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Das Kastell Zurich war Bestandteil der romischen Kastellkette des spatantiken Donau Iller Rhein Limes und liegt auf dem Gebiet der Stadt Zurich im Schweizer Kanton Zurich Kastell Zurich LindenhofAlternativname Turicum Turegum TuricoLimes Donau Iller Rhein Limes Maxima Sequanorum ruckwartige Linie Datierung Belegung diokletianisch konstantinisch oder valentinianisch 4 bis 5 Jhdt n Chr Typ Kohortenkastell Einheit unbekanntGrosse 4500 m Bauweise SteinErhaltungszustand unregelmassiger Grundriss Mauerreste nur teilweise ergraben nordostliche Grundmauern Ort ZurichGeographische Lage 683245 247497 47 373055555556 8 5408333333333 425 Koordinaten 47 22 23 N 8 32 27 O CH1903 683245 247497Hohe 425 m u M Vorhergehend Kastell Irgenhausen ostlich Vorgelagert Kastell Winterthur Vitudurum nordlich Rekonstruktion d spatantiken Kastell TuricumE Publikation Zurich 1218 Auftakt zur Selbstandigkeit Link zum Bild Bitte Urheberrechte beachten Lage von Turicum am DIRLMauerrest des spatromischen Kastells im LindenhofkellerBefundskizze spatromisches Kastell und ottonische PfalzLindenhofplateau Blick aus NordBlick auf die Reste der Ostmauer des romischen Kastells heute eine der Stutzmauern des LindenhofplateausReste romischer Bauten im Lindenhofkeller vorne Keller mit vermauertem Fenster eines Hauses hinten die KastellmauerDas Lagerareal zahlt zum altesten Teil der Stadt Wahrscheinlich wurde es im Rahmen der Sicherungsmassnahmen der wiederhergestellten Rheingrenze im Auftrag der Kaiser Diokletian 284 305 Konstantin I 306 337 oder Valentinian I 364 375 errichtet Welche Einheit der romischen Armee die Besatzungstruppe des Kastells stellte ist unbekannt Auch nach der Landnahme der Alamannen zu Beginn des 5 Jahrhunderts blieb es weiter bestehen Das Areal des spatromischen Castrums wurde noch bis ins 12 Jahrhundert als Pfalz und Festung genutzt Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Name 3 Entwicklung 4 Kastell 5 Zollstation 6 Hinweis 7 Denkmalschutz 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 Einzelnachweise und AnmerkungenLage BearbeitenDas Kastell stand auf dem Lindenhof im Zentrum des einstigen keltischen Oppidum Lindenhof und des nachfolgenden romischen Vicus Turicum am linksseitigen Ufer der Limmat in der heutigen Altstadt von Zurich In der Spatantike gehort das Kastell zum Verwaltungsbereich der romischen Provinz Maxima Sequanorum Die March am oberen Zurichsee war das Grenzgebiet zwischen den gallischen und den ratischen Provinzen Die romische Strasse verlief an der heutigen St Peterskirche vorbei von Baden Aquae herkommend zur damaligen Limmatbrucke heute Rathausbrucke uber die Marktgasse Munstergasse Oberdorfstrasse zum Ufer des Zurichsee und diesem entlang nach Ratien Graubunden 1 Name Bearbeiten Hauptartikel Turicum Der Name Turicum lasst auf eine vorromische Herkunft der Ortsbezeichnung schliessen Am wahrscheinlichsten ist dass es sich hierbei um eine Ableitung des keltischen Personennamens Turos handelt 2 Die alteste schriftliche Quelle die auf ein Castrum Turico verweist ist die Vita der Heiligen Felix und Regula aus dem spaten 8 Jahrhundert In der Vita S Galli uber die Missionsreise des Heiligen Columbans durch Alamannien im Jahr 610 wird der Ort als castellum Turegum erwahnt Im alemannischen wurde er spater zu Turich und schliesslich zu Zurich verschliffen Entwicklung BearbeitenIm Jahre 15 v Chr wurden im Zuge des Alpenfeldzuges der Romer unter Fuhrung von Augustus Stiefsohnen Drusus und Tiberius die Alpenpasse gesichert Der Rhein Rhenus wurde zur Nordgrenze des Imperium Romanum Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz Helvetien wurden zur Grenzsicherung u a Legionslager in Vindonissa Windisch und Augusta Raurica Augst Kaiseraugst sowie in Turicum ein erster kleinerer Militarstutzpunkt angelegt Die Stationierung von romischen Soldaten in der damals noch bestehenden keltischen Siedlung erfolgte entgegen fruherer Ansicht aber nicht erst wahrend des Alpenfeldzugs 16 15 v Chr sondern bereits ab 40 bzw 30 v Chr Darauf weisen Funde von Militaria und Importkeramik aus dem Mittelmeerraum hin Auf beiden Seiten der Limmat entwickelte sich daher wohl bald ein grosserer Vicus Ab 100 n Chr schutzte das Festungssystem des Limes die Nordgrenze des Imperiums und der Ort verlor vorubergehend seine ursprungliche Bedeutung Er fungierte nun als einer der Stationen der gallischen Zollverwaltung fur den Warenverkehr mit der Provinz Ratien Statio Turicen sis genannt auf einer um 170 200 datierten Grabinschrift 3 4 und kleines Handels und Etappenstadtchen am Wasserweg Walensee Zurichsee Limmat Rhein da die Siedlung an keiner wichtigen Fernverkehrsstrasse lag Laut einer Legende aus dem 8 Jahrhundert n Chr war Turicum auch Schauplatz des Martyriums von Felix und Regula die dort wahrend ihrer Pilgerreise Station machten Das Ereignis fand wohl wahrend der diokletianischen Christenverfolgung statt 302 bis 305 Die Geschwister wurden auf Anordnung des romischen Offiziers Decius wegen ihres unerschutterlichen christlichen Glaubensbekenntnisses ergriffen gefoltert und schliesslich gekopft Die Leichname hatten danach ihre abgeschlagenen Haupter in die Hande genommen und sie vierzig dextri Schritte weiter auf einen Hugel niedergelegt 200 dextri vom Kastell entfernt wo sie nun ruhen wollten Vermutlich wurden die beiden am rechten Limmatufer neben der dortigen Romerstrasse beigesetzt Nach dem Einfall der Alamannen in das Gebiet der heutigen Schweiz ab 260 n Chr erlangte Turicum seine militarische Bedeutung wieder zuruck Im spaten 3 oder 4 Jahrhundert 330 n Chr wurde im Rahmen der Baumassnahmen zur Befestigung der neu geschaffenen Rheingrenze ruckwartige Linie des Donau Iller Rhein Limes ein Steinkastell errichtet Es diente der Zivilbevolkerung auch nach dem Abzug der Truppen und dem Ende der westromischen Reichsverwaltung noch uber einen langeren Zeitraum hinweg als Wohnsitz und Zuflucht 5 Der Beginn des 5 Jahrhunderts markierte das Ende der romischen Herrschaft in der Schweiz Um das Jahr 402 n Chr wurden die meisten Grenzsoldaten vom Regenten des Westens Stilicho fur den Kampf gegen die in Italien eingedrungene Gotenarmee unter Alarich I abgezogen und einige Grenzregionen nordlich der Alpen geraumt Der Vicus und das Kastell wurden aber nicht ganzlich aufgegeben und bestanden noch einige Zeit weiter Bald nahmen jedoch nachdrangende alamannische Stamme auch die Region um Turicum in Besitz Siedlung und Kastell wurden im Zuge dessen zerstort und offenbar liessen sich spater Alamannensippen in den Ruinen nieder Auf eine dennoch mehrheitlich romanische gepragte Bevolkerungsgruppe lassen die im Graberfeld Backerstrasse beobachteten Bestattungen aus dem 6 Jahrhundert schliessen Darunter befand sich auch das Grab einer Frau mit germanischer in den frankischen Kulturraum verweisende Gewandfibel Der Fund von zwei Schwertern Spatha Sax in einem Mannergrab lasst ebenfalls auf einen germanischen Zuwanderer schliessen Bei den am St Petershugel untersuchten Platten und Mauergrabern aus dem 7 Jahrhundert wurden Mortel Verputz und Kalktunche benutzt Ein Beleg dafur dass die in romischer Zeit eingefuhrten Bautechniken in dieser Zeit noch angewendet wurden Auf dem Kastellareal wurden im 7 und 8 Jahrhundert nach Planierungsarbeiten mehrere Steinbauten errichtet Reste von Holzhausern aus derselben Zeit wurden im Niederdorf gefunden 6 Im 8 und 9 Jahrhundert war Zurich der Mittelpunkt eines ausgedehnten karolingischen Reichsgutskomplexes von politischer und wirtschaftlicher Bedeutung Mit dem um 760 etablierten Fiskus Zurich entstand eine Verwaltungsorganisation die wieder an die Funktionen des alten Romerorts anknupfte Aus einer noch im Original erhaltenen Urkunde aus der Zeit Ludwigs des Deutschen weiss man dass beim Felix und Regula Grab ein Monasterium stand Der Konig schenkte dieses und das Kastellareal mit den dazugehorigen Landereien und Rechten seiner Tochter der Abtissin Hildegard die dort ein Kloster grunden wollte so geschehen am 21 Juli 853 Mit der Grundung des Fraumunsterklosters im gleichen Jahr wurde auf den Grundmauern des Kastells wahrscheinlich auch die karolingische spater dann eine ottonische Pfalz errichtet Letztere wird erstmals im Jahr 1054 urkundlich erwahnt Uber die karolingische Pfalz liegen nur sehr wenige archaologische Belege vor Die ottonische Pfalz aus dem 10 oder 11 Jahrhundert war eines der Zentren des Herzogtums Schwaben Zwischen dem 11 und 12 Jahrhundert wurde der ganze Komplex zu einer Burg umgebaut die 1172 zum letzten Mal erwahnt wurde Ob die Anlage planmassig nach dem Aussterben des Adelsgeschlechtes der Zahringer 1218 zerstort wurde und zur Gewinnung von Baumaterial diente lasst sich nicht mehr mit Sicherheit sagen 7 Kastell BearbeitenDas Kastell ist archaologisch nur mehr teilweise erfassbar Die zwar nur 4500 Quadratmeter grosse aber sehr massiv befestigte Anlage war vermutlich mit bis zu zehn Turmen und einer zwei Meter breiten Mauer ausgestattet die bis ins fruhe Mittelalter genutzt und deswegen weitgehend intakt geblieben sein muss Die Innenflache war auf der Nordseite etwa zwolf Meter weniger ausgedehnt als die heutige Flache ostlich sudlich und westlich entspricht die Kastellmauer der heutigen Stutzmauer des Lindenhofes 8 Im Norden und Suden wurde sie von zwei Toren mit nur einer Durchfahrt durchbrochen Ob auch die Uberreste der Befestigung des Oppidum Lindenhof beim Bau des Kastells miteinbezogen wurden bleibt ungeklart In nachromischer Zeit wurde die Hugelkuppe eingeebnet die Kastellmauer diente nun zur Sicherung der neuen Terrasse und bestimmte damit weitgehend die heutige Form des Lindenhofsplateaus Die mit ausserst widerstandsfahigem Kalkmortel gebundene Mauerkonstruktion wurde im Spatmittelalter in die nordostliche Stutzmauer und in die Fundamente der Burgerhauser rings um den Lindenhof und beim Munsterhof integriert Dadurch blieb ein Teil des Kastells bis heute erhalten zusammen mit einigen anderen Mauerresten die ebenfalls noch auf romische Zeit zuruckgehen Etwas besser bekannt ist das Aussehen des Nachfolgebaus die ottonische Konigspfalz sie bestand im Wesentlichen aus einem Monumentalbau der vermutlich uber den Resten des karolingischen Pfalzgebaudes stand und einer Kapelle Der Palas war mindestens 75 Meter lang und 13 Meter breit mit einem Kaisersaal von 31 2 11 4 Meter die Kapelle befand sich an der Nordwestecke Mauerreste dieses Bauwerks kamen beim Abbruch der von der Freimaurerloge Modestia cum Libertate erworbenen Liegenschaft Zum Paradies am sudlichen Ende des Lindenplatzes wieder zum Vorschein Zollstation BearbeitenDer reichsweite Handel unterlag Binnenzollen portoria deren Verwaltungsbezirke mehrere Provinzen umfassen konnten Zollstationen der quadragesima Galliarum des 2 5 betragenden Warenzolls der gallischen Provinzen zu deren Zustandigkeitsbereich auch das schweizerische Mittelland und das Wallis gehorten sind in Zurich Massongex und Saint Maurice bezeugt Die Raetia bzw die Ostschweiz waren dagegen Teil des illyrischen Zollbezirks 9 Hinweis BearbeitenBeim Gebaude der Zurcher Freimaurerloge Modestia cum Libertate konnen im sogenannten Lindenhofkeller gut erhaltene Baureste aus der Romerzeit dem Mittelalter und der fruhen Neuzeit besichtigt werden auf Schautafeln werden sie sachkundig erlautert Der Schlussel zum Lindenhofkeller kann beim Baugeschichtlichen Archiv der Stadt Zurich Tiefbauamt reserviert und abgeholt werden Denkmalschutz BearbeitenDas Kastellareal ist als geschichtliche Statte im Sinne des Schweizer Bundesgesetzes uber den Natur und Heimatschutz vom 1 Juli 1966 unter Bundesschutz gestellt Nicht genehmigte Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden stellen eine strafbare Handlung dar und werden nach Art 24 mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet 10 Siehe auch BearbeitenListe der Kastelle des Donau Iller Rhein LimesLiteratur BearbeitenDolf Wild et al Stadtmauern Ein neues Bild der Stadtbefestigung Zurich Schrift zur Ausstellung im Haus zum Rech Zurich 6 Februar bis 30 April 2004 Stadtgeschichte und Stadtebau in Zurich Schriften zur Archaologie Denkmalpflege und Stadtplanung 5 Zurich 2004 ISBN 3 905384 05 1 Andreas Motschi Palatium imperiale Neue Befunde zur jungeren Konigspfalz auf dem Lindenhof in Zurich In Mittelalter Zeitschrift des schweizerischen Burgenvereins 16 2011 3 S 65 87 Jorg Heiligmann Geschichte des Bodenseeraum im 3 und 4 Jhdt n Chr In Norbert Hasler Jorg Heiligmann Markus Honeisen Urs Leuzinger Helmut Swozilek Hrsg Im Schutze machtiger Mauern Spatromische Kastelle im Bodenseeraum Katalog zur Ausstellung im Archaologischen Landesmuseum Baden Wurttemberg 30 April 2005 bis 1 November 2005 Verlag Frauenfeld ISBN 3 9522941 1 X S 10 15 Eugen Egloff Der Ursprung Zurichs Zeitschrift Schweizer Schule Band 49 1962 Heft 11 Zurich 1949 Karte mit allen Koordinaten OSM WikiMapWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Zurich Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Turicum II Webseite der Stadt ZurichEinzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Egloff 1949 S 331 332 Andres Kristol Zurich ZH Zurich In Dictionnaire toponymique des communes suisses Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri DTS LSG Centre de dialectologie Universite de Neuchatel Verlag Huber Frauenfeld Stuttgart Wien 2005 ISBN 3 7193 1308 5 und Editions Payot Lausanne 2005 ISBN 2 601 03336 3 S 992f Turicum Der Grabstein auf dem Lindenhof auf latein ch Gestiftet vom Zollner Unio und seiner Frau Aelia Secundina fur das Grab ihres fruh verstorbenen Sohnes Anschliessend an die statio Turicensis waren die Buchstaben XL G eingemeisselt quadragesimae Galliarum der zweieinhalbprozentige Einfuhrzoll der an den Grenzen der gallischen Provinzen von den Durchreisenden eingehoben wurde Egloff 1949 S 331 Egloff 1949 S 332 Jorg Heiligmann 2005 S 10 15 Andreas Motschi Historisches Lexikon der Schweiz Abschnitt 1 2 Spatlatenezeit romische Epoche Merowingerzeit online abgerufen am 30 Oktober 2021 Egloff 1949 S 332 Stadt Zurich Schulamt Gang dur Zuri 2016 Geschichte des Lindenhofs S 2 abgerufen am 15 September 2022 Alfred Hirt Provincia In Historisches Lexikon der Schweiz Schweizer Bundesgesetz uber Natur und Heimatschutz 1966 PDF 169 kB Kastelle des Donau Iller Rhein Limes Provinz Maxima Sequanorum Kastell Sasbach Jechtingen Burg Sponeck Kastell Breisach Mons Brisiacus Kastell Oedenburg Bisheim Argentovaria Kastell Horbourg Kastell Mandeure Epomanduodurum Kastell Ilzach Uruncis Kastell Kembs Cambes Kastell Basel Munsterhugel Basilia Kastell Kaiseraugst Castrum Rauracense Kleinkastell Frick Kirchhugel Ferraricia Bruckenkopfkastelle Kirchlibuck Sidelen Rheinheim Tenedone Kastell Winterthur Vitudurum Kastell Eschenz Tasgetium Kastell Pfyn Ad fines Kastell Baden Aquae Helveticae Castrum Vindonissense Kastell Altenburg Kastell Olten Kastell Solothurn Kastell Studen Kastell Avenches Kastell Yverdon Eburodunum Kastell Kloten Kastell Zurich Turicum Kastell Weesen Kleinkastell Pfaffikon Irgenhausen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kastell Zurich amp 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