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Der Atomkern ist der innerste positiv geladene Teil eines Atoms Die Unterteilung eines Atoms in Atomkern und Atomhulle geht auf Ernest Rutherford zuruck der 1911 in Streuexperimenten zeigte dass Atome aus einem winzigen kompakten Kern in einer leichten Hulle bestehen mussen Dabei hat der Atomkern zwar einen 20 000 bis 150 000 Mal kleineren Durchmesser als die Atomhulle beherbergt aber mehr als 99 9 Prozent der Masse des gesamten Atoms Der Atomkern besteht aus Protonen und ausser bei 1H Neutronen Der Atomkern bestimmt durch seine Protonenzahl auch Kernladungszahl Ordnungszahl die Anzahl der Elektronen eines elektrisch neutralen Atoms dadurch auch die Struktur der Elektronenhulle und somit die chemischen Eigenschaften des Atoms Protonen und Neutronen werden im Kern durch Kernkrafte zusammengehalten Andert sich der Aufbau oder Zustand eines Kerns wie z B durch Radioaktivitat kann die umgesetzte Energie millionenfach grosser sein als bei einer chemischen Reaktion der Hulle Schematische Darstellung des Atoms nicht massstablich sonst ware der untere Pfeil ca 100 m lang Das Teilgebiet der Physik das sich mit Atomkernen beschaftigt heisst Kernphysik In Begriffen die den Atomkern betreffen wurde in der Anfangszeit meist der Vorsatz Atom verwendet Spater wurde das weitgehend abgelost durch Kern oder Nuklear nach dem lateinischen Wort nucleus fur Kern Nuklear bezeichnet Dinge oder Wirkungen die mit Eigenschaften oder mit Reaktionen von Atomkernen zusammenhangen beispielsweise Nuklearmedizin Die einzelnen Atomsorten werden nach dem Aufbau ihrer Atomkerne als Nuklide bezeichnet Kenntnisse uber die Eigenschaften von Atomkernen sind notwendig u a zum Verstehen der Radioaktivitat der Kernspaltung Kernkraftwerk Kernreaktor Kernwaffe und der Kernfusion Kernfusionsreaktor Wasserstoffbombe Leuchten der Sterne aber auch der Magnetresonanztomographie MRT in der Medizin sowie der Hyperfeinstruktur in der Spektroskopie Zur Geschichte der Forschung an Atomkernen siehe Kernphysik Geschichte Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau 1 1 Der Atomkern im Atom 1 2 Protonen und Neutronen 1 3 Elemente 1 4 Nuklide 2 Bindung 2 1 Kernkraft und Coulombkraft 2 2 Bindungsenergie 3 Eigenschaften 3 1 Grosse und Dichte 3 2 Spin und magnetisches Moment 3 3 Geometrische Form 4 Angeregte Zustande 4 1 Energieniveaus 4 2 Einzelteilchenanregung 4 3 Kollektive Rotation 4 4 Kollektive Schwingung 5 Radioaktivitat 6 Kernmodelle 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Videos 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseAufbau BearbeitenDer Atomkern im Atom Bearbeiten Der Atomkern befindet sich im Zentrum des Atoms sein Durchmesser betragt etwa 1 20 000 bis 1 150 000 des Durchmessers der Elektronenhulle Der Atomkern stellt aber je nach Element 99 95 bis 99 98 Prozent der Masse des gesamten Atoms Protonen und Neutronen Bearbeiten Der Kern ist aufgebaut aus Protonen und Neutronen die etwa gleiche Masse haben und zusammen auch Nukleonen genannt werden Die Zahl der Protonen wird Kernladungszahl genannt und in aller Regel mit Z Z bezeichnet Die Gesamtzahl der Nukleonen wird Massenzahl A A genannt die Zahl der Neutronen wird mit N N bezeichnet so dass A Z N displaystyle A Z N fur Genaueres zur Masse des Kerns siehe Kernmasse oder Massendefekt Die Massenzahlen der auf der Erde naturlich vorkommenden Atome reichen von A 1 A 1 normaler Wasserstoff 1H bis 244 Plutonium 244Pu Die makroskopische Dichte der kondensierten Materie dagegen steigt nicht proportional zur Atommasse weil auch der Atomradius im Mittel ums 3 4 fache ansteigt neben starken periodischen Schwankungen siehe Abb in Atomradius Elemente Bearbeiten Protonen sind elektrisch positiv geladen Neutronen neutral Daher ist der Atomkern positiv geladen und kann durch die elektrostatische Anziehung negativ geladene Elektronen an sich binden Da die Ladungen von Elektron und Proton entgegengesetzt gleich ist hat ein nach aussen hin elektrisch neutrales Atom ebenso viele Elektronen in der Atomhulle wie Protonen im Kern Da die Atomhulle weitestgehend die chemischen Eigenschaften bestimmt legt die Kernladungszahl Z Z damit auch fest zu welchem Element das Atom gehort sie ist die chemische Ordnungszahl Nuklide Bearbeiten Die Zahl der Neutronen hat nur geringen Einfluss auf die chemischen Eigenschaften des Atoms ist aber entscheidend fur die Stabilitat oder Instabilitat Radioaktivitat des Kerns Abgesehen vom radioaktiven Zerfall der spontan eintritt kann sich die Zahl der Protonen oder Neutronen im Kern nur durch eine Kernreaktion andern also infolge eines Zusammenstosses des Kerns mit einem anderen Kern oder mit anderen Teilchen Eine durch Ordnungszahl und Massenzahl festgelegte Atom oder Atomkernsorte wird Nuklid genannt Als Isomere werden Atomkernsorten in langlebigen Anregungsstufen des Kerns siehe unten bezeichnet sie zahlen als eigene Nuklide 1 Unterscheidet man Kerne oder ganze Atome desselben Elements also mit gleicher Protonenzahl nach ihrer Anzahl von Neutronen spricht man von den Isotopen des betreffenden Elements Bezeichnet werden Nuklide mit dem chemischen Elementsymbol und der Massenzahl wie z B das haufigste Kohlenstoffisotop 12C oder das haufigste Eisenisotop 56Fe bei Isomeren noch mit einem Zusatz wie m fur metastabil Weniger ublich ist die Schreibweise C 12 bzw Fe 56 oder die redundante zusatzliche Angabe der Ordnungszahl 26 56 F e 26 56 mathrm Fe NuklidkarteEs sind Stand von 2003 insgesamt etwa 3200 langlebige Nuklide bekannt 2 die sich auf etwa 2700 Isotope 3 von 118 bekannten Elemente von Wasserstoff bis zum Oganesson verteilen Darunter gibt es ca 250 stabile Isotope Die Stabilitat eines Nuklids hangt von der Zahl der Protonen und der Neutronen ab Liegt das Verhaltnis beider Zahlen ausserhalb eines bestimmten Bereichs ist der Kern instabil d h radioaktiv und wandelt sich in einen stabileren Kern um Zu den Protonenzahlen 43 61 oder grosser als 82 gibt es gar kein stabiles Nuklid Die Nuklide werden zur Ubersicht in einer Nuklidkarte oder Isotopenkarte durch kleine Quadrate grafisch dargestellt Die Abbildung zeigt 1500 Nuklide Stand 2010 Die Abszisse gibt die Neutronenzahl an die Ordinate die Protonenzahl Stabile Nuklide haben schwarze Quadrate links unten beginnend mit 1H rechts oben endend mit 208Pb Die Schmalheit des schwarzen Bandes zeigt wie genau die Abstimmung von Protonen und Neutronenzahl fur einen stabilen Kern sein muss Bis A 40 mussen beide Zahlen nahezu gleich sein daruber mussen die Neutronen zunehmend im Uberschuss vorhanden sein bis ca 1 6 1 Die ubrigen Kerne sind samtlich instabil wobei die Farbe des Quadrats die radioaktiven Umwandlungsarten anzeigt Generell sind Kerne mit gerader Protonen und oder Neutronenzahl eher stabil als solche mit ungeraden Zahlen alle doppelt ungeraden Kerne mit Ausnahme von 2H 6Li 10B und 14N sind instabil Bindung BearbeitenKernkraft und Coulombkraft Bearbeiten Alle Nukleonen ziehen sich gegenseitig durch die Kernkrafte an Diese sind eine Restwechselwirkung der Starken Wechselwirkung und haben daher nur kurze Reichweite Ab einer grosseren Entfernung als etwa ein Nukleondurchmesser etwa 1 fm 10 15 m uberwiegt zwischen je zwei Protonen die Abstossung durch die langreichweitige Coulombkraft Die lange Reichweite der Coulombkraft gegenuber der kurzen Reichweite der Kernkraft begrenzt die Grosse der Atomkerne und damit auch Anzahl chemischer Elemente die stabile Isotope haben konnen Denn auch in einem grossen Kern spurt ein Proton nur die Anziehung seiner nachsten Nachbar Nukleonen die Coulomb Abstossung hingegen von allen anderen Protonen des Kerns Oberhalb der Protonenzahl 82 Blei ist die Abstossung so stark dass alle weiteren Kerne instabil sind d h radioaktiv Bindungsenergie Bearbeiten Mittlere Bindungsenergie pro Nukleon in Abhangigkeit von der Anzahl der Nukleonen im Atomkern 4 Stabile Nuklide schwarz instabile rotDie Bindungsenergie entspricht der Energie die zugefuhrt werden musste um den Kern in seine einzelnen Nukleonen zu zerlegen Umgekehrt wurde diese Bindungsenergie freigesetzt wenn es gelange einen Atomkern aus freien Protonen und Neutronen zusammenzusetzen Wegen der Aquivalenz von Masse und Energie fuhrt die Bildung des Kerns zu einem Massendefekt Das heisst jeder Atomkern hat eine geringere Masse als sich beim Addieren der ihn bildenden ungebundenen Nukleonen ergibt Der Massendefekt liegt zwischen 0 1 Deuteron und 0 9 62Ni Aus einer genauen Bestimmung der Masse M A Z eines Atoms mit A Nukleonen Z Protonen und A Z Neutronen lasst sich daher die Bindungsenergie EB des Kerns ableiten E B Z A Z m p Z m e A Z m n m A Z c 2 displaystyle E text B Z A left Z cdot m text p Z cdot m text e A Z cdot m text n m A Z right cdot c 2 Dabei ist m p m text p die Masse eines freien Protons m e m text e die Masse eines Elektrons m n m text n die Masse eines freien Neutrons c c die Lichtgeschwindigkeit Die Bindungsenergie kurzlebiger Kerne lasst sich beispielsweise durch Messung der Energien ihrer Zerfallsprodukte bestimmen Gemessene Werte fur die mittlere Bindungsenergie pro Nukleon B A displaystyle B A sind in vorstehender Abbildung dargestellt darin in der kleineren Abbildung noch einmal vergrossert die Werte fur eine Auswahl von Nukliden Die Bindungsenergie der Kerne nimmt in etwa proportional zur Nukleonenzahl A A zu Entsprechend bleibt die mittlere Bindungsenergie pro Nukleon siehe Abbildung in einem weiten Bereich in etwa bei ungefahr 8 MeV Beginnend bei A 2 A 2 mit 1 1 MeV pro Nukleon steigt sie bis A 16 displaystyle A approx 16 auf Werte um 8 MeV Ihr Maximum erreicht sie bei 62Ni mit 8 8 MeV pro Nukleon Anschliessend nimmt sie allmahlich bis auf etwa 7 MeV ab verursacht durch die zunehmende elektrostatischen Abstossung aller Protonen untereinander Aufgrund der unterschiedlichen Bindungsenergie pro Nukleon bei verschiedenen Kernen konnen Kernreaktionen bei denen sich hinterher die Nukleonen anders gruppieren als vorher einen erheblichen Energiegewinn ergeben Eine Erhohung der Bindungsenergie pro Nukleon tritt bei der Fusion zweier leichterer Kerne aber auch bei der Spaltung eines schweren Kerns ein Bei der Fusion zu 4He aus kleineren Kernen ist die Freisetzung besonders hoch was fur die technische Kernfusion ausgenutzt werden kann Die Spaltung schwerer Atomkerne ab 233U im U Th Reaktor wird in Kernkraftwerken seit den 1950er Jahren zur Energiegewinnung ausgenutzt Beide Arten der Energiefreisetzung werden auch in Kernwaffen realisiert Die Abhangigkeit der Bindungsenergie von der Protonen und Neutronenzahl im Kern kann im Rahmen des Tropfchenmodells gut modelliert und mit der Bethe Weizsacker Formel die auf dem Tropfchenmodell beruht mit etwa 1 iger Genauigkeit abgeschatzt werden Von der mittleren Bindungsenergie pro Nukleon zu unterscheiden ist die Ablosearbeit das ist die Energie die zur Ablosung eines einzigen Nukleons notig ist Sie variiert bei stabilen Kernen zwischen 1 1 MeV Deuteron 2H und 16 9 MeV 20Ne Maxima liegen bei den magischen Zahlen und sind wie die Ionisierungsenergie bei den Atomen ein Charakteristikum von Schalenabschlussen Eigenschaften BearbeitenGrosse und Dichte Bearbeiten Die Grosse des Atomkerns wachst mit seiner Masse bzw Massenzahl Beim sehr leichten Helium betragt der Durchmesser rund 1 fm Femtometer beim Uran etwa 16 fm Atomkerne haben keine scharfe Begrenzung die Dichte fallt in einem Ubergangsbereich am Rand ab Deshalb ist die genaue Angabe eines Durchmessers bzw Radius auch eine Frage der Definition siehe Ladungsradius Die Dichte des Kerns das Verhaltnis von Kernmasse zu Kernvolumen ist fur alle Kerne annahernd gleich und betragt rund 2 1017 kg m3 5 6 Materie in dieser Dichte heisst Kernmaterie Um diese Dichte zu erreichen musste man beispielsweise die Cheops Pyramide auf die Grosse eines Pfefferkorns zusammendrucken Da die Dichte aller Atomkerne annahernd gleich ist ist ihr Volumen auch annahernd proportional zur Massenzahl Der Kernradius betragt 6 R e r 0 A 3 displaystyle R e approx r 0 cdot sqrt 3 A qquad mit r0 1 21 fm Hierbei ist Re ist der aquivalente Radius einer homogen geladenen Kugel Spin und magnetisches Moment Bearbeiten Der Kernspin I ergibt sich aus der vektoriellen Addition der Spins und der Bahndrehimpulse aller Nukleonen Der Spin von Proton und Neutron betragt Bahndrehimpulse hingegen sind ganzzahlig Deshalb haben alle Atomkerne mit geradzahliger Massenzahl A ganzzahligen Spin und Kerne mit ungeradzahligem A halbzahligen Spin Alle doppelt geraden Kerne jeweils geradzahlige Protonen und Neutronenzahl haben im Grundzustand den Spin I 0 Atomkerne mit Spin I 0 besitzen ein magnetisches Dipolmoment das von den intrinsischen magnetischen Momenten beider Nukleonensorten und der Bewegung der elektrisch geladenen Protonen im Kern herruhrt Es ubt einen Einfluss auf die Energieniveaus in der Atomhulle aus der zu einer sehr geringen aber messbaren Aufspaltung der atomaren Spektrallinien fuhrt Hyperfeinstruktur Aus Anzahl und Grosse dieser Aufspaltung lassen sich Kernspin und magnetisches Moment ermitteln Geometrische Form Bearbeiten Nicht alle Kerne sind im Grundzustand kugelformig Sie konnen prolat zigarrenformig oblat diskusformig oder komplizierter deformiert sein Dies fuhrt zu elektrischen Quadrupolmomenten und ggf zu Momenten hoherer Ordnung Deformierungen fuhren zu Unregelmassigkeiten in der Hyperfeinstruktur der Atomspektren und lassen sich dadurch nachweisen Dabei sind aus quantenmechanischen Grunden beobachtbare Wechselwirkungen mit einem 2n Moment nur bei Kernzustanden mit Spin I n 2 moglich Deshalb erscheinen Kerne mit Spin 0 und immer kugelformig Angeregte Zustande BearbeitenEnergieniveaus Bearbeiten Atomkerne haben wie die Elektronenhulle diskrete Energieniveaus typische Abstande zwischen ihnen betragen aber nicht einige eV wie bei Atomen sondern 100 keV bis einige MeV Die Folge dieser Niveaus setzt sich wie bei Atomen auch im Kontinuum fort also oberhalb der Energie die die Ablosung eines Teilchens ermoglicht sie werden dann als Resonanz bezeichnet Ein ungestorter Kern befindet sich normalerweise in seinem tiefsten Energieniveau dem Grundzustand Die hoheren Niveaus angeregte Zustande sind nicht stabil vielmehr geht der Kern fruher oder spater spontan in einen stabileren Zustand uber wobei die Energiedifferenz in den allermeisten Fallen als Photon Gammastrahlung oder an ein Elektron der K Schale abgegeben wird Innere Konversion Die seltenen anderen Moglichkeiten sind die Emission eines Hullenelektrons aus einer anderen Schale und die Paarerzeugung von Elektron und Positron Jedes Niveau hat einen bestimmten Drehimpuls Kernspin und wohldefinierte Paritat bis auf eine winzige Beimischung aufgrund der Paritatsverletzung durch die Schwache Wechselwirkung Der Zerfall der angeregten Zustande folgt dem exponentiellen Zerfallsgesetz mit meist sehr kurzen Halbwertszeiten 10 14 s sind nicht selten besonders langlebige metastabile angeregte Zustande Halbwertszeiten von Nanosekunden bis Millionen Jahre werden als Isomere bezeichnet Oft verdanken sie ihre lange Lebensdauer einem Kernspin der einige ℏ hbar grosser ist als bei allen durch einen spontanen Ubergang einschliesslich eines radioaktiven Zerfalls erreichbaren Zustanden Bei der Folge der Energieniveaus lassen sich einige Grundtypen der Anregungsformen unterscheiden Einzelteilchenanregung Bearbeiten Bei Kernen nahe an abgeschlossenen Schalen fur Protonen und oder Neutronen zeigen sich Anregungsspektren die nach Energie und Kernspin durch die Eigenschaften einzelner Orbitale bestimmt sind Diese Spektren haben bei verschiedenen Kernen je nachdem welches Orbital beteiligt ist sehr unterschiedliche Folgen von Energie und Kernspin Da die Drehimpulse benachbarter Orbitale sich in manchen Fallen stark unterscheiden ergeben sich hier die Bedingungen fur metastabile Zustande auf der Nuklidkarte Isomerieinseln Kollektive Rotation Bearbeiten Ein von der Kugelform abweichender Kern kann als ganzes zu Rotation angeregt werden In einfachen Fallen gg Kerne haben die Niveaus den geradzahligen Kernspin I 0 2 4 displaystyle I 0 2 4 dots und die Anregungsenergien E ℏ 2 2 8 I I 1 displaystyle E frac hbar 2 2 Theta I I 1 Da ein Spin I I nach den Gesetzen der Quantenmechanik einem Drehimpuls vom Betrag I I 1 ℏ textstyle sqrt I cdot I 1 hbar entspricht kann man 8 Theta klassisch als Tragheitsmoment interpretieren Die Abstande zwischen aufeinanderfolgenden Niveaus wachsen regelmassig an und bilden eine Rotationsbande wie sie auch aus den optischen Spektren zweiatomiger Molekule bekannt ist Dieses Bild kommt bei vielen Kernen vor vor allem bei grossen Kernen weitab von abgeschlossenen Schalen wenn sie eine stabile ellipsoide Deformation aufweisen Kollektive Schwingung Bearbeiten In Kernen konnen die Protonen kollektiv gegenuber den Neutronen schwingen Die Schwingungsfrequenz liegt oberhalb von etwa w 10 22 s 1 displaystyle omega 10 22 mathrm s 1 die Energie also im Bereich E ℏ w 25 M e V displaystyle E hbar omega 25 mathrm MeV Die Anregung heisst Riesenresonanz weil sie sich in allen nicht zu kleinen Kernen durch einen erhohten Wirkungsquerschnitt der Wechselwirkung mit Gammaquanten der entsprechenden Energien bzw Frequenzen zeigt Daneben sind fur kugelformige Kerne wenn sie auf der Isotopenkarte nahe bei den Gebieten mit deformierten Kernen liegen Formschwingungen der Oberflache bei konstantem Volumen moglich analog den Formschwingungen von grossen Seifenblasen Das Energiespektrum E n n ℏ w displaystyle E n approx n hbar omega ist eine Vibrationsbande Es zeigt naherungsweise aquidistante Anregungsenergien deren Grundschwingung ℏ w hbar omega im Bereich von 1 MeV Anregungsenergie liegt Die hoheren Niveaus sind leicht aufgespalten und lassen sich theoretisch als Anregung mit mehreren gleichen Schwingungsquanten deuten An der Anzahl der aufgespaltenen Niveaus und den dabei vorkommenden Kernspins zeigt sich dass die Anregungsquanten sich wie identische Bosonen verhalten Bei Schwingungen mit elliptischer Deformation haben sie den Spin I 2 displaystyle I 2 bei birnenformiger Schwingung I 3 displaystyle I 3 Ausserdem gibt es bei kugelformigen Kernen Kompressionsschwingungen Diese sind kugelformig haben den Kernspin I 0 I 0 und eine Energie uber 100 MeV Daraus kann man den Kompressionsmodul von Kernmaterie bestimmen Radioaktivitat Bearbeiten Hauptartikel Radioaktivitat Der Begriff Radioaktivitat bezeichnet die Eigenschaft instabiler Nuklide sich spontan unter Energieabgabe umzuwandeln Von den meisten Elementen existieren nur wenige stabile Isotope oder sogar nur eins bei den Ordnungszahlen 43 Technetium 61 Promethium und allen oberhalb 82 Blei gibt es keine stabilen Isotope Im Allgemeinen wird bei der Umwandlung ionisierende Strahlung ausgesandt Bei den instabilen Atomkernen werden im Wesentlichen drei Zerfallsarten unterschieden Zerfall unter Aussendung von Nukleonen z B Alphazerfall Umwandlung unter Aussendung von Elektronen oder Positronen Betazerfalle und Ubergang zwischen zwei Zustanden ein und desselben Nuklids unter Emission von Gammastrahlung Alphazerfall tritt nur bei hohen Massenzahlen auf wenn die mittlere Bindungsenergie pro Nukleon sich durch die Abgabe von zwei Protonen und zwei Neutronen genugend erhoht Das ist theoretisch ab etwa A 140 displaystyle A 140 gegeben Bei grossem A A etwa ab 230 tritt auch spontane Kernspaltung auf Beim Betazerfall wird aus dem Kern eines Radionuklids ein Elektron oder Positron abgegeben Dieses entsteht indem sich im Kern eines der Neutronen in ein Proton ein Elektron Antineutrino und ein Elektron Beta Minus Zerfall bzw eines der Protonen in ein Neutron ein Elektron Neutrino und ein Positron Beta Plus Zerfall umwandelt Die Summe der elektrischen Ladungen und die Anzahl der Nukleonen bleibt dabei erhalten aber die Mischung aus Protonen und Neutronen wird energetisch gunstiger Die chemische Ordnungszahl andert sich um 1 Betazerfall tritt bei allen Massenzahlen auf Die Abgabe von Gammastrahlung setzt voraus dass der Kern in einem angeregten Zustand ist vgl Abschnitt Energieniveaus und tritt daher hauptsachlich unmittelbar nach einem Alpha oder Betazerfall auf sofern dieser nicht direkt zum Grundzustand des Tochterkerns fuhrt Deshalb wird auch die Gamma Emission analog den anderen Prozessen der Radioaktivitat manchmal als Gamma zerfall bezeichnet Alle Isotope von Technetium Z 43 Promethium Z 61 sowie aller Elemente schwerer als Blei Z gt 82 sind radioaktiv Unter diesen gibt es Nuklide mit Halbwertszeiten bis zu 14 Mrd Jahren Thorium 90 232 T h displaystyle 90 232 mathrm Th weshalb sie auf der Erde auch in naturlichen Vorkommen noch zu finden sind Als Nuklid mit der hochsten naturlich vorkommenden Protonenzahl wurde in Spuren 94 244 P u displaystyle 94 244 mathrm Pu gefunden Gewohnlich werden nur Nuklide bis 92 238 U displaystyle 92 238 mathrm U Uran als naturlich vorkommend gezahlt Kerne mit noch mehr Protonen Transurane leben nicht lange genug um als primordiale Nuklide vorzukommen sie konnen nur nach kunstlicher Herstellung in Kernreaktionen beobachtet werden Kernmodelle BearbeitenIn der Kernphysik existiert kein einheitliches Modell zur umfassenden Beschreibung aller Vorgange im Atomkern Im Vergleich zu der Atomphysik mit dem erfolgreichen quantenmechanischen Atommodell fehlt im Kern ein besonderes massives Kraftzentrum und die Krafte zwischen den Nukleonen sind um vieles komplizierter als die rein elektromagnetische Wechselwirkung im Atom Daher werden verschiedene Kernmodelle fur unterschiedliche Fragestellungen benutzt Die wichtigsten sind Das Tropfchenmodell Carl Friedrich von Weizsacker 1935 Niels Bohr 1936 beschreibt den Atomkern als kugelrundes Tropfchen einer elektrisch geladenen Flussigkeit und ergibt eine Formel fur seine gesamte Bindungsenergie Mit diesem fast klassischen Modell kann gut erklart werden welche Isotope stabil sind und welche sich noch durch Energieabgabe in ein fester gebundenes umwandeln konnen etwa durch a Zerfall b Zerfall Kernspaltung Damit findet u a auch die Anzahl der stabilen chemischen Elemente auf der Erde eine Begrundung Das Schalenmodell fur Kerne Maria Goeppert Mayer J Hans D Jensen 1949 fuhrt den Aufbau der Atomkerne in Analogie zum Schalenmodell der Atomphysik rein auf quantenmechanische Gesetzmassigkeiten Orbitale in einem Potentialtopf Pauli Prinzip zuruck Die Wechselwirkung zwischen je zwei Nukleonen wird erst in einer weiteren Verfeinerung berucksichtigt Das Schalenmodell kann bei der Bindungsenergie der Kerne die Abweichungen vom Tropfchenmodell erklaren insbesondere die hohe Stabilitat bei bestimmten sogenannten magischen Protonen und Neutronenanzahlen Es liefert auch detaillierte Erklarungen fur Energieniveaus Kernspins magnetische Momente Mechanismen von Kernreaktionen soweit sie von der Bewegung eines einzigen oder nur sehr weniger Nukleonen des Kerns herruhren Haufig werden aber angeregte Zustande eines Atomkerns unter Beteiligung vieler oder sogar aller Nukleonen gebildet Das Kollektivmodell Aage Niels Bohr Ben Mottelson 1953 dient bei deformierten Kernen der Beschreibung kollektiver Anregungen Vibrationen und Rotationen Diese Kerne haben keine exakte Kugelgestalt sondern sind in einer Richtung leicht abgeplattet oder etwas gestreckt was sich zum Beispiel an den elektrischen Quadrupolmomenten dieser Kerne zeigt Folge ist ein charakteristisches Niveauschema der angeregten Zustande in Form der Vibrationsbande bzw Rotationsbande Im vereinheitlichten Modell unified model James Rainwater 1957 werden Schalenmodell und Kollektivmodell verbunden Weitere teils sehr vereinfachte Modelle bzw fur Spezialzwecke betrachtete Modelle sind zum Beispiel Fermigas Modell auch uniformes Modell Hier werden die Nukleonen trotz ihrer starken Wechselwirkungen als frei beweglich angenommen und unterliegen nur dem Pauli Prinzip Diese Vorstellung wird im Tropfchenmodell zur Bindungsenergie benutzt um die Asymmetrie Energie die den Einfluss des Verhaltnisses von Neutronen zu Protonenzahl beschreibt zu begrunden Alphateilchen Modell Alphateilchen sind hier stabile Untereinheiten innerhalb des Kerns was z B fur die Kerne C 12 O 16 Ne 20 eine nutzliche Modellvorstellung abgibt Potentialtopf Modell Hier wird in Analogie zum Atom ein bestimmtes Potential vorgegeben und daraus das Spektrum der Energieeigenzustande eines einzelnen Nukleons ermittelt Es ist die Grundlage des Schalenmodells und des raumlich beschrankten Fermigas Modells Als Formen des Potentials kommen vor allem das einfache Kastenpotential das Oszillatorpotential sowie das erheblich realistischere Woods Saxon Potential vor Optisches Modell Hier werden Kernreaktionen dadurch modelliert dass das einfliegende Projektil durch den Targetkern so beeinflusst wird wie eine Lichtwelle durch eine absorbierende trube Linse Das Modell eignet sich gut fur die elastische Streuung sowie fur Reaktionen in denen dem Targetkern lediglich ein Teilchen entrissen oder ihm hinzugefugt wird Interacting Boson Model Hier werden die Nukleonen ausserhalb einer abgeschlossenen Schale zunachst zu Paaren von Protonen bzw Neutronen zusammengefasst und im nachsten Schritt deren Wechselwirkung untereinander modelliert An den Modellen des Atomkerns zeigen sich zwei stark vereinfachende aber entgegengesetzte Ausgangspunkte Modell starker Korrelation Der Atomkern wird als Ansammlung von eng gepaarten Nukleonen oder Nukleonengruppen verstanden z B Tropfchenmodell Alphateilchen Modell Berucksichtigung von Pairing in Kernen ahnlich wie bei der Supraleitung Modelle unabhangiger Teilchen Die Nukleonen bewegen sich relativ frei im Kern Fermigas Modell optisches Modell Schalenmodell Potentialtopf Modell Realistische Modelle zeichnen sich durch eine geeignete Kombination beider Ansatze aus Jedes der genannten Modelle ist nur fur einen bestimmten Bereich der nuklearen Phanomene anwendbar eine widerspruchsfreie und umfassende Theorie konnte noch nicht formuliert werden Siehe auch BearbeitenKernphysikLiteratur BearbeitenKlaus Bethge Gertrud Werner Bernhard Wiedemann Kernphysik Eine Einfuhrung 3 Auflage Springer 2008 Theo Mayer Kuckuk Kernphysik 6 durchgesehene Auflage B G Teubner Stuttgart 1994 ISBN 3 519 03223 6 B Povh K Rith C Scholz F Zetsche W Rodejohann Teilchen und Kerne Eine Einfuhrung in die physikalischen Konzepte 9 Auflage Springer 2014 ISBN 978 3 642 37821 8 Videos BearbeitenWas ist ein Atomkern aus der Fernseh Sendereihe alpha Centauri ca 15 Minuten Erstmals ausgestrahlt am 18 Mar 2001 Einfache Erklarung von Anderthalb langsame Verbindung Einfache Erklarung von Anderthalb schnelle Verbindung Weblinks Bearbeiten Wiktionary Atomkern Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Animierte Seite zu Kernmodellen Potentialtopf Tropfchen LEIFI Umfangreiche Nuklidliste Paul Weise Teilchen und Kerne Skript TU Munchen An den Grenzen der Nuklidkarte wo existieren gebundene Kerne Einzelnachweise Bearbeiten nuclide In Alan D McNaught Andrew Wilkinson IUPAC Hrsg Compendium of Chemical Terminology The Gold Book 2 Auflage Blackwell Scientific Publications Oxford 1997 ISBN 0 9678550 9 8 doi 10 1351 goldbook N04257 englisch korrigierte Fassung erstellt von M Nic J Jirat B Kosata mit Aktualisierungen von A Jenkins 2006 G Audi O Bersillon J Blachot A H Wapstra The NUBASE evaluation of nuclear and decay properties In Nuclear Physics A 729 2003 S 3 128 doi 10 1016 j nuclphysa 2003 11 001 englisch in2p3 fr PDF abgerufen am 22 November 2015 Langlebig bedeutet hier eine Halbwertzeit von mindestens 100 ns Eintrag zu Isotope In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 26 Mai 2014 M Wang et al The AME2016 atomic mass evaluation II Tables graphs and references In Chinese Physics C Band 41 Nr 3 2017 S 30003 nds iaea org PDF abgerufen am 11 Marz 2018 D Meschede Gerthsen Physik 22 Auflage 2004 S 630 a b B Povh et al Teilchen und Kerne Kap 5 4Normdaten Sachbegriff GND 4068924 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Atomkern amp oldid 233746361