentialrechnung aber konsequent weiterentwickelt in erster Linie wegen ihrer zahlreichen Anwendungen in der Physik und in anderen Gebieten der Mathematik Symptomatisch fur die damalige Zeit war das von der Preussischen Akademie der Wissenschaften 1784 veroffentlichte Preisausschreiben Die hohere Geometrie benutzt haufig unendlich grosse und unendlich kleine Grossen jedoch haben die alten Gelehrten das Unendliche sorgfaltig vermieden und einige beruhmte Analysten unserer Zeit bekennen dass die Worter unendliche Grosse widerspruchsvoll sind Die Akademie verlangt also dass man erklare wie aus einer widersprechenden Annahme so viele richtige Satze entstanden sind und dass man einen sicheren und klaren Grundbegriff angebe welcher das Unendliche ersetzen durfte ohne die Rechnung zu schwierig oder zu lang zu machen 22 Erst zum Anfang des 19 Jahrhunderts gelang es Augustin Louis Cauchy der Differentialrechnung die heute ubliche logische Strenge zu geben indem er von den infinitesimalen Grossen abging und die Ableitung als Grenzwert von Sekantensteigungen Differenzenquotienten definierte 23 Die heute benutzte Definition des Grenzwerts wurde schliesslich von Karl Weierstrass im Jahr 1861 formuliert 24 Definition BearbeitenSekanten und Tangentensteigung Bearbeiten Ausgangspunkt fur die Definition der Ableitung ist die Naherung der Tangentensteigung durch eine Sekantensteigung manchmal auch Sehnensteigung genannt Gesucht sei die Steigung einer Funktion f displaystyle f nbsp in einem Punkt x 0 f x 0 displaystyle x 0 f x 0 nbsp Man berechnet zunachst die Steigung der Sekante an f displaystyle f nbsp uber einem endlichen Intervall x 0 x 0 D x displaystyle x 0 x 0 Delta x nbsp der Lange D x displaystyle Delta x nbsp Sekantensteigung f x 0 D x f x 0 x 0 D x x 0 f x 0 D x f x 0 D x displaystyle frac f x 0 Delta x f x 0 x 0 Delta x x 0 frac f x 0 Delta x f x 0 Delta x nbsp Die Sekantensteigung ist also der Quotient zweier Differenzen sie wird deshalb auch Differenzenquotient genannt Mit der Kurznotation D y displaystyle Delta y nbsp fur f x 0 D x f x 0 displaystyle f x 0 Delta x f x 0 nbsp kann man die Sekantensteigung abgekurzt als D y D x displaystyle tfrac Delta y Delta x nbsp schreiben Der Ausdruck D x displaystyle Delta x nbsp verdeutlicht also die beliebig klein werdende Differenz zwischen der Stelle an der abgeleitet werden soll und einem benachbarten Punkt In der Literatur wird jedoch wie auch im Folgenden in vielen Fallen aus Grunden der Einfachheit das Symbol h displaystyle h nbsp statt D x displaystyle Delta x nbsp verwendet nbsp Um eine Tangentensteigung zu berechnen muss man die beiden Punkte durch die die Sekante gezogen wird immer weiter aneinander rucken Dabei gehen sowohl D x displaystyle Delta x nbsp als auch D y displaystyle Delta y nbsp gegen Null Der Quotient D y D x displaystyle tfrac Delta y Delta x nbsp bleibt aber in vielen Fallen endlich Auf diesem Grenzubergang beruht die folgende Definition Differenzierbarkeit Bearbeiten nbsp Definition der Ableitung uber die h Methode Zu den jeweiligen h Werten sind die dazugehorigen Sekanten eingezeichnet Fur h 0 displaystyle h to 0 nbsp geht die Sekante in die Tangente und somit die Sekantensteigung Differenzenquotient in die Tangentensteigung Ableitung uber nbsp Die Sekantensteigungen gehen fur x n x displaystyle x n to tilde x nbsp in die Steigung der Tangente und damit in die Ableitung an der Stelle x displaystyle tilde x nbsp uber Es gilt lim x n x f x n f x x n x f x displaystyle lim x n to tilde x frac f x n f tilde x x n tilde x f tilde x nbsp Hauptartikel Differenzierbarkeit Eine Funktion f U R displaystyle f colon U to mathbb R nbsp die ein offenes Intervall U displaystyle U nbsp in die reellen Zahlen abbildet heisst differenzierbar an der Stelle x 0 U displaystyle x 0 in U nbsp falls der Grenzwert lim x x 0 f x f x 0 x x 0 lim h 0 f x 0 h f x 0 h displaystyle lim x to x 0 frac f x f x 0 x x 0 lim h to 0 frac f x 0 h f x 0 h nbsp mit h x x 0 displaystyle h x x 0 nbsp existiert Dieser Grenzwert heisst Differentialquotient oder Ableitung von f displaystyle f nbsp nach x displaystyle x nbsp an der Stelle x 0 displaystyle x 0 nbsp und wird als f x 0 displaystyle f x 0 nbsp oder d f x d x x x 0 displaystyle left frac mathrm d f x mathrm d x right x x 0 nbsp oder d f d x x 0 displaystyle frac mathrm d f mathrm d x x 0 nbsp oder d d x f x 0 displaystyle frac mathrm d mathrm d x f x 0 nbsp notiert 25 26 Gesprochen werden diese Notationen als f Strich von x null d f von x nach d x an der Stelle x gleich x null d f nach d x von x null respektive d nach d x von f von x null Im spater folgenden Abschnitt Notationen werden noch weitere Varianten angefuhrt um die Ableitung einer Funktion zu notieren Im Laufe der Zeit wurde folgende gleichwertige Definition gefunden die sich im allgemeineren Kontext komplexer oder mehrdimensionaler Funktionen als leistungsfahiger erwiesen hat Eine Funktion heisst an einer Stelle x 0 displaystyle x 0 nbsp differenzierbar falls eine Konstante L displaystyle L nbsp existiert sodass lim h 0 f x 0 h f x 0 L h h 0 displaystyle lim h to 0 frac f x 0 h f x 0 Lh h 0 nbsp Der Zuwachs der Funktion f displaystyle f nbsp wenn man sich von x 0 displaystyle x 0 nbsp nur wenig entfernt etwa um den Wert h displaystyle h nbsp lasst sich also durch L h displaystyle Lh nbsp sehr gut approximieren Man nennt deshalb die lineare Funktion g x f x 0 L x x 0 displaystyle g colon x mapsto f x 0 L x x 0 nbsp fur die also g x 0 h f x 0 L h displaystyle g x 0 h f x 0 Lh nbsp fur alle h displaystyle h nbsp gilt auch die Linearisierung von f displaystyle f nbsp an der Stelle x 0 displaystyle x 0 nbsp 27 Eine weitere Definition ist Es gibt eine an der Stelle x 0 displaystyle x 0 nbsp stetige Funktion r displaystyle r nbsp mit r x 0 0 displaystyle r x 0 0 nbsp und eine Konstante L displaystyle L nbsp sodass fur alle x displaystyle x nbsp gilt f x f x 0 L x x 0 r x x x 0 displaystyle f x f x 0 L x x 0 r x x x 0 nbsp Die Bedingungen r x 0 0 displaystyle r x 0 0 nbsp und dass r displaystyle r nbsp an der Stelle x 0 displaystyle x 0 nbsp stetig ist bedeuten gerade dass das Restglied r x displaystyle r x nbsp fur x displaystyle x nbsp gegen x 0 displaystyle x 0 nbsp gegen 0 displaystyle 0 nbsp konvergiert 27 In beiden Fallen ist die Konstante L displaystyle L nbsp eindeutig bestimmt und es gilt f x 0 L displaystyle f x 0 L nbsp Der Vorteil dieser Formulierung ist dass Beweise einfacher zu fuhren sind da kein Quotient betrachtet werden muss Diese Darstellung der besten linearen Approximation wurde schon von Karl Weierstrass Henri Cartan und Jean Dieudonne konsequent angewandt und wird auch Weierstrasssche Zerlegungsformel genannt Bezeichnet man eine Funktion als differenzierbar ohne sich auf eine bestimmte Stelle zu beziehen dann bedeutet dies die Differenzierbarkeit an jeder Stelle des Definitionsbereiches also die Existenz einer eindeutigen Tangente fur jeden Punkt des Graphen Jede differenzierbare Funktion ist stetig die Umkehrung gilt jedoch nicht 27 Noch Anfang des 19 Jahrhunderts war man uberzeugt dass eine stetige Funktion hochstens an wenigen Stellen nicht differenzierbar sein konne wie die Betragsfunktion Bernard Bolzano konstruierte dann als erster Mathematiker tatsachlich eine Funktion die spater Bolzanofunktion genannt wurde die uberall stetig aber nirgends differenzierbar ist was in der Fachwelt allerdings nicht bekannt wurde Karl Weierstrass fand dann in den 1860er Jahren ebenfalls eine derartige Funktion siehe Weierstrass Funktion was diesmal unter Mathematikern Wellen schlug Ein bekanntes mehrdimensionales Beispiel fur eine stetige nicht differenzierbare Funktion ist die von Helge von Koch 1904 vorgestellte Koch Kurve 28 Ableitungsfunktion Bearbeiten nbsp Die Ableitung an verschiedenen Stellen einer differenzierbaren FunktionDie Ableitung der Funktion f U R displaystyle f colon U to mathbb R nbsp an der Stelle x 0 displaystyle x 0 nbsp bezeichnet mit f x 0 displaystyle f x 0 nbsp beschreibt lokal das Verhalten der Funktion in der Umgebung der betrachteten Stelle x 0 displaystyle x 0 nbsp In einigen Fallen ist es moglich an jedem Punkt des Funktionsgraphen eine Linearisierung vorzunehmen Dies erlaubt die Definition einer Ableitungsfunktion oder kurz Ableitung f U R displaystyle f colon U to mathbb R nbsp die jedem Element des Definitionsbereichs U displaystyle U nbsp der Ausgangsfunktion f displaystyle f nbsp die Steigung der dortigen Linearisierung zuordnet Man sagt in diesem Falle f displaystyle f nbsp ist in U displaystyle U nbsp differenzierbar 29 Beispielsweise hat die Quadratfunktion f R R displaystyle f colon mathbb R to mathbb R nbsp mit f x x 2 displaystyle f x x 2 nbsp an einer beliebigen Stelle x 0 displaystyle x 0 nbsp die Ableitung f x 0 2 x 0 displaystyle f x 0 2x 0 nbsp die Quadratfunktion ist also auf der Menge der reellen Zahlen differenzierbar Die zugehorige Ableitungsfunktion f displaystyle f nbsp ist gegeben durch f R R displaystyle f colon mathbb R to mathbb R nbsp mit f x 2 x displaystyle f x 2x nbsp Die Ableitungsfunktion ist im Normalfall eine andere Funktion als die ursprunglich betrachtete Einzige Ausnahme sind die Vielfachen x k e x displaystyle x mapsto k cdot e x nbsp der naturlichen Exponentialfunktion mit beliebigem k R displaystyle k in mathbb R nbsp unter denen wie die Wahl k e a displaystyle k e a nbsp zeigt auch alle Funktionen x e x a displaystyle x mapsto e x a nbsp mit beliebigem a R displaystyle a in mathbb R nbsp enthalten sind deren Graph aus dem der Exponentialfunktion x e x displaystyle x mapsto e x nbsp durch seitliche Verschiebung um a displaystyle a nbsp entsteht und zu diesem daher kongruent ist Ist die Ableitung stetig dann heisst f displaystyle f nbsp stetig differenzierbar In Anlehnung an die Bezeichnung C U displaystyle C U nbsp fur die Gesamtheit den Raum der stetigen Funktionen mit Definitionsmenge U displaystyle U nbsp wird der Raum der auf U displaystyle U nbsp stetig differenzierbaren Funktionen mit C 1 U displaystyle C 1 U nbsp abgekurzt 30 Notationen Bearbeiten Geschichtlich bedingt gibt es unterschiedliche Notationen um die Ableitung einer Funktion darzustellen Lagrange Notation Bearbeiten In diesem Artikel wurde bisher hauptsachlich die Notation f displaystyle f nbsp fur die Ableitung von f displaystyle f nbsp verwendet Diese Notation geht auf den Mathematiker Joseph Louis Lagrange zuruck der sie 1797 einfuhrte 31 Bei dieser Notation wird die zweite Ableitung von f displaystyle f nbsp mit f displaystyle f nbsp und die n displaystyle n nbsp te Ableitung mittels f n displaystyle f n nbsp bezeichnet Newton Notation Bearbeiten Isaac Newton neben Leibniz der Begrunder der Differentialrechnung notierte die erste Ableitung von x displaystyle x nbsp mit x displaystyle dot x nbsp entsprechend notierte er die zweite Ableitung durch x displaystyle ddot x nbsp 32 Heutzutage wird diese Schreibweise haufig in der Physik insbesondere in der Mechanik fur die Ableitung nach der Zeit verwendet 33 Leibniz Notation Bearbeiten Gottfried Wilhelm Leibniz fuhrte fur die erste Ableitung von f displaystyle f nbsp nach der Variablen x displaystyle x nbsp die Notation d f x d x displaystyle tfrac mathrm d f x mathrm d x nbsp ein 34 Gelesen wird dieser Ausdruck als d f von x nach d x Fur die zweite Ableitung notierte Leibniz d 2 f x d x 2 displaystyle tfrac mathrm d 2 f x mathrm d x 2 nbsp und die n displaystyle n nbsp te Ableitung wird mittels d n f x d x n displaystyle tfrac mathrm d n f x mathrm d x n nbsp bezeichnet 35 Bei der Schreibweise von Leibniz handelt es sich nicht um einen Bruch Die Symbole d f x displaystyle mathrm d f x nbsp und d x displaystyle mathrm d x nbsp werden Differentiale genannt haben aber in der modernen Differentialrechnung abgesehen von der Theorie der Differentialformen lediglich eine symbolische Bedeutung und sind nur in dieser Schreibweise als formaler Differentialquotient erlaubt In manchen Anwendungen Kettenregel Integration mancher Differentialgleichungen Integration durch Substitution rechnet man mit ihnen aber so als waren sie gewohnliche Terme Euler Notation Bearbeiten Die Notation D f displaystyle mathrm D f nbsp oder D x f x displaystyle mathrm D x f x nbsp fur die erste Ableitung von f displaystyle f nbsp geht auf Leonhard Euler zuruck Dabei wird die Ableitung als Operator also als eine besondere Funktion die selbst auf Funktionen arbeitet aufgefasst Diese Idee geht auf den Mathematiker Louis Francois Antoine Arbogast zuruck Die zweite Ableitung wird in dieser Notation mittels D 2 f displaystyle mathrm D 2 f nbsp oder D x 2 f x displaystyle mathrm D x 2 f x nbsp und die n displaystyle n nbsp te Ableitung durch D n f displaystyle mathrm D n f nbsp oder D x n f x displaystyle mathrm D x n f x nbsp dargestellt 36 Ableitungsberechnung BearbeitenDas Berechnen der Ableitung einer Funktion wird Differentiation oder Differenziation genannt sprich man differenziert diese Funktion Um die Ableitung elementarer Funktionen z B x n displaystyle x n nbsp sin x displaystyle sin x nbsp zu berechnen halt man sich eng an die oben angegebene Definition berechnet explizit einen Differenzenquotienten und lasst dann h displaystyle h nbsp gegen Null gehen Dieses Verfahren ist jedoch meistens umstandlich Bei der Lehre der Differentialrechnung wird diese Art der Rechnung daher nur wenige Male vollzogen Spater greift man auf bereits bekannte Ableitungsfunktionen zuruck oder schlagt Ableitungen nicht ganz so gelaufiger Funktionen in einem Tabellenwerk nach z B im Bronstein Semendjajew siehe auch Tabelle von Ableitungs und Stammfunktionen und berechnet die Ableitung zusammengesetzter Funktionen mit Hilfe der Ableitungsregeln Ableitungen elementarer Funktionen a