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Die Nordfledermaus Eptesicus nilssonii gehort innerhalb der Fledermause zur Familie der Glattnasen Vespertilionidae Das Fell ist durch eine dunkel bis schwarzbraune Grundfarbe mit ocker bis lederfarbenen oder goldenen Haarspitzen vom Scheitel bis zur Schwanzbasis gekennzeichnet Die mittelgrosse Art ist uber weite Teile Europas und Asiens verbreitet wobei sie vor allem in den nordlicheren Regionen vorkommt In Skandinavien gehort sie zu den haufigsten Fledermausarten Sie ist weltweit die Fledermaus mit dem am weitesten nach Norden reichenden Verbreitungsgebiet sowie zugleich die einzige Fledermaus mit nachgewiesener Fortpflanzung nordlich des Polarkreises NordfledermausNordfledermaus Eptesicus nilssonii beim Winterschlaf in NorwegenSystematikUberfamilie Glattnasenartige Vespertilionoidea Familie Glattnasen Vespertilionidae Unterfamilie Eigentliche Glattnasen Vespertilioninae Tribus EptesiciniGattung Breitflugelfledermause Eptesicus Art NordfledermausWissenschaftlicher NameEptesicus nilssoniiKeyserling amp Blasius 1839Die Nordfledermaus ist vorwiegend nachtaktiv und fliegt in der Regel kurz nach Sonnenuntergang zur Jagd aus Sie ernahrt sich vorwiegend von kleinen Insekten mit einer Korpergrosse von zwei bis 20 Millimeter wobei kleine Zweiflugler wie Mucken den Hauptanteil ausmachen Die Weibchen bilden ab April Wochenstuben mit 10 bis 100 Individuen und bringen dort ihre Jungtiere zur Welt Von Oktober bis Marz oder April halten die Tiere Winterschlaf Die nachstverwandte Art ist die ebenfalls in Europa verbreitete Breitflugelfledermaus Eptesicus serotinus mit der sie gemeinsam in die 32 Arten umfassende Gattung der Breitflugelfledermause Eptesicus eingeordnet wird Der Artname ehrt den schwedischen Naturforscher Sven Nilsson 1787 1883 der die Art entdeckte und wenige Jahre vor den beiden Erstbeschreibern unter einer bereits bekannten Fledermausart einordnete Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 1 1 Allgemeine Merkmale 1 2 Merkmale des Schadels 1 3 Genetik 2 Rufe 3 Verbreitung und Lebensraum 3 1 Verbreitungsgebiet 3 2 Lebensraum 4 Lebensweise 4 1 Ernahrung 4 2 Fortpflanzung und Entwicklung 4 3 Winterquartiere 4 4 Feinde und Parasiten 5 Fossilbefund 6 Systematik 7 Bedrohung und Schutz 8 Belege 9 Literatur 10 WeblinksMerkmale BearbeitenAllgemeine Merkmale Bearbeiten Die Nordfledermaus ist eine mittelgrosse Fledermausart Die Angaben zur Korpergrosse der Art variieren in der Literatur teilweise stark So erreichen die Tiere nach Schober amp Grimmberger 1998 eine Kopf Rumpf Lange von 45 Millimetern als Extremmass und 54 5 bis 63 5 Millimeter als Normallange 1 nach Rydell 1993 von 54 bis 64 Millimeter 2 nach Braun 2003 von 48 bis 64 Millimeter 3 sowie nach Gerell amp Rydell 2011 nach Messungen an 15 Individuen aus Schweden von 45 1 bis 55 8 Millimeter 4 Das Gewicht betragt 8 bis 17 5 Gramm nach Schober amp Grimmberger 1 und 8 bis 12 Gramm nach Rydell als Normalgewicht wobei tragende Weibchen bis 16 Gramm wiegen konnen und Maximalgewichte vor dem Winterschlaf bis 18 Gramm ermittelt wurden 2 Der Schwanz erreicht eine Lange von 35 bis 50 mm und die Flugelspannweite betragt 24 bis 28 Zentimeter 1 2 bei einer Unterarmlange von 37 bis 44 mm 1 2 Wie bei der Breitflugelfledermaus ist das lange und seidige Oberfell an der Basis dunkel bis schwarzbraun jedoch sind die Haarspitzen bei erwachsenen Nordfledermausen vom Scheitel bis zur Schwanzbasis ocker bis lederfarben oder golden gefarbt und bilden damit einen Kontrast zur Grundfarbe Dieser Effekt tritt besonders im Schulterbereich zur Ruckenmitte hin auf Der Nacken ist dunkler und die Bauchseite ist sehr hell gelbbraun gefarbt wobei der Ubergang von der dunklen Oberseite zur hellen Unterseite besonders an den Halsseiten sehr scharf abgegrenzt ist Die Schnauze die Wangen die Ohren und die Flughaute sind schwarz 5 Die Jungtiere sind dunkler gefarbt und besitzen keine goldenen sondern maximal silbrige Haarspitzen der Bauch ist bei ihnen grau 2 Die Ohren sind im Vergleich zu anderen Fledermausen klein und erreichen eine Lange von 11 5 bis 17 3 mm 1 bzw 13 bis 17 5 mm 2 Im Vergleich zur Breitflugelfledermaus sind sie jedoch im Verhaltnis grosser Der Tragus ist kurz und leicht nach innen gebogen die obere Kante ist abgerundet und er ist an der Basis des Vorderrandes am breitesten 5 Der Rand der Ohrmuschel weist funf deutliche Querfalten auf 2 3 und bildet ein hautiges Band das bis fast zu den Mundwinkeln reicht 3 Die Flugel sind in ihrer Breite und Lange mittelgross mit einer abgerundeten Flugelspitze wobei der funfte Finger fast 10 Millimeter langer ist als der Unterarm 5 Die Schwanzflughaut besitzt ein schmales Epiblema ohne einen sichtbaren Steg und der Calcar Sporn erreicht etwa die halbe Lange der Schwanzflughautlange Die Schwanzspitze liegt mit 3 bis 4 mm mit dem letzten Schwanzwirbel frei 2 1 In Europa lasst sich die Nordfledermaus vergleichsweise einfach von anderen Fledermausarten unterscheiden Im Vergleich zu der nahe verwandten Breitflugelfledermaus Eptesicus serotinus ist sie deutlich kleiner 4 Von anderen ahnlichen Arten speziell der Zweifarbfledermaus Vespertilio murinus und der Alpenfledermaus Hypsugo savii unterscheidet sie sich vor allem durch die Fellfarbe sowie Merkmalen des Skeletts speziell des Schadels und der Form des Penisknochens 6 Schwieriger ist die Differenzierung von verwandten Arten im asiatischen Teil ihres Verbreitungsgebietes Von den hier vorkommenden Arten Eptesicus bobrinskoi Eptesicus gobiensis Eptesicus nasutus und Eptesicus bottae lasst sie sich teilweise nur durch sehr spezifische Schadel und Zahnmerkmale sicher unterscheiden 6 Merkmale des Schadels Bearbeiten Der Schadel der Nordfledermaus ist im Vergleich zu dem der Breitflugelfledermaus deutlich kleiner zugleich ist er im Verhaltnis hoher und weniger stark verlangert 5 Der Hirnschadel ist flach und dorsal betrachtet ist er in der Mitte deutlich konvex Eine Crista sagittalis ist nur sehr undeutlich ausgebildet und die Schnauze ist seitlich abgerundet 2 Ahnlichkeiten in der Grosse und Ausbildung des Schadels bestehen vor allem zur Zweifarbfledermaus die jedoch auffallende Gruben zwischen der Augenhohle und dem Nasenausschnitt aufweist 3 2 1 1 3 323 1 2 3Zahnformel der Nordfledermaus Die Art hat zwei Schneidezahne Incisivi einen Eckzahn Caninus einen Vorbackenzahn Praemolar und drei Backenzahne Molares in einer Oberkieferhalfte und drei Schneidezahne einen Eckzahn zwei Vorbackenzahne und drei Backenzahne in einer Unterkieferhalfte Insgesamt besitzen die Tiere 32 Zahne Der zweite kleinere Schneidezahn ist im Vergleich zu dem der Zweifarbfledermaus sehr kraftig ausgebildet wodurch gegenuber diese Art eine sichere Unterscheidung moglich ist 5 Genetik Bearbeiten Die Nordfledermaus besitzt ein Genom aus 2n 50 Chromosomen und entspricht darin anderen Eptesicus Arten Das X Chromosom ist metazentrisch das kleine Y Chromosom und alle anderen Chromosomen sind akrozentrisch 5 7 Rufe BearbeitenDie Nordfledermaus kann mit Hilfe eines Fledermausdetektors aufgrund der charakteristischen Suchfluglaute erkannt werden Obwohl diese sehr variabel sind und bezuglich der Lautdauer Frequenz und Frequenzmodulation sowie der Bandbreite abgewandelt werden erhalten sie eine charakteristische Endfrequenz im Bereich von 28 bis 30 kHz Verglichen mit anderen Arten mit ahnlichen Rufen vor allem der Breitflugelfledermaus sowie dem Kleinen und Grosser Abendsegler Nyctalus leisleri bzw Nyctalus noctula liegt diese Frequenz deutlich hoher 8 Die Variationen hangen vor allem von der Umgebung ab in denen die Suchlaute ausgestossen werden So betragt die Rufdauer in halboffenem Gelande 8 3 bis 13 4 Millisekunden ms mit einer Bandbreite von maximal 25 kHz und einer Wiederholungsfrequenz von etwa 4 bis 5 Hz vier bis funf Rufe pro Sekunde entsprechend einem Ruf mit jedem zweiten Flugelschlag Zwischen den Rufen legt die Nordfledermaus Pausen von 178 bis 297 ms ein wodurch die Rufe gegenuber denen der Breitflugelfledermaus diskontinuierlicher und langsamer wirken Nahe an der Vegetation am Boden und in Quartiernahe steigen die Pulsraten auf etwa 10 Hz und die Bandbreite steigt stark an wahrend sie in grosserer Flughohe in langere konstantfrequente Rufe mit Langen von 13 0 bis 17 7 ms ubergehen die bei 28 bis 29 kHz auslaufen 8 Neben den zur Nahrungssuche eingesetzten Rufen kommunizieren diese Fledermause auch uber sogenannte Soziallaute vor allem innerhalb der Quartiere Dabei handelt es sich um laute und hohe zirpende Rufe und Knalle im Spektrum von 10 bis 58 kHz Bereich 8 Verbreitung und Lebensraum BearbeitenVerbreitungsgebiet Bearbeiten nbsp Verbreitungsgebiet laut International Union for Conservation of Nature and Natural Resources IUCN nicht vollstandig der Literatur entsprechendDie Nordfledermaus besitzt ein grosses palaarktisches Verbreitungsgebiet das von Ostfrankreich und der Schweiz uber Mittel Nord und das nordliche Osteuropa sowie uber die nordliche Ukraine und Russland bis zur Pazifikkuste mit Kamtschatka Sachalin und Japan reicht 9 10 In der Mongolei lebt die Art vor allem im Norden des Landes im nordwestlichen Altai Gebirge der Chowsgol Aimag dem Changai Gebirge und dem Chentii Aimag sowie in der Ostmongolei Die sudliche Verbreitungsgrenze in Asien ist aufgrund weniger Funde und regelmassiger Fehlbestimmungen und Verwechslungen mit ahnlichen Arten weitgehend unbekannt 9 10 Fur den Iran liegt ein Einzelfund vor 11 Die Nordfledermaus ist weltweit die Fledermaus mit dem am weitesten nach Norden reichenden Verbreitungsgebiet und zugleich die einzige Fledermaus mit nachgewiesener Fortpflanzung nordlich des Polarkreises Die Nachweise stammen aus der Region nahe Lulea in Schweden 65 N 10 Troms 69 05 N 1 sowie Overbygd 10 und der Finnmark in Norwegen 70 25 N 1 In Sibirien ist sie bis etwa 60 N anzutreffen 9 wobei es auch dort Nachweise von der Halbinsel Kola bei 68 N aus der Umgebung von Archangelsk und vom nordlichen Ural beide etwa 65 N gibt 10 Der europaische Verbreitungsschwerpunkt befindet sich im Norden und im Nordosten von Europa bis zu den Alpen dem Kaukasus und dem Balkangebirge als sudliche Verbreitungsgrenze 10 Dabei ist die Nordfledermaus in den skandinavischen Landern Finnland Estland und Lettland eine der haufigsten Fledermausarten 9 In West und Sudwesteuropa einschliesslich Grossbritannien und der Iberischen Halbinsel den Benelux Landern sowie in Danemark fehlt die Art in Sudeuropa kommt sie nur vereinzelt in Sudfrankreich Norditalien und auf dem Balkan vor 11 Auch auf verschiedenen Inseln der Ostsee wie Rugen Gotland Oland Hiiumaa Saaremaa sowie den Aland Inseln kommt die Art vor 10 In Mitteleuropa ist die Nordfledermaus nur luckenhaft und vor allem im Mittelgebirge und Gebirgsvorland verbreitet wo sie ahnliche klimatische Bedingungen wie in Nordeuropa vorfindet Sie wird in Polen als selten eingestuft in Tschechien und der Slowakei ist sie im Norden der Karpaten haufig und ihre Nachweiszahlen nehmen zum Tiefland hin ab Fur Deutschland liegen zahlreiche Nachweise vor isolierte Vorkommen gibt es vor allem im Harz dem Sauerland dem Vogelsberg dem Westerwald dem Hunsruck und dem Pfalzer Wald Im Suden bis Sudosten ist die Verbreitung kontinuierlich im Thuringer Wald dem Erzgebirge dem Frankenwald dem Oberpfalzer Wald dem Bohmerwald und dem Bayerischen Wald sowie auf der Schwabischen Alb und im Schwarzwald Fur Osterreich und die Schweiz liegen ebenfalls zahlreiche Nachweise vor wobei die Nachweisdichte nach Ostfrankreich Italien Ungarn Rumanien Kroatien und der Balkanhalbinsel hin abnimmt 10 Das Osteuropaische Verbreitungsgebiet zieht sich uber die Ukraine sowie den Kaukasus bis in die angrenzenden Regionen Russlands Georgien Armenien Aserbaidschan Nachweise ostlich des Schwarzen Meeres sind allerdings selten 10 Lebensraum Bearbeiten Als Lebensraum bevorzugen Nordfledermause vor allem in Europa lockere Busch und Nadelwaldgebiete in Hohen von 200 bis uber 2 000 Metern Im Gebirge sind sie bis uber 2 290 Meter Hohe in den Alpen nachgewiesen Winterfunde in Hohlen lagen bis 2200 Meter Hohe 1 Die hochste bekannte Wochenstube lag ebenfalls in den Alpen in einer Hohe von 1660 Meter 1 Sie sind zudem an feuchtere Lebensraume und die Nahe von Gewassern gebunden Fur Sudthuringen wurde ein Abstand der Wochenstubenquartiere von 100 bis 500 Metern zum nachstgelegenen Fliessgewasser ermittelt und auch in anderen Gebieten wurden Flusse im Bereich der Quartiere als wichtige Bestandteile des Lebensraumes festgestellt 12 Hinzu kommt eine Bindung an menschliche Siedlungen da vor allem die Wochenstuben sehr haufig in Dachern beheizter Hauser gefunden werden 13 Obwohl die meisten Funde von Winterquartieren in abseits gelegenen Hohlen und Kellern gemacht werden ist anzunehmen dass ein grosser Teil der Fledermause moglicherweise an unzuganglichen Stellen in Wandverkleidungen und Dachern uberwintert 13 In Asien sind sie zudem in weitlaufigen Waldgebieten der Taiga und Steppen bis Wustengebieten sowie in Kulturland anzutreffen 11 Lebensweise Bearbeiten nbsp Nordfledermaus Eptesicus nilssonii Die Nordfledermaus ist vorwiegend nachtaktiv und fliegt kurz nach Sonnenuntergang zur Jagd aus 8 Dabei finden die Nahrungsfluge unregelmassig und witterungsabhangig vor allem bei mildem Wetter statt Im September bis Oktober werden sie seltener und zur Zeit des Winterschlafes vollstandig eingestellt 14 In der Regel verlassen die weiblichen Tiere die Quartiere etwa 40 Minuten nach Sonnenuntergang und kehren vor Sonnenaufgang zuruck Wahrend der Zeit der Trachtigkeit jagen sie vor allem kurz nach der Abenddammerung und kurz vor der Morgendammerung Bei Temperaturen unter 6 bis 7 C bleiben die Tiere wegen der Ineffizienz der Nahrungssuche in den Quartieren 14 Die ab April bezogenen Sommerquartiere und Wochenstuben befinden sich haufig an oder in mit Schiefer Holz und Blech gedeckten Hausern hinter Schornsteinen im Dachstuhl und hinter Fensterladen Die Fledermause ruhen tagsuber in Spalten an Gebauden und Felsen einzelne Tiere ruhen in Baumhohlen oder in Holzstapeln Als Ubergangsquartiere konnen zudem verlassene Bergwerksstollen und Hohlen genutzt werden vor allem von mannlichen Tieren 8 Ernahrung Bearbeiten Die Nahrung der Nordfledermaus besteht aus kleinen nacht und dammerungsaktiven Insekten mit einer Korpergrosse von zwei bis 20 Millimetern 15 wobei kleine Zweiflugler von drei bis 10 Millimeter den Hauptteil mit 30 bis 80 der Nahrung ausmachen Dabei handelt es sich vor allem um Mucken Nematocera vor allem Zuckmucken Chironomidae Daruber hinaus ernahren sich die Fledermause opportunistisch von weiteren fliegenden Insekten wie Kafern Coleoptera hauptsachlich Dungkafer Hautfluglern Hymenoptera hauptsachlich Ameisen Kocherfliegen Trichoptera Schnaken Tipulidae Fliegen Brachycera Schlammfliegen Sialidae Steinfliegen Plecoptera Schmetterlingen Lepidoptera und Ohrwurmern Dermaptera 15 Nach Braun 2003 erbeuten sie auch kleine Webspinnen Aranaea Weberknechten Opiliones und Wanzen 8 Nach Gerell amp Rydell 2011 werden alle Beutetiere im Flug gefangen und gefressen wobei viele Insekten mit wasserlebenden Larven nach dem Schlupf von der Wasseroberflache gefangen werden 15 Der Jagdflug der Tiere ist mit einer Geschwindigkeit von 5 bis 6 Meter pro Sekunde sehr schnell und erfolgt mit raschen Wendungen in Jagdpausen hangen sie sich an Aste 1 Die Fluge finden dabei in einer Hohe von 2 bis 50 in der Regel 5 bis 20 Metern statt Im Bereich von Baumen jagen die Tiere immer ein paar Meter von der Vegetation entfernt in Hohe der grossten Blattdichte bei etwa 5 bis 15 Metern in freiem Gelande und uber Gewassern jagen sie dagegen in 2 bis 5 Meter Hohe uber dem Boden Die Jagd kann bei dieser Art vor allem im Herbst und Fruhjahr auch haufig im Licht von Strassenlaternen oder an beleuchteten Hausflachen stattfinden wo sie vor allem Nachtschmetterlinge erbeutet 8 Vor allem Weibchen jagen haufig im Bereich der Wochenstuben in kleinen Gruppen in der Nahe des Quartiers und konnen diese auch gegenuber anderen Artgenossen verteidigen Trachtige Weibchen jagen etwa 150 Minuten pro Nacht saugende Weibchen direkt nach der Geburt etwa 130 Minuten und mehr mit zunehmender Saugezeit und bis 320 Minuten am Ende derselben 8 Fortpflanzung und Entwicklung Bearbeiten Kopulationen erfolgen wahrscheinlich im Herbst und Fruhwinter teilweise in den Winterquartieren 16 Wie bei anderen Fledermausen wird das Sperma von den Weibchen im weiblichen Genitaltrakt bis zur Ovulation und Befruchtung im Fruhjahr gespeichert 16 Die Wochenstuben der Weibchen werden etwa ab April gebildet und bestehen aus etwa 10 bis 100 durchschnittlich 75 Individuen Sie sind damit im Vergleich zu vielen anderen Fledermausarten sehr klein und bestehen dabei sowohl aus gebarenden wie auch nicht gebarenden Weibchen wahrend Mannchen fehlen 8 70 oder mehr der ausgewachsenen Weibchen kehren jahrlich in die gleiche Wochenstube zuruck die zugleich haufig auch die Wochenstube ihrer Geburt ist Dabei gebaren Weibchen in der Regel erst ab dem vierten Lebensjahr Eine Vermischung verschiedener Wochenstubengesellschaften kommt nicht vor allerdings wechseln die Weibchen wahrend der Jungenaufzucht die Quartiere ofters wobei sie die noch nicht flugfahigen Jungtiere transportieren 8 Typische Wochenstubenquartiere sind vor allem Dacher von beheizten Hausern 16 Die Geburtszeit ist regional unterschiedlich Wahrend die Jungtiere in Deutschland ab Mitte Juni zur Welt kommen finden die Geburten in Sudskandinavien gegen Ende Juni und weiter nordlich erst im Juli statt Dabei wird vermutet dass sich die Geburt verzogert wenn die Temperaturen wahrend der fruhen Tragzeit niedrig sind und die Weibchen entsprechend in einen Torpor verfallen In Skandinavien wird meistens ein Jungtier geboren in sudlicheren Regionen konnen Zwillingsgeburten haufiger vorkommen 8 Die Geburt dauert wenige Minuten in denen das Muttertier kopfunter hangt und die Schwanzflughaut zum Korper hin beugt 16 Die Jungtiere haben bei der Geburt eine Korperlange von 45 bis 48 Millimeter und eine Unterarmlange von 12 5 bis 14 Millimeter 8 Sie sind vollkommen nackt und die Augen sind geschlossen kurz nach der Geburt stossen sie bereits Rufe des Verlassenseins aus 16 Die Jungtiere sind in Schweden nach etwa 15 bis 17 Tagen und in Deutschland nach etwa drei Wochen selbststandig sodass die ersten Aus und Jagdfluge im Juli stattfinden Ab Ende Juli bis Anfang August losen sich die Wochenstuben auf wobei sich die Tiere danach in tiefer gelegene und nahrungsreichere Gebiete zuruckziehen 8 Die Geschlechtsreife erreichen die Weibchen nach etwa 2 bis 3 Jahren 17 Als dokumentiertes Hochstalter wird ein Alter von etwa 15 Jahren angegeben das durchschnittliche Hochstalter der Tiere liegt wahrscheinlich deutlich niedriger So wurde fur eine Kolonie in Sudthuringen eine mittlere Lebenserwartung der Weibchen von 2 25 Jahren ermittelt 8 Winterquartiere Bearbeiten Von Oktober bis Marz oder April halten die Tiere Winterschlaf wobei die Zeiten regional unterschiedlich sein konnen Sie verbringen den Winter in kleinen Gruppen oder als Einzeltier in Felsspalten Hohlen Kellern oder Stollen und schlafen an der Wand und Decke hangend in Spalten gezwangt oder am Boden Bei warmeren Temperaturen unterbrechen sie ihren Winterschlaf und verlassen das Quartier dabei konnen sie ihr Quartier auch wechseln Eine Vergesellschaftung mit Fledermausen anderer Arten kommt nur selten vor 8 Die Vorzugstemperatur der Winterquartiere liegt bei 1 bis 5 5 C darf kurzzeitig jedoch auch bis auf 5 5 bis 7 C fallen Die Art ist entsprechend witterungshart und kaltetolerant In Osterreich wurden sie unter anderem in echten Eishohlen gefunden und uberwinterten auch in nicht frostfreien Raumen Dabei wurden allerdings auch tote und in Eis eingeschlossene Tiere gefunden 8 Feinde und Parasiten Bearbeiten Zu den Fressfeinden der Nordfledermaus gehoren vor allem Eulenarten wie der Uhu Bubo bubo und der Waldkauz Strix aluco Greifvogel wie der Sperber Accipiter nisus und der Baumfalke Falco subbuteo sowie die Hauskatze 8 Als Parasiten wurden bei der Nordfledermaus sechs verschiedene Floharten der Gattung Ischnopsyllus sowie Myodopsylla trsellis dokumentiert Ausserdem ist die Nordfledermaus Wirt fur die Milben Spinturnix kolenatii Macronyssus flavus Neomyobia chiropteralis und Ichoronyssus biarcuatus Fledermausfliegen und Plattwanzen die bei anderen Fledermausarten haufig vorkommen wurden bei der Nordfledermaus nicht beschrieben Artspezifische Endoparasiten der Nordfledermaus sind nicht bekannt die dokumentierten Fadenwurmer entsprechen denen anderer Fledermausarten 8 Hinweise dass Nordfledermause Tollwut oder andere fur den Menschen gefahrliche Krankheiten ubertragen gibt es nicht 18 Fossilbefund BearbeitenWahrend die altesten Funde von Eptesicus Arten aus dem fruhen Pliozan stammen konnte die Nordfledermaus erstmals fur das fruhe bis mittlere Pleistozan nachgewiesen werden Dabei waren bis 1993 Fossilfunde von mindestens 17 Orten in Mitteleuropa bekannt vor allem von Hohlenfunden Fur Russland existieren Nachweise aus dem spaten Pleistozan und dem Holozan von der Krim aus Sibirien und Ostrussland 19 Fossilfunde in Mitteleuropa sind vor allem im spaten Pleistozan vor 600 000 bis 100 000 Jahren und im Holozan haufig wobei die Nordfledermaus in 40 der Fundorte nachgewiesen wurde Dies lasst darauf schliessen dass es zu dieser Zeit zu einer Verschiebung der Fledermausfauna Mitteleuropas zu nordlicheren Arten wie eben der Nordfledermaus kam Funde aus Belgien und dem nordlichen Bulgarien ebenfalls aus dem Pleistozan zeigen an dass die Art vor allem in Kaltzeiten auch in Gebieten vorkam in denen sie heute nicht mehr anzutreffen ist 19 20 Systematik BearbeitenDie wissenschaftliche Erstbeschreibung der Art erfolgte durch Alexander Keyserling und Johann Heinrich Blasius im Jahr 1839 als V esperugo nilssonii in einem Artikel zur Uebersicht der Gattungs und Artcharaktere der europaischen Fledermause Bereits 1836 beschrieb der schwedische Naturforscher Sven Nilsson die Art anhand eines in Norwegen gefangenen Tieres unter dem Namen Vespertilio kuhlii und ordnete sie damit der Weissrandfledermaus zu Nilsson legte dann 1838 eine weitere Beschreibung als Vespertilio borealis vor 21 Keyserling und Blasius nutzten die Nordfledermaus als Beispiel fur ihre Aussage dass wirklich neue Arten unter dem Namen von alteren wieder beschrieben werden 21 In ihrer Erstbeschreibung benannten sie die Fledermaus nach Nilsson mit dem Artnamen nilssonii Die erste Zuordnung zu der bereits 1820 von Constantine S Rafinesque Schmaltz beschriebenen Gattung Eptesicus unter dem heute anerkannten Namen Eptesicus nilssonii erfolgte durch den amerikanischen Zoologen Gerrit Smith Miller im Jahr 1907 22 nbsp Die nahe verwandte Breitflugelfledermaus Eptesicus serotinus Die Nordfledermaus wird gemeinsam mit der ebenfalls in Europa verbreiteten Breitflugelfledermaus Eptesicus serotinus der Gattung der Breitflugelfledermause Eptesicus zugeordnet die weltweit aus 32 rezenten Arten besteht Sie ist dabei sehr eng mit der Breitflugelfledermaus verwandt und konnte in Bezug auf diese Art auch paraphyletisch sein 23 Eine phylogenetische Untersuchung der Gattung liegt bisher nicht vor Es wurden zwei Unterarten beschrieben Dabei ist die Nominatform Eptesicus nilssonii nilssonii im grossten Teil des europaischen und asiatischen Verbreitungsgebietes anzutreffen wahrend Eptesicus nilssonii parvus nur in Nordkorea auf der Halbinsel Sachalin und der japanischen Insel Hokkaidō vorkommt 23 Rydell 1993 stellte die auf Honshu lebende und heute als eigene Art etablierte Japanische Breitflugelfledermaus Eptesicus japonensis als Unterart der Nordfledermaus auf erkannte jedoch Eptesicus nilssonii parvus nicht als Unterart an 22 Bedrohung und Schutz BearbeitenDie Art wird von der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources IUCN global aufgrund des grossen Verbreitungsgebietes und der Bestandsgrosse als nicht gefahrdet Least concern eingeschatzt 11 Ein Ruckgang des Bestandes und eine ernsthafte Bedrohung der Art sind nicht bekannt Gerell amp Rydell 2011 geben stattdessen an dass es Hinweise gibt dass die Art regional haufiger geworden ist 17 National und regional ist die Nordfledermaus in den meisten europaischen Staaten in Roten Listen gefahrdeter Arten gelistet und entsprechend uber die nationale Gesetzgebung geschutzt In Deutschland ist sie beispielsweise uber die Bundesartenschutzverordnung BArtSchV als besonders gefahrdete Art geschutzt Landerubergreifend erfolgt der Schutz uber die EU Artenschutzverordnung zudem besteht speziell bei Fledermausen das Abkommen zur Erhaltung der europaischen Fledermauspopulationen EUROBATS nach dem das absichtliche Fangen Halten und Toten von Fledermausen in den Vertragsstaaten gesetzlich verboten ist Ausserdem ist die Nordfledermaus im Anhang IV der europaischen Fauna Flora Habitat Richtlinie verzeichnet 11 Im Anhang IV der Fauna Flora Habitat Richtlinie sind von der EU Arten aufgelistet die besonderen Schutz auch ausserhalb von ausgewiesenen Schutzgebiete erhalten sollen 24 25 Die Arten in Anhang IV sind allein durch die Ausweisung von Schutzgebieten nicht effektiv schutzbar z B wegen verstreuter bzw unbestandiger Vorkommen spezieller oder besonders grossraumiger Habitatanspruche und Abhangigkeit von besonderen Landnutzungspraktiken Bei Arten wie der Nordfledermaus durfen ihre Lebensstatten hier Wochenstuben Nahrungsflachen und Winterquartiere nicht beeintrachtigt oder zerstort werden vollig unabhangig davon wo sie sich befinden Dies gilt also z B auch fur Wochenstuben in Bauwerken In der Praxis ist damit die Umsetzung von Bauvorhaben wie Strassenbau und andere Eingriffe auf Flachen die Lebensstatten sind unter Umstanden erheblich erschwert Zerstorungen von Lebensstatten die eine lokale Population bedrohen wurden sind rechtlich nur moglich wenn spezielle artenschutzrechtliche Ausgleichsmassnahmen sog CEF Massnahmen Continuous ecological functionality Measures Ubersetzung Massnahmen zur dauerhaften Sicherung der okologischen Funktion durchgefuhrt werden Im Unterschied zu normalen Kompensationsmassnahmen aufgrund der Eingriffsregelung im Naturschutzrecht ist hier der Nachweis des Erfolgs notwendig nicht wie bei anderen Eingriffen nur eine Erfolgs Prognose Die Kompensationsmassnahmen mussen also vor dem Eingriff z B der Baumassnahme durchgefuhrt werden Belege Bearbeiten a b c d e f g h i j k Schober amp Grimmberger 1998 S 160 162 a b c d e f g h i Rydell 1995 Abschnitt General Characters S 1 2 a b c d Braun 2003 Abschnitt Beschreibung S 507 509 a b Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Diagnose S 560 563 a b c d e f Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Beschreibung S 563 565 a b Rydell 1995 Abschnitt Diagnosis S 1 Rydell 1995 Abschnitt Genetics S 2 a b c d e f g h i j k l m n o p q r Braun 2003 Abschnitt Lebensweise S 512 516 a b c d Rydell 1995 Abschnitt Distribution S 2 a b c d e f g h i Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Beschreibung S 567 570 a b c d e Eptesicus nilssonii in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN 2011 Eingestellt von M Stubbe J Ariunbold V Buuveibaatar S Dorjderem Ts Monkhzul M Otgonbaatar M Tsogbadrakh A M Hutson F Spitzenberger S Aulagnier I Coroiu 2008 Abgerufen am 17 Dezember 2011 Braun 2003 Abschnitt Lebensraume S 511 512 a b Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Okologie S 571 573 a b Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Aktivitat S 575 576 a b c Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Nahrung S 573 a b c d e Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Fortpflanzung S 573 574 a b Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Populationsdynamik S 574 Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Parasiten S 574 575 a b Rydell 1995 Abschnitt Fossil Record S 2 Gerell amp Rydell 2011 Abschnitt Palaontologie S 571 a b Braun 2003 Abschnitt Namensgebung S 507 a b Rydell 1995 Abschnitt Context and Content S 1 a b Don E Wilson amp DeeAnn M Reeder Hrsg Eptesicus nilssonii Memento vom 18 April 2016 im Internet Archive in Mammal Species of the World A Taxonomic and Geographic Reference 3rd ed MUNLV 2007 Geschutzte Arten in Nordrhein Westfalen Dusseldorf Fauna Flora Habitatrichtlinie und Vogelschutzrichtlinie Gebiete und Arten in Deutschland Natura 2000 Liste der in Deutschland vorkommenden Arten des Anhangs IV und V der Fauna Flora HabitatrichtlinieLiteratur BearbeitenRune J Gerell Jens Rydell Eptesicus nilssonii Keyserling et Blasius 1839 Nordfledermaus In Franz Krapp Hrsg Die Fledermause Europas Erweiterte Sonderausgabe aus dem Handbuch der Saugetiere Europas AULA Verlag Wiebelsheim 2011 S 561 581 ISBN 978 3 89104 751 4 Jens Rydell Eptesicus nilssonii In Mammalian Species Band 430 1995 S 1 7 Volltext PDF 842 kB Monika Braun Nordfledermaus Eptesicus nilssonii Keyserling amp Blasius 1839 In Monika Braun Fritz Dieterlen Hrsg Die Saugetiere Baden Wurttembergs Band 1 Fledermause Chiroptera Verlag Eugen Ulmer Stuttgart 2003 S 507 516 ISBN 3 8001 3282 6 Wilfried Schober Eckhard Grimmberger Die Fledermause Europas Kennen bestimmen schutzen 2 aktualisierte Auflage Franckh Kosmos Verlags GmbH Stuttgart 1998 S 160 162 ISBN 3 440 07597 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Eptesicus nilssonii Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eptesicus nilssonii in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN 2011 Eingestellt von M Stubbe J Ariunbold V Buuveibaatar S Dorjderem Ts Monkhzul M Otgonbaatar M Tsogbadrakh A M Hutson F Spitzenberger S Aulagnier I Coroiu 2008 Abgerufen am 17 Dezember 2011 nbsp Dieser Artikel wurde am 13 Marz 2012 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nordfledermaus amp oldid 235191923