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Als Augsburger Interim oder auch nur als Interim lateinisch hier Ubergangsregelung wird eine Verordnung Kaiser Karls V bezeichnet mit der er nach dem Sieg uber den Schmalkaldischen Bund seine religionspolitischen Ziele im Heiligen Romischen Reich durchsetzen wollte Das 1548 als Reichsgesetz erlassene Interim sollte fur eine Ubergangszeit die kirchlichen Verhaltnisse regeln bis ein allgemeines Konzil uber die Wiedereingliederung der Protestanten in die katholische Kirche endgultig entschieden hatte Augsburg um 1550 Gemalde von Heinrich Vogtherr d J Das Augsburger Interim stiess sowohl auf protestantischer als auch auf katholischer Seite auf Ablehnung In den suddeutschen protestantischen Gebieten wurde es mit staatlichem Zwang in den norddeutschen jedoch nur oberflachlich eingefuhrt Bereits 1552 war Karl nach einem Aufstand protestantischer Fursten siehe Furstenaufstand gezwungen das Interim wieder zuruckzunehmen und die konfessionelle Spaltung des Reiches im Passauer Vertrag zu akzeptieren Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangssituation 2 Entstehung des Interims 3 Inhalt 4 Die Durchsetzung des Interims 4 1 Die Durchsetzung im Reich 4 1 1 Beispiel 1 Hochstift Wurzburg 4 1 2 Beispiel 2 Jeverland 4 1 3 Die Umsetzung in den ubrigen Gebieten 4 2 Der Sachsische Sonderweg 5 Das Ende des Interims 6 Grunde fur das Scheitern 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseAusgangssituation Bearbeiten nbsp Kaiser Karl V Portrat von Christoph Amberger ca 1532 nbsp Territoriale europaische Situation des Heiligen Romischen Reichs um 1548 nbsp Karte Sachsens und Thuringens nach der Kapitulation von Wittenberg 1547 Durch den Ubertritt weiterer Reichsstande zum Protestantismus gewann die Losung des deutschen Konfessionenproblems im Lauf der 1530er Jahre an Dringlichkeit Im Mittelpunkt stand dabei die Frage der rechtlichen Stellung des lutherischen Protestantismus dessen Lehren von der katholischen Kirche als Haresie verurteilt wurden Der Kaiser sah es als seine Pflicht an die religiose Einheit im Reich wiederherzustellen Neben personlichen spielten dabei auch politische Motive eine wichtige Rolle Eine religiose Zersplitterung des Reiches starkte die Macht der Reichsstande auf Kosten der kaiserlichen Zentralgewalt Ausserdem war die Idee des romisch deutschen Kaisertums religios motiviert ein Konflikt mit der katholischen Kirche stellte somit auch die Legitimation des Kaisertitels in Frage Gegen die Protestanten militarisch vorzugehen verbot sich denn der Kaiser benotigte die militarische und finanzielle Unterstutzung der Protestanten im Kampf gegen die Osmanen Sowohl der 1532 abgeschlossene Nurnberger Religionsfrieden als auch der Frankfurter Anstand von 1539 sicherten vorlaufig die Situation der Protestanten waren aber nicht viel mehr als befristete Friedens und Neutralitatsregelungen Der Kaiser versuchte die Wiedervereinigung zunachst uber ein Generalkonzil dann 1540 41 uber eine Reihe von Religionsgesprachen zu erreichen Diese Gesprache brachten nur theologische Annaherungen in verschiedenen Punkten eine Einigkeit in zentralen Streitfragen wurde jedoch nicht erreicht Letztlich scheiterten sie auch da die Spaltung langst keine religios theologische sondern eine politisch rechtliche 1 war Im Dezember 1545 trat das vom Kaiser schon lange geforderte Konzil von Trient zusammen an dem die Protestanten zunachst nicht teilnahmen Als sie es spater nach 1547 unter Druck doch taten waren bereits zahlreiche Fragen von den katholischen Konzilsteilnehmern entschieden worden so dass eine Einigung nicht mehr zu erwarten war Gegen die romische Bedrohung schlossen sich die protestantischen Fursten ostentativ im Schmalkaldischen Bund zusammen um einem Angriff der katholischen Seite wirksam begegnen zu konnen Als der Bund 1546 auf das Territorium des Herzogs von Braunschweig ubergriff um diesen zum Eintritt zu bewegen achtete der Kaiser die Schmalkaldener und erklarte ihnen den Reichskrieg Durch das Vorpreschen der protestantischen Bundes stand der Krieg nun nicht unter dem Vorzeichen eines Religionskriegs sondern war ein Feldzug gegen Rechtsbrecher so dass sich auch protestantische Reichsfursten dem Kaiser anschlossen Im Schmalkaldischen Krieg besiegte Karl V 1547 in der Schlacht bei Muhlberg das protestantische Bundnis vernichtend Seine beiden wichtigsten Widersacher Kurfurst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen gerieten in Gefangenschaft Jetzt stand der Kaiser auf dem Hohepunkt seiner Macht und bemuhte sich seinen militarischen Sieg nun auch zur Durchsetzung seiner beiden politischen Hauptziele der Wiederherstellung der Kircheneinheit und einer umfassenden Reichsreform zu nutzen 2 Entstehung des Interims Bearbeiten nbsp Johannes Agricola der das Augsburger Interim mit auszuarbeiten half Holzschnitt aus dem 16 Jahrhundert Bevor Karl V im Fruhjahr 1547 einen Reichstag einberief beauftragte er eine geheime Kommission katholischer Theologen Leitlinien fur eine Vereinigung der beiden Konfessionen auszuarbeiten Besonders Wilhelm IV der Herzog von Bayern forderte das Papier der damit auch das politische Kalkul verband dass sich der Kaiser bei der Durchsetzung der Leitlinien politisch aufreiben und somit die habsburgische Position im Reich geschwacht wurde 3 Ohne den Bayern beim Namen zu nennen merkte Karl V selbst dass der Sinn dieser Vorschlage nur darin bestand ihn bei den Reichsstanden verhasst zu machen 4 Er beauftragte deshalb eine weitere geheime Kommission um den Naumburger Bischof Julius von Pflug den Mainzer Weihbischof Michael Helding und den Brandenburger Hofprediger Johannes Agricola 5 ein Vermittlungspapier zu erarbeiten das der katholischen Kirchenlehre zwar nahestand aber auch reformatorische Anliegen berucksichtigte Auf dem Reichstag in Augsburg 1547 48 der auch als geharnischter Reichstag in die Geschichte einging akzeptierten die evangelischen Fursten wenn auch erst unter erheblichen Druck diesen Entwurf Im April 1548 uberreichten die geistlichen Fursten und zahlreiche weitere katholische Reichsstande dagegen dem Kaiser eine vom bayerischen Kanzler Leonhard Eck redigierte Protestschrift in der sie die Einfuhrung des Interims in ihren Gebieten fur uberflussig erklarten und sich somit weigerten den gefundenen Kompromiss anzuerkennen 6 Erst als Karl V vor dem Hintergrund einer drohenden Intervention der Kurie die jegliche reichsgesetzliche Privilegierung der Protestanten am Konzil vorbei strikt ablehnte um den 10 Mai herum plotzlich erklarte das Interim solle nur fur die protestantischen Reichsstande gelten konnte er die katholischen Reichsstande weitgehend geschlossen hinter sich bringen 7 Daraufhin versuchte Karl den Entwurf im Alleingang und ohne papstliche Zustimmung durchzusetzen Er legte ihn am 15 Mai 1548 dem Reichstag zur Abstimmung vor und zwar dergestalt dass der Vorsteher der Reichshofkanzlei Johannes Obernburger lediglich die Vorrede nicht aber den gesamten Text vorlas auch waren von dem endgultigen Text vorher keine Kopien an die Reichsstande ausgegeben worden Das Interim wurde dann nach kaum einstundiger Beratung trotz fehlender Zustimmung bedeutender lutherischer Reichsstande vom Mainzer Erzbischof als Reichserzkanzler fur angenommen erklart 8 Die formlichen Proteste bedeutender protestantischer Fursten und Reichsstadte in den folgenden Tagen nahm der Kaiser zwar zur Kenntnis und fuhrte deswegen auch noch uber einige Wochen weitgehend erfolglos Partikularverhandlungen er nahm aber gleichwohl die formliche Annahmeerklarung des Mainzer Kurfursten zum Anlass das Interim durch Aufnahme in den Reichsabschied vom 30 Juni 1548 Gesetzeskraft erlangen zu lassen 9 Die auf die protestantischen Reichsstande beschrankte Geltung kommt dort in 10 nur indirekt dergestalt zum Ausdruck dass denjenigen Standen die bis dato in der Religion keine Veranderung vorgenommen hatten anbefohlen wird dies auch kunftig zu unterlassen diejenigen hingegen die bereits Veranderungen in der Religion vorgenommen hatten haben nunmehr entweder ganzlich zu den alten Gebrauchen zuruckzukehren oder aber das Interim umzusetzen Inhalt BearbeitenDas Augsburger Interim enthielt eine Zwischenregelung die bis zum Abschluss des Trienter Konzils gelten sollte Zu dessen Beschickung hatten sich die Protestanten unter der Voraussetzung dass es auf Reichsboden stattfande wahrend des Reichstags formlich verpflichtet Die Verlegung des Konzils nach Bologna seit dem Fruhjahr 1547 und die vollig offene Frage wann der Kaiser eine Ruckkehr der Teilnehmer nach Trient erreichen wurde schienen dem Interim eine gewisse Bedeutung zu geben Es regelte vorrangig Fragen des praktischen Glaubensvollzugs wie Zeremonien und die sakramentale Praxis bei zentralen theologischen Streitfragen wurde dagegen mehr oder weniger stillschweigend die katholische Position ubernommen was den Machtverhaltnissen im Reich nach dem Sieg bei Muhlberg entsprach Das Interim bestand insgesamt aus 26 Artikeln und hiess offiziell Der Romisch kaiserlichen Majestat Erklarung wie es der Religion halben im heiligen Reich bis zum Austrag des allgemeinen Concilii gehalten werden soll 10 Die Artikel behandelten unterschiedlich ausfuhrlich die wichtigsten Fragen zur christlichen Lehre Beginnend mit der Urstandslehre und Lehre vom Zustand des Menschen nach dem Sundenfall Artikel 1 und 2 folgten Lehrsatze zu Soteriologie Artikel 3 zur Rechtfertigungslehre Artikel 4 bis 6 zu Glaube und Werk Artikel 7 und 8 zur Ekklesiologie Artikel 9 bis 13 zur Lehre von den sieben Sakramenten Artikel 14 bis 21 uber das Messopfer Artikel 22 zur Heiligenverehrung Artikel 23 zur Seelenmesse Artikel 24 und eine Forderung nach haufigem Kommunionsempfang Artikel 25 Die Autoren waren bemuht an die Religionsgesprache von Worms und Regensburg anzuknupfen und die dort gefundenen Kompromisse in das Interim mit einfliessen zu lassen 11 Im Gegensatz dazu enthielt Artikel 26 eine fast vollstandige Wiederherstellung der Kultordnung der katholischen Kirche Als Konzession an die Protestanten wurden nur der Laienkelch erlaubt und die Ehe schon verheirateter Geistlicher anerkannt Die alte n ceremonien sollten ubernommen und durften nicht verandert werden Vigilien und begangcknuss der todten wie es in der alten kirche gebreuchlich ist sollten wieder abgehalten werden Ein ausfuhrlicher Festkalender wurde vorgeschrieben der auch Fronleichnam und Allerheiligen umfasste die im protestantischen Festtagskalender nicht auftauchten Fastenbrauche kirchliche Prozessionen und die Segnung des Taufwassers zu Ostern und Pfingsten wurden bekraftigt ebenso die Heiligenverehrung jedoch mit der theologischen Klarstellung wo sie irgent die rechte mass ubertretten soll man sie corrigiren und besseren 12 13 Beachtlich ist immerhin das Verbot der bei den Katholiken der Zeit sehr beliebten Privatmessen es war dies eine der lutherischen Forderungen gewesen mit denen sich Agricola hatte durchsetzen konnen 14 Insgesamt blieb die katholische Lehre in ihren Grundfesten allerdings unangetastet Der zukunftige Umgang mit im Rahmen der Reformation geanderten Eigentumsverhaltnissen wurde nicht thematisiert Der Kaiser behielt sich jedoch in der Vorrede zum Interim Anderungen vor wo und so vil vonnothen itzo und hinnach allzeit 12 Die Durchsetzung des Interims Bearbeiten nbsp Brief Karls V an den Furstbischof von Wurzburg Melchior Zobel von Giebelstadt mit Anordnungen zur Befolgung des Interims durch dessen Stande 15 16 Die Durchsetzung im Reich Bearbeiten Sowohl Katholiken fur die es nicht verbindlich war als auch Protestanten lehnten das Interim mehrheitlich ab und deshalb erwies sich diese Zwischenlosung als Fehlschlag Theologisch ging beiden Seiten der gefundene Kompromiss nicht weit genug ja er schwachte die eigene Position auf dem geplanten Vereinigungskonzil Auch war die Mehrzahl der Kritiker nicht bereit dem Kaiser Kompetenz in Fragen der Religion zuzusprechen Beispiel 1 Hochstift Wurzburg Bearbeiten Die kaiserliche Politik war trotz der allgemeinen Unzufriedenheit mit der Regelung in den Monaten nach Abschluss des Reichstags ganz nachhaltig vom Versuch bestimmt das Interim moglichst geschlossen durchzusetzen Hierbei geriet die zugesagte Beschrankung der Geltung der Regelung auf die protestantischen Reichsstande sehr schnell in Vergessenheit Auch katholische Reichsstande und sogar geistliche Fursten Beispiel Hochstift Wurzburg unter Melchior Zobel von Giebelstadt erhielten Aufforderungen uber die Befolgung des Interims in ihren Landen zu berichten und Anweisung uberall dort einzugreifen wo das Interim noch nicht befolgt wurde 17 18 Bauer legt die entsprechenden kaiserlichen Schreiben an den Wurzburger Bischof vom 30 August verschollen und 12 Oktober Abbildung rechts dahingehend aus dass die katholischen Reichsstande sehr wohl verpflichtet gewesen seien fur die Durchsetzung des Interims bei den unter ihrer Jurisdiktion lebenden Protestanten zu sorgen Dagegen spricht der Wortlaut des erhaltenen und bereits 1732 erstmals veroffentlichten Schreibens in dem von einer Beschrankung auf die Protestanten nicht die Rede ist Aus katholischer Bischofssicht hatte es allemal naher gelegen die im Bistum lebenden Lutheraner ganzlich zum alten Glauben zuruckzufuhren und in der Tat sind unter Melchior Zobel erste Ansatze zur Gegenreformation im Hochstift Wurzburg erkennbar Gleichwohl beugte er sich zumindest nach aussen hin dem kaiserlichen Willen und schrieb gehorsam eine Reihe von Briefen an die Stande seines Furstentums Die praktischen Auswirkungen blieben aber auch im Hochstift Wurzburg wie in den meisten anderen Gebieten des Reichs gering es fehlte meist am ernsthaften Willen zur Umsetzung wie auch an sogenannten Interimspriestern da Geistliche beider Konfessionen im Interim eine Verwasserung der Religion sahen und oftmals eher auswanderten als die Liturgie nach den Bestimmungen des Interims zu feiern Beispiel 2 Jeverland Bearbeiten nbsp Bekenntnisse der 21 jeverlandischen Geistlichen hier Bekenntnis des Cornelius Falconissa nbsp Akrostichon zum Stichwort Interim Cornelius Falconissa Bereits 1526 1527 hatte die reformatorische Bewegung das Jeverland im Nordwesten des Reiches erreicht Deren Umsetzung betrieb hier vor allem Heinrich Kremer 1540 Pfarrherr zu Jever der eigenmachtig die evangelische Predigt einfuhrte das Abendmahl in beiderlei Gestalt austeilte und sich schliesslich auch verehelichte 1531 1532 gab Fraulein Maria die Herrin des Jeverlandes ihren anfanglichen Widerstand gegen die Reformation auf und erliess 1532 ein Mandat welches die Durchfuhrung der Reformation in ihrem Herrschaftsbereich anordnete Ihr Kanzler Remmer van Seediek bekam den Auftrag eine Kirchenordnung fur das Jeverland zu verfassen 19 Durch einen kaiserlichen Boten gelangte das Interim im August 1548 in die Herrschaft Jever und wurde von Fraulein Maria in Empfang genommen Am Montag dem 12 November 1548 versammelte sie die jeverlandische Geistlichkeit in ihrem Schloss zu Jever und legte ihr das Interim zur Annahme vor Da sich die Versammelten spontan zu keinem eindeutigen Votum entschliessen konnten raumte Maria ihnen eine dreiwochige Bedenkfrist ein und beauftragte sie gleichzeitig eine personliche Stellungnahme abzufassen Dabei sollten sie vor allem vier Punkte behandeln das Interim selbst die Glaubensartikel des Apostolikums die Sakramente sowie die herkommlichen religiosen Zeremonien 20 Schliesslich lehnten die 21 jeverlandischen Geistlichen unter ihnen der Westrumer Pastor Cornelius Falconissa in ihren personlichen Bekenntnissen wenn auch mit unterschiedlichen theologischen Argumenten das Augsburger Interim im Wesentlichen ab Ihr Sprecher der ehemalige Augustiner Eremit Antonius Morenanus erklarte wahrend einer Versammlung am 3 Dezember 1548 Christus hat gesagt Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist deshalb namlich musse man in zeitlichen Dingen dem Kaiser stets in allen Stucken gehorchen und ihm geben was ihm gehort Aber in der Sache des Heils sei Gott zu geben was sein ist damit jener Spruch nicht ins Gegenteil verkehrt werde Denn man musse Gott mehr gehorchen als den Menschen Uber den weiteren Gang der Verhandlungen heisst es dann Die jeverlandischen Geistlichen bewiesen sogleich wie jenes kaiserliche Buch das sogenannte Interim Lehren enthalte die mit dem Wort Gottes unvereinbar sind Der grossere Teil verwarf deshalb dieses Buch 21 Die Umsetzung in den ubrigen Gebieten Bearbeiten Die Regelungen des Augsburger Interims wurden dort wo sich die Stande dem Druck der kaiserlichen Waffen entziehen konnten missachtet oder nur oberflachlich umgesetzt Nur in den suddeutschen evangelischen Territorien hier besonders Wurttemberg und in den dem Kaiser direkt unterstellten suddeutschen Reichsstadten liess sich das Interim einigermassen durchsetzen In Wurttemberg wo Herzog Ulrich mit protestantisch hessischer Hilfe erst 1534 sein Land zuruckgewinnen konnte und dieses nach dem Vertrag von Kaaden nur als osterreichisches Afterlehen innehatte drohte nun ein Felonieprozess Zwar erstellte man Gutachten welche die Schriftmassigkeit des Interims ablehnten und so bat Ulrich in einer offentlichen Erklarung um Verschonung vom Interim aber dem politischen und militarischen Druck hatte er wenig entgegenzusetzen 300 400 Pfarrer unter ihnen Johannes Brenz gingen ihrer Stellung verlustig und die Kloster wurden restituiert 22 Die Reichsstadt Konstanz weigerte sich das Interim anzunehmen Daraufhin belegte der Kaiser sie mit der Reichsacht belagerte die Stadt und bestrafte sie nach erfolgter Kapitulation mit dem Verlust der Reichsfreiheit 23 In 27 oberdeutschen Reichsstadten allen voran Augsburg und Ulm begleitete die politische Durchsetzung des Interims die Abschaffung der alten Zunftverfassungen welche der kaiserliche Beauftragte Heinrich Has durch neue patrizisch dominierte Stadtverfassungen nach dem Vorbild von Nurnberg ersetzte 24 Die neuen so genannten Hasenrate konnten sich bis auf wenige Ausnahmen uber die Dauer des Interims hinaus bis zum Verlust der reichsstadtischen Unabhangigkeit am Ende des Heiligen Romischen Reiches halten Die reichsstadtischen protestantischen Theologen wurden vertrieben Aus Strassburg floh Martin Bucer nach England 25 nbsp Magdeburg war ein Zentrum des Widerstands gegen das Interim Stich von Matthaus Merian um 1640 Die Fursten Johann Friedrich von Sachsen und Philipp von Hessen verweigerten nach ihrer Niederlage in der Schlacht bei Muhlberg in der Gefangenschaft die Annahme des Interims Auch das Herzogtum Calenberg Gottingen Pfalz Zweibrucken das Herzogtum Preussen Markgrafschaft Brandenburg Kustrin Herzogtum Mecklenburg Luneburg Bremen Lubeck und Hamburg verweigerten das Interim komplett Kurfurst Joachim II von Brandenburg liess das Interim zwar verbreiten behielt aber gleichzeitig die protestantische Kirchenordnung von 1540 bei Kurfurst Friedrich von der Pfalz liess es ebenfalls in seinem Land verkunden doch uberwachte er die Durchfuhrung nicht Die Herzoge von Pommern nahmen das Interim zwar personlich an uberliessen die Exekution jedoch dem Bischof von Cammin Da der Bischofsstuhl seit der Absetzung Bartholomaeus Suaves durch den Kaiser unbesetzt war unterblieb die Exekution jedoch praktisch Daran zeigte sich dass weite Gebiete Nord und Ostdeutschlands ausserhalb der kaiserlichen Gewalt lagen Trotz eines strengen kaiserlichen Verbots etwas gegen das Interim zu schreiben zu drucken oder zu predigen kursierten im Reich unzahlige Flugschriften dagegen Die Gegner sammelten sich besonders in der freien Stadt Magdeburg die deswegen den Namen Herrgotts Kanzlei 26 erhielt Auch wurden Spottlieder auf das Interim gedichtet die im Volk zirkulierten nbsp Philipp Melanchthon der massgeblich an der Ausarbeitung der Leipziger Artikel beteiligt war Gemalde von Lucas Cranach d J 1559 Der Sachsische Sonderweg Bearbeiten Hauptartikel Leipziger Artikel Herzog Moritz von Sachsen der vom Kaiser die Kurfurstenwurde der ernestinischen Linie fur seine Unterstutzung im Schmalkaldischen Krieg ubertragen bekam nahm fur sich personlich das Interim an Er wagte aber nicht es seinem Land aufzudrangen Deshalb liess er unter Mitarbeit Philipp Melanchthons auf einer Reihe von Konferenzen einen eigenen Vorschlag ausarbeiten welcher als Leipziger Artikel polemisch auch als Leipziger Interim bezeichnet bekannt wurden Dieses Interim wurde am 22 Dezember 1548 von den sachsischen Standen angenommen Im Kern enthielt es vor allem die fur den Protestantismus so zentrale Rechtfertigungslehre In anderen Streitfragen zum Beispiel der lateinischen Messe des Fronleichnams und der Marienfeste wurden aber auch katholische Standpunkte ubernommen 27 Ahnlich wie das Augsburger Interim stiess auch dieses auf Widerstand in den Reihen der Protestanten die die ursprungliche Lehre Martin Luthers bewahren wollten Dies fuhrte in der Folgezeit zu einer Spaltung des Protestantismus in Gnesiolutheraner und Philippisten die erst 1577 mit der Konkordienformel wieder uberwunden werden konnte Das Ende des Interims Bearbeiten Hauptartikel Furstenaufstand und Passauer Vertrag Herzog Moritz von Sachsen ging in den folgenden Jahren zunehmend auf Abstand zum Kaiser dessen Verbundeter er im Schmalkaldischen Krieg war und schloss am 22 Mai 1551 heimlich im Vertrag von Torgau ein Bundnis mit verschiedenen nordostdeutschen protestantischen Fursten zum Beispiel mit Hans von Kustrin und Albrecht von Preussen Durch den am 15 Januar 1552 abgeschlossenen Vertrag von Chambord schloss sich auch Frankreich diesem Bundnis an Im Fruhjahr 1552 schlugen die Truppen der verbundeten Fursten los Sie eroberten schnell die noch kaisertreuen suddeutschen Stadte und drangen im Marz 1552 bis nach Tirol vor Die katholischen Reichsstande verhielten sich in diesem Konflikt weitgehend neutral da eine Starkung der kaiserlichen Macht nicht in ihrem Interesse lag Gleichzeitig eroffnete Frankreich den Krieg Der Kaiser ohne Truppen und Geld und nur knapp einer Gefangennahme in Innsbruck entkommen musste nach Villach fliehen nbsp Moritz von Sachsen Ausschnitt aus einem Gemalde von Lucas Cranach dem Jungeren In dieser Situation trat der Romische Konig Ferdinand als Vermittler zwischen dem Kaiser und den aufstandischen Fursten auf Die Verhandlungen fanden in Passau statt Am 2 August 1552 im Passauer Vertrag stimmten die protestantischen Fursten zu ihr Bundnis mit Frankreich aufzugeben Im Gegenzug liessen die Kaiserlichen ihre Gefangenen frei auch die beiden ehemaligen Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes In der Glaubensfrage wurde ein Kompromiss erreicht das Augsburger Interim wurde aufgehoben und der Abschluss eines unbefristeten Religionsfriedens fur den nachsten Reichstag in Aussicht gestellt Der Kaiser war mit seinen religionspolitischen Zielen gescheitert und begann zu resignieren Er ubertrug die Entscheidungsgewalt im Reich zunehmend auf Ferdinand Der Augsburger Reichs und Religionsfrieden der 1555 die Glaubensspaltung im Reich de jure festschrieb wurde zwar formell noch in seinem Namen abgeschlossen aber Ferdinand hatte ihn ausgehandelt und auch gegen deutliche Vorbehalte des Kaisers und der katholischen Stande durchgesetzt Am 23 August 1556 dankte Karl V ab und uberliess Ferdinand die Kaiserkrone Grunde fur das Scheitern Bearbeiten nbsp Spotttaler auf das Augsburger Interim Das Interim ist als dreikopfiger Drache dargestellt Die Grunde fur das Scheitern des Augsburger Interims und damit fur die religionspolitischen Vorstellungen Kaiser Karls V sind vielfaltig Die wichtigsten davon sind Es fehlte an prominenten protestantischen Fursprechern und Verhandlungspartnern Martin Luther der einflussreiche Reformator war 1546 gestorben Die beiden ehemals machtigen Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes sassen in Haft Moritz von Sachsen der einer der wichtigsten protestantischen Fursten seiner Zeit war hatte durch die Unterstutzung der Katholiken im Schmalkaldischen Krieg seine Glaubwurdigkeit in den Augen der protestantischen Glaubigen verloren Judas von Meissen 28 Es gelang dem Kaiser nicht den Papst und machtige katholische Reichsstande wie beispielsweise den bayerischen Herzog vom Interim zu uberzeugen In ihren Augen blieb der Protestantismus eine Irrlehre die nur durch eine Unterwerfung der Protestanten unter die katholische Autoritat beendet werden konnte Die Position Karls wurde durch einen innerhabsburgischen Konflikt uber die Nachfolge im Kaiserreich geschwacht Die Linie der osterreichischen Habsburger der Ferdinand angehorte sollte nur vorubergehend die Kaiserkrone erhalten danach sollte sie zuruck an die spanische Linie fallen Spanische Sukzession Ferdinand versuchte dagegen sich bei den Reichsstanden beliebt zu machen um die Nachfolge fur sein Haus zu sichern Er verhandelte deswegen oft hinter dem Rucken Karls mit den Protestanten und war eher zu Kompromissen bereit 29 Vielen Reichsstanden war der Kaiser nach seinem Sieg im Schmalkaldischen Krieg zu machtig geworden Sie wollten ihre teutsche Libertat wahren Deshalb unterstutzten sie entweder den von Moritz von Sachsen angefuhrten Furstenaufstand direkt oder wahrten zumindest eine wohlwollende Neutralitat Gegen das Interim gab es zum Teil auch ganz entschiedenen Widerstand auf lokaler Ebene Die Mehrheit der evangelischen Pfarrer und Theologen lehnten es ab In den Gebieten in denen das Interim durchgesetzt wurde fand ein Exodus von Geistlichen statt Da kurzfristig kein Ersatz gefunden werden konnte kam es in manchen Gebieten zu einem deutlichen Mangel an Interimspriestern Literatur BearbeitenChristoph Bauer Melchior Zobel von Giebelstadt Furstbischof von Wurzburg 1544 1558 Diozese und Hochstift Wurzburg in der Krise Aschendorff Munster 1998 ISBN 3 402 03803 X Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 139 Zugleich Wurzburg Univ Diss 1994 95 Albrecht Beutel Ende eines Glaubenskriegs Der Augsburger Religionsfriede Beginn einer neuen Zeit Neue Zurcher Zeitung vom 23 September 2005 Onlineversion Horst Rabe Reichsbund und Interim Die Verfassungs und Religionspolitik Karls V und der Reichstag zu Augsburg 1547 48 Bohlau Koln u a 1971 ISBN 3 412 30371 2 Zugleich Tubingen Univ Habil Schr 1965 66 Helga Schnabel Schule Die Reformation 1495 1555 Politik mit Theologie und Religion Reclam Stuttgart 2006 ISBN 3 15 017048 6 Reclams Universal Bibliothek 17048 Luise Schorn Schutte Hrsg Das Interim 1548 50 Herrschaftskrise und Glaubenskonflikt Gutersloher Verlagshaus Gutersloh 2005 ISBN 3 579 01762 4 Schriften des Vereins fur Reformationsgeschichte 203 Ferdinand Seibt Karl V Der Kaiser und die Reformation 2 Auflage Siedler Berlin 1998 ISBN 3 442 75511 5 Alfred Wendehorst Bistum Wurzburg Germania Sacra Teilband 3 NF 13 Die Bistumer der Kirchenprovinz Mainz Die Bischofsreihe von 1455 bis 1617 Berlin 1978 ISBN 3 11 007475 3 Weblinks BearbeitenText des Augsburger Interims in einem Druck von 1720 Augsburger Interim bei historicum net Das Augsburger Interim im Glossar von FNZ Online der Uni Muenster Einfuhrung zur innerprotestantischen Diskussion uber das InterimEinzelnachweise Bearbeiten sinngemass zitiert nach Schnabel Schule Die Reformation 1495 1555 S 177 Zum kaiserlichen Reichsbundprojekt siehe Komatsu Landfriedensbunde im 16 Jahrhundert Ein typologischer Vergleich S 109 112 Schnabel Schule Die Reformation 1495 1555 S 207 Schnabel Schule Die Reformation 1495 1555 S 207 Albrecht Luttenberger Glaubenseinheit und Reichsfriede S 463 464 Horst Rabe Reichsbund und Interim S 437 Horst Rabe Reichsbund und Interim S 441 Horst Rabe Reichsbund und Interim S 441 f Horst Rabe Reichsbund und Interim S 452 Interim In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 8 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 997 Joachim Mehlhausen Vestigia Verbi Aufsatze zur Geschichte der evangelischen Theologie S 69 a b Joachim Mehlhausen Vestigia Verbi Aufsatze zur Geschichte der evangelischen Theologie S 70 Ausschnitte aus dem Interim zitiert nach Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellungen Band 3 Reformationszeit 1495 1555 S 80 f Horst Rabe Reichsbund und Interim S 428 Fortlaufende Sammlung von alten und neuen theologischen Sachen Leipzig 1732 S 695 697 Kaysers Caroli V Nachfrage ob das Interim eingefuhret worden an den Bischof von Wurtzburg Briefe und Akten zur Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts Munchen 1882 Bd 3 S 112 f Nr 159 XV Christoph Bauer Melchior Zobel von Giebelstadt Furstbischof von Wurzburg 1544 1558 Diozese und Hochstift Wurzburg in der Krise Munster 1998 ISBN 3 402 03803 X S 159 f Alfred Wendehorst Germania Sacra Bd 13 Bistum Wurzburg Teilband III Die Bischofsreihe von 1455 bis 1617 Berlin 1978 ISBN 978 3 11 007475 8 S 125 Rolf Schafer Joachim Kuropka Reinhard Rittner Heinrich Schmidt Oldenburgische Kirchengeschichte Oldenburg 1999 S 216 219 Rolf Schafer Hrsg Die Jeverschen Pastorenbekenntnisse 1548 anlasslich des Augsburger Interim Mohr Siebeck Verlag Tubingen 2012 ISBN 978 3 16 151910 9 S 12 f Zitate nach Rolf Schafer Hrsg Die Jeverschen Pastorenbekenntnisse 1548 anlasslich des Augsburger Interim Tubingen 2012 S 15 f Volker Press Herzog Ulrich In Robert Uhland Hrsg 900 Jahre Haus Wurttemberg Stuttgart 1984 ISBN 3 17 008930 7 S 133 Joachim Mehlhausen Vestigia Verbi Aufsatze zur Geschichte der evangelischen Theologie S 71 Eberhard Naujoks Karl V und die Zunftverfassung Ausgewahlte Aktenstucke zu den Verfassungsanderungen in den oberdeutschen Reichsstadten 1547 1556 Veroffentlichungen der Kommission fur geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg Reihe A Quellen Volker Press Die territoriale Welt Sudwestdeutschlands 1450 1650 In Die Renaissance im deutschen Sudwesten zwischen Reformation und Dreissigjahrigem Krieg Ausstellungskatalog Band 1 Karlsruhe 1986 S 40 f historicum net Augsburger Interim Horst Carl Von der Konfessionsbildung zur Konfessionalisierung S 5 Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellungen Band 3 Reformationszeit 1495 1555 S 452 Der Grosse Ploetz 32 Auflage S 811 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Augsburger Interim amp oldid 239241720