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Alexis und Dora ist der Titel einer Elegie von Johann Wolfgang von Goethe die er im Mai 1796 in Jena schrieb und als Einleitungsgedicht in Friedrich Schillers Musen Almanach fur das Jahr 1797 veroffentlichte Fur den siebten Band seiner Neuen Schriften von 1800 bearbeitete er den Text der dann bis zur Ausgabe letzter Hand unverandert blieb Goethe in der Campagna Detail aus dem Gemalde von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein 1787Das vielschichtige Liebesgedicht gehort zu den bedeutenden Werken der klassischen Phase Goethes der mit dem Distichon erneut das Versmass der Romischen Elegien verwendete Die Elegie malt den melancholischen Ruckblick eines Mannes aus den ein Schiff in die Ferne tragt und der sich an besondere Augenblicke mit der Geliebten erinnert 1 Erst in den entscheidenden Momenten unmittelbar vor der Abreise entfaltet sich die Liebe und dringt mit ihren unterschiedlichen Facetten in sein Bewusstsein 2 Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Inhalt und Einzelheiten 3 Hintergrund und Bedeutung 4 Weblinks 5 Literatur 6 EinzelnachweiseEntstehung Bearbeiten nbsp Der heilige Alexius unter der Treppe des Elternhauses Gemalde von Anton Maulbertsch in der Pfarrkirche Langenargen 1732 1733Nachdem Goethe die Romischen Elegien vollendet hatte verwendete er das Distichon auch fur andere langere Gedichte dieser Art Zwischen 1793 und 1799 schrieb er keine Zyklen mehr wohl aber einzelne Elegien die epische Motive enthalten ohne sie indes langer erzahlerisch auszumalen 3 Neben Alexis und Dora zahlen zu dieser Gruppe Eyphrosyne die Totenehrung fur die Schauspielerin Christiane Becker Hermann und Dorothea das zunachst als Einleitungsgedicht fur das gleichnamige Epos konzipiert war Amyntas und Die Metamorphose der Pflanzen wahrend die Metamorphose der Tiere Fragment blieb und statt der Distichen reine Hexameter nutzte Eine stoffliche Anregung fur Alexis und Dora geht moglicherweise auf die Legende des heiligen Alexius von Edessa zuruck die Goethe wahrend seiner zweiten Schweizer Reise kennenlernte Eine Wirtin hatte ihn und den Herzog Karl August am 11 November 1779 mit einer bislang unbekannten Erzahlung derart geruhrt dass die beiden sie spater in einer Hagiographie erneut lasen 4 Inhalt und Einzelheiten BearbeitenIn Alexis und Dora steht der Monolog des jungen Mannes im Vordergrund der auf dem ins Ungewisse rauschenden Schiff sich selbst uberlassen ist und dem die heitere Aufbruchstimmung der anderen fremd ist Vom Abschiedsschmerz bewegt und mitgerissen verliert er sich in einem Strudel von Gedanken und offenbart sein Leben in den aufsteigenden Erinnerungsbildern Umrahmt von der erzahlenden Einleitung und kurzen Schlussbetrachtung erstreckt sich dieser Rollenmonolog vom elften Vers bis zum Gedankenstrich nach Vers 154 nbsp Romische Schiffe Mosaik aus Rimini Wahrend das Segelschiff durch die schaumende Flut weiter und hinaus strebt und alle Gedanken vorwarts gerichtet sind steht Alexis ein Trauriger ruckwarts gewendet am Mast und vergegenwartigt sich das Gluck der ersten Begegnung und das Wechselspiel von Finden und Verlieren Uber die Jahre war ihm Dora bei vielen Gelegenheiten aufgefallen Er beobachtete sie aus einem gewissen Abstand und war gewohnt sie zu sehen Wie man die Sterne sieht wie man den Mond sich beschaut ohne sie je besitzen zu wollen 5 Obgleich die Hauser der beiden nicht weit voneinander entfernt waren uberschritt er niemals ihre Schwelle wie er sich nach der Trennung nun verzweifelt vor Augen halt Und nun trennt uns die grassliche Woge Du lugst nur den Himmel Welle dein herrliches Blau ist mir die Farbe der Nacht 6 Erst als sich eines Tages das Segel erhebt und er zum Schiff eilt um mit dem Segen des Vaters in die Ferne zu reisen kommt er an der Mauer ihres Gartens vorbei Dora spricht ihn an lockt ihn in den Garten und gibt ihm die schonen Fruchte einer intimen Begegnung wahrend die Seeleute immer lauter rufen Es kommt zum Liebesschwur ewiger Treue den das Madchen etwas spater unter dem Donner des Zeus wiederholt und die Tranen schienen Wie durch gottliche Luft leise vom Auge gehaucht 7 Alexis will sie nach seiner Ruckkehr mit Schmuck und Juwelen uberhaufen und gibt sich weiteren Geschenkphantasien hin bis die kalte Furcht sein Herz jah umklammert Nicht der Erinnyen Fackel das Bellen der hollischen Hunde Schreckt den Verbrecher so in der Verzweiflug Gefild Die Eifersucht spielt ihm vor ihre Tur konnte sich auch fur einen anderen offnen fur ihn auch fallen die Fruchte 8 So mochte er lieber sterben und im nachtlichen Dunkel mit dem vom leuchtenden Blitz zerstorten Schiff im Meer versinken Hier endet die Vision und der nuchterne Erzahler konstatiert den ewigen Wechsel von Jammer und Gluck Zwar konnen die Musen die Wunden nicht heilen Aber Linderung kommt einzig ihr Guten von euch 9 Hintergrund und Bedeutung Bearbeiten nbsp Christiane und August von Goethe Aquarell von Johann Heinrich Meyer 1793 In seiner letzten grossen theoretischen Schrift Uber naive und sentimentalische Dichtung uberdachte Friedrich Schiller auch seine eigene Lyrik und ihre Bedeutung gegenuber der Goethes Der reflektierten und sentimentalischen Dichtung stellte er die naturhafte und naive gegenuber Wahrend sich der naive Dichter im Zustand naturlicher Einfalt auf die Wirklichkeit und das Schone bezieht stellt der sentimentalische im Zustand der Kultur das Ideal dar 10 Nach Auffassung Friedrich Dieckmanns entsprach nun Alexis und Dora ganz den so formulierten Erwartungen Schillers 11 Er lobte das Werk euphorisch und bezeichnete es mit seiner Einfalt und unergrundlichen Tiefe der Empfindung als das Schonste was Goethe je geschaffen habe Es sei unmoglich einen zweiten Fall zu erdenken wo die Blume des Dichterischen von einem Gegenstande so rein und so glucklich gepfluckt werde Zwar verstand er nicht warum die Eifersucht sich bis zum Gluck vorwagte das so im Strudel der Furcht versinken konne er fand aber selbst keine durchschlagenden Argumente dagegen und spurte nur wie er das trunkene Glucksgefuhl mit dem Alexis das Madchen verlasst und sich einschifft fur alle Zeiten festhalten wollte 12 Goethe erwiderte dass jedes unerwartete und unverdiente Liebesgluck die Furcht des Verlustes unmittelbar auf der Ferse nach sich fuhre Auch habe er das Pathos der durchaus leidenschaftlichen Idylle bis zum Ende hin steigern wollen Briefe an Marianne Meyer und Wilhelm von Humboldt belegen dass er diese Elegie besonders schatzte 13 In der romischen Mythologie galt Occasio als Personifikation der gunstigen Gelegenheit und entsprach dem griechischen Kairos Die haufig besungene sich leicht entziehende Gottin war den Schnellentschlossenen gunstig wahrend sie fur die Zogernden hinderlich sein konnte In seiner vierten Romischen Elegie besingt auch Goethe sie Diese Gottin sie heisst Gelegenheit lernet sie kennen Sie erscheint euch oft immer in andrer Gestalt 14 Dora die am Gartentor wartet und den zum Schiff eilenden Alexis abfangt um ihm die symbolischen Fruchte der Liebe zu geben kann im Hinblick auf ihren Namen Kurzform von Theodora dem Gottesgeschenk selbst als Gottin der Gelegenheit gedeutet werden In dem Abschieds und Reisemotiv lasst sich ein durchaus bodenstandiger Hintergrund ausmachen In Weimar konnte Goethe sich im Umkreis von Christiane und dem Kind haufig nicht recht konzentrieren und zog sich zuruck So zeugt das Gedicht auch von der Spannung zwischen erfullter Liebe und dem Wunsch sie zuruckzulassen um auf hoher See verheissungsvolleren Geschaften nachzugehen 15 Friedrich Dieckmann deutet die Eifersucht als Ausdruck des Schuldgefuhls dessen der sich der Frau entziehen musste um produktiv sein zu konnen und verweist auf die umfangreiche psychoanalytische Studie Kurt Eisslers Mit den haufigen Aufenthalten in Jena habe Goethe sich auf die neuen Umstande eingestellt und sein Leben in den mussigen Weimarer Kreis mit der Familie die das Arbeiten letztlich unmoglich machten und den produktiven latent homosexuellen Kreis in Jena aufgeteilt Christiane wusste von seinen Schwierigkeiten und betrachtete seinen Ruckzug nicht als Vorwurf gegen sich 16 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Alexis und Dora Quellen und VolltexteLiteratur BearbeitenFriedrich Dieckmann Alexis und Dora In Goethe Handbuch Hrsg Bernd Witte Band 1 Gedichte Metzler Stuttgart 1996 ISBN 3 476 01443 6 S 243 248 Albert C Eibl Das Ratsel des Dichters und der Liebe Zu Goethes Elegie Alexis und Dora In Kritische Ausgabe Zeitschrift fur Germanistik amp Literatur Nr 26 2014 Ende S 73 79 Dieter Borchmeyer Des Ratsels Losung in Goethes Alexis und Dora In Paolo Chiarini Hrsg Bausteine zu einem neuen Goethe Frankfurt 1987 S 66 92 Albrecht Schone Liebeszauber Alexis und Dora In ders Gotterzeichen Liebeszauber Satanskult Neue Einblicke in alte Goethetexte 3 erg Auflage C H Beck Munchen 1993 S 53 106 Einzelnachweise Bearbeiten Karl Otto Conrady Goethe Leben und Werk Phantasien Patmos Dusseldorf 2006 S 681 Gero von Wilpert Alexis und Dora In ders Goethe Lexikon Kroners Taschenausgabe Band 407 Kroner Stuttgart 1998 ISBN 3 520 40701 9 S 16 Erich Trunz Elegien und Lehrgedichte In Johann Wolfgang von Goethe Goethes Werke Anmerkungen Hamburger Ausgabe Band I C H Beck Munchen 1998 S 597 Gero von Wilpert Alexis und Dora In ders Goethe Lexikon Kroners Taschenausgabe Band 407 Kroner Stuttgart 1998 ISBN 3 520 40701 9 S 16 Johann Wolfgang von Goethe Alexis und Dora In Goethes Werke Hamburger Ausgabe Band I C H Beck Munchen 1998 S 186 Johann Wolfgang von Goethe Alexis und Dora In Goethes Werke Hamburger Ausgabe Band I C H Beck Munchen 1998 S 186 Johann Wolfgang von Goethe Alexis und Dora In Goethes Werke Hamburger Ausgabe Band I C H Beck Munchen 1998 S 188 Johann Wolfgang von Goethe Alexis und Dora In Goethes Werke Hamburger Ausgabe Band I C H Beck Munchen 1998 S 189 Johann Wolfgang von Goethe Alexis und Dora In Goethes Werke Hamburger Ausgabe Band I C H Beck Munchen 1998 S 190 Carsten Zelle Uber naive und sentimentalische Dichtung In Schiller Handbuch Leben Werk Wirkung Metzler Hrsg Matthias Luserke Jaqui Stuttgart 2001 S 468 Friedrich Dieckmann Alexis und Dora In Goethe Handbuch Hrsg Bernd Witte Band 1 Gedichte Metzler Stuttgart 1996 S 246 Zit nach Erich Trunz Elegien und Lehrgedichte In Johann Wolfgang von Goethe Goethes Werke Anmerkungen Hamburger Ausgabe Band I C H Beck Munchen 1998 S 606 Zit nach Friedrich Dieckmann Alexis und Dora In Goethe Handbuch Hrsg Bernd Witte Band 1 Gedichte Metzler Stuttgart 1996 S 246 Johann Wolfgang von Goethe Romische Elegien In Goethes Werke Hamburger Ausgabe Band I C H Beck Munchen 1998 S 159 So Friedrich Dieckmann Alexis und Dora In Goethe Handbuch Hrsg Bernd Witte Band 1 Gedichte Metzler Stuttgart 1996 S 244 Friedrich Dieckmann Alexis und Dora In Goethe Handbuch Hrsg Bernd Witte Band 1 Gedichte Metzler Stuttgart 1996 S 246Werke von Johann Wolfgang von Goethe Romane und NovellenDie Leiden des jungen Werthers Wilhelm Meisters theatralische Sendung Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten Wilhelm Meisters Lehrjahre Novelle Die Wahlverwandtschaften Wilhelm Meisters WanderjahreDramenDie Laune des Verliebten Die Mitschuldigen Gotz von Berlichingen mit der eisernen Hand Ein Fastnachtsspiel vom Pater Brey Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern Satyros oder Der vergotterte Waldteufel Prometheus Gotter Helden und Wieland Claudine von Villa Bella Clavigo Urfaust Egmont Erwin und Elmire Die Geschwister Lila Der Triumph der Empfindsamkeit Iphigenie auf Tauris Torquato Tasso Der Gross Cophta Der Burgergeneral Was wir bringen Stella Die naturliche Tochter Faust I Pandora Des Epimenides Erwachen Faust IIGedichte Lieder und BalladenDie Metamorphose der Pflanzen Vermachtnis Wandrers Sturmlied Mailied Willkommen und Abschied Mahomets Gesang Prometheus Geistesgruss Der Konig in Thule Der Fischer An den Mond Der Erlkonig Wandrers Nachtlied Das Gottliche Romische Elegien Nahe des Geliebten Venezianische Epigramme Der Zauberlehrling Der Schatzgraber Xenien Legende vom Hufeisen Die erste Walpurgisnacht Das Tagebuch Der Totentanz Bei Betrachtung von 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