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Als Judenfrage auch Judensache wurden in Europa ab dem 18 Jahrhundert die Probleme bezeichnet die sich aus der Judischen Emanzipation ergaben Die Diskussion begann um 1750 in Grossbritannien um 1790 in der Franzosischen Revolution auch in Frankreich und wurde auch als judische Frage englisch jewish question franzosisch la question juive bezeichnet Diese Formulierung betonte eher den Anspruch der Juden auf eine politische Losung ihrer Probleme mit Nichtjuden 1 Ab 1860 eigneten sich Judengegner den Begriff im Kontext des Nationalismus immer mehr an um die judische Minderheit und das Judentum auf verschiedene Weisen als Hindernis der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung zu beschreiben Seit dem Borsenkrach von 1873 wurde der Begriff im Kaiserreich zu einem feststehenden Ausdruck des zeitgenossischen Antisemitismus der Juden jede Fahigkeit zur Integration und Assimilation absprach und ihnen ein Weltherrschaftsstreben unterstellte Weltjudentum Der Nationalsozialismus propagierte im Anschluss an die Deutschvolkische Partei eine Endlosung der Judenfrage Ab 1941 tarnte und rechtfertigte dieser Ausdruck die Durchfuhrung des Holocaust Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Philosophische Wendung 3 Antisemitismus 3 1 Deutschland 3 2 Russland 4 Rassismus 5 Zionismus 6 Nationalsozialismus 6 1 Programm 6 2 Pseudowissenschaftliche Projekte 6 3 Vorbereitung des Holocaust 6 4 Oppositionelle Verwendung 7 Seit 1945 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDer Antijudaismus hatte seit Jahrhunderten Ausgrenzung Diskriminierung Verfolgung von judischen Minderheiten in vielen Regionen Europas bewirkt und verfestigt Erst mit der allmahlichen Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte im Gefolge der Aufklarung wurde die Gleichstellung aller Burger eines Nationalstaats zu einem politischen Ziel Dies betraf besonders die bis dahin rechtlich sozial und politisch unterprivilegierten Juden die sich so potentiell aus ihrer gesellschaftlichen Isolation befreien konnten Die rechtliche Gleichstellung aller Burger auch der Juden wurde in den sich bildenden europaischen Nationalstaaten verschieden angegangen traf auf erhebliche Widerstande und fuhrte gerade auch im Blick auf Juden vielfach zu Ruckschlagen Die Integrationsversuche und konzepte reichten von Duldung und burgerlicher Verbesserung bis zu Gleichberechtigung und Emanzipation aufgrund der aufgeklarten Toleranz gegenuber andersglaubigen Einzelnen oder Gruppen In diesem Ubergangsprozess gab ein Zeitbeobachter zuerst in England 1753 offentlich eine Antwort auf die beruhmte Judenfrage Reply to the Famous Jew Question Damit meinte er die Erlaubnis an Juden zum Landerwerb Die Franzosische Nationalversammlung diskutierte 1790 unter dem Titel la question sur les juifs daruber ob Juden zu den gesetzlich gleichgestellten Burgern Frankreichs gehoren sollten Emanzipationsskeptiker und gegner forderten dagegen schon seit 1800 die Ansiedlung aller europaischen Juden in Ubersee oder im Land Israel Judenfeinde wie Hartwig von Hundt Radowsky forderten Arbeitslager und Zwangssterilisierung fur alle Juden Bis nach dem Wiener Kongress jedoch verwendeten Befurworter wie Gegner der Judenemanzipation den Begriff Judenfrage im annahernd gleichen Sinn fur mit der Integration von Juden real verbundene Probleme 1838 erschienen erstmals zwei Aufsatze unter dem Titel Die judische Frage die die damals kontrovers diskutierte rechtliche Gleichstellung der Juden in Preussen mit Berufung auf angeblich unveranderliche judische Eigenheiten abwehren wollten Bis 1844 setzte sich die Bezeichnung Judenfrage fur diese Kontroverse in Preussen allgemein durch Juden wurden damit als einheitliche Gruppe identifiziert die sich entgegen fruheren Erwartungen nicht aufgelost und zur reinen Konfession gewandelt hatten und daher ein Problem fur die nationale Einigung bildeten Philosophische Wendung BearbeitenDer Religionsphilosoph Bruno Bauer veroffentlichte 1842 einen Aufsatz in den Deutschen Jahrbuchern fur Wissenschaft und Kunst mit dem Titel Die Juden Frage den er 1843 nun ohne Bindestrich als selbstandige Broschure zu diesem Thema veroffentlichte 1 Darin versuchte er zu beweisen dass die Juden als Gruppe nicht verbessert durch rechtliche Gleichstellung zur Integration erzogen werden konnten da auch aufgeklarte Juden an ihrem traditionellen religiosen Anspruch des exklusiven Auserwahltseins festhielten Deshalb mussten auch sie nach Alleinherrschaft streben und damit letztlich Krieg gegen die Menschheit fuhren Einzelne Juden konnten sich nur durch Aufgabe ihres Judentums zugunsten eines allgemeinen Menschentums in die burgerliche Gesellschaft integrieren Dies galt fur Bauer genauso fur das Christentum wie er in seiner weiteren Schrift Die Fahigkeit der heutigen Juden und Christen frei zu werden ausfuhrte Auf diese Schriften antwortete der 26 jahrige Karl Marx von judischer Herkunft 1844 mit seinem Aufsatz Zur Judenfrage 2 Er sah die Losung der Frage in der Aufhebung der weltlichen Schranken der burgerlichen Gesellschaft mit der auch begrenzte religiose Standpunkte verschwinden wurden Dabei war die rechtliche Gleichstellung des Judentums an sich fur ihn ein Beispiel fur die unvollkommene politische Emanzipation welche den Menschen auf ein egoistisches unabhangiges Individuum einerseits und auf die moralische Person des Staatsburgers andererseits reduziere Anstelle der politischen verlangt er eine menschliche Emanzipation bei der der Mensch seine Krafte als gesellschaftliche erkennt und organisiert Haufig wurde Marx eine antisemitische Haltung unterstellt obwohl sein Aufsatz tatsachlich die rechtliche Gleichstellung der Juden fordert Er fuhrt aus dass in einem modernen politischen Staat im Unterschied zum christlichen Staat die Religion Privatsache sei Im zweiten Teil der Schrift unternimmt es Marx Bauers theologische Fassung der Judenfrage zu brechen Er fragt nach dem weltlichen Grund des Judentums und erhalt als Antwort Das praktische Bedurfnis der Eigennutz Ob diese Antworten aus Bauers Texten Marx eigener Anschauung oder anderen Quellen gewonnen werden ist ein Gegenstand der Interpretation von Zur Judenfrage Indem er diese Umdeutung des Begriffes Judentum beim Wort nimmt scheint Marx populare Vorurteile zu bedienen um dann aber aufzuzeigen dass der Schacher in gleicher Weise grundlegend fur das Christentum sei Er kommt zu dem Schluss dass die soziale Emanzipation der Christen wie der Juden die Befreiung der Gesellschaft von der Macht des Geldes voraussetzt Er korrigierte sich in seinem spateren Wirken in einigen Punkten und bekampfte die Religion nicht direkt sondern erwartete ihr allmahliches Verschwinden nach erfolgreicher Revolutionierung der Produktionsverhaltnisse Erst in den folgenden Werken beginnend mit den zu Lebzeiten unveroffentlichten Okonomisch philosophischen Manuskripten aus dem Jahre 1844 untersuchte Marx die Okonomie der burgerlichen Gesellschaft grundlicher Die Kritik der Macht des Geldes welche in Zur Judenfrage geubt wird weicht dabei einem Verstandnis des gesamten kapitalistischen Systems Marx der selbst judische Vorfahren hatte hing weder dem judischen noch christlichen Glauben an sondern vertrat eine prinzipiell materialistische Philosophie Antisemitismus BearbeitenDeutschland Bearbeiten Gerade Gebildete schufen im deutschen und franzosischen Sprachraum in der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts durch ihre Veroffentlichungen oft erst eine Judenfrage die so zuvor nicht bestand Der Anstoss zu seinem Aufsatz Das Judenthum in der Musik der 1850 veroffentlicht wurde war fur Richard Wagner das unwillkurlich Abstossende welches die Personlichkeit und das Wesen der Juden fur uns hat zu erklaren um diese instinktmassige Abneigung zu rechtfertigen von welcher wir doch deutlich erkennen dass sie starker und uberwiegender ist als unser bewusster Eifer uns dieser Abneigung zu entledigen Ernest Renan sprach um 1860 von einem Semitenthum das keine eigenstandigen Kulturleistungen schaffen und keine den europaischen Kulturvolkern ebenburtige Zivilisiertheit erreichen konne Die Antisemiten des Deutschen Kaiserreichs lehnten die 1871 erreichte gesetzliche Gleichstellung der Juden und ihre darauf folgende Integration in die nach wie vor vom Christentum gepragte Gesellschaft strikt ab und beschworen die Gefahr dass Juden diese von Nichtjuden beforderten Integrationsversuche nur zur Dominanz in Wirtschaft Politik und Kultur ausnutzen wurden und diese teilweise schon erreicht hatten Damit deuteten sie entgegen der von Karl Marx vertretenen Denkrichtung die soziale Frage zur Judenfrage um Diese Sicht propagierte zuerst Otto Glagau 1874 75 in einer Artikelreihe in der Gartenlaube Er brandmarkte Juden als Schuldige am Grunderkrach von 1873 als Borsenspekulanten und Grundungsschwindler zugleich aber auch als Feinde des Katholizismus im damaligen Kulturkampf Ihm folgte der lutherische Hofprediger Adolf Stoecker Mit seiner Septemberrede 1879 machte er die Judenfrage zum offentlichen Thema und positionierte seine Deutschsoziale Partei fortan antisemitisch Mit der Grundung der Berliner Bewegung versuchte er auch uber seine Partei hinaus fur die Zuruckdrangung von Juden aus offentlichen Amtern zu werben Wenig spater loste Heinrich von Treitschke den Berliner Antisemitismusstreit aus indem er in einem Aufsatz die weitere Unterdruckung der judischen Religion zugunsten eines preussisch nationalen Protestantismus forderte Im selben Monat grundete der Journalist Wilhelm Marr nach dem uberwaltigenden Erfolg seines Buchs Der Sieg des Judenthums uber das Germanthum die Antisemitenliga als erste Gruppe die die Vertreibung aller Juden aus Deutschland anstrebte und das Schlagwort Antisemitismus als Kern ihres Grundungsprogramms verbreitete Den Antisemiten gelang es den Begriff Judenfrage so zu pragen dass darunter eine von den Juden bzw dem Weltjudentum als Kollektiv ausgehende Gefahr fur die moderne Gesellschaft verstanden wurde die auf irgendeine Art gelost werden musse Zwischen 1873 und 1900 erschienen etwa 500 Schriften die sich in diesem Sinne mit der Judenfrage befassten 3 Russland Bearbeiten Im russischen Zarenreich sah die Regierung seit der Eroberung der polnischen Gebiete 1772 die zahlreichen dort lebenden Juden als Problem an und plante diese Judenfrage entweder durch Assimilation oder Ausweisung zu losen Die meisten russischen Juden wohnten im Westen Russlands im Ansiedlungsrayon dessen Grenzen 1815 endgultig festgelegt wurden Im Judischen Statut von 1804 wurde die Niederlassung von Juden und ihre Tatigkeit als Pachter in Dorfern sowie der Ausschank von alkoholischen Getranken an Bauern verboten Damit sahen sich Tausende von judischen Familien ihrer Lebensgrundlage beraubt Die Ausweisung aus den Dorfern wurde fur einige Jahre aufgeschoben 1822 in den belarussischen Dorfern jedoch systematisch durchgefuhrt Zar Nikolaus I suchte die Judenfrage durch Zwang und Unterdruckung zu losen 1827 fuhrte er das Kantonistensystem ein das die zwangsweise Aushebung judischer Jugendlicher zwischen 12 und 25 Jahren in die russische Armee vorsah In den 1840er Jahren begann sich die Regierung mit der Erziehungsfrage zu befassen und beschloss den Aufbau von besonderen judischen Schulen Diese Schulen sollten durch eine Sondersteuer Kerzensteuer finanziert werden welche die Juden zu bezahlen hatten Die nachste Phase des Programms von Nikolaus I war die Einteilung der Juden in zwei Gruppen Nutzliche und Nutzlose Zu den Nutzlichen gehorten wohlhabende Kaufleute Handwerker und Landwirte Die restliche judische Bevolkerung Kleinhandler und Mittellose galten als nutzlos und sahen sich von der zwangsweisen Einziehung in die Armee bedroht wo sie eine handwerkliche oder landwirtschaftliche Ausbildung erhalten sollten Dieses Projekt stiess auf Ablehnung russischer Politiker und fuhrte zu Interventionen westeuropaischer Juden 1846 reiste Moses Montefiore zu diesem Zweck von England nach Russland Der Befehl zur Klassifizierung der Juden in diese Kategorien wurde 1851 ausgestellt Durch den Krimkrieg wurde zwar die Anwendung verzogert die Quoten fur die zwangsweise militarische Aushebung jedoch ums Dreifache vergrossert Die russischen Maigesetze wurden von Zar Alexander III im Mai 1882 als Reaktion auf die Pogrome in Kraft gesetzt zu denen es nach dem Attentat auf seinen Vorganger Alexander II in zahlreichen russischen Stadten gekommen war und dienten der Einschrankung der Freizugigkeit der russischen Juden Von Konstantin Pobedonoszew dem personlichen Berater von Zar Alexander III ist folgender Ausspruch uberliefert Ein Drittel der russischen Juden wird sterben ein Drittel wird auswandern und das letzte Drittel wird im russischen Volk vollig assimiliert werden Siehe dazu Geschichte der Juden in Russland Rassismus BearbeitenIm Kontext der ersten antisemitischen Welle im Kaiserreich 1879 1882 definierten radikale Antisemiten die Juden als Semiten also Angehorige einer fremden Rasse So versuchten sie die Judenfrage als Rassenproblem darzustellen das nur noch durch Ausgrenzung aller Juden losbar erscheinen sollte Argumente dafur fanden sie in biologistisch argumentierenden Rassentheorien von Arthur de Gobineau und in der Selektionstheorie von Charles Darwin Dieser moderne Rassismus sollte die behauptete Nichtintegrierbarkeit von Juden die in Europa langst vielfach dieselbe Sprache und Kultur pflegten wie das sonstige Burgertum pseudowissenschaftlich untermauern Es folgten immer scharfere rassistische Propagandaschriften Karl Eugen Duhrings Schrift Die Judenfrage als Racen Sitten und Kulturfrage 1881 stellte Juden nunmehr auch als biologische Gefahr dar Edouard Drumont Houston Stewart Chamberlain mit den Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts Paul Anton de Lagarde u a verhalfen diesem Denken in ganz Westeuropa zu weiter Verbreitung Theodor Fritsch veroffentlichte 1887 einen Antisemitismus Catechismus der alle judenfeindlichen Klischees sammelte und als Handbuch der Judenfrage viele Auflagen erlebte Er wurde bis 1945 auch von den spateren Nationalsozialisten gern genutzt 4 In der Volkischen Bewegung im deutschen Kaiserreich wurden verschiedene Plane zu Losung der Judenfrage propagiert Seit den 1880er Jahren wurde immer wieder gefordert Juden unter Fremdenrecht zu stellen und eine weitere Zuwanderung zu unterbinden Juden und andere Rassen Fremde wie Slawen oder Walsche die im Reichsgebiet bereits ansassig waren sollten nach den Vorstellungen des Herausgebers von Heimdall Zeitschrift fur reines Deutschtum und All Deutschtum Adolf Reinecke den Status von Reichssassen erhalten kein Wahlrecht keine offentlichen Amter kein Grundbesitz jedoch Wehr und Steuerpflicht Zwar forderten radikale Antisemiten wie Friedrich Lange Heinrich Pudor und Heinrich Class in ihren Publikationen meist nicht mehr als eine Fremdengesetzgebung Ausweisung und Aberkennung der Staatsburgerrechte fur Juden Doch das Motto der Zeitschrift Hammer Organ des von Theodor Fritsch gegrundeten Reichshammerbundes verlangte ab 1902 die Ausscheidung der judischen Rasse aus dem Volkerleben und liess damit den Willen zu einer endgultigen Radikallosung anklingen Das Grundungsprogramm der aus vereinten alteren Antisemitenparteien hervorgegangenen Deutschvolkischen Partei behauptete 1914 die Vernichtung des Judentums werde zur Weltfrage des 20 Jahrhunderts werden Dies gab der Losung der Judenfrage eine universalhistorische Bedeutung und stilisierte sie zu einem apokalyptischen Endkampf Zionismus Bearbeiten nbsp In dem Buch Die Judenfrage in ihrem geschichtlichen Zusammenhang und Vorschlage ihrer Losung von Jahr 1917 analysierte Josef Ringo die Geschichte der sogenannten Judenfrage und befurwortete die Grundung eines judischen Staates Im Zusammenhang ihrer Emanzipationsbestrebungen benutzten auch Juden selber diesen Begriff um zu unterstreichen dass sie ihre Integration und Assimilation in den entstehenden europaischen Nationalstaaten bejahten In der Auseinandersetzung mit den Antisemiten bejahten auch Vertreter des entstehenden Zionismus den Begriff in dem Sinn eines judischen Nationalbewusstseins fur das ein Judenstaat als Losung anzustreben sei Nathan Birnbaum veroffentlichte 1893 das Buch Die Nationale Wiedergeburt des judischen Volkes in seinem Lande als Mittel zur Losung der Judenfrage 1893 Auch Theodor Herzl der spatere Prasident des Zionistischen Weltkongresses nahm den Begriff auf 5 Die Judenfrage besteht Es ware doch toricht sie zu leugnen Er wollte sie als nationale Frage verstanden wissen und vertrat als ihre Losung seit 1896 einen eigenen Staat fur die Juden Der Judenstaat Versuch einer modernen Losung der Judenfrage Ein weiteres Beispiel ware der Roman Zwei im andern Land von Martin Salomonski Das Science Fiction Buch beschreibt die Kolonialisierung des Mondes als Losung der Judenfrage 6 Die israelische Unabhangigkeitserklarung vom 14 Mai 1948 weist darauf hin dass das Problem der judischen Heimatlosigkeit durch die Wiederherstellung des judischen Staates im Lande Israel gelost werden muss Hingegen taucht dabei der Begriff der Judenfrage nicht mehr auf Nationalsozialismus BearbeitenProgramm Bearbeiten Adolf Hitler erklarte die Entfernung des Juden uberhaupt 1919 zum unverruckbaren Ziel des Nationalsozialismus Die NSDAP legte sich in ihrem Grundungsprogramm auf die Vertreibung Ausweisung und Entrechtung der deutschen Juden fest In seiner Autobiographie Mein Kampf erklarte Hitler 1924 die Losung der Judenfrage sei Vorbedingung fur den Wiederaufstieg der Germanen zur Grossmacht Seine hasserfullte Beschreibung der Juden als parasitarische Rasse deren Beseitigung zur Gesundung der Volker unumganglich sei legte bereits den Gedanken an ihre Ermordung nahe Hitler forderte diese nicht machte aber deutlich dass er eine radikale Vertreibungspolitik gegenuber den Juden durchfuhren werde Er ubernahm dieses Ziel von den Antisemitenparteien und verbanden der Kaiserzeit Pseudowissenschaftliche Projekte Bearbeiten Seit der Machtubernahme 1933 etablierten die radikalen Antisemiten im NS Regime die Judenfrage auch als pseudowissenschaftliches Projekt Zur pseudohistorischen Rechtfertigung der Nurnberger Gesetze veroffentlichte Wilhelm Grau 1935 in Hamburg die Schrift Die Judenfrage als Aufgabe der neuen Geschichtsforschung Er leitete seit 1936 auch die Abteilung Geschichte der Judenfrage in der renommierten nun aber von Nationalsozialisten gelenkten Historischen Zeitschrift Als Judenfrage verstand er alle jene Probleme die in der Begegnung der Volker mit dem judischen Volk zu jeder Zeit der Geschichte in Erscheinung getreten sind Diese mussten endlich vom Einfluss judischer Geschichtsschreibung befreit und vom Standpunkt der Wirtsvolker aus betrachtet werden Ziel sei eine naturliche Losung der Judenfrage nach dem Grundsatz der reinlichen Scheidung 7 Eberhard Taubert grundete 1934 im Auftrag des Reichspropagandaministeriums unter Joseph Goebbels ein Institut zum Studium der Judenfrage Der Historiker Wilhelm Ziegler leitete es seit 1935 Er und Hermann Kellenbenz sassen auch im Beirat der von Karl Alexander von Muller geleiteten Forschungsabteilung Judenfrage im Reichsinstitut fur Geschichte des neuen Deutschland Ab 1941 lehrte er Neuere Geschichte Politik und Judenfrage an der Universitat Berlin Das Berliner Institut nahm seinen Sitz in der im Juni 1933 enteigneten Villa des Instituts fur Sexualforschung in Berlin 8 Dort wurde u a das Drehbuch des Propagandafilms Der Ewige Jude entworfen 9 und 1935 der Sammelband Die Juden in Deutschland herausgegeben Er zeichnete ein erschutterndes Gesamtbild von den letzten Jahrzehnten judischen Lebens und Treibens in Deutschland und dem angeblichen Anteil der Juden an Korruption Kriminalitat und Degeneration 10 Im selben Jahr plante das Berliner Institut parallel zum Reichsinstitut fur die Geschichte des neuen Deutschland in Munchen eine Bibliothek zur Judenfrage In den Folgejahren grundeten sich viele Einrichtungen mit ahnlichen Zielen die zum Teil heftig miteinander rivalisierten Alfred Rosenberg hatte schon seit 1924 die Zeitschrift Der Weltkampf herausgegeben Sie trug den Untertitel Monatszeitschrift fur Weltpolitik volkische Kultur und die Judenfrage aller Lander 1941 gelang es ihm in Konkurrenz zum Berliner Institut sein Institut zur Erforschung der Judenfrage in Frankfurt zu grunden Dazu liess er die umfangreiche Judaicasammlung der dortigen Stadtbibliothek beschlagnahmen so dass die Institutsbibliothek 350 000 Bande besass und damit zur zweitgrossten Judaica Bibliothek der Welt nach Jerusalem avancierte Um fur sie interessante Buchbestande von judischen Gemeinden in den eroberten Landern zu rauben und als Beutegut nach Deutschland zu bringen grundete Rosenberg eigens einen wissenschaftlichen Stosstrupp den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg Unter der Leitung des Bibliothekars Johannes Pohl sichtete dieser judische Bibliotheken u a in Wilna Saloniki Minsk Riga und Kiew und raubte ihnen etwa 550 000 Buchbande von denen ca 300 000 in Frankfurt ankamen der Rest wurde vernichtet 11 Das Berliner Institut war mittlerweile eine Abteilung fur das Studium der Judenfrage im Reichssicherheitshauptamt geworden geleitet von Adolf Eichmann 12 Die dort betriebene Erforschung der Judenfrage hatte unmittelbar mit der Planung des Holocaust zu tun da sie die grossangelegte ethnisch rassistische Umsiedelungs Sauberungs und Volkermordpolitik der Nationalsozialisten in Osteuropa scheinwissenschaftlich begrunden sollte 13 Auslandische Verbundete folgten dem NS Vorbild Mohammed Amin al Husseini der Grossmufti fur die Palastinensergebiete mit Amtssitz in Jerusalem grundete 1943 ein Arabisches Institut fur die Erforschung der Judenfrage in Berlin das fur geheimdienstliche Kontakte ideologischen Austausch und Zusammenarbeit beim Ausliefern von Juden zur Vernichtung diente 14 Auch viele akademische Fachbereiche ubernahmen und vergaben antisemitische Forschungsauftrage Die meisten evangelischen zerstorten Landeskirchen finanzierten etwa das Eisenacher Institut zur Erforschung und Beseitigung des judischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben unter Walter Grundmann Der Volks Brockhaus Leipzig schrieb 1943 im Artikel Judentum 66 n Chr brach ein grosser Judenaufstand aus der mit der Eroberung Jerusalems und Zerstorung seines Tempels durch Titus 70 n Chr endete Inzwischen hatten sich die Juden weithin uber die Mittelmeerlander verstreut Sie vermehrten sich vor allem durch Gewinnung fremdstammiger Anhanger ihres Glaubens stark und wurden rassisch mit den verschiedenartigsten Elementen durchmischt Durch das Zusammenleben mit ihren Wirtsvolkern ergab sich die Judenfrage Vorbereitung des Holocaust Bearbeiten nbsp Schreiben Martin Bormanns zum offentlichen Umgang mit der JudenfrageDer Ausdruck Endlosung der Judenfrage beschrieb seit 1940 im Behordenjargon des NS Regimes das radikale Ziel einer vollstandigen Abschiebung und Deportation aller Juden aus den von Deutschland beherrschten Gebieten Er wandelte sich von Juli 1941 bis zur Wannseekonferenz im Januar 1942 unter der Hand zu einer Tarnfloskel fur die Massenvernichtung der europaischen Juden in den dazu errichteten Vernichtungslagern Ein Vortrag Heinrich Himmlers vom Dezember 1940 unter dem Titel Die Judenfrage dokumentiert die Plane zur Umsiedlung von etwa 5 8 Millionen europaischen Juden in ein noch zu bestimmendes Territorium 15 Seit dem Unternehmen Barbarossa im Sommer 1941 wurde die Endlosung zum offiziellen Behordenausdruck fur die begonnene Judenermordung und ihre weitere Planung Oppositionelle Verwendung Bearbeiten Auch Gegner des NS Regimes benutzten den Ausdruck um ihre Sicht zum Judentum darzustellen So verfasste Dietrich Bonhoeffer im April 1933 den beruhmten Aufsatz Die Kirche vor der Judenfrage die ein kirchliches Eintreten fur die Menschenrechte von Minderheiten aus dem christlichen Glaubensbekenntnis ableitete und die Widerstandspflicht aller Christen im Falle systematischer staatlicher Angriffe auf die Juden ausgerufen von einem okumenischen Konzil theologisch begrundete Mit diesem fruhen Vorstoss blieb Bonhoeffer auch im Rahmen der Bekennenden Kirche isoliert Seit 1945 BearbeitenNach dem Zweiten Weltkrieg trat der Begriff in der offentlichen Debatte zuruck da man sich nach dem Holocaust von nationalsozialistischer Ideologie abgrenzte Doch er verschwand nicht und wird weiterhin auch fur aktuelle Probleme die Juden betreffen verwendet Jean Paul Sartre beschrieb in seiner Schrift Reflexions Sur La Question Juive Uberlegungen zur Judenfrage das Phanomen des chimarischen Antisemitismus ohne Juden Antisemiten wurden den Juden als Feind auch dann erfinden wenn es keine Juden mehr gabe Fur ihn war die Freiheit aller Burger erst mit der vollen Freiheit und Sicherheit der Juden verwirklicht 16 Kein Franzose wird frei sein solange die Juden nicht im Besitz ihrer vollen Rechte sind Kein Franzose wird in Sicherheit sein solange noch ein Jude in Frankreich und in der ganzen Welt um sein Leben furchten muss Er folgerte schlicht 17 Die Judenfrage ist durch den Antisemitismus entstanden und wir mussen den Antisemitismus abschaffen um sie zu losen Auch Historiker wie Reinhard Rurup befassen sich mit der Entstehung und Entwicklung des Antisemitismus unter diesem Begriff Bei den Grosskirchen setzte nach 1945 allmahlich ein Umdenken und selbstkritische Abkehr vom traditionellen Antijudaismus ein der zunehmend als langfristige historische Ermoglichung des nationalsozialistischen Volkermords an den europaischen Juden erkannt wurde Im Bereich der EKD markiert das Wort zur Judenfrage der Synode von Weissensee 1950 den Beginn dieses Prozesses siehe dazu Kirchen und Judentum nach 1945 Literatur BearbeitenBibliographieVolkmar Eichstadt Bibliographie zur Geschichte der Judenfrage Bd I 1750 1848 Hamburg 1938 Wolfgang Benz Hrsg Die Judenfrage Schriften zur Begrundung des modernen Antisemitismus 1789 bis 1914 K G Saur Munchen 2002 2003 ISBN 3 598 35046 5 mit 369 auf Mikrofilm zuganglichen Dokumenten ausfuhrliches Vorwort Historischer UberblickAlex Bein Die Judenfrage Biographie eines Weltproblems Stuttgart 1980 ISBN 3 421 01963 0 Robert Weltsch Die deutsche Judenfrage Ein kritischer Ruckblick Konigstein 1981 ISBN 3 7610 0357 9 Abraham Leon Judenfrage amp Kapitalismus Eine historisch materialistische Analyse der Rolle der Juden in der Geschichte bis zur Grundung des Staates Israel Schulungstext zur Wirtschaftsgeschichte Europas Trikont 2000 ZionismusJakob Taut Judenfrage und Zionismus Freiburg 1986 ISBN 3 88332 097 8 Jakob Toury The Jewish Question A Semantic Approach in Leo Baeck Institut Jahrbuch 11 1966 S 85 106 englisch Isaac Deutscher Die ungeloste Judenfrage Zur Dialektik von Antisemitismus und Zionismus Rotbuch Berlin 1985 ISBN 3 88022 159 6 KaiserzeitReinhard Rurup Emanzipation und Antisemitismus Studien zur Judenfrage der burgerlichen Gesellschaft Fischer TB Frankfurt 1987 ISBN 3 596 24385 8 NS ZeitDieter Schiefelbein Das Institut zur Erforschung der Judenfrage Frankfurt am Main Vorgeschichte und Grundung 1935 1939 Stadt Frankfurt Main 1993 ISBN 3 88270 803 4 Horst Junginger Die Verwissenschaftlichung der Judenfrage im Nationalsozialismus Veroffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg Reihe Forschung WBG Darmstadt 2011 Rezension von Dirk Schuster Zeitschrift fur junge Religionswissenschaft 2012 S 19 22 Sozialismus und KommunismusEdmund Silberner Arthur Mandel Sozialisten zur Judenfrage Colloquium Berlin 1962 Edmund Silberner Kommunisten zur Judenfrage Zur Geschichte von Theorie und Praxis des Kommunismus VS Verlag 1983 ISBN 3 531 11640 1 Nach 1945Jean Paul Sartre Uberlegungen zur Judenfrage Rowohlt TB Hamburg 1994 ISBN 3 499 13149 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Judenfrage Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten a b Alex Bein Die Judenfrage Biographie eines Weltproblems Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1980 Band 2 S 4 Karl Marx Zur Judenfrage 1844 The Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism Liste historischer Titel zum Stichwort Judenfrage 1 2 Vorlage Toter Link ram1 huji ac il Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im April 2018 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis Theodor Fritsch Abbildung aus der 49 Auflage des Handbuchs zur Judenfrage 1944 Theodor Fritsch Handbuch der Judenfrage 49 Auflage 1934 pdf 1 4 MB Faksimile mit Anhang zu Antisemitenvereinen der Weimarer Zeit und deutschchristlichen Gruppen der NS Zeit Werner Bergmann Artikel Judenfrage in Wolfgang Benz Hrsg Lexikon des Holocaust S 108 Judisch im Weltraum Sechs Fragen an Lena Kugler Abgerufen am 2 Februar 2023 zitiert nach Alex Bein Die Judenfrage Biographie eines Weltproblems Band 2 Anmerkungen Exkurse Register Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1980 S 5 Magnus Hirschfeld Institut Chronologie der Ereignisse 1933 Holocaust Info Das Produktionsteam hinter dem Ewigen Juden Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive Originaltext Jahresberichte fur deutsche Geschichte aus der Zwischenkriegszeit 1925 1938 30 Die Judenfrage in Deutschland Heimo Gruber Rezension von Maria Kuhn Ludewigs Biografie zu JOHANNES POHL 1904 1960 Marcel Atze Verneigung vor der Schrift Markus Kirchhoff portratiert judische Lesewelten und deren Untergang Rezension zu Hauser des Buches von Markus Kirchhoff Gerd Simon Vom Antisemiten zum Semitistik Professor Chronologie Otto Rossler PDF 159 kB Israel Gutman Hrsg Enzyklopadie des Holocaust Band II Artikel Husseini S 632 Wolfgang Benz Dimension des Volkermords R Oldenbourg Verlag Munchen 1991 ISBN 3 486 54631 7 S 2 zitiert nach Sven Oliveira Cavalcanti Sartre und Israel Teil 1 Die Folgen von Auschwitz vor der Grundung Israels Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive zitiert nach Alex Bein Die Judenfrage Biographie eines Weltproblems Band 1 Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1980 S 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judenfrage amp oldid 231331950