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Kastell Horbourg war eine spatantike Befestigung auf dem Gebiet des jetzigen Horbourg Wihr deutsch Horburg Weier elsassisch Horwrig Wihr einer elsassischen Gemeinde im franzosischen Departement Haut Rhin Arrondissement Colmar Ribeauville Kastell HorbourgAlternativname unbekanntLimes Donau Iller Rhein Limes Maxima sequanorumDatierung Belegung Ende des 4 Jahrhunderts bis fruhes 5 JahrhundertEinheit a Legio I Martia b Limitanei c Comitatenses d Foederati Grosse ca 2 6 haBauweise SteinbauweiseErhaltungszustand oberirdisch nicht sichtbar quadratische Anlage mit Eck und Zwischenturmen sowie vier Torturmen Ort Horbourg WihrGeographische Lage 48 4 47 N 7 23 46 O 48 079722222222 7 3961111111111 190 Koordinaten 48 4 47 N 7 23 46 OHohe 190 mVorhergehend Kastell Sasbach Jechtingen nordlich rechtsrheinisch Anschliessend Kastell Oedenburg Bisheim sudostlich rechtsrheinisch Vorgelagert Mons BrisiacusDie Kastelle des DIRL Rheinlinie Lageskizze KastellEmile Alphonse Herrenschneider bei Grabungen in Horbourg um 1884Ziegelstempel der Legio I Martia aus Kaiseraugst LiebrutiIn Horbourg entdeckter VictoriaaltarZeichnung des Apollo Grannus Altars von 1751Das spatromische Kastell von Horbourg besetzte eine Schlusselstellung in der Verteidigung des Rheinhinterlandes im 4 und 5 Jahrhundert und kontrollierte zusammen mit den Besatzungen der Kastelle in Biesheim Oedenbourg Sasbach Jechtingen und Breisach die Durchgangsstrassen zur Rheingrenze Die archaologische Statte von Horbourg Wihr umfasst die Uberreste einer gallo romischen Zivilsiedlung des 1 Jahrhunderts und die eines spatromischen Kastells des 4 Jahrhunderts aus denen wichtige Hinterlassenschaften aus dem Elsass der Romerzeit geborgen werden konnten Die unterschiedlichen Stadien der Ausgrabungen veranschaulichen auch die Entwicklung der Archaologie von einer reinen Liebhaberei einiger interessierter Amateure zu einer professionellen Disziplin Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Name 3 Entwicklung 4 Forschungsgeschichte 5 Strassenverbindungen 6 Kastell 7 Garnison 8 Zivilsiedlung 9 Wirtschaft 10 Kult und Religion 11 Graberfelder 12 Denkmalschutz 13 Siehe auch 14 Literatur 15 Weblinks 16 AnmerkungenLage BearbeitenHorbourg liegt etwa drei Kilometer ostlich des Stadtzentrums von Colmar Das Kastell und die Zivilsiedlung befanden sich am Zusammenfluss der Thur mit einem Altarm der schiffbaren Ill und wurden auf einer 4 m hohen vor Hochwasser geschutzten Schwemmterrasse die eine Art Halbinsel bildete errichtet Die Terrasse war von grosstenteils sumpfigem Gelande umgeben das von den Wasserlaufen der Lauch und Fecht durchflossen wurde Nordlich des Kaiserstuhls verlief die Grenzlinie zwischen den beiden Provinzen Germania prima und Maxima Sequanorum Entlang dieser Linie existierte eine Strasse die uber die Vogesen und Metz herkommend bei Bisheim Oedenburg das Rheinufer erreichte Hier kreuzte sie sich in weiterer Folge mit der von Norden nach Suden verlaufenden linksrheinischen Limesstrasse 1 Name BearbeitenSeit dem 16 Jahrhundert war man der Meinung dass das romische Horbourg mit dem in mehreren antiken Quellen erwahnten Argentovaria identisch war Dieser Ortsname wird in mehreren antiken Handschriften wie zum Beispiel beim Geographen Claudius Ptolemaus im 2 Jahrhundert erwahnt Auch andere Handschriften aus dem 3 und 4 Jahrhundert Tabula Peutingeriana bezeugen die Existenz von Argentovaria Heute ist man jedoch allgemein der Ansicht dass es sich dabei um eine romische Zivilsiedlung bzw ein im 4 Jahrhundert uber ihren Ruinen errichtetes Kastell bei Biesheim gehandelt hat Da bisher keine diesbezugliche antike Inschrift aufgetaucht ist die daruber endgultig Klarheit schaffen konnte bleibt diese Frage weiterhin unbeantwortet Der heute gebrauchliche Ortsname ist wohl auf die topographischen Gegebenheiten zuruckzufuhren Das seit dem Mittelalter bekannte Horoburc kann als Schloss in den Sumpfen ubersetzt werden Entwicklung BearbeitenDie Besiedlung des Elsass reicht bis in die Jungsteinzeit 10 000 v Chr zuruck Um 58 v Chr schlugen Caesars Legionen bei Mulhausen den germanischen Heerkonig Ariovist und warfen ihn wieder uber den Rhein zuruck Das Elsass gehorte seitdem zum Romischen Reich Am Ende des 1 Jahrhunderts n Chr wurde die Reichsgrenze nach Besetzung der Agri decumates sog Dekumatland an den neu eingerichteten Obergermanisch ratischen Limes vorverlegt Das Elsass gehorte nun fur die nachsten 200 Jahren zum Hinterland des Limes Die meisten Befunde von Horbourg Wihr bezeugen romische Siedlungsaktivitaten wahrend des 1 2 und 4 Jahrhunderts Die erste romische Niederlassung wurde zu Beginn des 1 Jahrhunderts gegrundet Ihre Blutezeit der Zivilsiedlung fallt in das spate 1 Jahrhundert Am Ende des 2 Jahrhunderts verringert sich die wirtschaftliche Aktivitat drastisch und die Menschen begannen offensichtlich die Siedlung wieder zu verlassen Die Grunde dafur konnten in den zunehmenden Uberschwemmungen in Folge einer Klimaanderung und ersten grosseren Beutezugen der Germanen gelegen haben Im 3 Jahrhundert wurde der Druck der rechtsrheinischen Barbarenvolker auf den Rheinlimes immer grosser Die Alamannen und ihre Verbundeten verheerten mehrmals 235 245 260 356 378 die Rheinprovinzen und dabei wohl auch den schon vorher schwer in Mitleidenschaft gezogenen Vicus von Horbourg der von seinen Bewohnern nun endgultig aufgegeben werden musste Nach dem Abzug vom Obergermanisch Ratischen Limes und der Ruckverlegung der Reichsgrenze an den Rhein Donau Iller Rhein Limes 259 260 wurde zur Sicherung des strategisch wichtigen Strassenknotenpunkts in Horbourg ein Kastell angelegt Wahrend der grossen Barbareneinfalle im 4 und 5 Jahrhundert war es vermutlich Bestandteil eines Festungsgurtels zu dem auch die rechtsrheinischen Kastelle auf dem Munsterberg in Breisach und am Sponeck in Sasbach Jechtingen gehorten 378 schlug Kaiser Gratian die alamannischen Lentienser bei Argentovaria und drangte sie wieder uber den Rhein zuruck Die romische Grenzverteidigung brach im Winter 406 407 fast vollig zusammen Das Lager wurde wahrscheinlich im fruhen funften Jahrhundert von den Romern aufgegeben Es konnte von den Vandalen Alanen oder Sueben bei ihrem Grenzdurchbruch im Winter 406 407 oder durch die Hunnen bei ihrem Zug nach Gallien 451 zerstort worden sein Die Alamannen begannen danach auch in den Landstrichen links des Rheins zu siedeln die nur noch nominell unter romischer Oberhoheit standen In der Schlacht von Zulpich im Jahre 496 und in weiteren Kampfen 506 schlug der Frankenkonig Chlodwig I die Alamannen und beendete ihre Herrschaft uber die ehemaligen Rheinprovinzen Eine eventuelle Wiederverwendung des Kastells im Hochmittelalter ist nur schlecht dokumentiert und blieb bis heute umstritten Forschungsgeschichte BearbeitenAufgrund der kontinuierlichen Besiedlung des Ortes und seiner strategischen wichtigen Position wurde der Kastellplatz im Laufe der Jahrhunderte immer wieder von Kriegen und Invasionen heimgesucht Die Interpretation der Ausgrabungsbefunde ist deswegen nicht immer einfach gewesen Die dichte neuzeitliche Verbauung der Fundstelle verhindert bis heute seine vollstandige Freilegung Die fruhesten Berichte uber romische Funde stammen aus dem Jahre 1543 und wurden bei der Erweiterung der Burg der Grafen von Wurttemberg gemacht Die Festung schnitt genau die Nordostecke des Lagers Verfasst wurden sie vom Humanisten Beatus Rhenanus der die Entdeckung der antiken Mauern in einer Chronik erwahnt Er vermutete dass es sich um die Uberreste von Argentovaria handelte und loste damit eine lebhafte Kontroverse unter den Wissenschaftlern aus die bis zum heutigen Tag andauert 1603 wurde ein Apollo Grannus Altar entdeckt ging aber wieder verloren als 1870 die Stadtbibliothek von Strassburg ein Raub der Flammen wurde Um die Mitte des 18 Jahrhunderts beschaftigte sich Johann Daniel Schoepflin mit der Erforschung des antiken Ortsnamens und sammelte diesbezugliche Artikel in seiner Alsatia Illustrata 1748 wurde durch einen evangelischen Pastor neuerlich ein romischer Altar geborgen 1780 1784 entdeckt Sigismund Billing Rektor der Stadt Colmar erstmals Uberreste des Kastells ein Relief und eine antike Grabstatte In den 1820er Jahren verfasste der Richter Philippe de Golbery eine erste Monographie uber das romische Horbourg 2 Die ersten systematischen Grabungen wurden vom Pastor Emile Alphonse Herrenschneider und dem Baurat Charles Winkler von 1884 bis 1899 durchgefuhrt und deren Ergebnisse veroffentlicht Trotz der nur knappen Flachen die zur Verfugung standen waren diese Grabungsarbeiten die Grundlage zur Erstellung eines detailreichen Befundplans des Kastells der bis heute seine Gultigkeit hat Die wahrend dieser ersten Grabungskampagne gefundenen Artefakte verschwanden aber hauptsachlich in privaten Sammlungen Wahrend des 20 Jahrhunderts wurden zwar neue Techniken angewandt und mehr systematische Rettungsgrabungen durchgefuhrt dennoch wurden durch die rasch voranschreitende Verstadterung zahlreiche Artefakte unwiederbringlich zerstort Ab 1964 gruben Charles Bonnet und Madeleine Jehl in Horbourg 6 m Flache 4 m tief und bewiesen die Existenz eines Vicus aus dem 1 Jahrhundert n Chr der dem Kastell voranging 1971 1972 stiess man auf einen Teil der ostlichen Kastellmauer die beim Bau der mittelalterlichen Burg stark zerstort worden war 1991 erfolgte die Grundung der archaologischen und historischen Gesellschaft ARCHIHW siehe Weblinks zur Uberwachung und Pflege der archaologischen Fundstellen in Horbourg Zwischen 1989 und 1994 wurden bei der Erforschung der Fundstelle erstmals neue Untersuchungstechniken wie zum Beispiel die geophysikalische Prospektion angewandt Dabei konnten die Uberreste von antiken Schmelz und Brennofen Grabsteine und Munzen geborgen werden 1996 gelang die Freilegung eines Abschnittes der sehr gut erhaltenen Fundamente des westlichen Walls Im Jahr 2004 entdeckte man das Sudtor des Lagers und bei Bauarbeiten im Jahr 2010 weitere Teile der Kastellmauer 2011 konnte der Graben vor dem Westtor beobachtet werden Strassenverbindungen BearbeitenVermutlich lagen Kastell und Vicus im Zentrum eines Strassen und Kanalnetzes die sternformig in alle Richtungen und bis zur Rheingrenze fuhrten Das Wissen uber die lokalen antiken Strassenverlaufe ist bis heute jedoch ausserst begrenzt Seit dem 17 Jahrhundert versuchten Forscher mehr oder minder erfolgreich den Verlauf romischer Strassen in der Umgebung von Horbourg zu rekonstruieren Bis zum heutigen Tag ist dies nur unvollstandig gelungen Auch eine Unterscheidung zwischen einfachen Pfaden und Wegen oder Strassen von primarer Bedeutung war nicht moglich Einer dieser Wege lief westlich am heutigen Friedhof von Horbourg vorbei und durfte dann weiter in Richtung Norden gefuhrt haben Er wurde im 19 Jahrhundert entdeckt und konnte 1992 von Archaologen noch um ein paar hundert Meter nachverfolgt werden Seine Funktion im romischen Strassennetz ist unklar Es war nicht moglich festzustellen ob es sich nur um einen Zugangsweg zum Vicus handelte oder ob er entweder zum Illhafen oder noch weiter nach Norden fuhrte 1994 entdeckte man eine Strassentrasse nach Osten die direkt nach Argentovaria Biesheim Oedenbourg fuhrte Zu dieser Strasse musste auch ein westliches Gegenstuck in Richtung der Vogesen existieren Pastor Herrenschneider berichtet am Ende des 19 Jahrhunderts von der Entdeckung eines romischen Kanals der vom Kastell weg nach Suden fuhrte Uber seine genaue Funktion machte er jedoch keine Angaben Uber eine weitere Strasse in Richtung Nord Osten gelangte man von Horbourg Wihr nach Jebsheim und von dort in weiterer Folge bis an das Ufer des Rheins Ein Teilstuck davon konnte auch im Jahr 2008 in einem Vorort beobachtet werden Auf einer Strasse die direkt am Kastell vorbeifuhrte konnte wohl das Sumpfgebiet bequem und sicher durchquert werden Auf ihr erreichte man in weiterer Folge den Rheinubergang beim Kastell Breisach Kastell BearbeitenDas Kastell stand im Zentrum des ehemaligen Vicus und wurde im Westen und Osten von zwei Flussarmen umlaufen Uber genaue Lage und Aussehen des Kastells ist mangels grosserer Ausgrabungskampagnen nur wenig bekannt Es ahnelte wohl stark den Kastellen in Alzey und Bad Kreuznach hatte vermutlich einen Grundriss in Form eines 168 5 m 160 m grossen regelmassigen Vierecks und bedeckte eine Flache von rund 2 6 Hektar Damit war es ein fur diese Zeitperiode sehr grosses Kastell Die Umwehrung bestand aus Vogesen Sandstein und wurde ausserhalb zusatzlich von einem mit Wasser gefullten Graben geschutzt An den Ecken standen jeweils vier runde Eckturme dazwischen befanden sich acht halbrunde Zwischenturme Das Kastell verfugte vermutlich uber vier quadratische Torturme mit einer Durchfahrt die sich mittig im Norden Suden Westen und Osten befanden Im Zentrum seines Areals sind ansonsten nur eine fruhchristliche Kirche aus dem 6 bis 7 Jahrhundert und ein Friedhof bezeugt 3 Die Frage der Datierung des Lagers wurde bis heute nicht vollstandig geklart Die neuzeitlichen Gelehrten vermuteten dass es schon zur Zeit des Augustus angelegt worden war Zwischen 1820 und 1830 berichtet Philippe Golbery unter anderem vom Fund einer Weiheinschrift des Geta vermutete aber dass das Lager im Zuge der Neubefestigung der Rheingrenze erst unter der Herrschaft des Caesars der westlichen Reichshalfte Julian errichtet worden war Herrenschneider und Winkler datierten das Kastell in das dritte Jahrhundert n Chr Im Jahr 1918 machte Robert Forrer auf die grosse Ahnlichkeit des Lagers mit dem sehr viel umfangreicher erforschten Kastell Alzey aufmerksam desgleichen Charles Bonnet in den Jahren 1964 1972 Nach Auswertung der Untersuchungsergebnisse von 1996 durfte das Kastell wohl mit ziemlicher Sicherheit im spaten vierten Jahrhundert genauer gesagt zwischen 330 und 370 erbaut worden sein Garnison BearbeitenWelche Einheit der romischen Armee die Wachmannschaft des Kastells stellte ist unbekannt Das Lager war vermutlich wie fur das 4 und 5 Jahrhundert ublich mit Limitanei Ripenses oder auf Grund seiner Zeitstellung noch wahrscheinlicher mit germanischen Foederaten Verbundete belegt die wohl dem fur diesen Grenzabschnitt zustandigen Befehlshaber dem Dux provinciae Sequanicae unterstanden Denkbar ware auch dass das Kastell aufgrund seiner Grosse primar als Basis fur Einsatze der mobilen Feldarmee Comitatenses genutzt wurde Die wichtigste Schriftquelle fur die Zuordnung von spatantiken Grenztruppeneinheiten und Kastellnamen des 4 und 5 Jahrhunderts ist die Notitia dignitatum In ihr werden aber weder der Ortsname des Horbourger Kastells noch seine Garnisonseinheit oder ihr kommandierender Offizier angefuhrt Lediglich die Legio I Martia ist in der ersten Halfte des 4 Jahrhunderts als Grenzschutztruppe am Hochrhein durch zahlreiche Ziegelstempel belegt Vexillationen von ihr standen unter anderem in den Lagern von Windisch Kaiseraugst Breisach und Oedenburg Biesheim Ende des 19 Jahrhunderts barg Herrenschneider auch in Horbourg einige ihrer Ziegelstempel In der Antikensammlung des Museums von Colmar Unterlinden befinden sich auch zwei Ziegelstempel der Legio VIII Augusta aus Strassburg die angeblich ebenfalls in Horbourg aufgefunden wurden Ob sie tatsachlich von dort stammen wird jedoch bezweifelt Zivilsiedlung BearbeitenAuf dem Areal der Zivilsiedlung tauchten auch einige Hinweise auf vorromisches Leben basierend auf Artefakten aus der spaten Bronzezeit auf Durch eine Inschrift die seit 1816 bekannt ist weiss man dass das Kastell uber den Ruinen der von Gallo Romern bevolkerten Zivilsiedlung Vicus erbaut worden war Die Inschrift enthielt jedoch keinen Hinweis darauf welchen rechtlichen Status sie innehatte Es handelte sich wohl um eine grossere Niederlassung der keltischen Rauriker deren Metropole Augusta Raurica Kaiseraugst war Vermutlich bedeckte sie eine Flache von ca 50 80 ha und entstand im fruhen 1 Jahrhundert n Chr Grabungen in der Rue des Ecoles 1998 1999 brachten fruheste Funde aus den Jahren zwischen 20 und 40 n Chr zutage Moglicherweise waren ab diesen Zeitpunkt auch schon romische Soldaten hier stationiert Wie viele Menschen hier lebten ist nicht bekannt Es gibt nur Hinweise uber ihre wirtschaftlichen und handwerklichen Tatigkeiten Im Bereich des neuen Rathauses wurden 1993 die Reste einer Metallgiesserei und 2008 2009 auch die von Werkstatten beobachtet Am Ende des 1 Jahrhunderts war die Siedlung offensichtlich schon zu beachtlicher Grosse angewachsen und zu einem regionalen Handels und Handwerkszentrum aufgestiegen Im ersten Drittel des 2 Jahrhunderts erreichte sie ihre grosste Ausdehnung wie die archaologischen Schichten aus dieser Zeitperiode beweisen Die Gebaude waren mit grosser Sorgfalt errichtet worden und besassen zur Strassenseite hin Arkaden die den Gehweg uberdachten Offensichtlich hatten deren Bewohner einen beachtlichen Wohlstand erreicht und die romische Art zu bauen hatte sich weitgehend durchgesetzt Die meisten Gebaude bestanden aber immer noch aus Holz und Lehm Uber das Strassennetz des Vicus weiss man nur wenig Im Zentrum der heutigen Stadt Jardin Ittel Rue des Ecoles entdeckte Pastor Herrenschneider im Jahr 1884 ein grosseres Gebaude dessen Mauerwerk sehr sorgfaltig ausgefuhrt worden war Der Ausgraber hielt es fur das Praetorium des spatromischen Lagers Bei Nachgrabungen im Jahr 2004 stellte sich heraus dass es zwischen 180 und 220 n Chr errichtet wurde und von einem Saulengang Portikus umgeben war Vermutlich handelte es sich dabei entweder um einen Tempel oder um ein anderes offentliches Gebaude Nicht weit davon entfernt legte Charles Bonnet im Jahre 1972 einen Teil einer Therme mit Hypokaustenheizung frei die nach ihrer Zerstorung im 3 Jahrhundert wieder aufgebaut worden war Eine Topferwerkstatt konnte bei Les Pivoines Credit Mutuel Rue de la 5eme Division Blindee beobachtet werden Sie war zwischen 120 und 160 n Chr in Betrieb In unmittelbarer Nahe auf dem Gelande des neuen Rathauses befand sich eine Bronzegiesserei An ihr fuhrte in der Antike ein gepflasterter Weg vorbei Weitere Spuren von Strassen und Gebauderesten der gleichen Zeitperiode fanden sich etwa hundert Meter weiter im Norden direkt neben der evangelischen Kirche Wahrscheinlich wurden diese beiden Gebaude und wohl auch der gesamte Vicus im letzten Viertel des 2 Jahrhunderts durch ein Hochwasser zerstort Ab dem dritten Jahrhundert werden die Funde im Vicus immer seltener Die Bluteperiode der Zivilsiedlung durfte auch auf Grund der vermehrten Barbarenuberfalle ab dieser Zeit endgultig vorbei gewesen sein Die Verwustungen durch die Barbaren konnen jedoch nicht alles erklaren Es scheint dass auch eine markante Klimaveranderung einsetzte die ein vermehrtes Auftreten von Uberschwemmungen zur Folge hatte Das 3 Jahrhundert war von extremer Armut und stetiger Abnahme der hier ansassigen Bevolkerung gekennzeichnet Nur die Gebaude im Zentrum waren noch bewohnt In den Schichten nach 250 fanden sich nur noch wenige Munzen vor allem die der gallischen Usurpatoren Postumus und Tetricus I Ob die Zivilsiedlung auch im 4 Jahrhundert noch bewohnt war ist unbekannt Wirtschaft BearbeitenNeben den geografischen Besonderheiten begunstigten auch die fruchtbaren Lossboden die landwirtschaftliche Nutzung und damit auch die Entstehung noch zahlreicher anderer gallo romischer Siedlungen in der Umgebung des Kastells Nachgewiesen sind vor allem Weideflachen Getreide und Weinanbau Der Weinanbau gelangte vermutlich zu grosserer Bedeutung 1782 wurde ein Flachrelief auf dem auf einer Seite zwei geflugelte Genien mit Weintrauben abgebildet waren entdeckt im Jahr 2008 konnten antikes Saatgut und Rebstocke geborgen werden Abgesehen von der Landwirtschaft war fur die regionale Wirtschaft das Keramik und Metallhandwerk von Bedeutung Hierfur war eine grosse Menge an Brennholz vonnoten Dies deutet auf die Existenz von grossen Waldern in der nahen Umgebung hin die auch Bauholz lieferten Auch Lehm ein wichtiger Rohstoff fur den Hausbau und zur Keramikherstellung war in grossen Mengen vorhanden Flusskies wurde vor Ort gewonnen Steinmaterial darunter Sandstein und Kalkstein bezog man aus Steinbruchen in den Vogesen Er wurde wegen seiner feinen Kornung bevorzugt fur Skulpturen und Grabsteine verwendet auch rosa Sandstein der um Vœgtlinshoffen vorkommt war weit verbreitet Reiner Kalkstein fand sich nur in Bauschutt und Strassentrassen Der Hauptteil der handwerklichen Aktivitat konzentrierte sich auf die Herstellung von Keramikware Nach der Entdeckung einer Topferwerkstatt im Jahr 1967 konnten zahlreiche noch intakte Keramiken geborgen werden Einige von ihnen sind im Museum Colmar Unterlinden ausgestellt Bemerkenswerterweise wurden in der Topferei auch Fragmente von Gussformen fur die Produktion von Sigillata gefunden Vermutlich hatte man hier versucht eigene Terra Sigillata herzustellen Bisher konnten jedoch keine Scherben aus diesen Formen gefunden werden was darauf hindeutet dass der Herstellungsprozess aus irgendeinen Grund abgebrochen wurde Die Funde sind auch viel zu sparlich um heute den Fortschritt dieser Bemuhungen beurteilen zu konnen Ein weiterer wichtiger Handwerkszweig war die Metallverarbeitung Spuren von Werkstatten wurden in drei Bereichen gefunden Der erste Platz war in der Nahe der Topferei 1968 fand man dort eine Werkstatt mit Schmelzofen Schlackenreste einzelne Bronzeobjekte aus dem Warensortiment Gewandfibeln und eine Statuette des Merkur sowie einen Schmelztiegel Auch beim Neuen Rathaus fanden sich mehrere dieser Tiegel Schlackenreste und wieder Bronzefragmente Wahrscheinlich gehorte diese Werkstatte ebenfalls zum Betrieb neben der Topferei da der Abstand zwischen ihnen nur minimal ist Die dritte diesbezugliche Fundstelle befand sich im Osten der Stadt sie wurde 1989 entdeckt und im Jahr 2008 neuerlich untersucht Kult und Religion BearbeitenIn Horbourg Wihr konnten mehrere Objekte entdeckt werden die Ruckschlusse auf die hier ausgeubten Gotterkulte erlauben Ein Weihealtar mit Inschrift der dem Apollo Grannus gestiftet worden war Das Fragment eines Reliefs darauf die Darstellung des Mercurius mit Schlangenstab Hermesstab und die schon oben erwahnte Bronzestatuette Ein Altar der Siegesgottin Victoria Eine Stele die die Fruchtbarkeitsgottin Epona auf einem Pferd sitzend und mit einem Apfel in der Hand darstellt Ein Relief das zwei geflugelte Genien jeder mit Weintrauben in der Hand und der linke mit den Fuss auf einem mit Trauben gefullten Butte stehend zeigt Ein Weihealtar des Martius Birrius dem gallo romischen Gotterpantheon gewidmet Graberfelder BearbeitenAlle Grabsteine die in Horbourg Wihr ausgegraben wurden waren von ihren ursprunglichen Aufstellungsorten verschleppt worden Man hatte daher keine klare Vorstellung davon wo genau sich die Graberfelder der Zivilsiedlung bzw des Kastells befunden haben Insgesamt konnten bislang vierundzwanzig Grabsteine fast alle aus rosa Sandstein gehauen geborgen werden Viele von ihnen wurden beim Bau des spatantiken Kastells als Baumaterial Spolien in die Wehrmauer eingebaut Andere waren in der Merowingerzeit fur Sarkophage wiederverwendet worden Die Bestimmung der Lage der Friedhofe wird auch durch die Umgestaltung der Topographie wegen der haufigen Uberschwemmungen die Horbourg Wihr seit der Antike heimgesucht haben erschwert Grosse Teile des Areals der antiken Siedlung und des Kastells sind von einer dicken Schlammschicht bedeckt Gemass der romischen Tradition mussen sich die Graberfelder ausserhalb des Stadtgebietes befunden haben Da sie immer entlang der Ausfallstrassen angelegt wurden kommen dafur nur drei Ortlichkeiten in Frage In der Nahe der Strasse nach Kreuzfeld West wo ein Grab aus dem 4 Jahrhundert und ein Grabstein entdeckt wurden neben einem Weg nach Biesheim wurden zwei Grabsteine und mehrere Feuerbestattungen gefunden etwas weiter sudlich davon stiess man 1894 auf ein antikes Grab und in der Nahe auf einen Grabstein Andere Graber wurden von Pastor Herrenschneider zwar auf einer Grabungskarte markiert aber von ihm nicht naher beschrieben Denkmalschutz BearbeitenDie Anlagen sind Bodendenkmaler im Sinne des franzosischen Denkmalschutzgesetzes Code du patrimoine Archaologische Statten Objekte Bauten Flachen sind darin als Kulturschatze Monument historique definiert Raubgrabungen sind umgehend zu melden Sondengehen auf geschutzten Flachen und unangemeldete Grabungen sind verboten Der Versuch archaologische Funde illegal aus Frankreich auszufuhren wird mit mindestens zwei Jahren Haft und 450 000 Euro mutwillige Zerstorung und Beschadigung von Denkmalern werden mit bis zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe bis 45 000 Euro belegt Zufallig gemachte archaologische Funde sind sofort bei den zustandigen Stellen abzugeben Siehe auch BearbeitenListe der Kastelle des Donau Iller Rhein LimesLiteratur BearbeitenEmile Alphonse Herrenschneider Romercastell und Grafenschloss Horburg mit Streiflichtern auf die romische und elsassische Geschichte Mit Planen und Zeichnungen von Baurat Winkler Barth Colmar 1894 Societe pour la conversation des monuments historiques d Alsac Cahiers Alsaciens D Archeologie D Art et D Histoire Puplies avec le consours du Centre des National dela recherche Scientifique Nr VIII Strasbourg 1964 S 80 84 Mathieu Fuchs Charles Bonnet Horbourg Wihr a la lumiere de l archeologie histoire et nouveautes melanges offerts a Charles Bonnet Festschrift Association ARCHIHW 1996 ISBN 2 9507051 2 X Jurgen Oldenstein Kastell Alzey Archaologische Untersuchungen im spatromischen Lager und Studien zur Grenzverteidigung im Mainzer Dukat Habilitationsschrift Universitat Mainz 1992 S 312 317 online Weblinks BearbeitenRomische Statuen aus Horbourg im Museum Colmar Website Association d Archeologie et d Histoire de Horbourg Wihr ARCHIHW Anmerkungen Bearbeiten Marcus Zagermann Der Breisacher Munsterberg Die Befestigung des Berges in spatromischer Zeit In Heiko Steuer Volker Bierbrauer Hrsg Hohensiedlungen zwischen Antike und Mittelalter von den Ardennen bis zur Adria Walter de Gruyter Berlin 2008 ISBN 978 3 11 020235 9 S 165 185 Memoire sur Argentovaria Ville des Sequaniens Jurgen Oldenstein 1992 S 315 Kastelle des Donau Iller Rhein Limes Provinz Maxima Sequanorum Kastell Sasbach Jechtingen Burg Sponeck Kastell Breisach Mons Brisiacus Kastell Oedenburg Bisheim Argentovaria Kastell Horbourg Kastell Mandeure Epomanduodurum Kastell Ilzach Uruncis Kastell Kembs Cambes Kastell Basel Munsterhugel Basilia Kastell Kaiseraugst Castrum Rauracense Kleinkastell Frick Kirchhugel Ferraricia Bruckenkopfkastelle Kirchlibuck Sidelen Rheinheim Tenedone Kastell Winterthur Vitudurum Kastell Eschenz Tasgetium Kastell Pfyn Ad fines Kastell Baden Aquae Helveticae Castrum Vindonissense Kastell Altenburg Kastell Olten Kastell Solothurn Kastell Studen Kastell Avenches Kastell Yverdon Eburodunum Kastell Kloten Kastell Zurich Turicum Kastell Weesen Kleinkastell Pfaffikon Irgenhausen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kastell Horbourg amp oldid 236921867