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Dieser Artikel beschreibt den physikalischen Begriff Kernspin Fur die oft abgekurzt mit Kernspin bezeichnete medizinische Untersuchung siehe Magnetresonanztomographie Der Kernspin I displaystyle vec I ist der Gesamtdrehimpuls eines Atomkerns um seinen Schwerpunkt Sein Einfluss auf die Eigenschaften makroskopischer Materie oder Vorgange kann gewohnlich vernachlassigt werden weshalb er auch erst Ende der 1920er Jahre entdeckt wurde Untersuchungen des Kernspins sind jedoch wichtig zum Verstandnis des Aufbaus von Atomkernen Da die Atomkerne auch der leichteste das Proton immer zusammengesetzte Teilchen sind handelt es sich beim Kernspin nicht um einen Spin s displaystyle vec s im engeren Sinn Ausgenutzt wird der Kernspin vor allem fur chemische Analysen Kernspinresonanzspektroskopie und fur medizinische Untersuchungen Kernspintomographie beides aufgrund seiner magnetischen Eigenschaften Oft ist mit der Bezeichnung Kernspin nur seine Quantenzahl I displaystyle I gemeint die folgende Werte annehmen kann I 0 1 2 1 3 2 displaystyle I 0 tfrac 1 2 1 tfrac 3 2 ldots dd Als physikalischer Drehimpuls hat er dann die Grosse I ℏ I I 1 displaystyle vec I hbar sqrt I I 1 mit der reduzierten Planck Konstante ℏ displaystyle hbar Inhaltsverzeichnis 1 Zustandekommen 2 Nutzungen 2 1 Strukturanalyse 2 2 Medizin 3 Makroskopische Wirkungen 4 LiteraturZustandekommen BearbeitenDer Kernspin ist die Summe I i 1 A s i ℓ i displaystyle vec I sum i 1 A vec s i vec ell i nbsp der Spins s i displaystyle vec s i nbsp Quantenzahl jeweils immer s 1 2 displaystyle s 1 2 nbsp der Bahndrehimpulse ℓ i displaystyle vec ell i nbsp Quantenzahlen ℓ displaystyle ell nbsp jeweils immer ganzzahlig der A displaystyle A nbsp Kernbausteine A displaystyle A nbsp Massenzahl von Protonen und Neutronen insgesamt Bei o g Summenbildung sind die quantenmechanischen Regeln der Addition von Drehimpulsen anzuwenden Das quantenmechanische Schalenmodell kann den Kernspin der meisten Nuklide richtig vorhersagen Je nach Anzahl A displaystyle A nbsp der Kernbausteine gibt es zwei Moglichkeiten Massenzahl A displaystyle A nbsp Kernart Neutronenzahl Protonenzahl Kernspinquantenzahl I displaystyle I nbsp Beispiel Anmerkungungerade ug gu halbzahlig I 1 1 H 1 2 displaystyle I 1 1 mathrm H 1 2 nbsp I 83 209 B i 9 2 displaystyle I 83 209 mathrm Bi 9 2 nbsp 1 1 H displaystyle 1 1 mathrm H nbsp ist das Protongerade gg ganzzahlig 0 displaystyle 0 nbsp im Grundzustand I 6 12 C 0 displaystyle I 6 12 mathrm C 0 nbsp Es ist energetisch am gunstigsten wenn sich Neutronen und Protonen jeweils unter einander zu Paaren mit antiparallelen Dreh impulsen ausrichten s auch Bethe Weizsacker Formel Paarungsanteil Kerne mit Kernspin Null haben auch kein magnetisches Moment uu ganzzahlig 0 displaystyle geq 0 nbsp im Grundzustand I 81 206 T l 0 displaystyle I 81 206 mathrm Tl mathord 0 nbsp I 7 14 N 1 displaystyle I 7 14 mathrm N 1 nbsp I 41 90 N b 8 displaystyle I 41 90 mathrm Nb mathord 8 nbsp Weder Protonen noch Neutronen konnen sich vollstandig zu Paaren zusammenschliessen weshalb viele uu Kerne auch im Grundzustand einen Kernspin I gt 0 displaystyle I mathord gt 0 nbsp haben In angeregten Energieniveaus hat die Kernspinquantenzahl im Allgemeinen andere Werte als im Grundzustand sie ist aber immer bei gerader Massenzahl ganzzahlig und bei ungerader Massenzahl halbzahlig Der Kernbaustein Neutron besitzt zwar keine elektrische Ladung jedoch ein magnetisches Moment und dieses ist seinem Kernspin entgegengesetzt gerichtet Daher kann das magnetische Moment eines ganzen Kerns trotz positiver elektrischer Ladung antiparallel zum Kernspin ausgerichtet sein z B beim Isotop 8 17 O displaystyle 8 17 mathrm O nbsp des Sauerstoffs Nutzungen BearbeitenGenutzt wird der Kernspin genauer das mit ihm verbundene magnetische Moment in der Kernspinresonanz Im ausseren Magnetfeld hangt die Energie des Kerns davon ab wie der Kernspin und das damit verbundene magnetische Moment zu diesem Feld ausgerichtet ist Bei Magnetfeldern von wenigen Tesla ergibt sich dadurch eine Aufspaltung des Energieniveaus des Grundzustands des Kerns in der Grossenordnung von 10 25 J oder meV entsprechend einer Photonenfrequenz um 100 MHz entspricht einer Radiofrequenz im Bereich der Ultrakurzwelle Entsprechende elektromagnetische Strahlung kann von den Atomkernen absorbiert werden Strukturanalyse Bearbeiten Hauptartikel Kernspinresonanzspektroskopie Bei der chemischen Strukturanalyse per Kernspinresonanzspektroskopie engl nuclear magnetic resonance NMR werden die Effekte beobachtet die die umgebenden Elektronen und benachbarten Atome auf den Kernspin haben Beispielsweise erzeugen Elektronen in der Nahe ein zusatzliches Magnetfeld welches das aussere Feld entsprechend verstarkt oder abschwacht Dadurch verschieben sich die Frequenzen bei denen die Resonanzbedingung erfullt ist Medizin Bearbeiten Hauptartikel Magnetresonanztomographie Die Magnetresonanztomographie oder Kernspintomographie nutzt die Kernspinresonanz aus Kernspintomographen im medizinischen Einsatz messen in der Regel die Verteilung von Wasserstoff Atomkernen Protonen im Korper Anders als beim Rontgen konnen damit Veranderungen im Gewebe zumeist gut sichtbar gemacht werden Fur dreidimensionale Schnittbilder werden Magnetfelder mit einem Gradienten also einem kontinuierlichen Anstieg der Starke verwendet so dass aus der Frequenz bei der die Resonanzbedingung erfullt ist auf die raumliche Lage geschlossen werden kann Makroskopische Wirkungen BearbeitenAls Drehimpuls ist der Kernspin in derselben Einheit ℏ displaystyle hbar nbsp gequantelt wie der Drehimpuls der Hulle hat aber wegen seines uber 1000 fach kleineren magnetischen Moments auf die magnetischen Eigenschaften von Atomen oder makroskopischen Stucken Materie nur ausserst geringfugige Auswirkungen Bei sehr tiefen Temperaturen hingegen sind in einzelnen Fallen die Auswirkungen der Freiheitsgrade Einstellmoglichkeiten der Kernspins deutlich sichtbar Die spezifische Warme von Wasserstoffgas H2 zeigt bei Temperaturen unter 100 K einen speziellen Temperaturverlauf Dieser lasst sich nur dadurch erklaren dass die beiden Kerne Protonen der Gasmolekule je einen Kernspin 1 2 besitzen den sie in 3 4 der Molekule parallel gestellt haben Orthowasserstoff in 1 4 der Molekule antiparallel Parawasserstoff In beiden Fallen ist der Gesamtspin der beiden Kerne und des Molekuls ganzzahlig jedoch fehlen im Orthowasserstoff alle Rotationsniveaus mit ungeradem Molekuldrehimpuls im Parawasserstoff die mit geradem Diese Einstellungen bleiben in den Gasmolekulen trotz der zahlreichen Stosse untereinander uber Wochen erhalten Durch diese Entdeckung wurde erstmals nachgewiesen dass das Proton den Kernspin 1 2 hat Die Bose Einstein Kondensation die flussiges Helium in einen superfluiden Zustand uberfuhrt findet nur beim haufigen Isotop Helium 4 statt nicht jedoch beim seltenen Helium 3 Der Grund ist dass ein Helium 4 Kern einen Kernspin von 0 hat der das ganze Atom zu einem Boson macht wahrend ein Helium 3 Kern einen Kernspin von 1 2 hat der das ganze Atom zu einem Fermion macht Das wirkt sich aus in der Symmetrie bzw Antisymmetrie des quantenmechanischen Zustandes des flussigen Heliums gegenuber Vertauschung zweier Atome und fuhrt zu dem beschriebenen Unterschied im makroskopischen Verhalten der beiden Isotope Literatur BearbeitenJorn Bleck Neuhaus Elementare Teilchen Moderne Physik von den Atomen bis zum Standard Modell Springer Heidelberg 2010 ISBN 978 3 540 85299 5 7 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kernspin amp oldid 234391030