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Der Richtebrief von 1304 ist das alteste erhaltene Stadtrecht der mittelalterlichen Reichsstadt und Stadtrepublik Zurich Erwahnt werden Richtbriefe in Zurich seit Mitte des 13 Jahrhunderts so um 1250 1281 und 1291 sie sollten den Frieden und das Wohl Stadtfrieden der Burger innerhalb der Stadtmauern gewahrleisten Belegt sind Richtebriefe ebenfalls in den Schweizer Stadten Schaffhausen und St Gallen sowie im suddeutschen Konstanz Richtebrief von 1304 Erste Seite Hie vahet an das buch der gesetzeden der burger von Zurich die Nicolaus ir schriber nach den besigelten richtbriven geordnet hat Inhaltsverzeichnis 1 Zurich im 13 Jahrhundert 2 Erster Richtebrief 3 Richtebrief von 1304 3 1 Entstehung 3 2 Inhalt 4 Gliederung des Richtebriefs von 1304 5 Der Richtebrief im Alltag des Gemeinwesens 6 Einstufung 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseZurich im 13 Jahrhundert BearbeitenHauptartikel Geschichte der Stadt ZurichDie Herrschaftsrechte uber die Stadt Zurich und die geistlichen Stifte ubte im Hochmittelalter der deutsche Konig aus der sie an einen Reichsvogt ublicherweise aus den Reihen der einflussreichsten Adelsgeschlechter im damaligen Herzogtum Schwaben delegierte namentlich an die Zahringer und die Grafen von Lenzburg Mit dem Aussterben der Zahringer im Jahr 1218 gingen die Herrschaftsrechte wieder an Konig Friedrich II das Amt des Reichsvogts dem auch die Blutgerichtsbarkeit oblag wurde jedoch fortan zeitlich beschrankt durch einen adligen Burger Ritter der Stadt Zurich ubernommen nbsp Konigsurkunde von 1219 ausgestellt von Friedrich II am 11 Januar 1219 Reichsfreiheit der Stadt Zurich nbsp Wappen der Reichsstadt Zurich aus dem Murerplan von Jos Murer 1576 nbsp Die heute ubliche Siegelform geht zuruck auf das seit 1347 verwendete sogenannte Sekretsiegel des Rates von Zurich Umschrift SECRETVM CIVIVM THVRICENSIVM 1 Am 11 Januar 1219 stellte Friedrich II zu Gunsten von Gotteshausleuten des Grossmunsters und zu Gunsten von Personen die der Stadt Zurich angehoren eine Urkunde aus in der er von de gremio oppidi nostri mit Betonung auf unserer Stadt spricht 2 Mit diesen Worten implizierte dies formale rechtliche und politische Kompetenzen fur eine kommunale Selbstverwaltung und damit die Reichsunmittelbarkeit der Stadt Zurich Als eigentliche Stadtherrin galt die Furstabtissin des Fraumunsterklosters die von Friedrich II im Jahr 1245 in den Stand einer Reichsfurstin erhoben wurde Ihre Macht in der Stadt beruhte auf Grundrechten und koniglichen Herrschaftsrechten welche dem Fraumunster seit seiner Grundung im Jahr 853 verliehen worden waren Die Abtei war seit Mitte des 11 Jahrhunderts im Besitz des Munz Zoll und des Marktrechtes und ubte durch ihren Schultheissen die niedere Gerichtsbarkeit aus Am bekanntesten durfte Elisabeth von Wetzikon um 1235 1298 in Zurich sein von 1270 bis 1298 Furstabtissin des Fraumunsterklosters in Zurich In Konkurrenz zu ihr standen die Kaufleute der Stadt die ein eigenes Kaufmannsrecht mit Selbstverwaltung ihrer beruflichen Interessen besassen 1220 finden sich erstmals Spuren urkundlich belegt seit 11 Februar 1252 2 eines Stadtrates bis zur Zunftrevolution von 1336 konstituiert im sogenannten Fasten Sommer und Herbstrat 3 der seit 1225 ein eigenes Siegel fuhrte Die Umschrift des Siegels lautete sigillum consilii et civium Thuricensium Abgebildet war neben den Schutzpatronen Felix und Regula aus dem Siegel der Fraumunsterabtissin ihnen gleichberechtigt Exuperantius der vermutlich fur die aufstrebende Burgerschaft Zurichs steht die neu neben das Gross und das Fraumunster trat Das Siegel verkorperte somit die eigene Rechtspersonlichkeit der Burgerschaft und des Stadtrates In den nachfolgenden Jahren gingen sukzessive verschiedene Herrschaftsrechte der Fraumunsterabtei an den Stadtrat uber Dieser Vorgang wurde durch den Kampf zwischen Kaiser Friedrich II und dem Papsttum begunstigt Weil die geistlichen Stifte zu Rom hielten wahrend die Burgerschaft der Partei des Kaisers folgte wurden die geistlichen Personen samt der Abtissin zeitweise sogar aus der Stadt vertrieben was zur Festigung der politischen Stellung der Burgerschaft fuhrte 1262 wurde die rechtliche Stellung der Stadt noch einmal gefestigt als der deutsche Konig Richard von Cornwall nicht nur wie seine Vorganger die Privilegien der beiden Gross und Fraumunster geistlichen Stifte sondern gleichzeitig die Reichsfreiheit der Burgerschaft ausdrucklich bestatigte Damit wurde Zurich zur Reichsstadt Mit aller Deutlichkeit kam die selbstandige Stellung der Stadt 1267 in der Regensberger Fehde mit den Freiherren von Regensberg zum Ausdruck In einem Kleinkrieg Fehde konnte Zurich mit Unterstutzung des damaligen Grafen und spateren Konigs Rudolf von Habsburg seine Position gegen die Regensberger durchsetzen Dies markierte den Beginn der territorialen Ausdehnung des Stadtzurcher Herrschaftsgebiets die auch im erfolglosen Kriegszug im April 1292 gegen die habsburgische Stadt Winterthur nach dem Tod Rudolfs von Habsburg und mit der Kapitulation vor Herzog Albrecht I von Habsburg deutlich wurde Danach wurde der Einfluss der Stadtzurcher Ritterschaft auf den Stadtrat zunehmend zugunsten der Habsburgfreundlichen Kaufleute eingeschrankt Zurich musste als Folge der Niederlage das Schutzbundnis mit Uri und Schwyz aufgeben das im Oktober 1291 besiegelt worden war 4 Um 1300 zahlte Zurich zwischen 8 000 und 9 000 Einwohner Wikipedia respektive fur das Jahr 1357 aus dem das alteste Steuerbuch stammt wohnten in Zurichs Mauern 5 700 bis 6 850 Personen wahrend ausserhalb der Stadtmauer noch deren 300 bis 400 Pfahlburger ansassig waren 3 Die ratsfahige Bevolkerung der Burger sie wahlte den Rat und stellte dessen Mitglieder bestand aus den Stadtadligen hervorgegangen aus den Ministerialgeschlechtern des Fraumunsterklosters und aus reichsunmittelbaren Fernkaufleuten und vornehmen Handwerkergeschlechtern der sogenannten Notabel 5 6 Die uberwiegende Mehrheit der Stadtbevolkerung Gesinde Leibeigene Horige und die Handwerker blieben in der Stadt Zurich Ende des 13 Jahrhunderts weitgehend ohne politische Rechte und Schutz obwohl sie zunehmend am wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt beteiligt waren Erster Richtebrief BearbeitenDas erste schriftliche Stadtrecht der sogenannte Richtebrief wird in Zurich um das Jahr 1250 erwahnt Der Stadtrat bestand laut dieser Satzung aus Ritterburtigen Ministeriale und Patriziern ein Burgermeisteramt bestand noch nicht Im nicht zweifelsfrei gesicherten Richtebrief des Jahres 1281 7 oder 1291 hatte der Stadtrat aus Angehorigen der Burger die im Rat vertretenen Kaufleute vornehmen Handwerkergeschlechter und die Stadtadligen Ministeriale die Bildung von Handwerksvereinigungen Zunften explizit untersagt dass nieman d werben noch tuon grunden sol enhein keine zunft noch meisterschaft mit eiden mit worten noch mit werchen Auf Verletzung des Gebots standen harte Strafen Hausabbruch hohe Busse und Verbannung 8 Erlaubt war hingegen die Bildung von Innungen Antwerke beispielsweise der Kornmacher Gerber und Hutmacher 2 7 Erhalten geblieben ist der Richtebrief von 1304 im Staatsarchiv des Kantons Zurich eine Abschrift des Originals aus vermutlich der zweiten Halfte des 13 Jahrhunderts Richtebrief von 1304 BearbeitenEntstehung Bearbeiten Im Jahr 1304 trug Nikolaus Mangold Stadtschreiber Rechtsgelehrter und Chorherr am Grossmunster die wichtigsten Gesetze Erlasse und Verordnungen aus den Stadtbuchern zusammen nbsp Richtebrief von 1304 Staatsarchiv des Kantons Zurich nbsp Codex Manesse folio 193r im direkten Vergleich zum Richtebrief von 1304 Hie vahet an das buoch der gesetzeden der burger von Zurich das Nicolaus ir schriber nach dien besigelten brieven geordnet hant Dise gesetzeden die an diesem buoche geschriben sind hant die burger von Zurich dur vride und dur besserungen der stat ze eren under in selben uf gesezet 2 Mangold systematisierte diese 350 Paragraphen in sechs Buchern Kapiteln zusammenfassend bekannt als das sogenannte Nikolausbuch 2 Der im Staatsarchiv des Kantons Zurich aufbewahrte Richtebrief von 1304 gilt als ein Meisterwerk der Zurcher Buchkunst im fruhen 14 Jahrhundert Zwolf Lagen von sechs Doppelblattern aus feinem Pergament also bearbeiteter Tierhaut sind im Quart in starke Holzdeckel gebunden die einst mit schwarz und braunrot gefarbtem Leder uberzogen waren Der Text ist in schonster gotischer Buchhandschrift blockartig auf je zwanzig gezogenen Linien pro Seite verfasst und bietet sich im geoffneten Zustand im Goldenen Schnitt dar 2 Eingeordnet wird das Buchwerk in den Umkreis der gleichzeitig in Zurich entstandenen Manessischen Liederhandschrift Codex Manesse Titel und wichtige Stellen sind wie im Codex Manesse mit roter Farbe hervorgehoben Eine Besonderheit des Richtebriefes von 1304 ist dass mehrfach auf den Blattern Platz freigelassen wurde fur schone Initialen grosse und mit Goldfarbe verzierte Anfangsbuchstaben diese sogenannten Majuskel aber nie eingefugt wurden 9 Fur das fruhe 14 Jahrhundert sind zwei Zusammenfassungen des Richtebriefs belegt Das hier beschriebene nach Stadtschreiber Nikolaus Mangold benannte Nikolausbuch aus dem Jahr 1304 und das sogenannte Konradbuch um 1320 10 11 Erhalten sind drei weitere Abschriften die sich in der Reihenfolge der Gesetze und teilweise auch inhaltlich unterscheiden Sie wurden im 16 Abschrift von Johannes Stumpf und 17 Jahrhundert Konradbuch Abschrift von Hans Heinrich Muller auf Papier verfasst basieren jedoch auf verschollenen Versionen die gegen Ende des 13 Jahrhunderts beziehungsweise um 1327 begonnen wurden 12 Inhalt Bearbeiten Die Gesetze die in diesem Buch niedergeschrieben sind haben die Burger von Zurich der Stadt zu Ehren und durch Frieden und Besserung unter sich selber aufgesetzt Nach der Ordnung dieses Buches kamen die Geistlichkeit pfafheit und die Burger uberein zu behalten die Gesetze die von Unfug und Freveln handeln die von Wort zu Wort in dieses Buch geschrieben sind Daher soll man wissen dass dieses Buch nichts anderes ist als eine Abschrift des alten Richtebriefes den der Rat mit der Burger Willen gemeinsam aufgestellt haben und aufgrund dessen sie zu richten schworen auch gemass der schriftlichen Vereinbarung von Geistlichkeit und Burgern Es steht hernach weder weniger noch mehr als im alten Richtebrief jedoch ohne die rote Schrift insbesondere wurden die Bedeutungen von allen Angelegenheiten sache und materie beibehalten Nun aber sind diese anders angeordnet worden als in den bisherigen Briefen damit es desto besser und vernunftiger zu lesen zu suchen und zu verstehen sei Insbesondere wurde darauf geachtet das Zusammenghorige wan swas sache und capitel von einr materie sint entsprechend nacheinander darzustellen Dieses Gesetz ist in sechs Bucher unterteilt Das erste handelt von Totung und Gewalttat manslaht und freveli und fanget an Wenn ein Burger Swa ein burger Das zweite Buch handelt von Fehde urluge und Krieg und fanget an Der Rat soll keine Fehde zulassen Das dritte ist uber Rat und Gericht und fanget an Der Rat und die Burger alle Das vierte handelt von der Stadt und der Burger Freiheiten und fanget an Der Rat und die Burger sind gemeinsam Das funfte Buch ist uber Handwerk Spiel und Vertrage dazu einungen und fanget an Wer in Zurich Landwein Das sechste Buch beinhaltet du ordenunge dez satzunge der pfafheit und der Burger und vahet an Wir Heinrich von Gottes gnaden Anpassung des Textes an das Neuhochdeutsche Repetitive Stellen wurden ausgelassen resp verkurzt wiedergegeben 13 14 Gliederung des Richtebriefs von 1304 BearbeitenStadtschreiber Mangold gliederte die rund 350 gesammelten Gesetze Erlasse und Verordnungen aus den Stadtbuchern in sechs Kapitel nbsp Das Stadtbuch von 1292 bis 1371Totung und Gewalttat manslaht und von freveli Strafen und Bussen bei Mord Totschlag und Freveln wie Raub Korperverletzung und Ubergriffen aller Art Fehde und Krieg urluge und von kriege Gliedert die einzelnen stadtischen Erlasse und Verordnungen Ein wichtiger Aspekt fur die Stadtgeschichte ist das bis 1336 bestehende Verbot der politischen Organisation von Handwerkern in Zunften Rat und Gericht Regelt die Bestellung des Rates und des Gerichts d h Amtsinhaber Wahl der Rate und zugleich Gerichtsherren Verfahrensarten Delikte Bestrafung Sanktionspraxis Geldbussen etc Hier sind nebst anderen Punkten wesentliche Bestimmungen des Verfassungsrechts zu Wahl und Aufgaben des Zurcher Rats und zu seiner Tagungsform festgehalten Das man in dem iare drije rete nennen soll verweist auf drei einander abwechselnde Ratsgremien dreigeteilter Rat den ab Aschermittwoch tagenden Fastenrat den Sommerrat und den Herbstrat zusammengesetzt aus je 12 Mitgliedern der Notabel Kaufmannspatriziat und Ministerialitat Ritterstand Das Amt des Vorsitzenden Burgermeister entstand erst mit der Brun schen Zunftverfassung vom Juni 1336 2 Stadt und der Burger Freiheiten Eine Zusammenfassung der Freiheiten Rechte und Pflichten von Stadt und Burgern also die Regelungen im Zusammenhang mit der Grundverfassung des Gemeinwesens zum Wohle aller Die Bestimmungen umfassen den Burgerschwur Verhalten gegenuber dem Reichsoberhaupt Baurecht Munzverruf Eigentum Steuern Beleidigung uble Nachrede Verleumdung Blasphemie Ehe und Sexualdelikte Eheansprache Eheversprechen d h die allgemeinen Burgerrechte Es findet sich gar ein Gelobnis der Burgerschaft sich mit vier Burgern am aus damaliger Sicht nachsten Kreuzzug zu beteiligen Handwerk Spiel und Vertrage Dieses Kapitel regelt unter anderem Weinbau und Weinmonopol das Seiden Woll Leinwand und Muhlengewerbe das Spielen und das Geldwesen Klerus und Burgerschaft du ordenunge dez satzunge der pfafheit und der Burger 13 Dieses Kapitel behandelte den sogenannten Pfaffenbrief der Gehorsam von weltlichen und geistlichen Personen gegenuber der lokalen Obrigkeit verlangte 15 Bei den von Mangold zusammengefassten Gesetzen Erlassen und Verordnungen handelte es sich um Satzungsrecht durch die Burgerversammlung gesetztes Recht im Unterschied zu Gewohnheitsrecht einschliesslich fruher Formen einer modernen Verfassung 2 Der Richtebrief im Alltag des Gemeinwesens BearbeitenDas Gesetzesbuch tragt seit seiner Entstehung den Namen Richtebrief da sich die Burger Zurichs nach seinen Bestimmungen zu richten hatten und die stadtische Obrigkeit auf seiner Grundlage ihre Urteile Gericht hielt fallte nbsp Dieser Artikel regelt die Einfuhr und den Verkauf von lantwin Landwein und ellendem fremdem Wein nbsp Richtebrief von 1304 Hochstzinssatze fur Wochenkredite von Juden und Kawertschen Vor den Pogromen und Vertreibung der judischen Bevolkerung Zurichs um das Jahr 1349 durch Rudolf Brun wurden Geldwechsler Geldverleiher und im heutigen Sinn Bankiers abwertend als Kawertschen respektive Cahursiner bezeichnet 16 Hauptzweck des Richtebriefes war es den Stadtfrieden zu sichern in einer Zeit in der selten ein Burger sein Haus ohne Schwert oder Messer verliess in der Gewalt und Selbstjustiz noch weit verbreitet waren 9 Die Gesetzessammlung diente auch dem Schutz der direkt dem Reichsoberhaupt unterstehenden stadtischen Bewohnerschaft vor allfalligen Ubergriffen des stadtnahen feudalen Kleinadels den einige Parapraphen als lantman ansprechen 2 Einige Beispiele aus dem Richtebrief von 1304 verdeutlichen dessen Inhalte und Durchsetzung im stadtischen Zusammenleben Wenn ein Burger den anderen der in diesem Gerichtsbezirk dauerhaft wohnhaft ist wonhaft als gesessen und der wie gerichtsnotorisch in des Reiches und des Gerichtes Frieden gewesen ist rechtswidrig totet slat ze tode an dien truwen dem soll man an all sein Gut gehen das er ausserhalb und innerhalb der Stadt hat und der soll in die Stadt nie mehr kommen Verbannung Kommt er aber trotzdem den soll der Rat mit allen Burgern abzuwehren verpflichtet sein werren uf ir eit Auch soll ihn kein Burger bei sich aufnehmen ansonsten er der Stadt zwanzig march ze buosse geben muss 13 14 Hausfriedensbruch galt in der mittelalterlichen Stadtegemeinschaft als eines der schwerstwiegenden Verbrechen und wurde entsprechend hart bestraft Ein Burger der einen anderen unter Hausfriedensbruch totschlug hatte 10 March Mark rund 2 Kilogramm Silber Busse zu bezahlen Zudem wurde ihm sein Haus oder falls er mehrere besass das beste seiner Hauser niedergerissen Fur die Bluttat an fur sich hatte sich der Burger dem Urteil des Reichsvogts zu stellen in dessen Zustandigkeit wie eingangs erwahnt die Blutgerichtsbarkeit fiel Der Burger der den andern brennt raubt und dessen Obstbaume und Reben wegschlagt kommt mit der vergleichsweise geringen Busse von zwei Mark Silber davon Die Fehde war ein legales und weit verbreitetes mittelalterliches Rechtsmittel und wurde daher im direkten Vergleich milde geahndet Ist aber der Tater ein Landmann lantman der einen Burger totet so gebe auch er zwanzig March Wird er jedoch gefangen so soll man ihn dem Vogt uberstellen entwurten fur den vogt oder den Stellvertreter ald swer an dez stat sitzet und diesen soll man richten nach Urteil 13 14 Falschspieler wurden in der Limmat geschwemmt und aus der Stadt verbannt was das damalige Rechtsempfinden und den okonomischen Schaden der uberhandnehmenden Spielsucht und Lust auf Verstreuung verdeutlichen mag Andere Bestimmungen beschrankten den Aufwand an Hochzeiten Brautlaufen weniger aus moralischen sondern aus okonomischen Grunden Das Hochzeitspaar sollte nicht mehr die halbe Stadt bewirten mussen sondern nur noch zwanzig Familien einladen Damit sollte vermieden werden dass junge Paare und deren Familien wirtschaftlich ruiniert in den Stand der Ehe traten 17 Beschrankt wurde ebenfalls die Zahl der zumeist teuren Geschenke auf eines je Hochzeitsgast 2 9 Der Richtebrief gilt auch als ein wichtiges Zeugnis des im spaten 13 Jahrhundert bluhenden Textilgewerbes und des florierenden Fernhandels und insbesondere fur die zunehmende Bedeutung der Geldwirtschaft fur die Stadt Zurich Bankgeschafte tatigten in jener Zeit italienische und judische Geldgeber Geldverleiher die nicht dem kanonischen Zinsverbot unterstanden Wenn der juden ald der Caurtschin einem Burger eine March Silber teurer als zu sechs Pfennigen zwer wuchon turo liet dan umbe sechs pfenninge und ein Pfund um mehr als zwei und zehn Schillinge um mehr als ein Pfennig und funf Schilling um mehr als ein Helbeling ebenfalls eine Munze so soll er als oft er es tut als diche er s tuot entsprechend oft eine halbe March zu geben gezwungen werden 13 14 So wurden im Richtebrief Hochstzinssatze fur Wochenkredite von judischen Stadtbewohnern und Kawertschen 18 erwahnt Sie wurden in Zurich zur Gewahrung von Darlehen an Stadtburger verpflichtet und mussten Abgaben auf ihr Vermogen das Judengeleit den Leibzoll den Wurfelzoll und das Grabgeld entrichten 16 Die damals herrschende Geldknappheit und die enorme Bedeutung des fruhen Bankwesens werden im Richtebrief mit einem Verbot Kirchenschatze und Seide unter einem gewissen Gewicht zu verpfanden sowie der Vergabe von Wochenkrediten mit einem Zinssatz von maximal 43 deutlich 2 Einstufung BearbeitenDer Richtebrief ist die fruheste Kodifikation Gesetzbuch der sich selbst verwaltenden Reichsstadt Zurich und wird in seinem Umfang mit rund 350 Paragraphen im sudwestdeutschen Sprachraum nur noch vom Augsburger Stadtbuch von 1276 ubertroffen 2 nbsp Die Drei Stande in der handschriftlichen Chronik der Herrschaft Gruningen von 1610 Der Gelehrte betet fur alle der Kaiser streitet fur alle der Bauer ernahrt alle Nebst seiner Bedeutung als Stadt und Verfassungsrecht darf der Richtebrief als ein Vorlaufer des Strafrechts 19 und der Sittenmandate Standeordnung betrachtet werden Das Nikolausbuch gilt als besonders interessant weil es aufgrund der grossen Zahl von Nachtragen von verschiedenen Schreibern nachweislich uber mehrere Jahrzehnte vermutlich bis 1336 im Gebrauch war Vom Aspekt der Schriftlichkeit gesehen ist zudem die symbolische Wirkung der reprasentativen Handschrift von Bedeutung 12 Sie sollte wohl nicht zuletzt dazu dienen den Herrschaftsanspruch des Zurcher Rates gegenuber der Fraumunsterabtei zu untermauern Ein Historiker des 19 Jahrhunderts urteilte In dem Richtebrief von 1304 dem schonsten Denkmal des alten Zurich hatte sich das volle Leben kund gegeben das die Stadt beseelte 9 In Form und Zusammenstellung wird der Richtebrief von 1304 mit dem Konstanzer Richtebrief aus dem gleichen Zeitraum verglichen wenn auch unter Fachleuten umstritten ist welcher von beiden den jeweils anderen mehr beeinflusst haben mag Als gesichert gilt dass der Schaffhauser Richtebrief sowohl auf der Zurcher als auch der Konstanzer Gesetzessammlung basiert 20 Ungeachtet dessen gilt der Stadtzurcher Richtebrief von 1304 als eines der altesten und wertvollsten Dokumente zum Burgerrecht nordlich der Alpen 21 Siehe auch BearbeitenGeschichte der Stadt Zurich Territoriale Entwicklung Zurichs Niedere Gerichtsbarkeit Blutgerichtsbarkeit Landfrieden Brunsche Zunftverfassung ConstaffelLiteratur BearbeitenBruno Koch Neuburger in Zurich Migration und Integration im Spatmittelalter Verlag Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar 2002 ISBN 3 7400 1193 9 Zurcher Richtebrief Bearbeitet von Daniel Bitterli Die Rechtsquellen des Kantons Zurich Neue Folge Erster Teil erste Reihe erster Band Schwabe Basel 2011 ISBN 978 3 7965 2717 3 ssrq sds fds ch Staatsarchiv des Kantons Zurich Hrsg Kleine Zurcher Verfassungsgeschichte 1218 2000 Hrsg im Auftrag der Direktion der Justiz und des Innern auf den Tag der Konstituierung des Zurcher Verfassungsrates am 13 September 2000 Chronos Zurich 2000 ISBN 3 905314 03 7 Hans Jorg Gilomen Anne Lise Head Konig Anne Radeff Hrsg Migration in die Stadte Ausschluss Assimilierung Integration Multikulturalitat Chronos Zurich 2000 ISBN 3 905313 43 X Niklaus Flueler und Marianne Flueler Grauwiler Hrsg und Redaktion Geschichte des Kantons Zurich Band 1 Fruhzeit bis Spatmittelalter Werd Verlag Zurich 1995 ISBN 3 85932 158 7 Societe Jean Bodin pour l histoire comparative des institutions Hrsg Actes a cause de mort Acts of last will De Boeck Universite 1994 ISBN 2 8041 1562 3 Rudolf Gamper Der Zurcher Richtebrief von 1301 1304 Eine Abschrift im Auftrag von Rudiger Manesse In Zentralbibliothek Zurich Alte und neue Schatze Hrsg von Alfred Cattani Michael Kotrba und Agnes Rutz Zurich 1993 Sigmund Widmer Zurich Eine Kulturgeschichte 13 Bande Artemis Zurich 1975 1986 Staatsarchiv des Kantons Zurich Hrsg Zurcher Dokumente Texte und Bilder aus dem Staatsarchiv Orell Fussli Zurich 1984 ISBN 3 280 01556 1 Susanna Burghartz Leib Ehre und Gut Delinquenz in Zurich Ende des 14 Jahrhunderts Chronos Verlag Zurich 1990 ISBN 3 905278 60 X Hans Georg Wirz Der Zurcher Richtebrief und seine Beziehungen zum Stadtrecht von Konstanz St Gallen und Schaffhausen In Festgabe Hans von Greyerz zum sechzigsten Geburtstag Bern 1967 H Zeller Werdmuller und Hans Nabholz Hrsg Die Zurcher Stadtbucher des 14 und 15 Jahrhunderts 3 Bande Leipzig 1899 1906 Friedrich Ott Hrsg Der Richtebrief der Burger von Zurich In Archiv fur Schweizer Geschichte 5 Zurich 1847 Johann Jakob Bodmer Der Richte Briev der Burger von Zurich In Helvetische Bibliothek 2 Stuck S 3 128 Zurich 1735 Weblinks BearbeitenNeuedition des Zurcher Richtebriefs Staatsarchiv des Kantons ZurichEinzelnachweise Bearbeiten Zur Geschichte des Staatssiegels Staatskanzlei des Kantons Zurich a b c d e f g h i j k l Staatsarchiv des Kantons Zurich Hrsg Kleine Zurcher Verfassungsgesichte 1218 2000 Zurich 2000 a b Website der Zunft zur Letzi Geschichte der Zunfte Die noch kurz vor dem Brunschen Umsturz dem Rat angehorenden Adeligen 1334 waren Fastenrat Ulr Manesse Rud von Glarus Herbstrat Gotfrit Mulner Lutolt von Beggenhoven Johans Dietel Heinr Biber Die Urkunde dieses Bundnisses ist die zweitalteste in deutscher Sprache im Staatsarchiv des Kantons Zurich Abdruck des Originaltextes und Abbildung siehe Zurcher Dokumente S 20f Notabel definiert in diesem Zusammenhang die im Rat vertretenen Kaufleute und vornehmen Handwerkergeschlechter Goldschmiede Seidenfabrikanten Tuchhandler Geldwechsler Salzleute u a Notabel In Heidelberger Akademie der Wissenschaften Hrsg Deutsches Rechtsworterbuch Band 9 Heft 9 10 bearbeitet von Heino Speer u a Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar 1996 ISBN 3 7400 0983 7 adw uni heidelberg de Die Definition des Wortes notabel ist gemass DRW Vornehm ehrenwert herausragend a b Rapperswiler im Zurcher Gemeinderat von Gregor A Rutz Zollikon 1 2 Vorlage Toter Link www gregor rutz ch Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis Zunft zur Waag Geschichte a b c d Meinrad Suter Das alteste Zurcher Gesetzesbuch ist 700 Jahre alt Memento des Originals vom 23 August 2007 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www staatsarchiv zh ch Staatsarchiv des Kantons Zurich Signatur Staatsarchiv B III 1 Susanna Burghartz Leib Ehre und Gut Delinquenz in Zurich Ende des 14 Jahrhunderts Zurich 1990 Actes a cause de mort Acts of last will De Boeck Universite 1994 a b Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen Juristenvereins a b c d e Universitat Zurich Rechtswissenschaftliches Institut Lehrstuhl fur Rechtsgeschichte Juristische Zeitgeschichte und Rechtsphilosophie Hrsg Zurcher Richtebrief 1304 IV Buch Art 65 hrsg v F Ott In Archiv fur Schweizerische Geschichte 5 1847 S 149 291 a b c d Passagen zitiert aus Friedrich Ott Hrsg Der Richtebrief der Burger von Zurich In Archiv fur Schweizer Geschichte 5 Zurich 1847 Kleine Zurcher Verfassungsgesichte 1218 2000 Zurich 2000 Erwahnt auf Seite 18 wenn auch als Pfaffenbrief ublicherweise der Vertrag vom 7 Oktober 1370 zwischen Zurich Luzern Zug Uri Schwyz und Unterwalden bezeichnet wird a b Gaby Knoch Mund Die Juden in mittelalterlichen Stadten In Historisches Lexikon der Schweiz Anne Marie Dubler Hochzeit In Historisches Lexikon der Schweiz Vor den Pogromen und Vertreibung der judischen Bevolkerung Zurichs um das Jahr 1349 durch Rudolf Brun wurden Geldwechsler Geldverleiher und im heutigen Sinn Bankiers abwertend als Kawertschen respektive Cahursiner Caurtschin bezeichnet Lukas Gschwend Strafrecht Mittelalter und Fruhe Neuzeit In Historisches Lexikon der Schweiz Roland E Hofer Olga Waldvogel Ohne Verfassung aber nicht verfassungslos Schaffhauser Verfassungsgeschichte bis 1798 Staatsarchiv des Kantons Schaffhausen Bruno Koch Neuburger in Zurich Migration und Integration im Spatmittelalter Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Richtebrief amp oldid 223476203