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Rutilius Claudius Namatianus war ein spatantiker romischer Dichter im 5 Jahrhundert Er ist bekannt als Autor des lateinischen Gedichts De reditu suo in elegischer Metrik in dem eine Seereise entlang der Kusten von Rom nach Gallien im Jahr 416 beschrieben wird Die literarische Qualitat des Werks und das Licht das es auf diese bedeutende aber quellenarme Epoche wirft geben ihm aussergewohnliche Bedeutung unter den Resten spatromischer Literatur Das Gedicht umfasste zwei Bucher die Einleitung zum ersten und der grossere Teil des zweiten sind jedoch verloren Was bleibt umfasst rund 700 Verse Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 De reditu suo 3 Uberlieferung und Textausgaben 4 Literatur 5 Textausgaben 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDer Autor stammt aus Sudgallien Toulouse oder vielleicht Poitiers und gehorte wie Sidonius Apollinaris zu einer der grossen regierenden Familien der gallischen Provinzen Sein Vater den er Lachanius nennt bekleidete hohe Amter in Italien und am kaiserlichen Hof war Statthalter von Tuszien Etrurien und Umbrien dann Verwalter des kaiserlichen Staatsschatzes comes sacrarum largitionum Aufseher des Rechtswesens und Verfasser der kaiserlichen Reden Quaestor sowie 414 Prafekt der Stadt Rom praefectus urbi Rutilius prahlt damit seine Karriere sei nicht weniger hervorragend als die seines Vaters und gibt insbesondere an Leiter des kaiserlichen Buroapparates magister officiorum und ebenfalls Stadtprafekt Roms gewesen zu sein i 157 427 467 561 Als er erwachsen geworden war befand er sich in der sturmischen Zeit zwischen dem Tod des Kaisers Theodosius I 395 und dem Sturz des Usurpators Priscus Attalus 414 der in der Nahe des Datums liegt an dem sein Gedicht geschrieben wurde Er berichtet von der Karriere des Stilicho als tatsachlicher Leiter der Politik im Reichswesten der lediglich nicht dem Titel nach Kaiser sei er sah die Horden des Radagaisus aus Italien nach Gallien und Hispanien ziehen die Niederlagen und Siege Alarichs die drei Belagerungen und schliesslich die Plunderung Roms der die wunderbare Wiederherstellung der Stadt folgte die Verschwendung bei Heraclianus riesiger Aufrustung gegen die Vandalen und den Untergang von sieben Pratendenten auf das Diadem des Westens Zweifellos waren Rutilius Sympathien bei denen die in dieser Zeit von den allgemeinen Tendenzen kaiserlicher Politik abwichen und sofern sie konnten diesen auch widersprachen Man weiss von ihm selbst dass er vertraut war mit denen die zum Kreis um den grossen Redner Quintus Aurelius Symmachus gehorten der von Stilichos Vertrag mit den Goten erfuhr und den Senat dazu brachte die Thronanwarter Eugenius und Attalus in der vergeblichen Hoffnung zu unterstutzen dass sie die Gotter die Kaiser Julian nicht retten konnte wieder einsetzen wurden De reditu suo BearbeitenObwohl das Gedicht nur wenig direkte Erklarungen zu historischen Charakteren oder Ereignissen gibt lasst es wichtige Ruckschlusse auf die zeitgenossische Politik und Religion zu Bemerkenswert ist die Haltung des Autors zum Heidentum Das ganze Gedicht wurde oft als durchweg heidnisch betrachtet und durchdrungen von der Idee dass die Welt der Literatur heidnisch sei und bleiben musse ausserhalb des Heidentums liege das Reich der Barbarei Der Dichter tragt gegenuber den religiosen Innovationen der Zeit eine uberlegene Miene zur Schau und ist voller Vertrauen dass die alten Gotter Roms auch in Zukunft ihrer glorreichen Vergangenheit treu bleiben werden Schmahungen und Rechtfertigungen verachtet er gleichermassen es widerstrebt ihm andererseits aber auch nicht mit Claudian seinen unterdruckten Schmerz uber die Beleidigungen die der alten Religion durch die neue zugefugt werden zu zeigen Als Staatsmann ist er bemuht Angriffe auf christliche Senatoren zu unterlassen deren Stolz auf ihr Land mindestens so stark ist wie die Bindung an ihre neue Religion Nur ein oder zweimal spricht Rutilius direkt vom Christentum und dann auch nur um die Monche anzugreifen die die weltlichen Autoritaten bislang kaum bemerkt hatten und die in der Tat vor kurzem noch ein christlicher Kaiser zu Tausenden in die Range seiner Armee gezwungen habe Das Judentum hingegen konnte Rutilius attackieren ohne dem Heiden oder Christentum zu nahe zu treten aber er gibt offen zu verstehen dass er es hauptsachlich als die uble Wurzel hasst aus dem die rankende Pflanze Christentum entsprungen ist Alan Cameron hat jedoch in einer umfassenden Studie bestritten dass das Gedicht als eine Art heidnische Propaganda gedient hat 1 Bei Edward Gibbon ist zwar nachzulesen dass Kaiser Honorius jeden der der katholischen Kirche ablehnend gegenuberstand von offentlichen Amtern fernhielt dass er stur den Dienst all jener zuruckwies die seiner Religion widersprachen und dass das Gesetz hier in weitestgehender Auslegung und konsequent angewandt wurde Weit davon entfernt ist jedoch das Bild politischen Lebens das Rutilius zeichnet Seine Stimme ist nicht die eines Parteigangers einer entehrten und unterdruckten Fraktion Sein Gedicht zeigt einen romischen Senat der aus fruheren Amtsinhabern besteht von denen die Mehrheit vielleicht noch heidnisch war man erkennt allerdings eine erstarkende christliche Sektion deren Christentum eher politisch als religios war die zuerst Romer und dann Christen waren die ein neuer Wind in der Politik leicht zur alten Religion zuruckgefuhrt hatte Zwischen diesen beiden Polen regierte die alte romische Toleranz Einige kirchliche Historiker haben ein Bild gemalt nach dem nach der Plunderung Roms der Bischof Innozenz auf eine Position der Uberlegenheit geruckt sei aber niemand der Rutilius unvoreingenommen liest kann an dieser Idee festhalten Die Luft in Rom vielleicht sogar in ganz Italien war mit Heidentum aufgeladen Der Hof war vom Volk weit entfernt und die das Heidentum verfolgenden Gesetze waren in weiten Teilen nicht durchzusetzen Die vielleicht interessantesten Verse im ganzen Gedicht sind jene in denen Rutilius die Erinnerung an den schrecklichen Stilicho wie er ihn nennt beschwort Stilicho der all das furchte was ihn so furchtbar mache habe die Verteidigungslinien in den Alpen und Apenninen vernichtet die die fursorglichen Gotter zwischen die Barbaren und die Ewige Stadt gestellt hatten und die grausamen Goten seine in Leder gekleideten Gunstlinge in das Allerheiligste des Reichs geschleust seine List sei gottloser als die List mit dem Trojanischen Pferd die der Althaea oder Scylla moge Nero von allen Qualen der Verdammten ausruhen damit sie Stilicho packen denn Nero schlug seine eigene Mutter Stilicho aber die Mutter der ganzen Welt Wir finden hier moglicherweise den authentischen Ausdruck eines Gefuhls das die Mehrheit des romischen Senats bezuglich Stilicho teilte Er hatte mit Blick auf die Barbaren nur die Politik des Kaisers Theodosius I nachgeahmt und auch der grosse Kaiser hatte mit passiver Opposition der alten romischen Familien zu kampfen Die Beziehungen zwischen Alarich und Stilicho waren enger und geheimnisvoller als die zwischen Alarich und Theodosius und Manner die Stilicho umgeben von seiner gotischen Leibwache gesehen hatten betrachteten naturlich die Goten als sie Rom belagerten als Stilichos Racher Es ist bemerkenswert dass Rutilius fur die Verbrechen des Stilicho ganz andere Begriffe als Paulus Orosius und die Historiker der Zeit verwendet Sie glaubten dass Stilicho plane seinen Sohn zum Kaiser zu machen und dass er die Goten holte um noch hoher aufzusteigen Rutilius hingegen stellt fest dass er die Barbaren nur benutzte um sich selbst vor dem bevorstehenden Ruin zu retten Die christlichen Historiker wiederum versichern dass Stilicho plante das Heidentum wieder einzufuhren Fur Rutilius hingegen ist er der kompromissloseste Feind des Heidentums Seine Hauptsunde die jedoch nur von Rutilius berichtet wird sei die Vernichtung der Sibyllinischen Bucher gewesen eine Sunde wurdig eines Mannes der seine Frau mit den Trummern der Victoria schmuckte der Gottin die jahrhundertelang uber den Beratungen des Senats gethront hatte Dieses Verbrechen Stilichos alleine reicht in den Augen Rutilius aus als Erklarung fur Katastrophen die die Stadt danach befielen so wie Merobaudes eine Generation oder zwei spater dem Elend seiner Tage aufgrund der Abschaffung der alten Riten der Vesta nachspurte Der Blick auf die Form des Gedichts zeigt dass Rutilius das elegische Distichon mit grosser metrischer Reinheit und Freiheit behandelt und in vielem das lange Studium der elegischen Poesie der augusteischen Zeit verrat Sein Latein ist unublich rein fur die Zeit und ziemlich klassisch in Wortwahl und Aufbau Rutilius Geschmack zudem ist vergleichsweise echt Wenn ihm das Genie des Claudian fehlt so fehlt ihm auch dessen uberladener Prunk und die grosse Ubertreibung und seine Direktheit leuchtet im Vergleich mit der ausgearbeiteten Komplexitat eines Ausonius Ublicherweise wird Claudian der letzte romische Dichter genannt Dieser Titel konnte auch fur Rutilius gelten wenn er nicht fur Merobaudes reserviert ist Auf jeden Fall kann man beim Wechsel von Rutilius zu Sidonius nicht umhin zu bemerken dass man die Region lateinischer Poesie in Richtung der Region lateinischer Strophen verlasst Unter den vielen interessanten Details des Gedichts konnen hier nur wenige erwahnt werden Der Beginn ist eine fast dithyrambische Rede an die Gottin Roma deren Ruhm immer das Elend uberstrahlte und die einmal mehr in ihrer Macht aufsteigen und ihre barbarischen Gegner blenden wird Der Dichter zeigt wie jeder moderne Historiker das tiefe Bewusstsein dass die bedeutendste Leistung Roms die Verbreitung des Rechts war Danach erhalt man zufallige aber nicht unwichtige Hinweise auf die Zerstorung von Strassen und Immobilien durch die Goten zum Zustand der Hafen an der Mundung des Tibers und den allgemeinen Verfall fast aller alten Kustenhafen Rutilius ubertreibt sogar die Zerstorung der einst wichtigen Stadt Cosa in Etrurien deren Mauern seit der damaligen Zeit sich kaum verandert haben durften Der Hafen von Pisa scheint als einziger von den von Rutilius besuchten seinen Wohlstand bewahrt zu haben so dass er dieser Stadt eine bevorstehende Blute voraussagt An einem Punkt irgendwo an der Kuste beruhigten die Dorfbewohner irgendwo ihre ermudeten Herzen mit heiliger Frohlichkeit indem sie das Fest des Osiris feierten Uberlieferung und Textausgaben BearbeitenDie Mehrheit der existierenden Handschriften stammt 2 von einem Codex ab der 1493 im Kloster Bobbio von Giorgio Galbiato gefunden wurde jedoch versteckt wurde bis ein franzosischer General ihn 1706 an sich nahm Jahrhundertelang mussten Gelehrte sich hauptsachlich auf die drei besten Zeugen fur diesen verlorenen Codex verlassen eine Kopie aus dem Jahr 1501 von Jacopo Sannazaro Sigle V eine weitere Kopie von Ioannes Andreas Sigle R sowie die Erstausgabe von Johannes Baptista Pius Bologna 1520 In den fruhen 1970er Jahren fand Mirella Ferrari ein Fragment des Gedichts in einer Handschrift aus dem 7 oder 8 Jahrhundert Der Neufund enthielt das Ende von 39 Zeilen die an den Schluss des zweiten Buches von De redito suo gehoren 3 Aufgrund der unvollstandigen Form lassen sich jedoch aufgrund dieses Neufunds nur wenig neue Aussagen zum Inhalt des Werkes treffen 4 Die wichtigsten Ausgaben sind die von Kaspar von Barth 1623 Pieter Burman dem Alteren 1731 5 Ernst Friedrich Wernsdorf 1778 als Teil einer ahnlichen Sammlung August Wilhelm Zumpt 1840 sowie den kritischen Editionen von Lucian Muller Teubner Leipzig 1870 und Vessereau 1904 Die letzte und umfangreichste Ausgabe des Namatianus ist von Ernst Doblhofer 1972 1977 6 7 Der Text ist mit einigen neu gefundenen Fragmenten des zweiten Buchs von Etienne Wolff neu herausgegeben worden 2007 Deutsche Ubersetzungen wurden 1872 von Alfred von Reumont 8 und 1972 von Ernst Doblhofer 6 veroffentlicht Englische Ubersetzungen wurden vorgelegt 1907 durch George Francis Savage Armstrong in der kommentierten Ausgabe von Charles Haines Keene 9 1935 durch J Wight Duff und Arnold M Duff 10 1971 durch Harold Isbell 11 sowie 2016 durch Martha Malamud 12 Literatur BearbeitenMichael von Albrecht Geschichte der romischen Literatur von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken Band 2 3 verbesserte und erweiterte Auflage De Gruyter Berlin 2012 ISBN 978 3 11 026525 5 S 1139 1143 Textausgaben BearbeitenErnst Doblhofer Rutilius Claudius Namatianus De reditu suo sive Iter Gallicum Band 1 Carl Winter Universitatsverlag Heidelberg 1972 ISBN 3 533 02210 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Rutilius Claudius Namatianus Quellen und VolltexteEinzelnachweise Bearbeiten Alan Cameron The Last Pagans of Rome Oxford University Press Oxford u a 2011 ISBN 978 0 19 974727 6 S 207 ff Rutilius Claudius Namatianus De reditu suo sive Iter Gallicum Hrsg Ernst Doblhofer Band I Heidelberg 1972 S 15 f Mirella Ferrari Spigolature bobbiesi In Italia medioevale e umanistica Band 16 1973 S 1 41 Kai Brodersen Ein abgeschlossenes Sammelgebiet Neufunde paganer lateinischer Literatur aus der Antike In Gymnasium Band 118 2011 S 29 42 hier S 40 Rutilius Claudius Namatianus Cl Rutilii Numatiani Galli Iter Sive de reditu in patriam cum notis integris In Petrus Burmannus Hrsg Poetae Latini Minores sive Gratii Falisci Cynegeticon M Aurelii Olympii Nemesiani Cynegeticon et ejusdem Eclogae IV T Calpurnii Siculi Eclogae VII Claudii Rutilii Numatiani Iter Q Serenus Samonicus De Medicina Vindicianus sive Marcellus De Medicina Q Rhemnius Fannius Palaemon De Ponderibus amp Mensuris et Sulpiciae Satyra Band 2 Apud Conradum Wishoff et Danielem Goedval Bibliopolas Leiden 1731 S 1 184 urn nbn de bvb 12 bsb10218466 8 Latein a b Rutilius Claudius Namatianus De reditu suo sive iter Gallicum Herausgegeben eingeleitet und erklart von Ernst Doblhofer Band 1 Einleitung lateinischer Text Ubersetzung Worterverzeichnis Carl Winter Universitatsverlag Heidelberg 1972 Latein deutsch Rutilius Claudius Namatianus De reditu suo sive iter Gallicum Herausgegeben eingeleitet und erklart von Ernst Doblhofer Band 2 Kommentar Carl Winter Universitatsverlag Heidelberg 1977 Latein deutsch Des Claudius Rutilius Namatianus Heimkehr Ubersetzt und erlautert von Itasius Lemniacus Pseudonym von Alfred von Reumont Verlag der Koniglichen Geheimen Ober Hofbuchdruckerei R von Decker Berlin 1872 archive org Rutilius Claudius Namatianus Rutilii Claudii Namatiani De Reditu Suo Libri Duo The Home Coming of Rutilius Claudius Namatianus from Rome to Gaul in the Year 416 A D Edited with introduction and notes critical and explanatory by Charles Haines Keene and translated into English verse by George F Savage Armstrong George Bell amp Sons London 1907 Latein englisch archive org Rutilius Namatianus De reditu suo A Voyage Home to Gaul In J Wight Duff Arnold M Duff Hrsg Minor Latin Poets Loeb Classical Library Band 2 William Heinemann und Harvard University Press London bzw Cambridge Mass 1935 S 751 829 Latein englisch The Last Poets of Imperial Rome Translated by Harold Isbell Penguin Harmondsworth 1971 ISBN 0 14 044246 4 englisch Martha Malamud Rutilius Namatianus Going Home De Reditu Suo Routledge Later Latin Poetry Routledge London 2016 ISBN 978 1 138 78197 9 englisch auch als Paperback und als E Book erschienen Normdaten Person GND 118737937 lobid OGND AKS LCCN n81085591 VIAF 102333340 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Rutilius Claudius NamatianusKURZBESCHREIBUNG romischer DichterGEBURTSDATUM 4 JahrhundertGEBURTSORT SudgallienSTERBEDATUM 5 Jahrhundert Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rutilius Claudius Namatianus amp oldid 239201690