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Zur Judenfrage ist eine 1843 geschriebene Rezension von Karl Marx uber zwei von Bruno Bauer verfasste Arbeiten die 1844 veroffentlicht wurde Anfang von Zur Judenfrage in den Deutsch franzosischen Jahrbuchern 1844 Seite 182 Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungs und Veroffentlichungsgeschichte 2 Theoretischer und praktischer Hintergrund 2 1 Marx personliche Verbindung zum Judentum 2 2 Theoriegeschichte 3 Inhalt 4 Rezeption 5 Ausgaben 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseEntstehungs und Veroffentlichungsgeschichte BearbeitenMarx verfasste die 34 Seiten lange Rezension zwischen Oktober und Dezember 1843 nachdem er Arbeiten an einem zu seinen Lebzeiten unveroffentlichten Konvolut von Manuskriptbogen beendet hatte die spater unter dem Titel Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie veroffentlicht wurden Anfangs befand er sich dabei in Kreuznach wo er im Juni 1843 Jenny von Westphalen heiratete und seine Flitterwochen verbrachte ab Oktober in Paris Der Aufsatz setzt sich mit zwei 1843 erschienenen Texten von Bruno Bauer auseinander Die Judenfrage 1843 1 und dem Aufsatz Die Fahigkeit der heutigen Juden und Christen frei zu werden 1843 Erstmals veroffentlicht wurde der Text im Februar 1844 in Paris in der einzigen veroffentlichten Ausgabe der von Marx und Arnold Ruge herausgegebenen Deutsch Franzosischen Jahrbucher Eine franzosische Ubersetzung durch Hermann Ewerbeck erschien 1850 in Paris Erstmals versuchte Wilhelm Hasselmann in seinem Artikel Das Judentum Marx Arbeit fur seine antisemitischen Zwecke zu nutzen 2 3 4 Im Zusammenhang des Berliner Antisemitismusstreites veroffentlichte Eduard Bernstein im Sozialdemokrat im Juni und Juli 1881 den zweiten Teil des Aufsatzes 5 Der gesamte Text erschien im Oktober 1890 im von Wilhelm Liebknecht redigierten Berliner Volksblatt 6 In den 1920er Jahren griff die Kommunistische Partei Deutschlands KPD wahrend politischer Rivalitaten mit den Nationalsozialisten mehrfach selbst auf Elemente der antisemitischen Propaganda zuruck Aus Anlass des vierzigsten Todestages von Marx im Marz 1923 reproduzierte die KPD Tageszeitung Die Rote Fahne einen Auszug aus dem zweiten Teil von Zur Judenfrage einschliesslich des Schlusssatzes Die gesellschaftliche Emanzipation des Juden ist die Emanzipation der Gesellschaft vom Judentum versehen mit dem zusatzlichen nicht von Marx stammenden Untertitel Den Nationalsozialisten ins Stammbuch Der Antisemitismusforscher Olaf Kistenmacher interpretiert dies als eine Fehldeutung des Auszuges durch die KPD mit dem Ziel sich als ebenfalls judenfeindlich darzustellen 7 Theoretischer und praktischer Hintergrund BearbeitenMarx personliche Verbindung zum Judentum Bearbeiten Als Karl Marx zwei oder drei Jahre alt war konvertierte sein Vater vom judischen Glauben zum protestantischen Christentum da er als Jude nicht den Beruf eines Rechtsanwalts ausuben durfte 8 Beide Grossvater waren Rabbiner gewesen und viele andere Vorfahren auch Im Alter von sechs Jahren wurde Karl Marx am 26 August 1824 zusammen mit seinen sechs Geschwistern im Haus seiner Eltern evangelisch getauft 9 Am 23 Marz 1834 wurde er ebenfalls in der evangelischen Kirchengemeinde Trier konfirmiert Die judische Abstammung war auch seinen Zeitgenossen bewusst weshalb einige von ihnen auf seine ehemalige Glaubenszugehorigkeit verwiesen und ihn teilweise sehr direkt antisemitisch anfeindeten etwa Bakunin 10 obwohl Marx sich von jeder Religiositat abwandte und diese fundamental kritisierte Da bestimmte Formulierungen bei Marx im jeweils historisch gegenwartigen Kontext innerhalb der eigenen ideologischen Anschauung und ausserhalb des Entstehungszusammenhangs interpretiert wurden kam des Ofteren Kritik oder positive Reklamation bezuglich eines vermeintlichen Antisemitismus bei Marx auf wozu neben der Schrift Zur Judenfrage auch Privatbriefe von Marx an Engels uber Ferdinand Lassalle gehorten In einem Brief an seinen Onkel Lion Philips vom 29 November 1864 sprach Marx in Bezug auf Benjamin Disraeli von einem Stammesgenossen 11 Das Verhaltnis von Marx zum Judentum wird immer wieder kontrovers diskutiert selten jedoch innerhalb marxistischer Theoriebildung da Marx nur wenige verwertbare Aussagen uber das Judentum in einem solchen Sinne traf Franz Mehring schreibt in seiner Marx Biographie dass die Briefe von Marx an seine Eltern keine Spur von judischer Art oder Unart aufweisen Den Austritt des Vaters vermutet er darin dass die Lossagung vom Judentum unter den damaligen Zeitlauften nicht nur ein Akt religioser sondern auch und vornehmlich ein Akt sozialer Emanzipation 12 war Der aufgeklarte freimenschlich gebildete Vater von aller judischen Befangenheit befreit 13 hatte Marx durch die aufgeklarte Bildung die er ihm zukommen liess ein wertvolles Erbe hinterlassen 13 Dawid Rjasanow zeichnet hingegen ein etwas anderes Bild Er weist darauf hin dass viele bedeutende deutsche Denker fur den Sozialismus in Deutschland wie Marx Lassalle Heine oder Borne judischer Herkunft waren was er auf die doppelte Unterdruckung zuruckfuhrt der judische Systemkritiker ausgesetzt waren 14 Diese sich verscharfende Diskriminierung habe auch Marx Vater obwohl schon lange nicht mehr religios dazu bewogen die Konfession zu wechseln wie schon Mehring andeutete Helmut Hirsch beschreibt einen Fall aus dem Jahre 1843 in dem Marx im Alter von 24 Jahren von der judischen Gemeinde in Koln darum gebeten wurde eine Petition zur Befreiung von Repressionen zu verfassen die Marx gern unterzeichnete 15 wie Marx an Arnold Ruge am 13 Marz 1843 schrieb 16 Schon die Rheinische Zeitung hatte mehrfach gegen die Unterdruckung der Juden Stellung genommen 17 Bei der Vorbereitung der Marx Engels Gesamtausgabe reiste Hans Stein 1928 nach Trier und befragte Zeitzeugen Die Witwe Becker erzahlte von ihrem Vater der bei Heinrich Marx gearbeitet hatte und erklarte zum Grund des Religionswechsels weil Marx ein offentliches Amt bekleidete konnte er nicht Jude sein 18 Eleanor Marx schrieb am 21 Oktober 1890 I shall be very glad to speak at that meeting the more glad that my Father was a Jew ich werde sehr gerne auf dieser Versammlung sprechen umso mehr da mein Vater Jude war Und wahrend der Dreyfus Affare sagte sie I am a Jewess ich bin Judin 19 Theoriegeschichte Bearbeiten 1841 promovierte Marx mit seiner Arbeit uber antike Materialisten Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie mit deren Widmung er einen idealistischen Standpunkt pries 20 zum Doktor der Philosophie Jedoch findet sich schon 1837 in einem privaten Brief an seinen Vater eine vom hegelschen System und dem Idealismus abgewandte Auffassung 21 Zu diesen Zeiten bewegte sich Marx in junghegelianischen Kreisen Nach seinem Studium war er ab Oktober 1842 in der gerade gegrundeten Rheinischen Zeitung als Chefredakteur tatig wo er auf Engels traf und erstmals in die Verlegenheit kam uber sogenannte materielle Interessen 22 auch solche des Proletariats mitreden zu mussen Dies veranlasste ihn dazu sich vermehrt mit okonomischen Theorien vor allem der Klassischen Nationalokonomie auseinanderzusetzen Zu dieser Zeit begann er sich vermehrt mit dem feuerbachschen Materialismus zu beschaftigen und sich mit den Stromungen der sozialistischen und kommunistischen Bewegungen vertraut zu machen Nach dem erzwungenen Publikationsstopp der Rheinischen Zeitung im Marz 1843 plante Marx mit Arnold Ruge die Veroffentlichung der Deutsch Franzosischen Jahrbucher Im Zuge der Arbeiten fur die Deutsch Franzosischen Jahrbucher verfasste Marx von Marz bis August 1843 Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie und direkt darauf folgend bis Dezember 1843 die Schrift Zur Judenfrage Aus einem Briefwechsel mit Ruge der ebenfalls in den Jahrbuchern veroffentlicht wurde wird deutlich dass sich Marx im September 1843 noch nicht als Sozialist oder Kommunist verstand Zur Judenfrage setzt sich vor allem kritisch mit dem theologischen Idealismus der Junghegelianer auseinander dem Marx die wirkliche Gesellschaft entgegensetzen wollte In selbiger Vorgehensweise steht auch seine darauf folgende und ebenfalls in den Jahrbuchern veroffentlichte Schrift Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie Einleitung die Marx beruhmte Religionskritik beinhaltet und in der er erstmals das Proletariat zum revolutionaren Subjekt erhebt In Die heilige Familie 1844 erfolgt eine weitere Auseinandersetzung mit der Thematik der Schrift Zur Judenfrage unter Einbeziehung derselben Marx und Engels bezeichneten Zur Judenfrage in der Deutschen Ideologie 1845 kritisch als eine in philosophischer Phraseologie verfasste jedoch trotzdem prinzipiell materialistische Schrift 23 In Zur Kritik der politischen Okonomie von 1859 merkte Marx bezuglich der Deutschen Ideologie an dass er und Engels vorhatten den Gegensatz unsrer Ansicht gegen die ideologische der deutschen Philosophie gemeinschaftlich auszuarbeiten in der Tat mit unserm ehemaligen philosophischen Gewissen abzurechnen Der Vorsatz ward ausgefuhrt in der Form einer Kritik der nachhegelschen Philosophie 24 mit der sich Marx schon zuvor kritisch auseinandergesetzt hatte ihr aber nun erstmals eine begrifflich und inhaltlich neue dialektisch materialistische marxistische Theorie entgegensetzte Alle Entstehungsmomente der marxschen Theorie die Auseinandersetzung mit Hegel Feuerbach der politischen Okonomie der Arbeiterbewegung finden sich schon keimhaft aber nicht in ausgearbeiteter Form wieder Am weitesten ist die Kritik Hegels abgeschlossen wahrend sich die marxsche Auseinandersetzung mit der politischen Okonomie erst in den Anfangen befindet und die Zuwendung zu und spater folgende Kritik von Feuerbachs Materialismus in den Schriften nicht dezidiert hervortritt Zentrale Begriffe in spateren Schriften sind noch nicht ausgearbeitet ebenso wenig eine historisch materialistische Theorie Mit den 1844 verfassten Okonomisch philosophischen Manuskripten die als erstes grosseres politokonomisches Werk gelten und den 1845 verfassten Thesen uber Feuerbach wie der zu Lebzeiten unveroffentlichten Deutschen Ideologie dem Kommunistischen Manifest der marxistischen Wirtschaftstheorie die erst im Kapital zur Ganze ausgearbeitet wurde fehlten noch zentrale theoretische Momente die in spateren Schriften von grosser Bedeutung waren Schon in dieser Schrift finden sich Gedanken und Grundproblematiken uber die Moglichkeiten menschlicher Emanzipation die Marx sein gesamtes Schaffen lang beschaftigten Die Schrift Zur Judenfrage kann nach Auffassung von Urs Linder als innerhalb der fruhen Arbeiten von Marx klarste Zuruckweisung der von John Locke erfundenen philosophischen Akteursfigur der Person als Privateigentumer gelten 25 Inhalt Bearbeiten Alle Emanzipation ist Zuruckfuhrung der menschlichen Welt der Verhaltnisse auf den Menschen selbst Marx widmet sich in der Schrift der Frage nach politischer und menschlicher Emanzipation wobei wie schon in der zuvor verfassten Schrift Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie das widerspruchliche Verhaltnis von politischem Staat und burgerlicher Gesellschaft wie dessen Losung zentral fur die Argumentation ist Einleitend stellt Marx Bruno Bauers Losung der Judenfrage dar Nach Marx fasse Bauer die Judenfrage auf als eine Frage von dem Verhaltnis der Religion zum Staat von dem Widerspruch der religiosen Befangenheit und der politischen Emanzipation Die Emanzipation von der Religion wurde als Bedingung gestellt sowohl an den Juden der politisch emanzipiert sein will als an den Staat der emanzipieren und selbst emanzipiert sein soll Nach Marx musste nicht nur gefragt werden wer emanzipieren soll und wer emanzipiert werden sollte ebenso musste gefragt werden Welche Bedingungen sind im Wesen der verlangten Emanzipation begrundet Bauers Fehler liege darin dass er nur den christlichen Staat nicht den Staat schlechthin der Kritik unterwirft dass er das Verhaltnis der politischen Emanzipation zur menschlichen Emanzipation nicht untersucht Marx stellt anhand konkreter Beispiele heraus dass volle politische Emanzipation durchaus mit der fortwahrenden Existenz und Praxis von Religion moglich sei ersichtlich am Beispiel der Trennung von Staat und Religion in den Vereinigten Staaten Der Staat kann sich also von der Religion emanzipiert haben sogar wenn die uberwiegende Mehrzahl noch religios ist Und die uberwiegende Mehrzahl hort dadurch nicht auf religios zu sein 26 Es stelle sich daher die Frage Wie verhalt sich die vollendete politische Emanzipation zur Religion Finden wir selbst im Lande der vollendeten politischen Emanzipation Anm USA nicht nur die Existenz sondern die lebensfrische die lebenskraftige Existenz der Religion so ist der Beweis gefuhrt dass das Dasein der Religion der Vollendung des Staats nicht widerspricht Da aber das Dasein der Religion das Dasein eines Mangels ist so kann die Quelle dieses Mangels nur noch im Wesen des Staats selbst gesucht werden Die Religion gilt uns nicht mehr als der Grund sondern nur noch als das Phanomen der weltlichen Beschranktheit Wir erklaren daher die religiose Befangenheit der freien Staatsburger aus ihrer weltlichen Befangenheit Wir behaupten dass sie ihre religiose Beschranktheit aufheben sobald sie ihre weltliche Schranke aufheben Wir verwandeln nicht die weltlichen Fragen in theologische Wir verwandeln die theologischen Fragen in weltliche Nachdem die Geschichte lange genug in Aberglauben aufgelost worden ist losen wir den Aberglauben in Geschichte auf Die Frage von dem Verhaltnisse der politischen Emanzipation zur Religion wird fur uns die Frage von dem Verhaltnis der politischen Emanzipation zur menschlichen Emanzipation Dieser Gegensatz auf den sich die Judenfrage schliesslich reduziere sei das Verhaltnis des politischen Staates zu seinen Voraussetzungen mogen dies nun materielle Elemente sein wie das Privateigentum etc oder geistige wie Bildung Religion den Widerstreit zwischen dem allgemeinen Interesse und dem Privatinteresse die Spaltung zwischen dem politischen Staat und der burgerlichen Gesellschaft diese weltlichen Gegensatze lasst Bauer bestehen wahrend er gegen ihren religiosen Ausdruck polemisiert Marx fasst zusammen Der Widerspruch in welchem sich der Anhanger einer besondern Religion mit seinem Staatsburgertum befindet ist nur ein Teil des allgemeinen weltlichen Widerspruchs zwischen dem politischen Staat und der burgerlichen Gesellschaft Die Emanzipation des Staats von der Religion ist nicht die Emanzipation des wirklichen Menschen von der Religion Wir sagen also nicht mit Bauer den Juden Ihr konnt nicht politisch emanzipiert werden ohne euch radikal vom Judentum zu emanzipieren Wir sagen ihnen vielmehr Weil ihr politisch emanzipiert werden konnt ohne euch vollstandig und widerspruchslos vom Judentum loszusagen darum ist die politische Emanzipation selbst nicht die menschliche Emanzipation Wahrend die Menschen im burgerlichen Staat Gleiche seien so seien sie in der Gesellschaft Ungleiche mehr noch die Gleichheit im Staat verewige die Ungleichheit in der Gesellschaft Recht existiere historisch wie Marx am Beispiel des Feudalismus und den darauf folgenden burgerlichen Revolutionen zu verdeutlichen sucht vor allem als Vorrecht Privilegien zu sichern In diesem Zusammenhang formuliert Marx eine Kritik der Menschenrechte obwohl er diese politische Emanzipation als wichtigen Schritt hin zu menschlicher Emanzipation und als letzte Form menschlicher Emanzipation innerhalb der bisherigen Weltordnung betrachtet Das Recht auf Freiheit sei nicht durch die Verbindung des Menschen mit dem Menschen sondern vielmehr durch die Absonderung des Menschen von dem Menschen 27 gegeben Dieses Recht fasst er vornehmlich hinsichtlich der Freiheit auf Privateigentum daher dem Recht willkurlich a son gre ohne Beziehung auf andre Menschen unabhangig von der Gesellschaft sein Vermogen zu geniessen und uber dasselbe zu disponieren das Recht des Eigennutzes Jene individuelle Freiheit wie diese Nutzanwendung derselben bilden die Grundlage der burgerlichen Gesellschaft 28 Das Recht auf Sicherheit erhebe sich in der burgerlichen Gesellschaft nicht uber den Egoismus ihrer Mitglieder es sei vielmehr die Versicherung ihres Egoismus 29 um jedem Gesellschaftsmitglied die Erhaltung seiner Person seiner Rechte und seines Eigentums zu garantieren Der gesellschaftliche Zusammenhalt der einzelnen Mitglieder sei einzig durch den Erhalt ihres Eigentums und ihrer egoistischen Person 29 begrundet Nach Marx loste die politische Revolution des Burgertums einerseits den politischen Charakter der feudalen Gesellschaft auf mit der Zerschlagung aller Stande Korporationen Privilegien die ebensoviele Ausdrucke der Trennung des Volkes von seinem Gemeinwesen waren 30 Andererseits befreite sie den politischen Staat von seiner Vermischung mit dem burgerlichen Leben und konstituierte ihn als die Sphare des Gemeinwesens der allgemeinen Volksangelegenheit in idealer Unabhangigkeit von jenen besondern Elementen des burgerlichen Lebens 30 Die politische Emanzipation fuhrte zur Reduktion des Menschen einerseits auf das Mitglied der burgerlichen Gesellschaft auf das egoistische unabhangige Individuum andrerseits auf den Staatsburger auf die moralische Person 31 Sie zerschlug die burgerliche Gesellschaft daher in ihre einfachen Bestandteile Die bestimmte Lebenstatigkeit und die bestimmte Lebenssituation sanken zu einer nur individuellen Bedeutung herab Sie bildeten nicht mehr das allgemeine Verhaltnis des Individuums zum Staatsganzen 30 Die Aufhebung der feudalen Verhaltnisse war somit die Abschuttlung der Bande welche den egoistischen Geist der burgerlichen Gesellschaft gefesselt hielten Die politische Emanzipation war zugleich die Emanzipation der burgerlichen Gesellschaft von der Politik 32 die Vollendung des Idealismus des Staats war zugleich die Vollendung des Materialismus der burgerlichen Gesellschaft 32 Zur Uberwindung dieses Umstands musse die burgerliche Gesellschaft grundlegend verandert werden Die Emanzipation vom Schacher und vom Geld also vom praktischen realen Judentum ware die Selbstemanzipation unsrer Zeit 33 Erst wenn der wirkliche individuelle Mensch den abstrakten Staatsburger in sich zurucknimmt erst wenn der Mensch seine forces propres Anm eigene Krafte als gesellschaftliche Krafte erkannt und organisiert hat und daher die gesellschaftliche Kraft nicht mehr in der Gestalt der politischen Kraft von sich trennt erst dann ist die menschliche Emanzipation vollbracht 31 Rezeption BearbeitenOb die Schrift antisemitisch ist ist in der Forschung umstritten Hannah Arendt nennt sie in ihrem 1955 auf deutsch erschienenen Werk Elemente und Ursprunge totaler Herrschaft ein klassisches Werk des Antisemitismus der Linken 34 Auch Edmund Silberner von der Hebraischen Universitat Jerusalem schatzt Marx unter anderem wegen dieser Schrift als Antisemiten ein 35 Dem widerspricht der Historiker Lars Fischer Es sei Marx gar nicht um Angriffe auf das Judentum gegangen sondern um Kapitalismuskritik und Moglichkeiten der gesellschaftlichen Emanzipation 36 Im Handbuch des Antisemitismus kommt Matthias Vetter zu dem Schluss dass Marx mit ihr keine antisemitischen Vergleichskonstruktionen verfolgt habe seine Sprache seine Vergleiche und seine Absichten seien aber sehr wohl antisemitisch gewesen Die wenig rezipierte Schrift konne nicht als Beginn eines linken Antisemitismus verstanden werden wohl aber als Beginn einer linken Unterschatzung der Judenfeindschaft und der Auffassung dass die einzige Zukunft des Judentums in seinem Verschwinden liege 37 Der Soziologe Detlev Claussen kritisiert den Text Zur Judenfrage als unmaterialistisch und unwissenschaftlich weil er nicht den Unterschied zwischen vorburgerlicher und burgerlicher Gesellschaft anzugeben wisse und in einer Analyse der Waren und Geldzirkulation verharre 38 Ausgaben BearbeitenKarl Marx Zur Judenfrage In Deutsch Franzosische Jahrbucher Paris 1844 S 182 ff google books Marx Engels Werke Bd 1 S 347 377 DEA Archiv Marx Engels Gesamtausgabe Abteilung I Bd 2 Dietz Verlag Berlin 1982 S 141 169 und 648 667 Siehe auch BearbeitenAntisemitismusforschung Marxistische PhilosophieLiteratur BearbeitenDer Israelit des neunzehnten Jahrhunderts Eine Wochenschrift fur die Kenntnis und Reform des israelitischen Lebens 5 Jg F Schuster Hersfeld 1844 S 257 260 Digitalisat Gotthold Salomon Bruno Bauer und seine gehaltlose Kritik uber die Judenfrage Perthes Besser amp Mauke Hamburg 1843 Digitalisat Wilhelm Freund Hrsg Zur Judenfrage in Deutschland Vom Standpunkte des Rechts und der Gewissensfreiheit Veit und Comp Berlin 1843 Digitalisat Karl Grun Die Judenfrage Gegen Bruno Bauer Leske Darmstadt 1844 Digitalisat Iring Fetscher Marxisten gegen Antisemitismus Erstausgabe Hoffmann und Campe Verlags GmbH Hamburg 1974 ISBN 3 455 09158 X Horst Ullrich Das erste Echo auf Karl Marx Zur Judenfrage Ein Beitrag zur Wirkungsgeschichte der Deutsch Franzosischen Jahrbucher In Deutsche Zeitschrift fur Philosophie 22 Jg Berlin 1974 Heft 8 39 Helmut Hirsch Marx und Moses Karl Marx zur Judenfrage und zu Juden Peter Lang Frankfurt a M Bern Cirencester 1980 ISBN 3 8204 6041 1 Judentum und Umwelt Band 2 Hrsg von Johann Maier Heinz Monz Gerechtigkeit bei Karl Marx und in der Hebraischen Bibel Ubereinstimmung Fortfuhrung und zeitgenossische Identifikation Mit einem Geleitwort von Emmanuel Bulz Luxemburg Nomos Verlagsgesellschaft Baden Baden 1995 ISBN 3 7890 4083 5 S 147 156 Thomas Haury Judenfrage In Dan Diner Hrsg Enzyklopadie judischer Geschichte und Kultur EJGK Band 3 He Lu Metzler Stuttgart Weimar 2012 ISBN 978 3 476 02503 6 S 228 233 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Zur Judenfrage Quellen und Volltexte Karl Marx Zur Judenfrage nach MEW Band 1 S 347 377 Bruno Bauer Die Fahigkeit der heutigen Juden und Christen frei zu werden nach Bruno Bauer Feldzuge der reinen Kritik Nachwort von Hans Martin Sass Frankfurt M Suhrkamp Verlag 1968 S 175 195 Hal Draper Marx and the Economic Jew Stereotype 1977 Abraham Leon Judenfrage und Kapitalismus 1946 Karl Reitter Verdopplung und Entgegensetzung die Staatsthematik in der Marxschen Fruhschrift Zur Judenfrage in Grundrisse Nr 5 2003 On The Jewish Question Artikel Karl Marx In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Vorlage SEP Wartung Parameter 1 und Parameter 2 und nicht Parameter 3Einzelnachweise Bearbeiten Die Judenfrage Braunschweig 1843 Facsimile Ausgabe online Neuer Social Demokrat Berlin vom 20 September 1872 Edmund Silberner Sozialisten zur Judenfrage Berlin 1962 S 107 159 stutzt sich auf Hasselmann Bert Andreas Karl Marx Friedrich Engels Das Ende der klassischen deutschen Philosophie Trier 1983 Schriften aus dem Karl Marx Haus Trier 28 S 25 Eduard Bernstein Karl Marx uber die Judenfrage In Der Sozialdemokrat Zurich Nr 27 vom 30 Juni 1881 Nr 28 vom 7 Juli 1881 Berliner Volksblatt Nr 236 vom 10 Oktober 1890 Nr 238 vom 12 Oktober 1890 Nr 240 von 15 Oktober 1890 Nr 242 vom 17 Oktober 1890 Nr 244 vom 19 Oktober 1890 Olaf Kistenmacher From Judas to Jewish Capital Antisemitic Forms of Thought in the German Communist Party KPD in the Weimar Republic 1918 1933 translated by Fred David Copley Abgerufen am 21 August 2021 Lex Gans Frieder Lutticken Karl Marx Ein Mitglied unserer Gemeinde In Evangelische Kirchengemeinde Trier Hrsg Gemeindebrief 23 April 2018 ekir de PDF Als Deutscher und als Jude ist er vom Scheitel bis zur Zehe ein Autoritar zitiert nach Franz Mehring Karl Marx Geschichte seines Lebens Dietz Verlag Berlin 1963 S 412 Franz Mehring Gesammelte Schriften 3 Marx an Lion Philips in Zalt Bommel London 29 November 1864 MEW Bd 31 S 432 Online DEA Archiv Franz Mehring Karl Marx Geschichte seines Lebens Dietz Verlag Berlin 1960 S 9 10 Franz Mehring Gesammelte Schriften 3 a b Franz Mehring Karl Marx Geschichte seines Lebens Franz Mehring Gesammelte Schriften Band 3 Berlin 1960 S 10 David Rjazanov Marx und Engels nicht nur fur AnfangerInnen Aufstand der Vernunft Nr 4 Der Funke Wien 2005 S 24 Marx und Moses Karl Marx zur Judenfrage und zu Juden Peter Lang Frankfurt a M Bern Cirencester UK 1980 Johann Maier Hrsg Judentum und Umwelt 2 Marx an Ruge Helmut Hirsch S 98 ff Hans Stein Der Ubertritt der Familie Marx zum evangelischen Christentum In Jahrbuch des Kolnischen Geschichtsvereins Bd 14 Koln 1932 hier S S 126 Heinz Monz Karl Marx Trier 1973 S 248 Eleanor Marx sagte weil er sonst keine Erlaubnis bekommen hatte als Rechtsanwalt zu prakticiren W Liebknecht Karl Marx zum Gedachtniss Nurnberg 1896 S 92 Yvonne Kapp Eleanor Marx The crowed year Vol II Lawrence amp Wishart London 1976 S 510 und Faksimile S 511 Mochten alle die an der Idee zweifeln so glucklich sein als ich einen jugendstarken Greis zu bewundern der jeden Fortschritt der Zeit mit dem Enthusiasmus und der Besonnenheit der Wahrheit begrusst und mit jenem uberzeugungstiefen sonnenhellen Idealismus der allein das wahre Wort kennt vor dem alle Geister der Welt erscheinen nie vor den Schlagschatten der retrograden Gespenster vor dem oft finstern Wolkenhimmel der Zeit zuruckbebte sondern mit gottlicher Energie und mannlich sicherm Blick stets durch alle Verpuppungen hindurch das Empyreum schaute das im Herzen der Welt brennt Sie mein vaterlicher Freund waren mir stets ein lebendiges argumentum ad oculos dass der Idealismus keine Einbildung sondern eine Wahrheit ist Marx Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie In Marx Engels Ausgewahlte Werke S 51 vgl MEW Bd 40 S 260 Von dem Idealismus den ich beilaufig gesagt mit Kantischem und Fichteschem verglichen und genahrt geriet ich dazu im Wirklichen selbst die Idee zu suchen Hatten die Gotter fruher uber der Erde gewohnt so waren sie jetzt das Zentrum derselben geworden Ich hatte Fragmente der Hegelschen Philosophie gelesen deren groteske Felsenmelodie mir nicht behagte Noch einmal wollte ich hinabtauchen in das Meer aber mit der bestimmten Absicht die geistige Natur ebenso notwendig konkret und festgerundet zu finden wie die korperliche nicht mehr Fechterkunste zu uben sondern die reine Perle ans Sonnenlicht zu halten Marx Brief an den Vater In Marx Engels Ausgewahlte Werke S 13666 vgl MEW Bd 40 S 9 Marx Zur Kritik der politischen Okonomie In Marx Engels Ausgewahlte Werke S 2900 vgl MEW Bd 13 S 7 Marx Engels Die deutsche Ideologie Marx Engels Ausgewahlte Werke S 1668 vgl MEW Bd 3 S 217 Marx Zur Kritik der politischen Okonomie Marx Engels Ausgewahlte Werke S 2904 vgl MEW Bd 13 S 10 Urs Lindner Marx und die Philosophie Wissenschaftlicher Realismus ethischer Perfektionismus und kritische Sozialtheorie Stuttgart 2013 S 96 Marx Zur Judenfrage In Marx Engels Ausgewahlte Werke S 441 vgl MEW Bd 1 S 353 Marx Zur Judenfrage Marx Engels Ausgewahlte Werke S 463 vgl MEW Bd 1 S 364 Marx Zur Judenfrage Marx Engels Ausgewahlte Werke S 463 vgl MEW Bd 1 S 365 a b Marx Zur Judenfrage In Marx Engels Ausgewahlte Werke S 465 vgl MEW Bd 1 S 366 a b c Marx Zur Judenfrage Marx Engels Ausgewahlte Werke S 469 vgl MEW Bd 1 S 368 a b Marx Zur Judenfrage In Marx Engels Ausgewahlte Werke S 473 vgl MEW Bd 1 S 370 a b Marx Zur Judenfrage Marx Engels Ausgewahlte Werke S 470 vgl MEW Bd 1 S 369 Zitiert nach Peter Longerich Antisemitismus Eine deutsche Geschichte Von der Aufklarung bis heute Siedler Munchen 2021 ISBN 978 3 8275 0067 0 S 64 f Hannah Arendt Elemente und Ursprunge totaler Herrschaft Piper Munchen 1986 S 96 Edmund Silberner Sozialisten zur Judenfrage Ein Beitrag zur Geschichte des Sozialismus vom Anfang des 19 Jahrhunderts bis 1914 Colloquium Verlin 1962 S 125 ff Lars Fischer The Socialist Response to Antisemitism in Imperial Germany Cambridge University Press Cambridge 2007 S 43 u o Matthias Vetter Marx Karl In Wolfgang Benz Hrsg Handbuch des Antisemitismus Bd 2 Personen De Gruyter Saur Berlin 2009 ISBN 978 3 598 44159 2 S 526 Wolfgang Frindte Inszenierter Antisemitismus VS Verlag Wiesbaden 2006 S 85 Abgedruckt in derselbe Zur Redaktion der burgerlichen Ideologie auf die Entstehung des Marxismus Akademie Verlag Berlin 1976 S 9 32 und 85 88 Die Werke von Karl Marx und Friedrich Engels Marx Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie 1843 Zur Judenfrage 1843 Okonomisch philosophische Manuskripte 1844 Thesen uber Feuerbach 1845 Das Elend der Philosophie 1847 Lohnarbeit und Kapital 1849 Die Klassenkampfe in Frankreich 1848 bis 1850 Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte 1852 Grundrisse der Kritik der politischen Okonomie 1858 Zur Kritik der politischen Okonomie 1859 Herr Vogt 1860 Theorien uber den Mehrwert 1863 Lohn Preis und Profit 1865 Das Kapital Band I 1867 Der Burgerkrieg in Frankreich 1871 Kritik des Gothaer Programms 1875 Fragebogen fur Arbeiter 1880 Brief an Wera Sassulitsch 1881 Marx und Engels Die deutsche Ideologie 1845 Die heilige Familie 1845 Manifest der Kommunistischen Partei 1848 Das Kapital Band II post mortem publiziert von Engels 1885 Das Kapital Band III post mortem publiziert von Engels 1894 Engels Die Lage der arbeitenden Klasse in England 1845 Grundsatze des Kommunismus 1847 Von der Autoritat 1873 Anti Duhring 1878 Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft 1880 Dialektik der Natur 1883 Der Ursprung der Familie des Privateigenthums und des Staats 1884 Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie 1886 Normdaten Werk GND 4470878 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zur Judenfrage amp oldid 237388910