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Flavius Stilicho um 362 22 August 408 in Ravenna war ein romischer Heermeister magister utriusque militiae und Politiker Mutmassliche Darstellung Stilichos rechts mit Frau Serena und Sohn Eucherius 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Aufstieg 1 2 Regent des Westreiches 1 2 1 395 398 Militarische Siege und Spannungen mit Konstantinopel 1 2 2 398 401 Ruhe vor dem Sturm 1 2 3 401 406 Destabilisierung von Reich und Gesellschaft 1 3 Niedergang und Sturz 2 Beurteilung 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenLeben BearbeitenAufstieg Bearbeiten Stilicho wurde im Imperium Romanum als Sohn eines romanisierten Vandalen und einer Romerin geboren Bereits sein Vater hatte unter Valens im romischen Heer gedient und das romische Burgerrecht besessen Stilicho war also ungeachtet der Herkunft seines Vaters viel eher Romer als Germane Er trat als sehr junger Mann in das romische Heer ein und machte in verschiedenen Funktionen im ost romischen Staatsdienst unter Kaiser Theodosius I 379 bis 395 schnell Karriere unter anderem wohl als Kommandeur der Leibgarde comes domesticorum Im Jahr 383 nahm er bereits an einer romischen Gesandtschaft an den Hof des persischen Grosskonigs Schapur III teil Aufgrund seiner guten Dienste erhielt Stilicho den Titel eines comes stieg innerhalb von zwei Jahren zum magister militum auf und kampfte offenbar erfolgreich gegen Bastarner und rebellische westgotische Soldner 384 durfte er Serena die Nichte und Pflegetochter des Kaisers Theodosius heiraten mit der er drei Kinder hatte Eucherius Maria und Thermantia Als der westromische Kaiser Valentinian II 392 unter ratselhaften Umstanden wahrscheinlich Selbstmord starb und Theodosius die Ernennung eines Nachfolgers monatelang verzogerte liess der magister militum per Gallias Arbogast schliesslich den Hofbeamten Eugenius durch das Heer zum Augustus des Westens ausrufen Theodosius war aber nicht bereit den dynastiefremden Kaiser anzuerkennen sondern fuhrte ihm 394 ein Heer entgegen zu dem auch ein grosses Kontingent westgotischer foederati unter Alarich gehorte das Arbogast und Eugenius im September 394 in der Schlacht am Frigidus besiegte Die Elite der westromischen Armee wurde dabei vernichtet ebenso viele westgotische Soldner Stilicho gehorte wahrend der Schlacht zu den Heermeistern des Theodosius war aber dem dienstalteren Heermeister Flavius Timasius unterstellt 2 Nach der Schlacht am Frigidus befanden sich die beiden Reichsteile faktisch zum letzten Mal in einer Hand Theodosius hatte den 10 jahrigen Honorius bereits zuvor zum Augustus des romischen Westens ernannt und setzte nun seinen jungen aber bewahrten magister militum Stilicho zum obersten Heermeister des geschlagenen Heeres des Westreiches ein Seine Wahl fiel wohl deshalb auf Stilicho weil dieser ihm erstens durch Heirat verwandt war und zweitens keinerlei Verbindungen zur frankischen Fuhrungsschicht des Westheeres besass Honorius wurde an den kaiserlichen Hof nach Mailand geholt wo sein Vater fortan zu residieren gedachte Als Theodosius aber bereits Tage nach der Ankunft seines Sohnes uberraschend starb war die neue Verwaltung noch nicht konstituiert Stilicho musste schnell handeln und die Regentschaft auch ohne Zustimmung des nunmehrigen senior Augustus und Kaisers des romischen Ostens Arcadius und dessen machtigen praefectus praetorio Rufinus an sich nehmen um seine Machtstellung zu stabilisieren und vielleicht auch zu verhindern dass das Heer einen eigenen Kandidaten aufstellte Gegenuber dem Ostreich berief er sich dabei auf Theodosius angeblichen letzten Willen der ihm beide Kaiser anvertraut habe Es ist allerdings umstritten und unwahrscheinlich dass Theodosius wirklich Stilicho mit der Vormundschaft uber beide Sohne betraute wie Stilichos Hofdichter Claudian erstmals im Januar 396 behauptete 3 In der Leichenrede in der der Bischof Ambrosius das Heer zur Treue gegen den Kindkaiser aufrief wird Stilichos Name jedenfalls nicht genannt 4 Hochstwahrscheinlich war der Anspruch Stilichos Vormund auch des erwachsenen senior Augustus in Konstantinopel zu sein eine blosse Fiktion die dazu dienen sollte einen Vorrang des westlichen Kaiserhofes im Gesamtreich zu begrunden 5 Regent des Westreiches Bearbeiten Nach Theodosius Tod im Januar 395 beanspruchte Stilicho also die Stellung eines Vormunds und Reichsverwesers fur dessen damals knapp elfjahrigen Sohn Honorius dem nach der faktischen Reichsteilung die westliche Reichshalfte zufiel Auch Theodosius Tochter Galla Placidia stand unter seiner Obhut Von Anfang an war seine Regentschaft durch zwei Faktoren gepragt zum einen die Rivalitat zwischen den beiden Kaiserhofen in West und Ost zum anderen die militarische Bedrohung durch die aufstandischen foederati unter Alarich und einfallende barbarische Verbande Stilicho der eine illegitime Stellung beanspruchte musste zudem versuchen seine Position zu stabilisieren 395 398 Militarische Siege und Spannungen mit Konstantinopel Bearbeiten Nach Ubernahme der faktischen Macht im Westreich sicherte Stilicho demonstrativ die romische Rheingrenze und entliess die uberwiegend westgotischen Krieger die gerade in Niedermosien standen ohne sie angemessen zu entlohnen Dort aber meuterten die Krieger die sich um ihren Lohn fur die Beteiligung am Sieg uber Eugenius betrogen fuhlten unter ihrem Anfuhrer Alarich den sie vielleicht zu ihrem rex ausriefen und wandten sich gegen ihre ehemaligen Verbundeten und Arbeitgeber Stilicho sah sich gezwungen seine beiden Heere gegen die aufstandischen Westgoten in Mosien und Makedonien einzusetzen Der ostromische Hof um Arcadius und Rufinus war jedoch nicht gewillt Stilicho als Regenten auch des Ostens anzuerkennen daher sah man es als Bedrohung an als Stilicho im Herbst 395 im Kampf gegen Alarichs Goten die Konstantinopel belagerten mit den vereinigten Heeren in das zur Osthalfte gehorende Illyricum einruckte und forderte die Ruckgabe des Ostheeres und Stilichos Abzug aus Illyrien Stilicho musste schliesslich nachgeben und die ostromischen Legionen die besten Einheiten seines Heeres abgeben Alarich nutzte dieses Machtvakuum und verwustete Griechenland Rufinus wurde mutmasslich im Auftrag von Stilicho von Gainas dem Anfuhrer der entlassenen ostromischen Truppen in Konstantinopel ermordet 6 Laut Claudian von dem ein Schmahgedicht gegen Rufinus stammt das er am westlichen Hof vortrug war der Mord hingegen eine Reaktion der Truppen darauf dass Rufinus selbst Barbaren ins Land gerufen habe 7 Am Hof in Konstantinopel ubernahm der Kammerereunuch Eutropius dessen Macht und Einfluss Nach dem Abzug der ostromischen Truppen mangelte es dem westromischen Heer das im Burgerkrieg 394 einen hohen Blutzoll entrichtet hatte an Mannern Die spatromischen Rekrutierungsmechanismen waren nicht geeignet schnell grossere Lucken zu fullen Stilicho musste daher verstarkt auf reichsfremde foederati setzen um die Schlagkraft seines Heeres zu verbessern Im folgenden Jahr fuhrte er eine Expedition gegen aufstandische Stamme am Rhein durch Mit den Romern befreundeten Kriegergruppen gentes wie den bereits weitgehend christianisierten Markomannen schloss er Bundnisvertrage foedera und rekrutierte unter ihnen Soldaten zur Sicherung der von allen Seiten gefahrdeten Grenze 397 fuhrte er einen zweiten Feldzug gegen die rebellischen Westgoten in Illyrien durch liess sie aber absichtlich auf das Gebiet des Ostreiches entkommen was Zweifel daran aufkommen liess ob es ihm wirklich um Unterstutzung des Ostreiches ging 8 Arcadius und Eutropius reagierten auf die Bedrohung durch Stilicho indem sie Alarich als magister militum von Illyrien erneut in die ost romische Militarhierarchie aufnahmen Gleichzeitig erklarten sie Stilicho zum Staatsfeind hostis publicus und Eutropius uberredete den romischen Statthalter Gildo in Africa zum Abfall vermutlich um die vom nordafrikanischen Getreide abhangige stadtromische Bevolkerung zum Aufstand gegen Stilicho zu bewegen 9 Stilicho konnte den Aufstand aber 398 niederwerfen Bei der anschliessenden erfolgreichen Vermittlung mit dem Ostreich spielte der romische Senator Symmachus eine wichtige Rolle 398 401 Ruhe vor dem Sturm Bearbeiten Nachdem Stilicho 398 99 erfolgreich einen Angriff der Pikten auf das romische Britannien zuruckgeschlagen hatte 10 verliefen die folgenden drei Jahre recht friedlich In dieser Zeit erliess die Regierung des Honorius unter Stilicho etliche Gesetze die im Codex Theodosianus verzeichnet sind Um die romische Senatsaristokratie vor allem finanziell in den Staat zu reintegrieren knupfte er dabei an Traditionen der Republik an und steigerte so das Ansehen der Stadt Rom die schon seit 312 nicht mehr Kaiserresidenz war Die Korruption und die Macht der Hofbeamten schrankte er ein Kastelle am Donau Iller Rhein Limes wurden neu befestigt Ausserdem wurde in Rom die Ausubung von unter Honorius Vorgangern bereits verbotenen heidnischen Kulten geduldet Angeblich liess Stilicho sogar den Victoriaaltar den Gratian 382 aus der Kurie hatte entfernen lassen wieder aufrichten 11 In mehreren Provinzen dagegen wurden das Heidentum und von der romischen Kirche abweichende christliche Gruppen wie die Donatisten verfolgt Die Initiative zu diesen Gesetzen und ihre Durchsetzung scheinen auf Stilicho zuruckzugehen der sich damit als einziger Vertreter des kaiserlichen Willens gab 12 Stilicho reformierte auch die Armee womit er versuchte seine eigene Stellung als magister peditum in den Kommandostrukturen des Heeres formal nach und nach zu festigen Diese Reformtatigkeit scheint um 395 begonnen zu haben und bei Stilichos Tod 408 noch nicht abgeschlossen worden zu sein 13 Fur das Jahr 400 wurde Stilicho in Rom zum consul ordinarius ernannt und hatte damit den Hohepunkt seines Ansehens erreicht Sein Gegner im Ostreich Eutropius war 399 von Gainas gesturzt worden was zu einer zwischenzeitlichen Wiederannaherung des Westreichs an Konstantinopel fuhrte Gainas scheiterte aber letztlich mit dem Versuch am ostlichen Hof eine ahnlich dominante Stellung zu erreichen wie Stilicho im Westen und fand Ende 400 den Tod Stilicho strebte unterdessen danach sich durch Einheirat in das Kaiserhaus unangreifbar zu machen Bereits 398 verheiratete Stilicho seine noch minderjahrige Tochter Maria mit Kaiser Honorius Spater 405 im Jahr von Stilichos zweitem Consulat sollte Eucherius dann mit Galla Placidia verlobt werden 401 406 Destabilisierung von Reich und Gesellschaft Bearbeiten Weshalb die westgotischen foederati unter Alarich 401 Illyrien verliessen und nach Italien zogen ist nicht ganz geklart Janssen lehnt mit guten Grunden die These ab sie seien von der Regierung in Konstantinopel dazu angestachelt worden 14 Vielmehr habe sie Eutropius Sturz ihres Fursprechers in Konstantinopel beraubt weshalb sie sich zur erneuten Meuterei gezwungen gesehen hatten Zudem habe Gainas der selbst gotischer Herkunft gewesen war laut Janssen mit seinem demonstrativen Arianismus den Widerwillen der orthodoxen Konstantinopolitaner gegen die foederati geweckt Nach seinem Sturz im Jahr 400 hatten sich diese daher bedroht gefuhlt Stilicho sah sich jedenfalls gezwungen in grossem Umfang Truppen von den Grenzen in Gallien und Britannien abzuziehen um Alarich in Italien entgegenzutreten Anschliessend wehrte er den Einfall in Norditalien am Ostermontag 402 in der Schlacht bei Pollentia erfolgreich ab auch wenn Alarich mit seiner Reiterei entkommen konnte Stilicho setzte den Fluchtenden nach und besiegte sie im Hochsommer desselben Jahres in der Schlacht bei Verona ein weiteres Mal liess Alarich aber wieder entkommen Dieser liess sich mit seinen Mannern vorlaufig wieder in Illyrien nieder dessen Besitz nach wie vor zwischen dem West und Ostreich umstritten war was ihm Handlungsspielraum verschaffte Der westromische Hof siedelte derweil Ende 402 von Mailand ins sicherere Ravenna uber Dass Stilicho die Westgoten unbehelligt nach Noricum abziehen liess erweckte besonders im Ostreich Misstrauen In Italien hatte der Goteneinfall zu neuem Streit zwischen Christen und Heiden gefuhrt der sich besonders an einer Weissagung der Sibyllinischen Bucher festmachte wonach die Feinde nur bis zu einem bestimmten Ort vordringen wurden Die Heiden sahen nun in Stilichos Sieg uber die Goten die Erfullung dieser Prophetie was die Christen mit Sorge uber eine Zunahme heidnischer Praktiken erfullte 404 erschutterte zudem der Streit um die sehr reiche und sehr fromme Senatorentochter Melania das Verhaltnis zwischen Christen und Heiden in Rom Die noch sehr junge nicht geschaftsfahige Frau und ihr ebenfalls erst minderjahriger Ehemann wollten mit dem biblischen Gebot Mt 19 21 LUT ernstmachen sie verkauften den riesigen Familienbesitz und liessen die Sklaven frei Weil ihre Verwandten versuchten sie mit juristischen Mitteln daran zu hindern wandte Melania sich an Stilichos Frau Serena Diese eine fromme Christin bat den Kaiser zugunsten von Melania einzugreifen Tatsachlich erliess Honorius in Stilichos Abwesenheit ein Dekret das die gesetzliche Vormundschaft fur das minderjahrige Paar aufhob und die Abgabe des Besitzes an die Kirche erlaubte 15 Damit vertiefte sich eine Spaltung zwischen dem christlichen Kaiserhof und dem noch immer teilweise heidnischen Senat der die in den vorangegangenen Jahren von Stilicho erwirkten Kompromisse zunichtemachte In der Folge wurden nur noch Christen fur Hofamter ernannt Fur Stilicho bedeutete Honorius eigenmachtiges Handeln dass seine Regentschaft nicht mehr unumstritten war Auch aussenpolitisch handelten Honorius und Serena Stilichos Absichten zuwider 404 nahmen sie gegen Arcadius und dessen Frau Eudoxia Stellung fur den in Ungnade gefallenen Erzbischof von Konstantinopel Johannes Chrysostomos was zur erneuten Verschlechterung des Verhaltnisses zwischen West und Ostrom fuhrte In diesem Zusammenhang kam auch die ungeklarte Lage in Illyrien wieder zur Sprache denn vermutlich im selben Jahr fielen hunnische Truppen unter Uldin dem Grossvater Attilas in Thrakien ein 16 Stilicho furchtete vom Ostreich keine Unterstutzung zur Sicherung der gefahrdeten Grenzregion zu erhalten und forderte auch den ostlichen Teil des umstrittenen Gebiets fur das Westreich Dabei ging es wohl vor allem darum dass diese Region eine sehr bedeutende Rolle als Rekrutierungsraum von Truppen spielte Stilicho wollte offenbar durch die Einbeziehung dieses Raumes in das Westreich dessen Wehrkraft gegen die Alanen und andere Stamme starken Moglicherweise um dieses Ziel durchzusetzen suchte er die militarische Unterstutzung der Westgoten und schloss dafur 405 einen Vertrag mit Alarich in dem er ihm Unterstutzung und den Rang eines magister militum von Illyrien zusprach Auch mit Uldin schloss er einen Vertrag Um die Annexion des Ostens von Illyrien zu legitimieren wies er nicht nur auf dessen angebliche Vernachlassigung durch das Ostreich hin sondern forderte auch den kirchenpolitischen Streit um Chrysostomos der nach Eudoxias Tod am 6 Oktober 404 eskaliert war Ehe es zu einer Losung auf dem Balkan kam fiel 405 406 uberraschend ein im Kern gotischer Stammesverband dem sich auch andere Gruppen angeschlossen hatten unter dem Ostgoten Radagaisus in Norditalien ein Wahrend sich das Heer der Invasoren auf der Suche nach Beute aufsplitterte sammelte und rekrutierte Stilicho seine Truppen indem er erneut starke Verbande aus Gallien abzog Im August 406 gelang es ihm mit Hilfe hunnischer Reiterei die Goten in der Schlacht bei Faesulae vernichtend zu schlagen 12 000 der geschlagenen Krieger wurden der romischen Armee einverleibt die ubrigen in die Sklaverei verkauft was den Preis fur Sklaven kurzfristig erheblich fallen liess 17 Fur diesen Sieg feierte Honorius den vorletzten je in Rom abgehaltenen Triumph Ahnlich wie nach dem Sieg uber Alarich vier Jahre zuvor wurde auch dieser Sieg religios gedeutet Wie damals erbaten heidnische Senatoren Einsicht in die Sibyllinischen Bucher die Stilicho ihnen nun da der Kaiser sich so deutlich auf die Seite der Christen gestellt hatte jedoch verweigerte Stattdessen liess er sie als dem Christentum feindlich verbrennen 18 Zur Finanzierung der Kriege liess er Gotterstatuen und die letzten verbliebenen Tempelschatze einschmelzen Das trug ihm den Hass vieler romischer Senatoren ein Den Christen dagegen erschien Stilicho als Werkzeug des gottlichen Beistandes fur den Kaiser 19 Niedergang und Sturz Bearbeiten Den wenige Monate spater stattfindenden Einfall mehrerer grosser germanischer Kriegergruppen an der entblossten romischen Rheingrenze in der Neujahrsnacht 406 407 konnte Stilicho nicht verhindern Um Gallien zu halten musste er Truppen aus anderen Regionen abziehen was aber kaum moglich war Ende 406 oder Anfang 407 erhoben die Legionen in Britannien den Gegenkaiser Konstantin III Dieser uberquerte den Armelkanal und setzte sich in Gallien fest wo sich ihm ubrig gebliebene romische Truppen anschlossen die sich von Stilicho im Stich gelassen fuhlten Es gelang ihm ein Sieg uber germanische Invasoren und die Reorganisation der Rheingrenze die offizielle Anerkennung als Mitkaiser durch Honorius blieb ihm aber versagt Stattdessen sandte der Kaiser Stilicho der sich gerade auf die Invasion Illyriens vorbereitet hatte und Alarich bereits angreifen liess nach Gallien Doch ihm und seinem Feldherrn Sarus gelang es im Herbst 407 nicht Konstantin davon abzuhalten das bis dahin loyal zu Honorius stehende Hispanien durch seinen Feldherrn Gerontius zu attackieren Angesichts der Notlage brach man den Burgerkrieg gegen Ostrom ab und versohnte sich mit Arcadius Zwischen 404 und 407 war Stilichos alteste Tochter Maria die mit Honorius verheiratet gewesen war kinderlos gestorben Serena drangte auf eine neue Ehe des Kaisers mit der jungeren Tochter Thermantia wohl auch um die Geruchte dass Honorius dank eines von seinen Schwiegereltern verabreichten Gifts impotent geworden sei zu widerlegen Vor allem aber ging es Stilicho fraglos darum durch die Verbindung mit dem Kaiserhaus seine eigene Stellung abzusichern Dass Stilicho trotz des Wunsches des Kaisers versuchte die Hochzeit aufzuschieben deutet moglicherweise auf die Absicht hin seinen Sohn Eucherius auf den Thron zu heben 20 Dagegen spricht dass Stilicho seinem Sohn zu keinerlei hoheren Amtern verholfen hatte und auch dessen Heirat mit Galla Placidia nicht forderte obwohl beide langst das heiratsfahige Alter erreicht hatten Im Fruhjahr 408 erhoben sich die foderierten westgotischen Krieger erneut da sie sich nach dem Abbruch des Angriffs auf den Osten von Stilicho im Stich gelassen fuhlten Alarich verzichtete jedoch darauf den Vertrag durch Vorrucken auf italisches Gebiet offen zu brechen sondern schickte einen Boten zu Stilicho um den ausbleibenden Sold der ihm fur den Einfall ins zum Ostreich gehorige Epirus versprochen worden war zu erpressen In dieser Situation uberzeugte Stilicho den Senat angeblich unter Androhung von Gewalt Alarich die entsprechenden Gelder zur Verfugung zu stellen um die gotischen Krieger nun statt gegen Arcadius gegen Konstantin III einsetzen zu konnen Kaum hatte Stilicho diese Frage an Honorius und Serena vorbei geklart als die Botschaft von Arcadius Tod eintraf Die nur mit Schwierigkeiten aufrechterhaltene Stabilitat des Reiches war erneut in Gefahr Honorius als nunmehr dienstaltester Kaiser fur seinen Kollegen verantwortlich wollte zunachst selbst nach Konstantinopel reisen um die Nachfolge seines erst siebenjahrigen Neffen Theodosius II zu beaufsichtigen und seine Vormundschaft zu ubernehmen Stilicho hingegen verwies darauf dass der Kaiser angesichts der gefahrlichen Lage im Westen gebraucht werde und konnte sich zunachst durchsetzen Im August 408 begab Stilicho sich zu den Truppen in Ticinum um sich selbst auf die Reise nach Konstantinopel vorzubereiten Alarich wurde von ihm damit beauftragt den Feldzug gegen den Gegenkaiser Konstantin III in Gallien zu unterstutzen Am 13 August 408 traf Honorius ebenfalls in Ticinum ein angeblich um den Truppen Mut fur den Feldzug gegen Konstantin III zuzusprechen Dabei kam es wohl angeregt von durch Olympius ausgestreute Geruchte uber einen angeblich von Stilicho geplanten Staatsstreich zu einer Meuterei bei der fast alle anwesenden hohen Amtstrager aus dem Umfeld Stilichos umkamen Stilicho erhielt vom westromischen Kaiserhof keine Unterstutzung entweder weil Honorius den Geruchten glaubte die Stilicho des Paktierens mit dem Westgoten Alarich und damit des Hochverrats verdachtigten oder weil er sie selbst hatte ausstreuen lassen Man furchtete am Hof angeblich Stilicho erstrebe fur seinen Sohn den mit der Kaisertochter und schwester Galla Placidia verlobten Eucherius die Kaiserkrone des Ostreiches Hintergrund des Geschehens war offenbar der Umstand dass der westliche Hof der 13 Jahre lang die Dominanz Stilichos ertragen hatte glaubte den machtigen Heermeister nun da Honorius selbst der senior Augustus im Gesamtreich war nicht mehr zu benotigen Der Anspruch Stilichos Vormund auch des Ostkaisers zu sein war mit dem Tod des Arcadius wertlos geworden 21 Stilicho und Eucherius zogen sich nach Ravenna zuruck und suchten Asyl in einer Kirche Doch Soldaten die ihn in Honorius Auftrag festnehmen sollten folgten ihm und seinem Sohn Wahrend es Eucherius gelang vorerst zu entkommen wurde Stilicho am 22 August 408 durch Heraclianus das Todesurteil vorgetragen und sofort vollstreckt 22 In der Folge kam es zu wilden Ausschreitungen gegen Stilichos Anhanger die sich bis Anfang 409 hinzogen und denen viele germanische Soldner und deren in Italien lebende Familien zum Opfer fielen Auch Eucherius wurde umgebracht Uber die Hintergrunde dieser Tat geben die Quellen wenig Aufschluss Zosimos stellt den Hofling Olympius als treibende Kraft und Profiteur sowohl des Massakers als auch der Verleumdung des Stilicho dar Dass Olympius eine wichtige Rolle spielte ist in der Tat wahrscheinlich Es werden aber ausser Stilichos Morder Heraclianus auch weitere Offiziere und Hofbeamte beteiligt gewesen sein 23 Stilichos Gefolgsmann Flavius Constantius rachte den Heermeister spater indem er 410 zunachst Olympius totprugeln und 413 dann auch Heraclianus toten liess Serena die sich zum Zeitpunkt des Mordes an ihrem Mann in Rom befand wurde wahrend der Belagerung der Stadt durch die Westgoten Ende 408 als eines der letzten Opfer vom romischen Senat wegen Hochverrats zum Tode verurteilt Das Gemetzel an den germanischen foederati hatte zur Folge dass viele von ihnen zu den Westgoten uberliefen Das foedus das diese mit Stilicho geschlossen hatten wurde fur nichtig erklart was zur Folge hatte dass Alarich nicht gegen Konstantin III zog sondern in das nach Stilichos Tod militarisch geschwachte Italien einfiel und 410 schliesslich Rom plunderte Beurteilung BearbeitenStilichos Beurteilung durch Zeitgenossen ist zwiespaltig Der Senator Symmachus und der Hofdichter Claudian priesen Stilicho zu seinen Lebzeiten als denjenigen der die niederliegende romische Zivilisation gerettet und wiederhergestellt habe 24 Beide erlebten jedoch vermutlich Stilichos Niedergang nach 404 nicht mehr Nach seinem Fall dagegen folgten die romischen Historiker und Schriftsteller uberwiegend den Geruchten uber seinen angeblichen Verrat Nun wurde die germanische Herkunft seines Vaters betont um Stilicho als Barbar zu verunglimpfen Da er sich mit einer vorwiegend gotischen Leibwache zu umgeben pflegte war der Vorwurf dass er sich der Westgoten zur Sicherung seiner Machtposition bediente und nur zu diesem Zweck Vertrage mit Alarich geschlossen habe weitverbreitet Der Zeitgenosse Orosius ein christlicher Priester nahm auch an dass Stilicho seinen Sohn zum Kaiser machen wollte hielt ihn aber zusatzlich fur einen Christenverfolger 25 Auch heidnische Historiker beurteilten Stilicho nach seinem Sturz sehr negativ So bezeichnete ihn Rutilius Namatianus ein Symmachus nahestehender Beamter am kaiserlichen Hof 416 als eigentlichen westromischen Herrscher nannte ihn aber mit Berufung auf die Verbrennung der Sibyllinischen Bucher einen Verrater am romischen Volk und an dessen heidnischen Traditionen Sozomenos der eine Generation spater lebte widmete ihm in seiner Kirchengeschichte nur einen kurzen Abschnitt in dem er ihn des Hochverrats mit Alarich anklagte 26 Zosimos die ausfuhrlichste Quelle bezichtigte in seiner fast hundert Jahre spater verfassten Neuen Geschichte Stilicho und Rufinus einerseits sich auf Kosten der Einwohner bereichert und uber die Kopfe der jungen Kaiser hinweg regiert zu haben 27 Auf der anderen Seite wurdigte er Stilichos Leistung und schrieb ihm selbstloses Wirken zugunsten des Reiches zu Die Ansicht dass Stilicho einen Staatsstreich beabsichtigte teilte er nicht Wurde Stilicho damals oft eher negativ gesehen uberwiegt heute die Ansicht es habe sich bei ihm um einen loyalen Diener von Kaiser und Reich gehandelt 28 Andere Forscher halten die Frage ob der Heermeister nun ein Barbar oder ein Diener Roms gewesen sei fur ohnehin falsch gestellt und sehen in Stilicho schlicht einen machthungrigen Militar der darum bemuht war seine letztlich prekare und illegitime Stellung durch Erfolge und eine Anknupfung an die Dynastie abzusichern 29 Sein Tod stellte fur das westromische Reich in militarischer Hinsicht in jedem Fall einen herben Verlust dar Stilicho hatte das Amt des Heermeisters politisch derart aufgewertet dass fortan die westromischen Heermeister am Kaiserhof in Ravenna eine zentrale Rolle spielten und somit die jeweilige Besetzung dieses Postens entscheidend fur die kaiserliche Politik war Zwei Jahre lang versuchte der Hof zu verhindern dass ein anderer General die Lucke ausfullen konnte die Stilicho hinterlassen hatte doch 410 begab man sich angesichts schwerer militarischer Ruckschlage notgedrungen wieder in die Hand eines machtigen Heerfuhrers Stilichos einstiger Gefolgsmann Flavius Constantius stieg binnen kurzer Zeit zum eigentlichen Machthaber des Westens auf und erzwang zuletzt sogar seine Kaisererhebung 30 Literatur BearbeitenHenning Borm Westrom Von Honorius bis Justinian 2 Auflage Kohlhammer Stuttgart 2018 S 43 ff Thomas S Burns Barbarians within the gates of Rome A study of Roman military policy and the barbarians ca 375 425 A D Indiana University Press Bloomington IN u a 1994 ISBN 0 253 31288 4 John B Bury History of the Later Roman Empire From the Death of Theodosius I to the Death of Justinian Band 1 Dover New York NY 1958 Nachdruck der Ausgabe von 1923 Alan Cameron Claudian Poetry and Propaganda at the Court of Honorius Clarendon Press Oxford 1970 Ian Hughes Stilicho The Vandal who saved Rome Pen amp Sword Military Barnsley 2010 ISBN 978 1 8441 5969 7 popularwissenschaftlich Tido Janssen Stilicho Das westromische Reich vom Tode des Theodosius bis zur Ermordung Stilichos 395 408 Tectum Verlag Marburg 2004 ISBN 3 8288 8631 0 zugleich Dissertation Universitat Munster 1999 Otto Seeck Stilicho In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band III A 2 Stuttgart 1929 Sp 2523 f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Stilicho Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Stilicho Quellen und Volltexte Literatur von und uber Stilicho im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Claudians Werke engl lat bei Lacus Curtius Anmerkungen Bearbeiten Laut Rainer Warland Ein Bildnis Stilichos Das Diptychon von Monza In Claus Hattler Red Das Konigreich der Vandalen Erben des Imperiums in Nordafrika von Zabern Mainz 2009 ISBN 978 3 8053 4083 0 S 98 ist es fraglich dass das Diptychon wirklich Stilicho und seine Familie darstellt Alexander Demandt Magister militum In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Supplementband XII Stuttgart 1970 Sp 553 790 hier Sp 713 Digitalisat Tido Janssen Stilicho Das westromische Reich vom Tode des Theodosius bis zur Ermordung Stilichos 395 408 Tectum Verlag Marburg 2004 S 29 33 Vgl Ambrosius de obitu Theodosii 5 Henning Borm Westrom Von Honorius bis Justinian 2013 S 39 45 So u a Zosimos 5 7 4 6 Janssen Stilicho 2004 S 57 Janssen Stilicho 2004 S 68 Janssen Stilicho 2004 S 78 Claudian Eutropium 1 392 393 de consulatu Stilichonis 1 250 255 de bello Gothico 436 438 Otto Seeck Geschichte des Untergangs der antiken Welt Band 5 S 329 Janssen Stilicho 2004 S 107 124 154 Vgl zu dieser Kanzleireform im Einzelnen Alexander Demandt Magister militum In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Supplementband XII Stuttgart 1970 Sp 553 790 hier Sp 615 627 Digitalisat Janssen Stilicho 2004 S 130 Janssen Stilicho 2004 S 161 So Janssen Stilicho 2004 S 174 Orosius Historiarum adversum paganos VII 37 13 15 Rutilius Namatianus De redito suo 2 41 Paulinus von Nola carmen 21 Janssen Stilicho S 223 So Henning Borm Westrom Von Honorius bis Justinian 2013 S 49 51 Zosimos 5 32 ff Chronica minora Band 1 S 300 Janssen Stilicho 2004 S 241 251 Claudian de bello Gothico 38 51 Orosius VII 38 1 3 Sozomenos Historia Ecclesiastica VIII 25 Zosimos Neue Geschichte 5 1 Susanne Erbelding Katarina Horst Das Imperium schlagt nicht zuruck Die Reichsteilung und die Teilreiche in West und Ost In Claus Hattler Red Das Konigreich der Vandalen Erben des Imperiums in Nordafrika von Zabern Mainz 2009 ISBN 978 3 8053 4083 0 S 89 93 Henning Borm Westrom Von Honorius bis Justinian 2013 S 46 Henning Borm Westrom Von Honorius bis Justinian 2013 S 61 63 Normdaten Person GND 11875534X lobid OGND AKS LCCN n92059164 VIAF 38569929 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME StilichoALTERNATIVNAMEN Flavius StilichoKURZBESCHREIBUNG romischer Heermeister und PolitikerGEBURTSDATUM um 365STERBEDATUM 22 August 408STERBEORT Ravenna Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stilicho amp oldid 238047129