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Ein Differential oder Differenzial bezeichnet in der Analysis den linearen Anteil des Zuwachses einer Variablen oder einer Funktion und beschreibt einen unendlich kleinen Abschnitt auf der Achse eines Koordinatensystems 1 2 Historisch war der Begriff im 17 und 18 Jahrhundert der Kern der Entwicklung der Infinitesimalrechnung Ab dem 19 Jahrhundert wurde die Analysis durch Augustin Louis Cauchy und Karl Weierstrass auf der Grundlage des Grenzwertbegriffes mathematisch korrekt neu aufgebaut und der Begriff des Differentials verlor fur die elementare Differential und Integralrechnung an Bedeutung Besteht eine funktionale Abhangigkeit y f x displaystyle y f x mit einer differenzierbaren Funktion f displaystyle f dann lautet der grundlegende Zusammenhang zwischen dem Differential d y displaystyle mathrm d y der abhangigen Variablen und dem Differential d x displaystyle mathrm d x der unabhangigen Variablen d y f x d x displaystyle mathrm d y f x mathrm d x wobei f x displaystyle f x die Ableitung von f displaystyle f an der Stelle x displaystyle x bezeichnet Anstelle von d y displaystyle mathrm d y schreibt man auch d f x displaystyle mathrm d f x oder d f x displaystyle mathrm d f x Diese Beziehung lasst sich mit Hilfe partieller Ableitungen auf Funktionen mehrerer Variabler verallgemeinern und fuhrt dann auf den Begriff des totalen Differentials Differentiale werden heute in verschiedenen Anwendungen in unterschiedlicher Bedeutung und auch mit unterschiedlicher mathematischer Strenge verwendet Die in Standardschreibweisen wie a b f x d x displaystyle textstyle int a b f x mathrm d x fur Integrale oder d f d x displaystyle tfrac mathrm d f mathrm d x fur Ableitungen auftretenden Differentiale werden heutzutage ublicherweise als blosser Notationsbestandteil ohne eigenstandige Bedeutung angesehen Eine rigorose Definition liefert die in der Differentialgeometrie verwendete Theorie der Differentialformen wo Differentiale als exakte 1 Formen interpretiert werden Einen anders gearteten Zugang vermittelt die Nichtstandardanalysis die den historischen Begriff der Infinitesimalzahl wieder aufgreift und im Sinne der modernen Mathematik prazisiert Inhaltsverzeichnis 1 Einordnung 2 Das Differential als linearisierter Zuwachs 3 Definition 4 Differentiale hoherer Ordnung 5 Rechenregeln 5 1 Konstante und konstanter Faktor 5 2 Addition und Subtraktion 5 3 Multiplikation 5 4 Division 5 5 Kettenregel 5 6 Beispiele 6 Erweiterung und Varianten 6 1 Totales Differential 6 2 Virtuelle Verschiebung 6 3 Stochastische Analysis 7 Heutiger Zugang Differentiale als 1 Formen 8 Differentiale in der Integralrechnung 8 1 Anschauliche Erklarung 8 2 Formale Erklarung 8 3 Spezielle Differentiale 9 Differentiale als Rechenhilfe 9 1 Beispiel 1 Integration durch Substitution 9 2 Beispiel 2 Separation der Variablen 10 Historisches 10 1 Blaise Pascals Betrachtungen zum Viertelkreisbogen Quarts de Cercle 10 1 1 Ahnlichkeit 10 2 Nova methodus 1684 10 3 Cauchys Differentialbegriff 11 Anmerkungen 12 Siehe auch 13 Literatur 14 QuellenEinordnung BearbeitenIn seinen 1924 erstmals erschienenen Vorlesungen uber Differential und Integralrechnung schreibt Richard Courant dass die Idee des Differentials als unendlich kleine Grosse keine Bedeutung habe und es deshalb nutzlos sei die Ableitung als Quotient zweier solcher Quantitaten zu definieren dass man aber trotzdem versuchen konne den Ausdruck d y d x displaystyle frac mathrm d y mathrm d x nbsp als tatsachlichen Quotienten zweier Quantitaten d y displaystyle mathrm d y nbsp und d x displaystyle mathrm d x nbsp zu definieren Dafur definiere man zunachst f x displaystyle f prime x nbsp wie ublich als f x lim h 0 f x h f x h displaystyle f prime x lim h to 0 frac f x h f x h nbsp und betrachte dann fur ein festes x displaystyle x nbsp den Zuwachs h D x displaystyle h Delta x nbsp als eine unabhangige Variable Diese bezeichne man als h d x displaystyle h mathrm d x nbsp Dann definiere man d y h f x displaystyle mathrm d y hf prime x nbsp womit man tautologisch f x d y d x displaystyle f prime x frac mathrm d y mathrm d x nbsp bekomme In modernerer Terminologie kann man das Differential in x displaystyle x nbsp als lineare Abbildung vom Tangentialraum T x R R displaystyle T x mathbb R simeq mathbb R nbsp in die reellen Zahlen auffassen Dem Tangentialvektor h R T x R displaystyle h in mathbb R simeq T x mathbb R nbsp wird die reelle Zahl h f x displaystyle hf prime x nbsp zugeordnet und diese lineare Abbildung ist per Definition das Differential d f x displaystyle mathrm d f x nbsp Also d f x h f x h displaystyle mathrm d f x h f prime x h nbsp und insbesondere d x x h h displaystyle mathrm d x x h h nbsp woraus sich tautologisch die Beziehung f x d f x d x x displaystyle f prime x frac mathrm d f x mathrm d x x nbsp ergibt Das Differential als linearisierter Zuwachs BearbeitenIst f R R displaystyle f colon mathbb R to mathbb R nbsp eine reelle Funktion einer reellen Variablen so bewirkt eine Anderung des Arguments um D x displaystyle Delta x nbsp von x displaystyle x nbsp auf x D x displaystyle x Delta x nbsp eine Anderung des Funktionswertes von y f x displaystyle y f x nbsp auf y D y f x D x displaystyle y Delta y f x Delta x nbsp fur den Zuwachs des Funktionswerts gilt also D y f x D x f x displaystyle Delta y f x Delta x f x nbsp Ist beispielsweise f displaystyle f nbsp eine affin lineare Funktion also y f x m x b displaystyle y f x mx b nbsp so folgt D y m D x displaystyle Delta y m cdot Delta x nbsp Das heisst der Zuwachs des Funktionswerts ist in diesem einfachen Fall direkt proportional zum Zuwachs des Arguments und das Verhaltnis D y D x displaystyle tfrac Delta y Delta x nbsp entspricht gerade der konstanten Steigung m displaystyle m nbsp von f displaystyle f nbsp nbsp Das Differential d y displaystyle textstyle mathrm d y nbsp als linearer Anteil des Zuwachses D y displaystyle textstyle mathrm Delta y nbsp Bei Funktionen deren Steigung nicht konstant ist ist die Situation komplizierter Ist f displaystyle f nbsp an der Stelle x displaystyle x nbsp differenzierbar dann ist die Steigung dort gegeben durch die Ableitung f x displaystyle f x nbsp wobei diese als Grenzwert des Differenzenquotienten definiert ist f x lim h 0 f x h f x h displaystyle f x lim h to 0 frac f x h f x h nbsp Betrachtet man nun fur D x 0 displaystyle Delta x neq 0 nbsp die Differenz zwischen dem Differenzenquotienten und der Ableitung ϕ D x f x D x f x D x f x displaystyle phi Delta x frac f x Delta x f x Delta x f x nbsp so folgt fur den Zuwachs des Funktionswertes D y f x D x ϕ D x D x displaystyle Delta y f x cdot Delta x phi Delta x cdot Delta x nbsp In dieser Darstellung wird D y displaystyle Delta y nbsp zerlegt in einen Anteil f x D x displaystyle f x cdot Delta x nbsp der linear von D x displaystyle Delta x nbsp abhangt und einen Rest der von hoherer als linearer Ordnung verschwindet in dem Sinne dass lim h 0 ϕ h 0 displaystyle lim h to 0 phi h 0 nbsp gilt Der lineare Anteil des Zuwachses der deshalb fur kleine Werte von D x displaystyle Delta x nbsp im Allgemeinen einen guten Naherungswert fur D y displaystyle Delta y nbsp darstellt wird Differential von f displaystyle f nbsp genannt und mit d y displaystyle mathrm d y nbsp bezeichnet Definition BearbeitenEs sei f D R displaystyle f colon D to mathbb R nbsp eine Funktion mit Definitionsbereich D R displaystyle D subseteq mathbb R nbsp Ist f displaystyle f nbsp an der Stelle x D displaystyle x in D nbsp differenzierbar und h R displaystyle h in mathbb R nbsp dann heisst 3 d f x h f x h displaystyle mathrm d f x h f x cdot h nbsp das Differential von f displaystyle f nbsp an der Stelle x displaystyle x nbsp zum Argumentzuwachs h displaystyle h nbsp Statt h displaystyle h nbsp schreibt man haufig auch d x displaystyle mathrm d x nbsp Gilt y f x displaystyle y f x nbsp so schreibt man auch d y displaystyle mathrm d y nbsp anstelle von d f x displaystyle mathrm d f x nbsp Fur ein fest gewahltes x displaystyle x nbsp ist das Differential d f x displaystyle mathrm d f x nbsp also eine lineare Funktion die jedem Argument h R displaystyle h in mathbb R nbsp den Wert f x h R displaystyle f prime x h in mathbb R nbsp zuordnet Beispielsweise fur die identische Funktion i d R R displaystyle mathrm id colon mathbb R to mathbb R nbsp i d x x displaystyle mathrm id x x nbsp gilt also wegen i d x 1 displaystyle mathrm id x 1 nbsp die Gleichung d x d i d x 1 h h displaystyle mathrm d x mathrm d id x 1 cdot h h nbsp und somit 4 in diesem Beispiel d y d x displaystyle mathrm d y mathrm d x nbsp Differentiale hoherer Ordnung BearbeitenIst f D R displaystyle f colon D to mathbb R nbsp an der Stelle x D R displaystyle x in D subseteq mathbb R nbsp n displaystyle n nbsp mal differenzierbar n N displaystyle n in mathbb N nbsp und d x h R displaystyle mathrm d x h in mathbb R nbsp so heisst 5 d n y d n f x f n x d x n displaystyle mathrm d n y mathrm d n f x f n x mathrm d x n nbsp das Differential n displaystyle n nbsp ter Ordnung von f displaystyle f nbsp an der Stelle x displaystyle x nbsp zum Argumentzuwachs h displaystyle h nbsp In diesem Produkt bezeichnet f n x displaystyle f n x nbsp die n displaystyle n nbsp te Ableitung von f displaystyle f nbsp an der Stelle x displaystyle x nbsp und d x n displaystyle mathrm d x n nbsp die n displaystyle n nbsp te Potenz der Zahl d x displaystyle mathrm d x nbsp Die Bedeutung dieser Definition wird bei Courant 6 wie folgt erklart Wenn man sich h displaystyle h nbsp fest gewahlt denkt und zwar denselben Wert h displaystyle textstyle h nbsp fur verschiedene x displaystyle textstyle x nbsp also D x displaystyle textstyle Delta x nbsp festgehalten dann ist d y h f x displaystyle mathrm d y hf prime x nbsp eine Funktion von x displaystyle x nbsp von der man wieder das Differential d 2 y d h f x displaystyle textstyle mathrm d 2 y mathrm d hf x nbsp bilden kann s Abb Das Ergebnis ist das zweite Differential d 2 y d 2 f x displaystyle mathrm d 2 y mathrm d 2 f x nbsp man erhalt es indem man in h f x h f x displaystyle h left f prime x h f prime x right nbsp dem Zuwachs von h f x displaystyle hf prime x nbsp den Term in Klammern durch seinen Linearteil h f x displaystyle hf prime prime x nbsp ersetzt womit also d 2 y h 2 f x displaystyle mathrm d 2 y h 2 f prime prime x nbsp ist Auf analoge Weise kann man die Definition von Differentialen hoherer Ordnung motivieren Es gilt dann entsprechend z B d 3 y h 3 f x displaystyle textstyle mathrm d 3 y h 3 f x nbsp und allgemein d n y h n f n x displaystyle textstyle mathrm d n y h n f n x nbsp Fur ein fest gewahltes x displaystyle x nbsp ist das Differential d n f x displaystyle mathrm d n f x nbsp also wieder eine fur n gt 1 displaystyle n gt 1 nbsp nicht lineare Funktion die jedem Argument h R displaystyle h in mathbb R nbsp den Wert f n x h n R displaystyle f n x h n in mathbb R nbsp zuordnet Rechenregeln BearbeitenUnabhangig von der verwendeten Definition gelten fur Differentiale die folgenden Rechenregeln Im Folgenden bezeichnen x displaystyle x nbsp die unabhangige Variable u v y z displaystyle u v y z nbsp abhangige Variablen beziehungsweise Funktionen und c displaystyle c nbsp eine beliebige reelle Konstante Die Ableitung von y displaystyle y nbsp nach x displaystyle x nbsp wird d y d x displaystyle tfrac mathrm d y mathrm d x nbsp geschrieben Dann ergeben sich die nachfolgenden Rechenregeln aus der Beziehung d y d y d x d x displaystyle mathrm d y frac mathrm d y mathrm d x mathrm d x nbsp und den Ableitungsregeln Die folgenden Rechenregeln fur Differentiale von Funktionen f R R displaystyle f colon mathbb R to mathbb R nbsp sind so zu verstehen dass jeweils die nach Einsetzen der Argumente d x h R displaystyle dx h in mathbb R nbsp erhaltenen Funktionen ubereinstimmen sollen Die Regel d u v d u d v displaystyle mathrm d u v mathrm d u mathrm d v nbsp zum Beispiel besagt dass man in jedem x R displaystyle x in mathbb R nbsp die Identitat d u v x d u x d v x displaystyle mathrm d u v x mathrm d u x mathrm d v x nbsp hat und dies bedeutet nach Definition dass fur alle reellen Zahlen h displaystyle h nbsp die Gleichung u v x h u x h v x h displaystyle mathrm u v prime x cdot h u prime x cdot h v prime x cdot h nbsp gelten soll Konstante und konstanter Faktor Bearbeiten d c 0 displaystyle mathrm d c 0 nbsp und d c y c d y displaystyle mathrm d cy c mathrm d y nbsp Addition und Subtraktion Bearbeiten d u v d u d v displaystyle mathrm d u v mathrm d u mathrm d v nbsp und d u v d u d v displaystyle mathrm d u v mathrm d u mathrm d v nbsp Multiplikation Bearbeiten auch Produktregel genannt d u v v d u u d v u v d u u d v v displaystyle mathrm d uv v mathrm d u u mathrm d v uv left frac mathrm d u u frac mathrm d v v right nbsp anm 1 Division Bearbeiten d u v v d u u d v v 2 u v d u u d v v displaystyle mathrm d left frac u v right frac v mathrm d u u mathrm d v v 2 left frac u v right left frac mathrm d u u frac mathrm d v v right nbsp anm 2 Kettenregel Bearbeiten Ist z displaystyle z nbsp abhangig von y displaystyle y nbsp und y displaystyle y nbsp von x displaystyle x nbsp also d z d z d y d y displaystyle mathrm d z frac mathrm d z mathrm d y mathrm d y nbsp und d y d y d x d x displaystyle mathrm d y frac mathrm d y mathrm d x mathrm d x nbsp dann giltd z d z d y d y d x d x displaystyle mathrm d z frac mathrm d z mathrm d y cdot frac mathrm d y mathrm d x mathrm d x nbsp dd Beispiele Bearbeiten Fur u x 2 displaystyle u x 2 nbsp und v sin x displaystyle v sin x nbsp gilt d u 2 x d x displaystyle mathrm d u 2x mathrm d x nbsp bzw d v cos x d x displaystyle mathrm d v cos x mathrm d x nbsp Es folgtd u v d x 2 sin x x 2 cos x d x sin x 2 x d x displaystyle mathrm d uv mathrm d x 2 sin x x 2 cos x mathrm d x sin x 2x mathrm d x nbsp dd Fur y 1 x 2 displaystyle y 1 x 2 nbsp und z y displaystyle z sqrt y nbsp gilt d y 2 x d x displaystyle mathrm d y 2x mathrm d x nbsp und d z d y 2 y displaystyle mathrm d z frac mathrm d y 2 sqrt y nbsp alsod 1 x 2 d z 2 x d x 2 y x z d x displaystyle mathrm d sqrt 1 x 2 mathrm d z frac 2x mathrm d x 2 sqrt y frac x z mathrm d x nbsp dd Erweiterung und Varianten BearbeitenAnstatt d displaystyle mathrm d nbsp finden sich folgende Symbole die Differentiale bezeichnen Mit displaystyle partial nbsp eingefuhrt von Condorcet Legendre und dann Jacobi sieht man es in alter franzosischer Schreibschrift oder als eine Variante des kursiven kyrillischen d wird ein partielles Differential bezeichnet Mit d displaystyle delta nbsp dem griechischen kleinen Delta wird eine virtuelle Verschiebung die Variation eines Ortsvektors bezeichnet Sie hangt also mit dem partiellen Differential nach den einzelnen Raumdimensionen des Ortsvektors zusammen Mit d displaystyle delta nbsp wird ein inexaktes Differential bezeichnet Totales Differential Bearbeiten Hauptartikel Totales Differential Das totale Differential oder vollstandige Differential einer differenzierbaren Funktion f x 1 x n displaystyle f x 1 ldots x n nbsp in n displaystyle n nbsp Variablen ist definiert durch d f i 1 n f x i d x i displaystyle rm d f sum limits i 1 n frac partial f partial x i mathrm d x i nbsp Dies ist wieder interpretierbar als der lineare Anteil des Zuwachses Eine Anderung des Arguments um D x displaystyle Delta x nbsp bewirkt eine Anderung des Funktionswertes um D y f x D x f x displaystyle Delta y f x Delta x f x nbsp welche zerlegbar ist als D y grad f x D x r D x displaystyle Delta y operatorname grad f x cdot Delta x r Delta x nbsp wobei der erste Summand das Skalarprodukt der beiden n displaystyle n nbsp elementigen Vektoren grad f x f x 1 x f x n x displaystyle operatorname grad f x tfrac partial f partial x 1 x ldots tfrac partial f partial x n x nbsp und D x displaystyle Delta x nbsp darstellt und der Rest von hoherer Ordnung verschwindet also lim D x 0 r D x D x 0 displaystyle textstyle lim Delta x rightarrow 0 frac r Delta x parallel Delta x parallel 0 nbsp Virtuelle Verschiebung Bearbeiten Hauptartikel Virtuelle Arbeit Eine virtuelle Verschiebung d x i displaystyle delta mathbf x i nbsp ist eine fiktive infinitesimale Verschiebung des i displaystyle i nbsp ten Teilchens die mit Zwangsbedingungen vertraglich ist Die Abhangigkeit von der Zeit wird nicht betrachtet Aus dem totalen Differential d g i 1 n g q i d q i g t d t displaystyle mathrm d g sum i 1 n frac partial g partial q i mathrm d q i frac partial g partial t mathrm d t nbsp einer Funktion g q 1 q n t displaystyle g q 1 dots q n t nbsp entsteht die gesuchte virtuelle Anderung d g i 1 n g q i d q i displaystyle delta g sum i 1 n frac partial g partial q i delta q i nbsp Der Begriff instantan ist dadurch mathematisiert Die s displaystyle s nbsp holonomen Zwangsbedingungen f l x 1 x N t 0 l 1 s displaystyle f l mathbf x 1 dots mathbf x N t 0 quad l 1 dots s nbsp werden durch Verwendung von n 3 N s displaystyle n 3N s nbsp sogenannter generalisierter Koordinaten q k displaystyle q k nbsp erfullt d x i k 1 n x i q k d q k displaystyle delta mathbf x i sum k 1 n frac partial mathbf x i partial q k delta q k nbsp Die holonomen Zwangsbedingungen werden also durch Auswahl und entsprechende Reduzierung der generalisierten Koordinaten explizit eliminiert Stochastische Analysis Bearbeiten In der stochastischen Analysis wird die Differentialschreibweise haufig angewendet etwa zur Notation stochastischer Differentialgleichungen sie ist dann stets als Kurzschreibweise fur eine entsprechende Gleichung von Itō Integralen aufzufassen Ist beispielsweise H t t 0 displaystyle H t t geq 0 nbsp ein stochastischer Prozess der bezuglich eines Wiener Prozesses W t t 0 displaystyle W t t geq 0 nbsp Itō integrierbar ist dann wird die durch X t X 0 0 t H s d W s t 0 displaystyle X t X 0 int 0 t H s mathrm d W s qquad t geq 0 nbsp gegebene Gleichung fur einen Prozess X t t 0 displaystyle X t t geq 0 nbsp in Differentialform als d X t H t d W t displaystyle mathrm d X t H t mathrm d W t nbsp notiert Die oben genannten Rechenregeln fur Differentiale sind jedoch im Fall stochastischer Prozesse mit nichtverschwindender quadratischer Variation gemass der Itō Formel zu modifizieren Heutiger Zugang Differentiale als 1 Formen Bearbeiten Hauptartikel Pfaffsche Form und Differentialform Die oben gegebene Definition des Differentials d f displaystyle df nbsp entspricht in heutiger Terminologie dem Begriff der exakten 1 Form d f displaystyle df nbsp Es sei U displaystyle U nbsp eine offene Teilmenge des R n displaystyle mathbb R n nbsp Eine 1 Form oder Pfaffsche Form w displaystyle omega nbsp auf U displaystyle U nbsp ordnet jedem Punkt p U displaystyle p in U nbsp eine Linearform w p T p U R displaystyle omega p colon mathrm T p U to mathbb R nbsp zu Derartige Linearformen heissen Kotangentialvektoren sie sind Elemente des Dualraumes T p U displaystyle mathrm T p U nbsp des Tangentialraumes T p U displaystyle mathrm T p U nbsp Eine pfaffsche Form w displaystyle omega nbsp ist also eine Abbildung w U p U T p U p w p T p U displaystyle omega colon U to bigsqcup p in U mathrm T p U quad p mapsto omega p in mathrm T p U nbsp Das totale Differential oder die aussere Ableitung d f displaystyle mathrm d f nbsp einer differenzierbaren Funktion f U R displaystyle f colon U rightarrow mathbb R nbsp ist die pfaffsche Form die folgendermassen definiert ist Ist X T p U displaystyle X in mathrm T p U nbsp ein Tangentialvektor so ist d f p X X f displaystyle mathrm d f p X Xf nbsp also gleich der Richtungsableitung von f displaystyle f nbsp in Richtung X displaystyle X nbsp Ist also g e e U displaystyle gamma colon varepsilon varepsilon to U nbsp ein Weg mit g 0 p displaystyle gamma 0 p nbsp und g 0 X displaystyle dot gamma 0 X nbsp so ist d f p X d d t t 0 f g t displaystyle mathrm d f p X left frac mathrm d mathrm d t right t 0 f gamma t nbsp Mit Hilfe des Gradienten und des Standard Skalarproduktes lasst sich das totale Differential von f displaystyle f nbsp durch d f p X g r a d f X displaystyle mathrm d f p X langle mathrm grad f X rangle nbsp darstellen Fur n 1 displaystyle n 1 nbsp erhalt man insbesondere das Differential d f displaystyle df nbsp von Funktionen f R R displaystyle f colon mathbb R to mathbb R nbsp Differentiale in der Integralrechnung BearbeitenAnschauliche Erklarung Bearbeiten Um den Flacheninhalt eines Bereiches zu berechnen der von dem Graphen einer Funktion f displaystyle f nbsp der x displaystyle x nbsp Achse und zwei dazu senkrechten Geraden x a displaystyle x a nbsp und x b displaystyle x b nbsp eingeschlossen wird unterteilte man die Flache in Rechtecke der Breite D x displaystyle Delta x nbsp die unendlich schmal gemacht werden und der Hohe f x displaystyle f x nbsp Ihr jeweiliger Flacheninhalt ist das Produkt f x D x displaystyle f x cdot Delta x nbsp der gesamte Flacheninhalt also die Summe a b f x d x displaystyle int a b f x cdot mathrm d x nbsp wobei hier d x displaystyle mathrm d x nbsp wieder eine endliche Grosse ist die einer Unterteilung des Intervalls a b displaystyle a b nbsp entspricht Siehe genauer Mittelwertsatz der Integralrechnung Es gibt im Intervall a b displaystyle a b nbsp einen festen Wert 3 displaystyle xi nbsp dessen Funktionswert multipliziert mit der Summe der endlichen d x displaystyle mathrm d x nbsp des Intervalls a b displaystyle a b nbsp den Wert des Integrals dieser einen stetigen Funktion wiedergibt a b f x d x f 3 a b d x displaystyle int a b f x cdot mathrm d x f xi cdot int a b mathrm d x nbsp Das Gesamtintervall a b displaystyle a b nbsp des Integrals muss nicht gleichmassig unterteilt sein Die Differentiale an den unterschiedlichen Unterteilungsstellen konnen verschieden gross gewahlt sein die Wahl der Unterteilung des Integrationsintervalls hangt oft von der Art des Integrationsproblems ab Zusammen mit dem Funktionswert innerhalb des differentiellen Intervalls beziehungsweise des Maximal und Minimalwerts darinnen entsprechend Ober und Untersumme bildet sich eine Flachengrosse man macht den Grenzwertubergang in dem Sinne dass man die Unterteilung von a b displaystyle a b nbsp immer feiner wahlt Das Integral ist eine Definition fur eine Flache mit Begrenzung durch ein Kurvenstuck Formale Erklarung Bearbeiten Hauptartikel Integration von Differentialformen im Artikel Differentialform Es sei f R R displaystyle f colon mathbb R to mathbb R nbsp eine integrierbare Funktion mit Stammfunktion F R R displaystyle F colon mathbb R to mathbb R nbsp Das Differential d F f x d x displaystyle mathrm d F f x mathrm d x nbsp ist eine 1 Form die nach den Regeln der Integration von Differentialformen integriert werden kann Das Ergebnis der Integration uber ein Intervall a b displaystyle left a b right nbsp ist genau das Lebesgue Integral a b f x d x displaystyle int a b f x mathrm d x nbsp Spezielle Differentiale Bearbeiten Im Zusammenhang mit den folgenden Integralen hat das jeweilige Differential eine besondere Bezeichnung und auch Bedeutung Linienelement beim Kurvenintegral Oberflachenelement skalar und vektoriell beim Oberflachenintegral Volumenelement beim Volumenintegral Die Differentiale hangen dabei vom verwendeten Koordinatensystem ab Differentiale als Rechenhilfe BearbeitenIndem man mit einem Differential wie mit einer Variablen rechnet was streng genommen nicht zulassig ist vereinfachen sich manche Rechnungen Dieses Vorgehen wird insbesondere in der Physik angewendet Aber auch in der Mathematik liefert diese Methode oft die Vorlage fur exakte Beweise zum Beispiel beim Beweis der Kettenregel Beispiel 1 Integration durch Substitution Bearbeiten Das Integral x sin x 2 1 d x displaystyle int x sin left x 2 1 right mathrm d x nbsp soll berechnet werden Die Substitution t x 2 1 displaystyle t x 2 1 nbsp ergibt die Ableitung d t d x 2 x displaystyle frac mathrm d t mathrm d x 2x nbsp und somit fur die Differentiale d t 2 x d x displaystyle mathrm d t 2x mathrm d x nbsp Damit erhalt man x sin x 2 1 d x 1 2 2 x sin x 2 1 d x 1 2 sin t d t 1 2 cos t C 1 2 cos x 2 1 C displaystyle int x sin left x 2 1 right mathrm d x frac 1 2 int 2x sin left x 2 1 right mathrm d x frac 1 2 int sin t mathrm d t frac 1 2 cos t C frac 1 2 cos left x 2 1 right C quad nbsp mit C R displaystyle C in mathbb R nbsp Beispiel 2 Separation der Variablen Bearbeiten Die Differentialgleichung f x k f x displaystyle f x k cdot f x nbsp mit der Anfangsbedingung f 0 C 0 C 0 R displaystyle f 0 C 0 C 0 in mathbb R nbsp soll gelost werden Setzt man y f x displaystyle y f x nbsp und d y d x f x displaystyle frac mathrm dy mathrm d x f x nbsp so erhalt man d y d x k y displaystyle frac mathrm d y mathrm d x k cdot y nbsp Multipliziert man nun beide Seiten mit dem Differential d x displaystyle mathrm d x nbsp und trennt die Variablen indem man sie auf jeweils eine Seite der Gleichung bringt so ergibt sich 1 y d y k d x displaystyle frac 1 y mathrm d y k mathrm d x nbsp Integration und Berucksichtigung der Anfangsbedingung ergeben die Losung 1 y d y k d x displaystyle int frac 1 y mathrm d y k int mathrm d x nbsp l n y k x C C R displaystyle ln y k cdot x C quad C in mathbb R nbsp l n f x k x C displaystyle ln f x k cdot x C nbsp f x C 0 exp k x displaystyle f x C 0 cdot exp left k cdot x right nbsp Historisches BearbeitenGottfried Wilhelm Leibniz verwendet erstmals in einem Manuskript 1675 in der Abhandlung Analysis tetragonistica das Integralzeichen er schreibt nicht f x d x displaystyle textstyle int f x mathrm d x nbsp sondern f x displaystyle textstyle int f x nbsp Am 11 November 1675 verfasste Leibniz einen Aufsatz mit dem Titel Beispiele zur umgekehrten Tangentenmethode und hier kommt neben f x displaystyle textstyle int f x nbsp zum ersten Mal f x d x displaystyle textstyle int f x mathrm d x nbsp vor ebenso statt x d displaystyle tfrac x d nbsp die Schreibweise d x displaystyle textstyle mathrm d x nbsp 7 In der modernen Fassung dieses Zugangs zur Integralrechnung nach Bernhard Riemann ist das Integral ein Grenzwert der Flacheninhalte endlich vieler Rechtecke endlicher Breite fur immer feinere Unterteilungen des x displaystyle x nbsp Bereichs Deshalb ist das erste Symbol im Integral ein stilisiertes S fur Summe Utile erit scribi displaystyle textstyle int nbsp pro omnia Es wird nutzlich sein displaystyle textstyle int nbsp anstatt omnia zu schreiben und l um die Summe einer Gesamtheit zu bezeichnen Hier zeigt sich eine neue Gattung des Kalkuls ist dagegen l y a displaystyle textstyle int l ya nbsp gegeben so bietet sich ein entgegengesetzter Kalkul mit der Bezeichnung l y a d displaystyle textstyle l frac ya d nbsp wie namlich die Abmessungen vermehrt so vermindert sie d bedeutet aber die Summe d die Differenz schreibt Leibniz am 29 Oktober 1675 in einer Untersuchung in der er die Cavalierischen Gesamtheiten verwendet In der spateren Niederschrift von 11 November 1675 geht er von der Schreibweise x d displaystyle textstyle frac x d nbsp zu d x displaystyle dx nbsp uber er verzeichnet in einer Fussnote d x displaystyle dx nbsp ist gleich x d displaystyle textstyle frac x d nbsp in derselben Rechnung kommt auch die Formel y d y y 2 2 displaystyle textstyle int y mathrm d y frac y 2 2 nbsp vor 8 Omnia steht dabei fur omnia l und wird in dem geometrisch orientierten Flachenberechnungsverfahren von Bonaventura Cavalieri verwendet Die zugehorige gedruckte Veroffentlichung Leibniz ist De geometria recondita aus dem Jahr 1686 Leibniz gab sich mit der Bezeichnungsweise Muhe um die Rechnung kalkulmassig einfach und zwangslaufig zu machen 9 10 11 Blaise Pascals Betrachtungen zum Viertelkreisbogen Quarts de Cercle Bearbeiten nbsp Das charakteristische DreieckAls Leibniz als junger Mann 1673 in Paris war empfing er eine entscheidende Anregung durch eine Betrachtung Pascals in dessen 1659 erschienener Schrift Traite des sinus des quarts de cercle Abhandlung uber den Sinus des Viertelkreises 12 Er sagt er habe darin ein Licht gesehen das der Autor nicht bemerkt habe Es handelt sich um folgendes in moderner Terminologie geschrieben siehe Abbildung Um das statische Moment 0 1 2 a p y d s displaystyle int limits 0 frac 1 2 a pi y mathrm d s nbsp des Viertelkreisbogens bezuglich der x Achse zu bestimmen 13 schliesst Pascal aus der Ahnlichkeit der Dreiecke mit den Seiten D x D y D s displaystyle Delta x Delta y Delta s nbsp und y a x a displaystyle y a x a nbsp dass ihr Seitenverhaltnis gleich ist D s a D x y displaystyle frac Delta s a frac Delta x y nbsp und somit y D s a D x displaystyle y cdot Delta s a cdot Delta x nbsp so dass 0 1 2 a p y d s 0 a a d x a 2 displaystyle int limits 0 frac 1 2 a pi y mathrm d s int limits 0 a a mathrm d x a 2 nbsp 14 gilt Leibniz bemerkte nun und dies war das Licht das er sah dass dieses Verfahren nicht auf den Kreis beschrankt ist sondern allgemein fur jede glatte Kurve gilt sofern der Kreisradius a durch die Lange der Kurvennormalen die reziproke Krummung der Radius des Krummungskreises ersetzt wird Das infinitesimale Dreieck D x D y D s displaystyle Delta x Delta y Delta s nbsp ist das charakteristische Dreieck Es findet sich auch bei Isaac Barrow zur Tangentenbestimmung 15 Es ist bemerkenswert dass die spatere Leibniz sche Symbolik der Differentialrechnung dx dy ds gerade dem Standpunkt dieser verbesserten Indivisibilienvorstellung entspricht 16 Ahnlichkeit Bearbeiten Alle Dreiecke aus einem Abschnitt D s displaystyle Delta s nbsp der Tangente zusammen mit den zur jeweiligen x und y Achse parallelen Stucken D x displaystyle Delta x nbsp und D y displaystyle Delta y nbsp bilden mit dem Dreieck aus Krummungskreisradius a Subnormaler x a displaystyle x a nbsp und Ordinate y ahnliche Dreiecke und behalten deren Verhaltnisse entsprechend der Steigung der Tangente an den Krummungskreis in diesem Punkt auch bei wenn der Grenzwertubergang gemacht wird Das Verhaltnis von D y D x displaystyle tfrac Delta y Delta x nbsp ist ja genau die Steigung von D s displaystyle Delta s nbsp Deshalb kann man fur jeden Krummungskreis an einem Punkt der Kurve dessen charakteristische Proportionen im Koordinatensystem auf die Differentiale dort ubertragen insbesondere wenn sie als infinitesimale Grossen aufgefasst werden 17 Nova methodus 1684 Bearbeiten nbsp Tafel XII nbsp Erste inhaltliche SeiteNeue Methode der Maxima Minima sowie der Tangenten die sich weder an gebrochenen noch an irrationalen Grossen stosst und eine eigentumliche darauf bezugliche Rechnungsart Leibniz G G L Acta eruditorum 1684 Leibniz erlautert hier sehr kurz auf vier Seiten seine Methode Er wahlt ein beliebiges unabhangiges festes Differential hier dx s Abb r o und gibt die Rechenregeln wie unten fur die Differentiale an beschreibt wie man sie bildet Danach gibt er die Kettenregel an So kommt es dass man zu jeder vorgelegten Gleichung ihre Differentialgleichung aufschreiben kann Dies geschieht indem man fur jedes Glied d h jeden Bestandteil der durch blosse Addition oder Subtraktion zur Herstellung der Gleichung beitragt einfach das Differential des Gliedes einsetzt fur eine andere Grosse jedoch die nicht selbst ein Glied ist sondern zur Bildung eines Gliedes beitragt ihr Differential anwendet um das Differential des Gliedes selbst zu bilden und zwar nicht ohne weiteres sondern nach dem oben vorgeschriebenen Algorithmus 18 dd Das ist aus heutiger Sicht ungewohnt weil er unabhangige und abhangige Differentiale gleich und einzeln und nicht wie abschliessend benotigt den Differentialquotienten aus abhangiger und unabhangiger Grosse betrachtet Andersherum wenn er eine Losung angibt ist die Bildung des Differentialquotienten moglich Er behandelt die gesamte Bandbreite der rationalen Funktionen Es folgen ein formales kompliziertes Beispiel ein dioptrisches der Lichtbrechung Minimum anm 3 ein leicht losbares geometrisches mit verwickelten Abstandsverhaltnissen anm 4 und eines das den Logarithmus behandelt Weitere Zusammenhange werden wissenschaftlich historisch bei ihm aus dem Zusammenhang mit fruheren und spateren Arbeiten zu dem Thema betrachtet die teils nur handschriftlich oder in Briefen und nicht veroffentlicht vorliegen In Nova methodus 1684 steht zum Beispiel nicht dass fur das unabhangige dx gilt dx const und ddx 0 In weiteren Beitragen behandelt er das Thema bis zu Wurzeln und Quadraturen von unendlichen Reihen nbsp Grafische Veranschaulichung des Beauneschen ProblemsDas Verhaltnis von Unendlichklein und bekanntes Differential Grosse beschreibt Leibniz Es ist auch klar dass unsere Methode die transzendenten Linien beherrscht die sich nicht auf die algebraische Rechnung zuruckfuhren lassen oder von keinem bestimmten Grade sind und zwar gilt das ganz allgemein ohne besondere nicht immer zutreffende Voraussetzungen Man muss nur ein fur allemal festhalten dass eine Tangente zu finden so viel ist wie eine Gerade zeichnen die zwei Kurvenpunkte mit unendlich kleiner Entfernung verbindet oder eine verlangerte Seite des unendlicheckigen Polygons welches fur uns mit der Kurve gleichbedeutend ist Jene unendlich kleine Entfernung lasst sich aber immer durch irgendein bekanntes Differential wie dv oder durch eine Beziehung zu demselben ausdrucken d h durch eine gewisse bekannte Tangente 18 dd Fur die transzendente Linie wird die Zykloide als Nachweis herangezogen Als Anhang erklart er 1684 die Losung eines Problems das Florimond de Beaune Descartes stellte und das er nicht loste Das Problem sieht vor dass eine Funktion w der Linie WW in Tafel XII gefunden wird deren Tangente WC die x Achse immer so schneidet dass der Abschnitt zwischen Schnittpunkt der Tangente mit der x Achse und dessen Abstand zur zugehorigen Abszisse x dort wahlt er dx immer gleich b konstant er nennt es hier a ist Diese Proportionalitat vergleicht er mit der arithmetischen Reihe und der geometrischen und erhalt als Abszisse die Logarithmen und als Ordinate die Numeri Es werden also die Ordinaten w Wertzunahme den dw Steigungszunahme ihren Inkrementen oder Differenzen proportional Er gibt die Logarithmusfunktion als Losung an wenn die w die Numeri sind so sind die x die Logarithmen w a b dw oder w dx a dw Dies erfullt log w x a log c displaystyle textstyle log w frac x a log c nbsp oder w c e x a displaystyle textstyle w ce frac x a nbsp Cauchys Differentialbegriff Bearbeiten In den 1980er Jahren fand in Deutschland eine Auseinandersetzung statt inwieweit die Grundlegung der Analysis bei Cauchy logisch einwandfrei ist Detlef Laugwitz versucht mit Hilfe einer historischen Lesart Cauchys den Begriff unendlich kleiner Grossen fur seine W displaystyle Omega nbsp Zahlen fruchtbar zu machen findet aber daraus resultierend bei Cauchy Unstimmigkeiten Detlef Spalt korrigiert den ersten historischen Lesansatz der cauchyschen Arbeiten und fordert die Verwendung von Begriffen aus Cauchys Zeit und nicht heutigen Begriffen zum Nachweis seiner Satze und kommt zu dem Ergebnis dass Cauchys Grundlegung der Analysis logisch einwandfrei ist jedoch bleiben weiterhin die Fragen nach der Behandlung unendlich kleiner Grossen offen Die Differentiale bei Cauchy sind endlich und konstant d x h displaystyle mathrm d x h nbsp h displaystyle h nbsp endlich Der Wert der Konstanten ist nicht naher bestimmt D x displaystyle Delta x nbsp ist bei Cauchy unendlich klein und veranderlich Die Beziehung zu h displaystyle h nbsp ist D x i a h displaystyle Delta x i alpha h nbsp wobei h displaystyle h nbsp endlich und a displaystyle alpha nbsp infinitesimal unendlich klein ist Ihr geometrisches Verhaltnis ist als d y d x lim a 0 D y D x displaystyle frac mathrm d y mathrm d x lim alpha 0 frac Delta y Delta x nbsp bestimmt Dieses Verhaltnis unendlich kleiner Grossen oder genauer die Grenze geometrischer Differenzenverhaltnisse abhangiger Zahlgrossen einen Quotienten kann Cauchy auf endliche Grossen ubertragen Differentiale sind endliche Zahlgrossen deren geometrische Verhaltnisse streng gleich den Grenzen der geometrischen Verhaltnisse sind welche aus den unendlich kleinen Zuwachsen der vorgelegten unabhangigen Veranderlichen oder der Veranderlichen der Funktionen gebildet sind Cauchy halt es fur wichtig Differentiale als endliche Zahlgrossen zu betrachten Der Rechner bedient sich der Unendlichkleinen als Vermittelnden welche ihn zu der Kenntnis der Beziehung fuhren mussen die zwischen den endlichen Zahlgrossen bestehen und nach Cauchys Meinung durfen die Unendlich kleinen in den Schlussgleichungen wo ihre Anwesenheit sinnlos zwecklos und nutzlos bliebe nie zugelassen werden Ausserdem Wenn man die Differentiale als bestandig sehr kleine Zahlgrossen betrachtete dann gabe man dadurch den Vorteil auf der darin besteht dass man unter den Differentialen von mehreren Veranderlichen das eine als Einheit nehmen kann Denn um eine klare Vorstellung einer beliebigen Zahlgrosse auszubilden ist es wichtig sie auf die Einheit ihrer Gattung zu beziehen Es ist also wichtig unter den Differentialen eine Einheit auszuwahlen Insbesondere fallt fur Cauchy die Schwierigkeit weg hohere Differentiale zu definieren Denn Cauchy setzt d x h displaystyle mathrm d x h nbsp nachdem er die Rechenregeln der Differentiale durch Ubergang zu den Grenzen erhalten hat Und da das Differential einer Funktion der Veranderlichen x displaystyle x nbsp eine andere Funktion dieser Veranderlichen ist kann er y displaystyle y nbsp mehrmals differenzieren und erhalt in dieser Weise die Differentiale verschiedener Ordnungen d y d y h y y d x displaystyle mathrm d y mathrm d y h cdot y y mathrm d x nbsp d d y d 2 y h d y y h 2 displaystyle mathrm dd y mathrm d 2 y h mathrm d y y h 2 nbsp d d d y d 3 y h 2 d y y h 3 displaystyle mathrm ddd y mathrm d 3 y h 2 mathrm d y y h 3 nbsp 19 Anmerkungen Bearbeiten Wenn man durch uv dividiert wird die Symmetrie plus zu minus bei der Division deutlicher d u v u v d u u d v v displaystyle frac mathrm d uv uv frac mathrm d u u frac mathrm d v v nbsp Wenn man durch u v displaystyle frac u v nbsp dividiert wird die Symmetrie minus zu plus bei der Multiplikation deutlicher d u v u v d u u d v v displaystyle frac mathrm d left frac u v right left frac u v right frac mathrm d u u frac mathrm d v v nbsp Grafik Tafel XII links Mitte Grafik Tafel XII unten linksSiehe auch BearbeitenDifferentialgleichungLiteratur BearbeitenGottfried Leibniz Sir Isaac Newton Uber die Analysis des Unendlichen Abhandlung uber die Quadratur der Kurven Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften Band 162 Verlag Harri Deutsch ISBN 3 8171 3162 3 Oskar Becker Grundlagen der Mathematik Suhrkamp Verlag ISBN 3 518 07714 7 Detlef Spalt Die Vernunft im Cauchy Mythos Verlag Harri Deutsch ISBN 3 8171 1480 X Spalt problematisiert die Ubernahme moderner Begriffe auf fruhere Analysis stellt fest dass Cauchys Aufbau der Analysis logisch einwandfrei ist thematisiert benachbarte Begriffe und lasst Cauchy virtuelle Diskussionen mit wesentlich jungeren Mathematikern fuhren uber deren begriffliche Genauigkeit z B Abel etc K Popp E Stein Hrsg Gottfried Wilhelm Leibniz Philosoph Mathematiker Physiker Techniker Schlutersche GmbH amp Co KG Verlag und Druckerei Hannover 2000 ISBN 3 87706 609 7 Bos Henk Differentials Higher Order Differentials and the Derivative in the Leibnizian Calculus Archive for History of Exact Sciences 14 1974 1 90 Heftig diskutierte Veroffentlichung aus den 1970ern um Kontinuum und Unendlichkeit Courant Vorlesungen uber Differential und Integralrechnung Springer 1971 Joos Kaluza Hohere Mathematik fur den Praktiker in alteren Auflagen so z B 1942 Johann Ambriosius Barth Duden Rechnen und Mathematik Dudenverlag 1989 K Endl W Luh Analysis Band 1 Akademische Verlagsgesellschaft 1972 ISBN 3 400 00185 6 K Endl W Luh Analysis Band 2 Akademische Verlagsgesellschaft 1973 ISBN 3 400 00206 2 Quellen Bearbeiten Jurgen Schmidt Basiswissen Mathematik Springer Verlag 2014 ISBN 978 3 662 43545 8 S 307 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Herbert Dallmann Karl Heinz Elster Einfuhrung in die hohere Mathematik Band 1 3 Auflage Gustav Fischer Verlag Jena 1991 ISBN 3 334 00409 0 S 370 Herbert Dallmann Karl Heinz Elster Einfuhrung in die hohere Mathematik Band 1 3 Auflage Gustav Fischer Verlag Jena 1991 ISBN 3 334 00409 0 S 371 Herbert Dallmann Karl Heinz Elster Einfuhrung in die hohere Mathematik Band 1 3 Auflage Gustav Fischer Verlag Jena 1991 ISBN 3 334 00409 0 S 381 Courant op cit S 107 Anmerkungen Kowalewskis zu Uber die Analysis des Unendlichen von Leibniz Karlson Vom Zauber der Zahlen Ullstein 1954 S 574 K Popp E Stein Gottfried Wilhelm Leibniz Philosoph Mathematiker Physiker Techniker Schlutersche Hannover 2000 ISBN 3 87706 609 7 S 50 Thomas Sonar 3000 Jahre Analysis Geschichte Kulturen Menschen 2 Auflage Springer Verlag 2016 ISBN 978 3 662 48917 8 S 408 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche franz Text Fig 29 ist am Ende des Buchs Bei konstanter Dichte deckt sich die Teilmasse m n displaystyle m nu nbsp mit dem Bogen D s displaystyle Delta s nbsp an dieser Stelle und d s displaystyle mathrm d s nbsp entsprechend 1 2 a p displaystyle frac 1 2 a pi nbsp ist die Grenze fur die Unabhangige s a die entsprechend umgerechnete fur den Parameter x Man sieht auch anschaulich in der Abbildung dass man mit dem Viertelbogen eine Radiuslange auf der x Achse durchlauft und umgekehrt Barrow In Heinrich August Pierer Julius Lobe Hrsg Universal Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit 4 Auflage Band 2 Altenburg 1857 S 349 350 zeno org Oskar Becker Grundlagen der Mathematik suhrkamp Reinhard Finster Gerd van der Heuvel Gottfried Wilhelm Leibniz Monographie Rowohlt a b Uber die Analysis des Unendlichen dt v G Kowalewski Ostwalds Klassiker der exakten Naturwissenschaften S 7 Detlef Spalt Die Vernunft im Cauchy Mythos Verlag Harri Deutsch ISBN 3 8171 1480 X zu modernen Begriffsproblemen und ob Cauchy es nun verstanden hat oder nicht und einiges andere unter anderem virtuelle Diskussionen mit verstorbenen Mathematikern Abel etc Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Differential Mathematik amp oldid 234449050