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Die negative Theologie altgriechisch 8eologia ἀpofatikh theologia apophatikḗ lateinisch theologia negativa ist ein aus dem Platonismus stammendes Verfahren bei Aussagen uber Gott bzw uber das Eine als erstes Prinzip der Metaphysik Dabei wird das Denken und Reden uber Gott beschrankt indem alle positiven Aussagen konsequent als unsicher kritisiert und verworfen werden Nur negative Aussagen konnen als wahr betrachtet werden z B der un endliche Gott Die Begriffe positiv und negativ sind dabei nicht in einem wertenden Sinn gemeint Als positiv gelten alle Aussagen mit denen das Wesen Gottes bestimmt werden soll indem festgestellt wird was er ist Dies geschieht indem ihm bestimmte Eigenschaften wie beispielsweise Gute oder Weisheit zugeschrieben werden oder indem er mit diesen Eigenschaften identifiziert wird z B Gott ist gut oder Gott ist das Gute Dabei werden Vorstellungen die aus dem Bereich menschlicher Erfahrung stammen auf Gott ubertragen Die negative Theologie lehnt eine solche Vorgehensweise ab und begrundet dies mit der Behauptung es sei prinzipiell unmoglich bei positiven Aussagen Gottes absolute Transzendenz angemessen zu berucksichtigen Die Unangemessenheit menschlicher Vorstellungen und die Unwahrheit der auf ihnen basierenden Aussagen uber Gott sei das einzige was bezuglich Gott als zutreffend bestimmt werden konne Somit seien nur negative Aussagen also Verneinungen positiver Aussagen legitim Die systematische Beseitigung der irrigen positiven Vorstellungen sei eine unerlassliche Voraussetzung fur ein wirklichkeitsgemasses Verhaltnis des Menschen zu Gott Die Verneinung positiver Bestimmungen ist nicht als Bejahung von ihnen entgegengesetzten Bestimmungen zu verstehen Die Aussage Gott konne nicht als gut bezeichnet werden bedeutet nicht dass er als schlecht bezeichnet wird Vielmehr lehrt die negative Theologie Begriffe wie gut und schlecht seien auf Gott nicht anwendbar Inhaltsverzeichnis 1 Antike 1 1 Platon 1 2 Mittelplatoniker 1 3 Neuplatoniker 1 4 Kirchenvater 1 4 1 Fruhe Kirchenvater 1 4 2 Spatantike Kirchenvater 1 4 3 Pseudo Dionysius 2 Mittelalter 2 1 Eriugena 2 2 Meister Eckhart 2 3 Nikolaus von Kues 2 4 Orthodoxe Theologie 3 Fruhe Neuzeit 4 Moderne 5 Daoismus 6 Literatur 7 Weblinks 8 AnmerkungenAntike BearbeitenPlaton Bearbeiten Den Ausgangspunkt fur die negative Theologie bilden Bemerkungen Platons uber die Unsagbarkeit des Hochsten Im Dialog Politeia weist er der Idee des Guten den hochsten Rang zu denn das Gute uberrage das Sein und alle anderen Bestimmungen wie Erkenntnis und Wahrheit Er meint das Gute als Idee sei die Ursache der erkennbaren Wahrheit in den erkennbaren Dingen und daher ontologisch der Wahrheit der Erkenntnis und allen anderen Ideen ubergeordnet Als Ursache des Seins der Dinge sei das Gute selbst nicht das Sein sondern uberrage das Sein an Wurde und Kraft 1 Im Dialog Timaios schreibt Platon es sei schwer den Urheber und Vater des Weltalls aufzufinden und es sei unmoglich ihn allen zu verkunden wenn man ihn gefunden hat 2 Im Dialog Kratylos lasst Platon Sokrates feststellen dass wir namlich von den Gottern nichts wissen weder von ihnen selbst noch von ihren Namen wie sie sich untereinander nennen 3 Im Siebten Brief kritisiert er die schriftliche Verbreitung von Lehren uber das Erste und Hochste in der Natur und stellt fest wer wirklich etwas davon verstanden habe der scheue davor zuruck es schriftlich zu fixieren solches Wissen lasse sich in keiner Weise wie andere Kenntnisse in Worte fassen 4 Grundlegend fur die Auseinandersetzung der antiken Platoniker mit der Problematik der absoluten Transzendenz des ersten Prinzips des Urgrunds aller Dinge sind Uberlegungen die Platon im Dialog Parmenides anstellt Die Argumentation im Parmenides wird zum Ausgangspunkt fur die Ausformung einer platonischen Metaphysik des uberseienden ontologisch uber allem Seienden stehenden Einen das sich in die Welt der seienden Dinge entfaltet Schon Platons Schuler Speusippos greift den Grundsatz der begrifflichen Negativitat des uberseienden Einen auf 5 Mittelplatoniker Bearbeiten Der judische Philosoph Philon von Alexandria 1 Jahrhundert der platonische Philosophie mit judischer Theologie verbindet betont die Unbegreiflichkeit Gottes 6 Er stellt fest man sei wenn man Gott finden will auf der Suche nach etwas schwer Erreichbarem das immer zuruckweicht und in der Ferne stehen bleibt und mit einem unendlichen dazwischenliegenden Abstand vor den Verfolgern hereilt Daher musse der menschliche Geist in unermesslichen Abstanden hinter der Erfassung des Urgrundes zuruckbleiben 7 Allerdings nimmt Philon im Gegensatz zu Platon an dass man vom ersten Prinzip das er mit dem Gott der judischen Religion gleichsetzt das Sein aussagen konne Gott habe sich im Tanach als der Seiende geoffenbart Philon meint Gott bestimmte Eigenschaften beizulegen sei unzulassig man konne nicht sagen was er sei sondern nur dass er existiere und seine Existenz frei von allen Eigenschaften sei Gott sei nicht benennbar sprachlich nicht fassbar Im Mittelplatonismus werden Platons Hinweise auf die Transzendenz des ersten Prinzips aufgegriffen Der Philosoph Alkinoos schreibt in seinem Lehrbuch Didaskalikos Gott sei unaussprechlich arrhetos Erlauternd bemerkt Alkinoos Gott komme nichts zu weder Schlechtes noch Gutes Ware er gut so hatte er Anteil am Guten dann ware das Gute ein ihm ubergeordnetes Prinzip Weder komme ihm eine Beschaffenheit zu sonst ware sie ihm von ihrer Quelle verliehen worden noch Nichtbeschaffenheit sonst hatte er einen Mangel an Beschaffenheit und bedurfte der Vervollkommnung Er sei weder ein Teil von etwas noch wie ein Ganzes das Teile hat weder bewege er noch werde er bewegt 8 Auch der Mittelplatoniker Numenios schlagt den Weg der Verneinung ein Er umschreibt das erste Prinzip das er wie Platon das Gute nennt mit negativen Ausdrucken Nach seiner Uberzeugung ist es dort zu finden wo eine unaussprechliche und unbeschreibliche Einsamkeit herrscht 9 Der Mittelplatoniker Kelsos bezeichnet mit Berufung auf Platons Timaios das Erste als unnennbar Trotz dieser Begrenztheit der sprachlichen Moglichkeiten ist Kelsos der Ansicht Gott entziehe sich dem menschlichen Verstand nicht ganzlich Von dem was sonst unsagbar bleibe konne man auf drei Wegen eine gewisse Vorstellung gewinnen durch Zusammenstellung mit anderen Dingen oder durch die Unterscheidung von ihnen oder durch einen Vergleich mit ihnen 10 Mit dem an zweiter Stelle genannten Weg meint er die negative Theologie Kelsos christlicher Kritiker Origenes wirft ihm vor er habe uber das Hochste nur in leeren Verneinungen gesprochen 11 Neuplatoniker Bearbeiten Im 3 Jahrhundert nennt Plotin der Begrunder des Neuplatonismus das von Platon als das Gute bezeichnete ontologisch Hochste das Eine griechisch tὸ ἕn to hen Damit druckt er aus dass es das schlechthin Einfache ist Das Eine enthalt als ausserster Gegensatz zum Differenzierten und Mannigfaltigen keine Unterscheidung weder eine Zweiheit noch sonstige Pluralitat Es ist wie Platons Gutes der Ursprung und Existenzgrund aller Dinge und als solcher das Hochste was es geben kann Somit ware in einem religiosen Kontext das Eine Plotins mit Gott bzw in einer polytheistischen Religion mit der obersten Gottheit gleichzusetzen Eine solche Bestimmung ist aber aus neuplatonischer Sicht problematisch da sie zur Konsequenz haben kann dass dem Hochsten Merkmale zugeschrieben werden die als gottlich gelten etwa indem es als gut bezeichnet bzw mit dem Guten identifiziert wird Auf diesem Weg wurde ein Unterschied und damit eine Nicht Einheit in das absolut undifferenzierte Eine hineingetragen so dass es nicht mehr das Eine ware Daher ist fur Plotin nicht einmal die von Platon vorgenommene Gleichsetzung des Guten mit dem Hochsten dem ersten Prinzip angemessen Nur aus der menschlichen Perspektive erscheint das Eine als etwas Hoheres Erstrebenswertes und damit Gutes aber fur sich selbst ist es nicht gut In der neuplatonischen Philosophie ist das Eine weder gut noch schlecht und wie schon bei Platon weder seiend noch nichtseiend sondern jenseits von beidem Es ist eigentlich nicht denn das Sein als Gegenteil des Nichtseins oder das vollkommene Sein im Gegensatz zu einem geminderten Sein setzt bereits eine Unterscheidung voraus und damit etwas was dem Einen nachgeordnet ist Genau genommen ist auch die Bestimmung des Einen als Eines als einfach oder einheitlich im Sinne eines Gegensatzes zur Pluralitat eine Verkennung seiner wahren gegensatzfreien Natur uber die paradoxerweise uberhaupt keine zutreffende Aussage moglich ist Das Eine ist unsagbar ἄrrhton arrheton 12 Zwar macht Plotin dennoch Aussagen uber das Eine doch pflegt er solche Feststellungen mit Einschrankungen wie gleichsam gewissermassen hoion zu versehen Damit stellt er klar dass die verwendeten Begriffe hier nicht in ihrer gewohnlichen Bedeutung gemeint sind sondern nur etwas eigentlich nicht verbal Ausdruckbares andeuten sollen Das Eine bleibt einem verstandesmassigen diskursiven Begreifen prinzipiell entzogen Der spatantike Neuplatoniker Proklos ist der erste Autor der die Begriffe Negation apophasis und Theologie verbindet Er verwendet den Ausdruck tropos tes aphaireseōs Vorgehensweise des Entfernens die Bestimmungen mussen auf dem Weg zum Einen entfernt werden 13 In seinem Kommentar zu Platons Parmenides empfiehlt er nach Platons Vorbild bei den Negationen zu bleiben und durch sie das erhabene Ubermass des Einen zu zeigen Durch die Negationen kann ein theologischer Hymnus auf das Eine emporgesandt werden 14 Die Funktion aller positiven Ausdrucke besteht darin dass sie als Hinzufugungen die Merkmale eines geformten Etwas angeben sollen Daher greifen sie ins Leere wenn sie auf das formlose Erste und Eine angewendet werden Da das Eine jedem Gegensatz entzogen ist ist es auch nicht als Zusammenfall der Gegensatze zu begreifen 15 Proklos legt eine negative Dialektik vor die er insbesondere anhand der Parmenides Auslegung als Methode des metaphysischen Philosophierens prasentiert und einubt Sie wird fur die mittelalterliche negative Theologie wegweisend 16 Nicht nur auf das Eine als erstes Prinzip wendet Proklos den Ansatz der negativen Theologie an sondern auch auf das zweite Prinzip den Nous der als rein geistige Sphare den obersten Bereich der intelligiblen Welt und der seienden Dinge bildet Er bestreitet dass das diskursive Denken mit seinen positiven Aussagen den Nous angemessen erfassen und beschreiben kann Daher ist fur Proklos nicht nur hinsichtlich des Einen sondern auch hinsichtlich des Nous ein schweigendes Betrachten die uberlegene Herangehensweise 17 Dennoch wird vom Einen gesprochen den Grund dafur sieht Proklos im naturlichen Streben der Seele zum Einen hin 18 Kirchenvater Bearbeiten Nach dem Verstandnis der antiken Kirchenvater die stark vom Platonismus beeinflusst waren umfasst der Gott der christlichen Theologie in sich sowohl das absolut transzendente Eine der Neuplatoniker als auch den Nous oder Demiurgen Weltschopfer dem die sinnlich wahrnehmbare Welt ihre Existenz verdankt Die platonische Skepsis hinsichtlich der Berechtigung positiver Aussagen uber die Gottheit betraf somit auch christliche Gottesvorstellungen Ansatzpunkte fur solche Skepsis und fur den Gedanken der Unsagbarkeit Gottes fanden die Kirchenvater auch in einzelnen biblischen Aussagen Zu den einschlagig relevanten Stellen gehoren diejenigen welche die Einzigartigkeit Gottes betonen und ihn scharf von allem Aussergottlichen abgrenzen Exodus 20 3 5 Deuteronomium 5 7 9 sowie die Rede auf dem Areopag des Apostels Paulus wo der unbekannte Gott als der wahre Schopfer verkundet wird der sich von den scheinbar bekannten Gottern der Griechen fundamental unterscheide und nicht so wie sie verehrt werden solle 19 Auch neutestamentliche Aussagen wie Niemand hat Gott je gesehen Johannes 1 18 und der im unzuganglichen Lichte wohnt den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann 1 Timotheus 6 16 heben die Transzendenz Gottes hervor Fruhe Kirchenvater Bearbeiten Bei den Theologen der fruhen patristischen Zeit fand der Ansatz der negativen Theologie viel Anklang Sie nutzten ihn insbesondere in der Auseinandersetzung mit anthropomorphen das Gottliche vermenschlichenden Vorstellungen ihrer paganen Umwelt Schon im 2 Jahrhundert vertrat Justin der Martyrer die Ansicht Gott sei unaussprechlich seine Existenz sei zwar erkennbar nicht aber sein Wesen Bezeichnungen wie Vater Schopfer und Herr und sogar das Wort Gott seien nicht wirklich angemessen sie seien nur aus einer begrenzten menschlichen Perspektive sinnvoll und konnten uber den grenzenlosen Gott an sich nichts Gultiges aussagen Man durfe Gott auch keinen Namen beilegen da ein Namensgeber vor dem Benannten da sein musse und weil Namen der Unterscheidung dienten Gott aber einzigartig sei und ihm daher kein Unterscheidungsmerkmal zukomme 20 Mit diesen Uberlegungen folgt Justin platonischen Gedankengangen In der Folgezeit gaben Clemens von Alexandria und Origenes der Entwicklung der negativen Theologie entscheidende Impulse wobei sie an Philons Lehre von der Unerkennbarkeit Gottes anknupften Wie schon Justin der Martyrer meinte Clemens Gottes Existenz sei zwar fur den menschlichen Verstand durch Folgerungen aus der wahrnehmbaren Schopfung erschliessbar sein Wesen jedoch sei gedanklich nicht zu erfassen und somit auch nicht mit Worten ausdruckbar Er sei unzuganglich und unaussprechlich gestalt und namenlos Auch Begriffe wie das Gute oder Sein seien nur begrenzt hilfreich und nicht im eigentlichen Sinne anwendbar Die Bestimmungen die Gott beigelegt werden seien nur im Sinne von Analogien zu Bekanntem berechtigt wirkliche Kenntnis konnten sie nicht vermitteln Wahre Einsicht ergebe sich fur den der erkennt was Gott nicht ist Dennoch verwirft Clemens positive Aussagen nicht ganzlich sondern billigt ihnen einen gewissen Wert im Rahmen der Beschrankungen denen menschliche Erkenntnisbemuhungen unterliegen zu Ausserdem glaubt er Christus sei nicht im selben Masse unerkennbar wie Gottvater sondern konne hinsichtlich bestimmter Aspekte erkannt werden Dadurch wird die negative Theologie bei Clemens eingeschrankt 21 Fur Origenes ergibt sich die Unbegreiflichkeit Gottes aus seiner Unkorperlichkeit Gottes Natur ist fur den menschlichen Verstand der von seinen Erfahrungen mit Sinneswahrnehmungen ausgeht unerreichbar Nur aus seinen Werken kann Gott hinsichtlich bestimmter Aspekte seines Daseins erkannt werden Namen konnen das eigentliche Wesen Gottes nicht ausdrucken Sie sind aber beschrankt legitim insoweit sie nur andeuten Bibelstellen wo Gott als Feuer oder Licht beschrieben wird sind als Metaphern zu interpretieren Allerdings halt Origenes die menschliche Unwissenheit hinsichtlich der gottlichen Geheimnisse nicht fur absolut Er meint sie werde im Verlauf der Heilsgeschichte beseitigt 22 Spatantike Kirchenvater Bearbeiten Auch in der Spatantike betonten kirchliche Autoren die Unerkennbarkeit von Gottes Wesen Im 4 Jahrhundert ging es dabei insbesondere um die Abwehr einer Lehre des arianischen Theologen Eunomius der eine uneingeschrankte Erkennbarkeit Gottes durch den menschlichen Geist annahm Eunomius dachte ebenso wie seine Gegner neuplatonisch zugleich nutzte er die Mittel der aristotelischen Logik Er lehrte Gott habe einen bestimmten allerdings nur eine negative Bestimmung beinhaltenden Namen durch den sein Wesen vollkommen ausgedruckt und erfasst werden konne namlich agennetos ungezeugt ursprungslos Die Hauptgegner seiner Theologie waren die kappadokischen Kirchenvater Basilius der Grosse Gregor von Nyssa und Gregor von Nazianz Basilius unterschied zwischen Gottes erkennbaren Wirkweisen Energien und seinem prinzipiell unerkennbaren Wesen Gregor von Nyssa pflichtete ihm bei und entwickelte eine Theorie der menschlichen Sprache um einsichtig zu machen dass Gott nicht mit sprachlichen Mitteln erfasst werden kann sondern unsagbar ist Gregor von Nazianz wies auf die Unzulanglichkeit des menschlichen Verstandes hin wobei er sich hinsichtlich der Problematik der Gotteserkenntnis und des Redens uber Gott auf Platon berief 23 Auch andere Kirchenvater unter ihnen Johannes Chrysostomos und im lateinischsprachigen Westen Augustinus setzten sich mit der Frage nach Moglichkeiten und Grenzen der Gotteserkenntnis auseinander und lehrten Gott sei unaussprechlich sein Wesen griechisch ousia lateinisch substantia oder essentia sei mit Worten nicht ausdruckbar Pseudo Dionysius Bearbeiten Das am ausfuhrlichsten ausgearbeitete und am starksten nachwirkende patristische Konzept der negativen Theologie ist dasjenige eines unbekannten spatantiken Autors der sich Dionysius nannte und im Mittelalter mit Dionysius Areopagita einem in der Apostelgeschichte erwahnten Schuler des Apostels Paulus identifiziert wurde Heute wird er als Pseudo Dionysius bezeichnet Pseudo Dionysius der seine Werke in griechischer Sprache verfasst hat ubernimmt manche Begriffe und Gedanken von dem Neuplatoniker Proklos An die Stelle des neuplatonischen Modells der Emanation des stufenweisen Hervorgangs der Welt aus der ersten Ursache tritt bei ihm ein christliches Schopfungsmodell in welchem zwar ebenfalls eine hierarchische Stufenordnung gegeben ist aber die Gesamtheit des Geschaffenen unmittelbar auf den unergrundlichen Schopfer zuruckgeht Pseudo Dionysius erortert die Unterschiede zwischen der positiven kataphatischen und der negativen apophatischen Theologie Er geht von einer Untersuchung der einzelnen Namen und Attribute Gottes aus die aus der Offenbarung und der auf ihr fussenden positiven Theologie bekannt sind Auf dem Weg der Kausalitat via causalitatis schliesst die positive Theologie aus positiven Eigenschaften von Geschaffenem wie Gute oder Weisheit auf Entsprechendes in der Ursache des Geschaffenen Da der Schopfer dem Geschaffenen diese Eigenschaften verliehen hat muss er sie selbst besitzen denn er kann nicht weniger sein als das von ihm Verursachte Auf dem Weg der Verneinung lateinisch via negationis gelangt Pseudo Dionysius jedoch zum Ergebnis dass diese Namen und Bezeichnungen Gott nicht wirklich zukommen konnen da sie seiner Transzendenz nicht gerecht werden Da sie keine gultigen Aussagen uber sein Wesen sind mussen sie negiert werden In diesem Sinne bezeichnet Pseudo Dionysius Verneinungen als wahr Bejahungen als unangemessen Aber auch die Negationen erweisen sich als nicht wirklich zutreffend da sie ebenfalls unzulanglich sind mussen auch sie verneint werden Dies bedeutet jedoch nicht eine Ruckkehr zu positiven Aussagen sondern eine Hinwendung zu Uber Aussagen mit dem Prafix uber griechisch hyper lateinisch super etwa uberseiend oder ubergut Letztlich sind aber auch die Uber Aussagen nur Hilfsmittel und nicht Tatsachenbehauptungen uber das Wesen Gottes Erst durch die letzte Negation mit der man jede Art von Bestimmungen ubersteigt wird in der Annaherung an die gottliche Wirklichkeit der entscheidende Schritt getan Die Namenlosigkeit wird mit dem unaussprechlichen Namen identifiziert welcher der Grund aller Namen und Benennungen ist und als solcher alle Namen vereinigt Somit fuhrt die Vollendung der Entleerung zur vollendeten Fulle absolute Leere und absolute Fulle erweisen sich als identisch Die positiven Aussagen der Offenbarung bleiben bei Pseudo Dionysius als wahr anerkannt doch beziehen sie sich nicht auf Gottes Wesen sondern nur auf seine Wirkung Ausserdem sind sie der notwendige Anfangsbestandteil eines Erkenntnisprozesses der in seinem spateren Verlauf ein Weg vom Bewirkten zur Ursache von der Vielheit zum Einen ist 24 Die positive Theologie ist ein Weg des Abstiegs der von dem was Gott am ahnlichsten ist Begriffe wie das Hohe das Erste das Uberragende abwarts fuhrt zu dem was Gott am fremdesten ist und doch einen Teil seiner Schopfung bildet Unbelebtes und Untugend Die negative Theologie beginnt mit dem Letzten und Untersten unbelebter Materie und den niederen Gemutsbewegungen indem sie es bezuglich Gott negiert und schreitet dann aufwarts indem sie alle Worte und Namen bis hin zu den hochstrangigen Begriffen wie Leben und Gutheit als Aussagen uber Gott verwirft 25 Durch diesen schrittweisen Vollzug der Negationen vollbringt die Seele einen Aufstieg der sie von der vertrauten Gedankenwelt abbringt und so zu Gott hinfuhrt Der nach Erkenntnis Strebende gelangt zur Einsicht in sein eigenes Nichtwissen und Nichterkennen die negative Theologie fuhrt ihn zur Wortlosigkeit und damit zum Schweigen Seine Bemuhungen mittels der auf Sinneswahrnehmungen fussenden Vorstellungen und davon ausgehenden diskursiven Denkprozesse ans Ziel zu gelangen sind gescheitert Solches Scheitern erweist sich als Voraussetzung dafur dass er eine authentische Beziehung zu Gott erlangt 26 Die letzte Phase des Aufstiegs in der die konsequent voranschreitende negative Theologie ihre eigenen verneinenden Aussagen aufhebt und dadurch ubersteigt wird spater in der lateinischen theologischen Terminologie als Weg des Uberstiegs via eminentiae bezeichnet Mittelalter BearbeitenIm Mittelalter wurde das von Pseudo Dionysius dargelegte Konzept der negativen Theologie sowohl von westlichen lateinischsprachigen als auch von ostlichen griechischsprachigen Theologen rezipiert Im Westen wurde es ebenso wie im Osten als fester Bestandteil der kirchlichen Lehre etabliert Im Jahr 1215 legte das Vierte Laterankonzil fest es konne zwischen Schopfer und Geschopf keine Ahnlichkeit festgestellt werden ohne dass eine noch grossere Unahnlichkeit zwischen ihnen anzugeben ware 27 Eriugena Bearbeiten Im 9 Jahrhundert gelangte eine Handschrift des Corpus Dionysiacum gesammelte Werke des Pseudo Dionysius ins Frankische Reich Der irische Gelehrte Johannes Scottus Eriugena ubersetzte das Corpus ins Lateinische und schrieb einen Kommentar zu Pseudo Dionysius Schrift Uber die himmlische Hierarchie Er fertigte auch lateinische Ubersetzungen der Hauptwerke von Maximus Confessor an In seinem eigenen Hauptwerk der Schrift Periphyseon Uber Naturen setzte er sich mit der Problematik der positiven und negativen Theologie auseinander Zur Verbreitung des Gedankenguts der negativen Theologie im Mittelalter leistete er einen wesentlichen Beitrag Auf Eriugena geht der lateinische Begriff theologia negativa und die einschlagige lateinische Terminologie zuruck 28 Eriugena betont dass positive und negative Theologie einander nur scheinbar entgegengesetzt seien Nach seiner Auffassung stimmen sie vielmehr in allem uberein Die positive Theologie bekleidet die nackte gottliche Wesenheit essentia mit Aussagen wie Gott ist die Wahrheit die metaphorisch zu verstehen sind Die negative Theologie zieht der Gottheit dieses Kleid in einem logischen Prozess wieder aus Damit widerspricht sie aber nicht der positiven Theologie denn sie berucksichtigt deren metaphorische Redeweise Die positive Theologie behauptet nicht So ist Gott sondern nur So kann Gott genannt werden Die Entkleidung welche die negative Theologie vollzieht fuhrt zur Einsicht dass Gott kein Etwas ist daher kann er unter diesem Gesichtspunkt ein Nichts genannt werden Da er kein Etwas ist gibt es keine positive Antwort auf die Frage was er ist quid est Somit weiss auch Gott selbst nicht was er ist nicht einmal er selbst begreift sein Wesen im Sinne des Erfassens von etwas Bestimmtem Sein gottliches Nichtwissen ignorantia ist hochste Weisheit 29 Im Rahmen dieses theologischen Konzepts deutet Eriugena die christliche Lehre von der Erschaffung der Welt aus dem Nichts creatio ex nihilo Fur ihn kann diese Aussage uber die Schopfung nicht zeitlich zu verstehen sein in dem Sinne dass es vor der Schopfung den Schopfer und ein Nichts gab und aus diesem Nichts dann zu einer bestimmten Zeit die Welt wurde Sie kann auch nicht raumlich und materiell gemeint sein in dem Sinne dass ausserhalb des Schopfers schon ein Raum und ein als Substrat aufzufassendes Nichts vorhanden waren und die Schopfung dann eine Einwirkung auf diesen Raum und dieses Substrat war Solche Vorstellungen setzen voraus dass Gott zu einem Zeitpunkt erschaffen will nachdem er dies zuvor nicht wollte Das wurde bedeuten dass Gott etwas Akzidentelles widerfahrt und bei ihm eine Veranderung herbeifuhrt was fur Eriugena absurd ist Daher identifiziert der irische Denker wie schon Gregor von Nyssa das Nichts aus dem Gott die Welt uberzeitlich erschafft mit dem Nichts das Gott selbst ist Eine zeitliche Prioritat des Schopfers gegenuber der Schopfung lehnt Eriugena ab 30 Meister Eckhart Bearbeiten Meister Eckhart legt seine negative Theologie insbesondere in seinem Kommentar zum biblischen Buch Exodus vor Er will dort zeigen wie die Vernunft auf dem Weg der Verneinung fortschreitet und wie sie zur Einsicht in Gottes Einheit gelangt Dabei knupft er an den Fuhrer der Unschlussigen des Philosophen Maimonides 12 Jahrhundert an Im Sinne der traditionellen negativen Theologie erklart Eckhart dass alle Bejahungen oder positiven Attribute Gott in keiner Weise zukommen Sie sind unzutreffend und nichtig auch wenn es sich aus menschlicher Sicht um Vollkommenheiten handelt beispielsweise Macht Weisheit oder Leben Negative Aussagen hingegen sind angemessen insoweit sie zu einer Reinigung des auf Gott gerichteten Denkens fuhren Im Gegensatz zu positiven Aussagen beanspruchen sie nicht mehr als sie tatsachlich leisten Die Aussage dass Gott eins ist ist zulassig insoweit sie nur eine Verneinung von Heterogenitat oder Teilbarkeit ist Eine positive Aussage kann eine Definition sein oder ein Akzidens oder eine Relation betreffen oder sich auf Wirkungen beziehen Eckhart legt dar warum hinsichtlich des Wesens Gottes keine dieser Aussagearten in Betracht kommen kann Eckhart bleibt jedoch bei der Feststellung der Uberlegenheit des Wegs der Verneinung nicht stehen sondern unterwirft auch ihn der Kritik Positive Aussagen mussen unter dem Gesichtspunkt der Reinheit puritas ausgeschlossen werden da sie Gott mit etwas Geschaffenem in Bezug setzen und so eine von vornherein verunreinigte Gottesvorstellung erzeugen negative Aussagen sind unter dem Gesichtspunkt der Fulle plenitudo unzutreffend insoweit sie etwas ausschliessen obwohl das Gottliche nichts verneint und ausschliesst Somit erweist sich fur Eckhart sowohl der positive als auch der negative Weg als unzulanglich beide nehmen Begrenzungen vor die mit dem allumfassenden und undifferenzierten Charakter der Gottheit unvereinbar sind Uber die Gottheit kann weder positiv noch negativ etwas Bestimmtes ausgesagt werden da sie sich jenseits jeglicher Differenzierung befindet Sie ist weiselos ohne Eigenschaften durch die sie definiert werden konnte ist ein grundloser Grund und eine stille Wuste eine einfaltige Stille 31 Da Gott keine Begrenzungen aufweist gibt es nichts was er nicht ist somit ist er ein Verneinen des Verneinens 32 Nikolaus von Kues Bearbeiten Im 15 Jahrhundert greift Nikolaus von Kues die negative Theologie auf Er wendet sie auf das unendliche Maximum Gott an das keinen Gegensatz hat und nach der Lehre vom Zusammenfall der Gegensatze mit dem Allerkleinsten dem Minimum zusammenfallt Dabei sucht er einen Ausweg aus dem Dilemma das sich daraus ergibt dass die negative Theologie einerseits die Fragwurdigkeit der positiven aufzeigt andererseits aber indem sie konsequent alle positiven Bestimmungen beseitigt zum radikal Unbestimmten fuhrt Die negative Theologie zeigt dass das Wesen des Maximums unzuganglich bleiben muss Nur die Notwendigkeit seiner Existenz ist beweisbar Vollkommene Wahrheit ist schon im Bereich der Sinnesobjekte unerreichbar weil Wissen auf Vergleichen beruht der standige Wandel der sinnlich wahrnehmbaren Dinge aber einen exakten Vergleich zwischen ihnen ausschliesst Erst recht ist das unendliche Maximum mit keinem der endlichen Dinge vergleichbar Daher bleibt es menschlicher Erkenntnis entzogen Wer dies einsieht erkennt sein Nichtwissen und kommt der Wahrheit dadurch naher Er kann sie zwar nicht erreichen aber beruhren Die Rolle welche die negative Theologie dabei zu spielen hat ist fur Nikolaus eine andere als fur die altere auf der Lehre des Pseudo Dionysius fussende Tradition Er billigt der negativen Theologie keinen Vorrang gegenuber der positiven zu und betrachtet die positive nicht als blosse Propadeutik der negativen Vielmehr sieht er in diesen beiden Herangehensweisen ein Paar von gleichrangigen Gegenpolen Wenn diese beiden Gegenpole nicht nur nebeneinander bestehen sondern ihr Zusammenfall zu einer Einheit verstanden und so der Widerspruch uberwunden wird kann das Unsagbare beruhrt werden 33 Orthodoxe Theologie Bearbeiten Im Ostromischen bzw Byzantinischen Reich fand das Konzept der negativen Theologie einen starkeren Widerhall als im Westen Der Theologe Maximus Confessor griff im 7 Jahrhundert die Lehre des Pseudo Dionysius auf Die Uberzeugung dass Gottes Wesen prinzipiell unerkennbar sei wurde zu einem Kernbestandteil der orthodoxen Theologie Ihre definitive Ausformung erhielt die orthodoxe Auffassung im Palamismus der im 14 Jahrhundert von dem Theologen Gregorios Palamas formulierten Lehre die bis heute die offizielle Position der Griechisch Orthodoxen Kirche ist Der Palamismus unterscheidet zwischen Gottes prinzipiell fur die Geschopfe unzuganglichem Wesen griechisch oὐsia ousia und seinen Wirkkraften griechisch ἐnergeiai energeiai mit denen er sich zu erkennen gibt Seinem Wesen nach bleibt Gott selbst wenn er sich willentlich dem Nichtgottlichen zuwendet immer von seiner eigenen Zuwendung getrennt und unerkennbar In seinen Wirkkraften kann man ihn jedoch erkennen und im ungeschaffenen Taborlicht das zu den Wirkkraften gehort lasst sich eine Gotteserfahrung erleben Der Unterschied zwischen Wesen und Wirkkraften ist zwar real also nicht ein blosses gedankliches Konstrukt von Menschen aber bei den Wirkkraften handelt es sich fur Palamas nicht um eine ontologisch eigenstandige neben dem Wesen existierende Realitat was mit der Einheit und Unteilbarkeit Gottes unvereinbar ware sondern die Wirkkrafte sind ebenso Gott wie das Wesen Gott ist Da sie Gott sind sind sie ungeschaffen Gott ist in jeder seiner Wirkkrafte vollstandig prasent Somit sind die Wirkkrafte Gott unter dem Aspekt seiner Erkennbarkeit und Selbstoffenbarung das Wesen ist Gott unter dem Aspekt seiner prinzipiellen Unerkennbarkeit Die negative Theologie wird einerseits bekraftigt andererseits zugleich aufgehoben 34 Der theologische Hauptgegner des Palamismus Barlaam von Kalabrien ein Zeitgenosse von Gregorios Palamas war ebenfalls ein entschiedener Befurworter der negativen Theologie die er aber ganz anders interpretierte als seine palamitischen Widersacher Er unterschied scharf zwischen dem Bereich des Ungeschaffenen Gott der in seiner Gesamtheit in jeder Hinsicht menschlichem Denken und auch aller menschlichen Erfahrung prinzipiell verschlossen sei und dem Bereich der geschaffenen Dinge Wegen Gottes Unerreichbarkeit seien die theologischen Aussagen uber ihn kaum mehr als Gedankenspiele Fruhe Neuzeit BearbeitenIn der Renaissance hielten weite katholische Kreise darunter Humanisten wie Marsilio Ficino und Giovanni Pico della Mirandola vorbehaltlos an der Authentizitat der Schriften des Pseudo Dionysius fest obwohl Lorenzo Valla Zweifel an der Echtheit ausserte und begrundete worin ihm Erasmus folgte Die negative Theologie des Pseudo Dionysius pragte weiterhin das Denken katholischer Theologen Pico della Mirandola relativierte allerdings den Geltungsanspruch der radikalen negativen Theologie den neuplatonischen Vorrang des Einen vor dem Sein akzeptierte er nicht sondern er schrieb beiden Begriffen denselben Umfang zu und bezog beide gleichermassen auf Gott Mit Entschiedenheit trat Charles de Bouelles Carolus Bovillus in seiner 1510 veroffentlichten Schrift De nihilo Uber das Nichts fur den Vorrang der negativen Theologie vor der positiven ein Bei ihm ist die Nichtbestimmung ursprunglicher als die Bestimmung Gott erschafft in sich selbst das Nichts aus der Verneinung des Nichts geht das Sein hervor 35 Martin Luther schatzte anfangs die herkommliche negative Theologie spater lehnte er das Gedankengut des Pseudo Dionysius nachdrucklich ab und bezeichnete es als gefahrlich 36 In der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts betont Johannes vom Kreuz mit besonderem Nachdruck die Andersartigkeit und den Abstand von Schopfer und Geschopf die Unbegreiflichkeit und Unerreichbarkeit Gottes Im Zeitalter der Aufklarung kommt die negative Theologie als Fundamentalkritik an der positiven ins Blickfeld wobei ihr Ansatz fur Zwecke der Religionskritik instrumentalisiert wird David Hume fragt worin denn ein Mystiker Anhanger der negativen Theologie der von der absoluten Unbegreiflichkeit Gottes ausgeht sich von einem Skeptiker Agnostiker oder Atheisten unterscheidet der die erste Ursache fur unbekannt und unverstehbar halt 37 Kant lehnt in seiner Religionskritik die Gottesvorstellungen und bilder nicht ganzlich ab Er sagt aber dass sie nur dazu geschaffen worden sind den notwendigen moralischen Gesetzen Effekt zu geben 38 Wenn dagegen die Vorstellungen oder Ideen eines hochsten Wesens als unmittelbare Kenntnis neuer Gegenstande oder als reales Sein verstanden werden von denen dann umgekehrt die moralischen Gesetze erst abgeleitet werden so ist das nach Kant schwarmerisch oder wohl gar frevelhaft und muss die letzten Zwecke der Vernunft verkehren und vereiteln 39 Das Absolute kann fur Kant nicht bestimmt werden obwohl er es hinter den Phanomenen der Welt voraussetzt Moderne BearbeitenTheologieIn der Moderne wird das Konzept einer negativen Theologie von stark bibelorientierten Theologen abgelehnt Besonders eingehend hat Magnus Striet diese Kritik begrundet 40 Die Kritiker berufen sich auf die Vielzahl positiver Aussagen uber Gott und seine Eigenschaften in der Bibel und argumentieren diese Aussagen seien mit einem Wahrheitsanspruch verbunden dessen Bestreitung oder Beschrankung im Rahmen eines biblisch fundierten Christentums nicht moglich sei Ausserdem komme in der negativen Theologie die Bedeutung des Glaubens der Gnade und der Heilsgeschichte nicht angemessen zur Geltung Ferner meint Striet die negative Theologie laufe auf eine Verneinung der Religion und damit auf Atheismus hinaus Er weist auf Ludwig Feuerbach hin der in seiner 1841 erstmals veroffentlichten Schrift Das Wesen des Christentums behauptet hatte Die angeblich religiose Scheu Gott durch bestimmte Pradikate zu verendlichen ist nur der irreligiose Wunsch von Gott nichts mehr wissen zu wollen Gott sich aus dem Sinne zu schlagen dies sei nichts anderes als ein subtiler verschlagener Atheismus 41 PhilosophieKarl Jaspers meint in der negativen Theologie werde auf ein metaphysisches Weltbild verzichtet zugunsten der schopferischen Lebendigkeit der mystischen Erlebnistiefe der Bewegung in Richtung auf Ideen Sie sage uber das Ganze nur Negationen und Paradoxien aus konne aber nicht dauernd das Bedurfnis der menschlichen Natur uberwinden das Ganze als Weltbild als die aussersten Horizonte unseres Seins auch gegenstandlich vor uns zu haben es zu denken und es auch anzuschauen 42 Jacques Derrida unternimmt eine Aktualisierung des Ansatzes der negativen Theologie den er von der gangigen Bindung an einen traditionellen religiosen Kontext lost indem er ihn verallgemeinert wobei er sich zugleich partiell von ihm distanziert Ihm geht es um Kritik an allen Vorgehensweisen die das jeweils Andere mit Bestimmungen aus dem Bereich des Nichtanderen verknupfen womit sie der Radikalitat der Andersheit Abbruch tun Aus seiner Sicht bleibt dabei die Singularitat des jeweils ganz Anderen wofur Gott nur ein Beispiel ist auf der Strecke Hier sieht Derrida eine Ahnlichkeit zwischen negativer Theologie und Dekonstruktion Beide Ansatze kritisieren die Ausgrenzung von Teilen oder Aspekten einer Gegebenheit durch den Sprachgebrauch und wenden sich gegen ein Kategorisieren und Einordnen das den Umgang mit den Objekten des Denkens von vornherein beschrankt und ihnen daher nicht gerecht werden kann Derrida meint aber auch einen gewichtigen Unterschied zwischen negativer Theologie und Dekonstruktion konstatieren zu mussen Er wirft der negativen Theologie vor mit den Uber Aussagen wie uberseiend doch wieder ein affirmatives Element einzufuhren und ebenso wie die positive Theologie eine Metaphysik der Prasenz zu etablieren was er aus dekonstruktivistischer Sicht ablehnt Sein Konzept der differance beruht nicht nur auf Nichtbestimmbarkeit sondern auch auf Nichtprasenz Anwesenheit ist zu dekonstruieren 43 Jean Luc Marion widerspricht Derridas Kritik an der negativen Theologie Er meint der pseudo dionysische Weg der Uber Aussagen sei keine Ruckkehr zu einer Metaphysik der Prasenz Gottes keine verhullte Positivitat sondern radikale Negation und eine Theologie der Absenz 44 Daoismus BearbeitenWegen der Verwerfung aller auf Gott bezogenen Bestimmungen besteht eine Analogie zwischen dem Gott der negativen Theologie und dem Prinzip Dao im Daoismus dem ebenfalls alle vorstellbaren Eigenschaften abgesprochen werden Literatur BearbeitenAllgemeines William Franke Hrsg On What Cannot Be Said Apophatic Discourses in Philosophy Religion Literature and the Arts 2 Bande University of Notre Dame Press Notre Dame 2007 ISBN 978 0 268 02882 4 Band 1 und ISBN 978 0 268 02885 5 Band 2 William Franke A Philosophy of the Unsayable University of Notre Dame Press Notre Dame 2014 ISBN 978 0 268 02894 7 Maria Judith Krahe Von der Wesensart negativer Theologie Ein Beitrag zur Erhellung ihrer Struktur Munchen 1976 Dissertation Mariele Nientied Reden ohne Wissen Apophatik bei Dionysius Areopagita Moses Maimonides und Emmanuel Levinas Pustet Regensburg 2010 ISBN 978 3 7917 2263 4 Marco M Olivetti Hrsg Theologie negative CEDAM Padova 2002 ISBN 88 13 24436 3 zahlreiche Aufsatze Thomas Rentsch Theologie negative In Historisches Worterbuch der Philosophie Band 10 Schwabe Basel 1998 Sp 1102 1105 Michael A Sells Mystical Languages of Unsaying University of Chicago Press Chicago 1994 ISBN 0 226 74786 7 Ralf Stolina Niemand hat Gott je gesehen Traktat uber negative Theologie De Gruyter Berlin New York 2000 ISBN 3 11 016853 7 Hella Theill Wunder Die archaische Verborgenheit Die philosophischen Wurzeln der negativen Theologie Fink Munchen 1970 Marco S Torini Apophatische Theologie und gottliches Nichts Uber Traditionen negativer Begrifflichkeit in der abendlandischen und buddhistischen Mystik In Christoph Elsas Hrsg Tradition und Translation Zum Problem der interkulturellen Ubersetzbarkeit religioser Phanomene De Gruyter Berlin u a 1994 ISBN 3 11 013930 8 S 493 520 Dirk Westerkamp Via negativa Sprache und Methode der negativen Theologie Fink Munchen 2006 ISBN 978 3 7705 4151 5Antike Marios P Begzos Apophaticism in the Theology of the Eastern Church The Modern Critical Function of a Traditional Theory In Greek Orthodox Theological Review 41 1996 S 327 357 Jens Halfwassen Der Aufstieg zum Einen Untersuchungen zu Platon und Plotin Teubner Stuttgart 1992 ISBN 3 519 07458 3 S 265 405 Jens Halfwassen Plotin und der Neuplatonismus Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 51117 1 S 43 49 Darryl W Palmer Atheism Apologetic and Negative Theology in the Greek Apologists of the Second Century In Vigiliae Christianae 37 1983 S 234 259Mittelalter Kurt Flasch Die Metaphysik des Einen bei Nikolaus von Kues Problemgeschichtliche Stellung und systematische Bedeutung Brill Leiden 1973 ISBN 90 04 03721 7 insbesondere S 318 329 Wouter Goris Einheit als Prinzip und Ziel Versuch uber die Einheitsmetaphysik des Opus tripartitum Meister Eckharts Brill Leiden 1997 ISBN 90 04 10905 6 S 156 206 Vladimir Lossky Theologie negative et connaissance de Dieu chez Maitre Eckhart Vrin Paris 1960 Christian Strobele Performanz und Diskurs Religiose Sprache und negative Theologie bei Cusanus Texte und Studien zur Europaischen Geistesgeschichte Reihe B Band 12 Aschendorff Munster 2015 ISBN 978 3 402 15998 9Neuzeit Jacques Derrida Wie nicht sprechen Verneinungen Passagen Wien 1989 ISBN 3 900767 28 9 Max Horkheimer Die Sehnsucht nach dem ganz Anderen Ein Interview mit Kommentar von Helmut Gumnior Furche Hamburg 1970 ISBN 3 7730 0023 5 Thomas Rentsch Negative Theologie Transzendenz und Existenz Gottes In Edmund Runggaldier Benedikt Schick Hrsg Letztbegrundungen und Gott De Gruyter Berlin New York 2011 ISBN 978 3 110 22680 5 S 115 133 Susan Taubes The Absent God A Study of Simone Weil Dissertation bei Paul Tillich 1956 Kurzfassung als Aufsatz The Absent God In Thomas Jonathan Jackson Altizer Hrsg Towards a New Christianity Readings in the Death of God Theology New York 1967 S 107 119 Hans Waldenfels Absolutes Nichts Zur Grundlegung des Dialogs zwischen Buddhismus und Christentum Mit einem Vorwort von Nishitani Keiji 4 aktualisierte Auflage Bonifatius Paderborn 2013 ISBN 978 3 897 10513 3 Sigrid Weigel Die Religionsphilosophin Susan Taubes Negative Theologie und Kulturtheorie der Moderne In Bernhard Greiner Christoph Schmidt Hrsg Arche Noah Die Idee der Kultur im deutsch judischen Diskurs Rombach Freiburg 2002 ISBN 3 7930 9324 7 S 383 401Weblinks BearbeitenAndreas Benk Negative Theologie In Das wissenschaftlich religionspadagogische Lexikon www wirelex de 2018 Andreas Benk Verborgener Gott und Konstrukte der Theologie multimedialer Vortrag zur negativen Theologie Anmerkungen Bearbeiten Platon Politeia 508a 509b Platon Timaios 28c Platon Kratylos 400d Platon Siebter Brief 341b e 344d 345b Jens Halfwassen Der Aufstieg zum Einen Stuttgart 1992 S 264 297 Philon von Alexandria Quod deus sit immutabilis 62 hrsg Andre Moses Paris 1963 S 94 f zu weiteren einschlagigen Stellen bei Philon siehe Josef Hochstaffl Negative Theologie Munchen 1976 S 33 35 Philon von Alexandria De posteritate Caini 18 19 hrsg Roger Arnaldez Paris 1972 S 54 57 Alkinoos Didaskalikos 10 hrsg John Whittaker und Pierre Louis Alcinoos Enseignement des doctrines de Platon Paris 2002 S 23 f Siehe dazu Josef Hochstaffl Negative Theologie Munchen 1976 S 72 f Kelsos Alethes logos 7 42 Siehe dazu Horacio E Lona Die Wahre Lehre des Kelsos Freiburg 2005 S 410 412 Siehe dazu Heinrich Dorrie Die platonische Theologie des Kelsos in ihrer Auseinandersetzung mit der christlichen Theologie Gottingen 1967 S 28 30 36 38 Plotin Enneaden V 3 13 1 f Proklos In Platonis Parmenidem 1128 Dirk Westerkamp Via negativa Munchen 2006 S 21 Proklos In Platonis Parmenidem 1108 und 1191 Dirk Westerkamp Via negativa Munchen 2006 S 17 f Siehe dazu Werner Beierwaltes Proklos Grundzuge seiner Metaphysik 2 Auflage Frankfurt am Main 1979 S 339 366 Arthur H Armstrong The Negative Theology of Nous in Later Neoplatonism In Horst Dieter Blume Friedhelm Mann Hrsg Platonismus und Christentum Munster 1983 S 31 37 Proklos In Platonis Parmenidem 1191 Apg 17 22 31 ELB Die Belege sind zusammengestellt bei Maria Judith Krahe Von der Wesensart negativer Theologie Ein Beitrag zur Erhellung ihrer Struktur Munchen 1976 S 117 f Maria Judith Krahe Von der Wesensart negativer Theologie Ein Beitrag zur Erhellung ihrer Struktur Munchen 1976 S 119 121 Henny Fiska Hagg Clement of Alexandria and the Beginnings of Christian Apophaticism Oxford 2006 S 260 268 Henny Fiska Hagg Clement of Alexandria and the Beginnings of Christian Apophaticism Oxford 2006 S 254 260 Siehe zu diesem Konflikt Maria Judith Krahe Von der Wesensart negativer Theologie Ein Beitrag zur Erhellung ihrer Struktur Munchen 1976 S 126 137 Ralf Stolina Niemand hat Gott je gesehen Berlin 2000 S 13 Hella Theill Wunder Die archaische Verborgenheit Munchen 1970 S 160 165 Dirk Westerkamp Via negativa Sprache und Methode der negativen Theologie Munchen 2006 S 23 36 Heinrich Denzinger Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen 43 Auflage Freiburg 2010 S 337 Nr 806 Siehe dazu Dirk Westerkamp Via negativa Munchen 2006 S 53 f Maria Judith Krahe Von der Wesensart negativer Theologie Ein Beitrag zur Erhellung ihrer Struktur Munchen 1976 S 190 212 Michael A Sells Mystical Languages of Unsaying Chicago 1994 S 34 62 Meister Eckhart Predigt 48 Die deutschen Werke Bd 2 S 420 f Meister Eckhart Werke hrsg Niklaus Largier Band 1 Frankfurt a M 1993 S 508 f Predigt 2 Die deutschen Werke Bd 1 S 43 f Meister Eckhart Werke hrsg Niklaus Largier Band 1 Frankfurt a M 1993 S 34 37 Predigt 42 Die deutschen Werke Bd 2 S 309 Meister Eckhart Werke hrsg Niklaus Largier Band 1 Frankfurt a M 1993 S 456 f Meister Eckhart Predigt 21 Die deutschen Werke Bd 1 S 361 Z 10 S 363 Z 2 Meister Eckhart Werke hrsg Niklaus Largier Band 1 Frankfurt a M 1993 S 248 f Siehe dazu Mauritius Wilde Das neue Bild vom Gottesbild Bild und Theologie bei Meister Eckhart Freiburg Schweiz 2000 S 224 226 Siehe dazu Kurt Flasch Nikolaus von Kues Geschichte einer Entwicklung Frankfurt 1998 S 56 f 107 118 403 410 440 443 528 534 562 564 Kurt Flasch Die Metaphysik des Einen bei Nikolaus von Kues Leiden 1973 S 197 202 318 329 Eine zusammenfassende Darstellung der palamitischen Position bietet Michael Kunzler Gnadenquellen Symeon von Thessaloniki 1429 als Beispiel fur die Einflussnahme des Palamismus auf die orthodoxe Sakramententheologie und Liturgik Trier 1989 S 7 19 Dirk Westerkamp Via negativa Munchen 2006 S 161 165 Dirk Westerkamp Via negativa Munchen 2006 S 165 167 David Hume Dialogues concerning natural religion hrsg Richard H Popkin 8 Auflage Indianapolis 1996 S 28 erstmals 1779 veroffentlicht Immanuel Kant Kritik der reinen Vernunft B 846 Immanuel Kant Kritik der reinen Vernunft B 847 Magnus Striet Offenbares Geheimnis Zur Kritik der negativen Theologie Regensburg 2003 2008 ist eine Sammlung von einschlagigen Aufsatzen erschienen die unter anderem verschiedene Stellungnahmen zu Striets Position enthalt Alois Halbmayr Gregor Maria Hoff Hrsg Negative Theologie heute Zum aktuellen Stellenwert einer umstrittenen Tradition Freiburg 2008 Ludwig Feuerbach Das Wesen des Christentums Stuttgart 1969 Text der 3 Auflage Leipzig 1849 S 56 Karl Jaspers Psychologie der Weltanschauungen 6 Auflage Berlin 1971 erstmals 1919 veroffentlicht S 200 f Siehe dazu Mariele Nientied Reden ohne Wissen Regensburg 2010 S 29 32 88 90 Dirk Westerkamp Via negativa Munchen 2006 S 200 209 Dirk Westerkamp Via negativa Munchen 2006 S 209 215 Mariele Nientied Reden ohne Wissen Regensburg 2010 S 88 91 Normdaten Sachbegriff GND 4041553 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Negative Theologie amp oldid 238363131