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Wilhelm IV von Hessen Kassel genannt der Weise 24 Juni 1532 in Kassel 25 August 1592 ebenda aus dem Haus Hessen war von 1567 bis 1592 erster Landgraf von Hessen zu Kassel und Begrunder der Linie Hessen Kassel Landgraf Wilhelm IV von Hessen KasselCaspar van der Borcht 1577Ol auf Leinwand117 108 cmMuseumslandschaft Hessen KasselVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Wilhelm war ein Forderer der Naturwissenschaften und selbst ein kompetenter und angesehener Astronom Er liess in Kassel die erste Sternwarte Mitteleuropas einrichten und stattete sie mit modernsten Instrumenten aus Daruber hinaus forderte er den Astronomen Tycho Brahe Zu Wilhelms Beschaftigten gehorte ab 1579 Jost Burgi Wilhelm baute ausserdem eine Sammlung wertvoller Uhren und wissenschaftlicher Instrumente aller Art auf Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Erbprinzenjahre 1 2 Landgraf von Hessen Kassel 2 Nachkommen 3 Astronomische Tatigkeit 3 1 Wissenschaftliche Ausbildung 3 2 Die erste neuzeitliche Sternwarte Europas 3 3 Astronomische Arbeit 3 4 Die Kasseler Instrumente 3 5 Neue Methode der Himmelsvermessung 4 Ehrungen 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksLeben BearbeitenErbprinzenjahre Bearbeiten Wilhelm war der alteste Sohn des Landgrafen Philipp I von Hessen aus dessen Ehe mit Christine 1505 1549 Tochter des Herzogs Georg von Sachsen In seinem achten Lebensjahr wurde seine Erziehung von seinem Vater beaufsichtigt der ihn sorgfaltig ausbilden liess Der Schwerpunkt lag auf lateinisch theologischem Gebiet Das Erlernen der griechischen Sprache und die Hinwendung zu den Wissenschaften kamen erst spater hinzu Zu seinen Erziehern zahlte unter anderem der Theologe Nicolaus Roding Nach dem Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges wurde Wilhelm nach Strassburg geschickt lebte dort im Haus des Johann Winter von Andernach und lernte Franzosisch Im Jahr 1547 holte ihn sein Vater nach Kassel zuruck und ubergab ihm und seiner Mutter die Regierungsgeschafte um sich darauf in Gefangenschaft des Kaisers zu begeben Wilhelm und seine Mutter wurden wahrend dieser Regentschaft durch einen Regentschaftsrat unterstutzt der aus Heinrich Lersner Rudolf Schenk zu Schweinsberg Wilhelm von Schachten und Simon Bing bestand Wilhelm widersetzte sich dem Augsburger Interim und nahm an der Spitze der hessischen Truppen an einem Feldzug gegen den Kaiser teil Nach dem Vertrag von Passau kehrte Wilhelms Vater aus der Gefangenschaft zuruck beteiligte Wilhelm jedoch weiter an der Regierung und liess sich von Wilhelm bei der Wahl Erzherzog Maximilians 1562 zum romischen Konig in Frankfurt vertreten Bei Verhandlungen mit Herzog Christoph von Wurttemberg lernte Wilhelm dessen Tochter Sabina 1549 1581 kennen die er am 11 Februar 1566 in Marburg heiratete Nachdem Wilhelm heftigst gegen die Erhebung seiner Halbgeschwister die er die Ismaeliten nannte aus der Nebenehe seines Vaters mit Margarethe von der Saale zu Reichsgrafen von Nidda protestiert hatte anderte der Vater sein bisheriges Testament in dem Wilhelm de facto als Alleinherrscher der Landgrafschaft Hessen bestimmt war am 6 April 1562 und teilte das Land unter Wilhelm und seinen Brudern Wilhelm erhielt dabei Niederhessen mit der Residenzstadt Kassel dem Grossteil der ehemaligen Grafschaft Ziegenhain sowie dem hessischen Teil der Herrschaft Schmalkalden Landgraf von Hessen Kassel Bearbeiten Die Bruder bestatigten die Festlegungen des Testaments und kamen am 28 Mai 1568 in der Ziegenhainer Einigung zu einem Vergleich der die Teilung des Landes regelte Wilhelm wurde damit der Begrunder der Linie Kassel des hessischen Furstenhauses Seine drei jungeren Bruder begrundeten die Linien Hessen Marburg Hessen Rheinfels und Hessen Darmstadt Diese Teilung bedeutete dass Hessen seine Vormachtstellung im Kampf um die Reformation verlor die an die Oranier und die Kurfursten von der Pfalz uberging Wilhelm konnte aber in den Folgejahren erfolgreich zwischen den Kurfursten Friedrich III von der Pfalz und August von Sachsen vermitteln und damit dem Protestantismus Vorschub leisten Er war 1552 Mitunterzeichner des Vertrags von Chambord Der von ihm zeitlebens angestrebte Schulterschluss von Lutheranern und Calvinisten im Reich blieb jedoch ein unerfullter Wunsch des Landgrafen Wilhelm vergrosserte seine Herrschaft nach dem Tod des Edelherrn Dietrich IV von Plesse 1571 und der Grafen Otto VIII von Hoya 1582 Friedrich II von Diepholz 1585 und Georg Ernst von Henneberg 1583 Aus dem Besitz des letzteren erhielt er insbesondere den hennebergischen Anteil der Herrschaft Schmalkalden mit der Stadt Schmalkalden welche er zu seiner Nebenresidenz machte und wo er das nach ihm benannte Schloss Wilhelmsburg erbauen liess Nach dem Tod seines Bruders Philipp von Hessen Rheinfels erhielt er auch den Grossteil der ehemaligen Grafschaft Katzenelnbogen Im Merlauer Vertrag vom 8 September 1583 einigte er sich mit dem Mainzer Erzbischof Wolfgang von Dalberg uber lange schwelende Grenzkonflikte zwischen Kurmainz und der Landgrafschaft wobei fast alle noch verbliebenen Mainzer Besitzungen in Nordhessen endgultig an die Landgrafschaft fielen wahrend Hessen Kassel seine Anspruche im Eichsfeld aufgab Nachkommen BearbeitenWilhelm IV hatte aus seiner Ehe folgende Kinder Anna Maria 1567 1626 1589 Graf Ludwig II von Nassau Saarbrucken 1565 1627 Hedwig 1569 1644 1597 Graf Ernst von Holstein Schaumburg 1569 1622 Agnes 1569 1569 Sophie 1571 1616 Moritz 1572 1632 Landgraf von Hessen Kassel 1 1593 Grafin Agnes zu Solms Laubach 1578 1602 2 1603 Grafin Juliane von Nassau Dillenburg 1587 1643 Sabine 1573 1573 Sidonie 1574 1575 Christian 1575 1578 Elisabeth 1577 1578 Christine 1578 1658 1598 Herzog Johann Ernst II von Sachsen Eisenach 1566 1638 Juliane 1581 1581 Wilhelm hatte vor seiner Eheschliessung ausserehelich geborene Kinder mit Elisabeth Wallenstein Christine 1552 1570 Nikolaus von Gaugreben Philipp Wilhelm 1553 1616 1 1582 Anna Christine von Falcken 1602 2 1603 Christine von Boineburg 1582 1632 Wilhelm 1564 Astronomische Tatigkeit BearbeitenWissenschaftliche Ausbildung Bearbeiten Wilhelms Interesse fur Astronomie scheint besonders Peter Apians Astronomicum Caesareum geweckt zu haben das noch im ptolemaischen System arbeitete und ihm von seinem Lehrer Rumold Mercator dem Sohn des Kartografen Gerhard Mercator nahegebracht wurde Rumold Mercator widmete Wilhelm 1590 auch seine Germaniakarte Weiterhin studierte Wilhelm die gangigen Lehrbucher von Peuerbach und Regiomontan Der seit 1558 in Kassel tatige Mathematiker und Astronom Andreas Schoner 1528 1590 berechnete fur Wilhelm die Planetenbewegungen fur die Jahre 1560 bis 1600 auf ptolemaischer Grundlage Die von Apian vorgeschlagene Darstellungsmethode mittels Papierscheiben mag als Grundlage fur Wilhelms spatere metallene Kreisscheiben Systeme angesehen werden Ein Beispiel ist das um 1561 vollendete Automatenwerk die Wilhelmsuhr das auf mehreren Zifferblattern die Ablesung der geozentrischen Langen und Breiten von Merkur Venus Mars Jupiter Saturn und des Mondes ermoglichte Die erste neuzeitliche Sternwarte Europas Bearbeiten Um 1560 liess Wilhelm an den Sudwest und Sudostenenden des Kasseler Schlosses zwei dreigeschossige Anbauten errichten Von den Terrassen aus hatte man einen freien Ausblick uber das Fuldatal So entstand die erste fest eingerichtete neuzeitliche Sternwarte Europas zum Vergleich Paris 1667 Greenwich 1675 wenn man Bernhard Walthers Umbau seines Privathauses in Nurnberg nicht schon als solche werten will Das Kasseler Schloss brannte 1811 ab und wurde vollkommen zerstort Astronomische Arbeit Bearbeiten Der Landgraf nahm zu drangenden Problemen seiner Zeit Stellung wie etwa zur Kalenderreform Sowohl fur dieses Vorhaben wie auch zur Untermauerung der kopernikanischen Theorie bedurfte es jedoch vieler neuer und exakter Vermessungen Es waren viele Abweichungen der Sternorter von den ptolemaischen Vorhersagen festgestellt Wie nur wenige vor ihm machte sich Wilhelm daran neue Vermessungen anzustrengen um ein berichtigtes Sternenverzeichnis aufzustellen Der protestantische Wilhelm erwies sich somit als Kind seines reformatorischen Jahrhunderts Naturforscher in ganz Europa begannen die antike Lehre zu uberprufen und die Natur direkt zu beobachten Bis zu seinem Regierungsantritt 1567 beteiligte sich Wilhelm aktiv an den Messungen fur den Sternenkatalog Ab 1584 1 fuhrte der Mathematiker und Astronom Christoph Rothmann um 1555 bis um 1600 diese Arbeit weiter Der in Anlehnung an Ptolemaus letztlich 1025 Sterne umfassende Katalog wurde erst nach Wilhelms Tod abgeschlossen Dazu wurden uber Jahre hinweg insgesamt 383 Sterne neu bestimmt Wilhelm trat aktiv fur die Gregorianische Kalenderreform im Oktober 1582 ein Dabei scheint ihm seine Doppelrolle als Forscher auf dem Furstenstuhl die Funktion eines Moderators zwischen Astronomen und weltlichen Herrschern eingebracht zu haben 1575 besuchte der 14 Jahre jungere Dane Tycho Brahe den Landgrafen auf seinem Schloss in Kassel fur zehn Tage zu einem Gedankenaustausch Wilhelm verfugte schon uber Erfahrungen einer 20 jahrigen Tatigkeit als Astronom Unter anderem ist dem Besuch die Empfehlung Wilhelms an den danischen Konig fur die Einrichtung von Tychos Observatorium auf der Insel Ven zu verdanken In den darauf folgenden Jahren versuchte Tycho mit immer grosseren Instrumenten zum Beispiel Quadranten bis 2 50 Meter Radius die Genauigkeit zu erhohen wahrend Wilhelm seine Mechaniker Prazisionsinstrumente von kleiner Dimension aus Metall bauen liess Fur ihn arbeitete seit 1568 Eberhard Baldewein ca 1525 1593 ab 1579 der Schweizer Uhrmacher Jost Burgi der spater fur Johannes Kepler in Prag tatig war Mit Kepler unterhielt Wilhelm einen regen Briefwechsel Einer seiner Mitarbeiter war auch Paul Wittich Die Kasseler Instrumente Bearbeiten Die Genauigkeit fast aller Instrumente der Kassler Sternwarte war enorm Die geographische Position des Kasseler Schlosses etwa konnte mit einer Ungenauigkeit von lediglich zehn Bogensekunden bestimmt werden Die bekanntesten Stucke stammen von Jost Burgi Er war Autodidakt und konstruierte hervorragende Planeten und Globusuhrwerke spater wurde er auch fur seine Logarithmentafeln bekannt Burgi baute Pendeluhren mit Sekundenzeiger was fur diese Zeit sehr ungewohnlich war Erst diese Uhren ermoglichten es Wilhelm von der seit antiken Tagen praktizierten Methode der Himmelsvermessung abzurucken 1585 begann Burgi mit der Arbeit an einem Himmelsglobus der jedoch erst nach dem Tod des Landgrafen fertiggestellt wurde Der Himmelsglobus bietet eine Darstellung des Sternenhimmels die Erde im Mittelpunkt gedacht daher prasentieren sich die Sternenpositionen auf der Oberflache spiegelverkehrt Beobachtungshorizont Meridian und Ekliptik sind deutlich zu erkennen Die Bewegung des mechanischen Globus erfolgt durch die innerhalb der Kugel untergebrachte Mechanik der Globus dreht sich an einem siderischen Tag einmal Auf dem Horizontring befindet sich ein Jahreskalender durch einmaliges Einstellen des Ostertermins wurden auch bewegliche Feiertage korrekt angezeigt Neue Methode der Himmelsvermessung Bearbeiten Mit dem seit der Antike unveranderten Verfahren zur Bestimmung der Sternenpositionen war schon der Sternenkatalog von Ptolemaus Almagest erstellt worden und auch Tycho Brahe arbeitete auf diese Art Die Methode beruht auf der Messung der gegenseitigen Winkeldistanzen von Stern zu Stern mit Winkelmessinstrumenten wie Armillarsphare oder Sextanten beziehungsweise Quadranten Dabei geht man von der bekannten Koordinate eines Fixsternes aus Wilhelm hingegen arbeitete mit einem Vorganger des heutigen Theodolits Mit einem Azimutalquadranten und einem Hohenkreis konnte er die Hohe eines Sterns in einem bestimmten Azimut messen Diese Grossen andern sich mit jeder Minute mithilfe einer exakt gehenden Uhr kann aber aus Hohe Azimut und der lokalen Sternzeit die Position des Gestirns in aquatorialen Koordinaten also in Rektaszension und Deklination berechnet werden Demgegenuber wurden beim hergebrachten System Positionen durch die Messung mehrerer relativer Winkel mit Hilfe der spharischen Trigonometrie bestimmt also durch Berechnungen von Kugeldreiecken Welche der beiden Methoden genauer ist hangt von der Genauigkeit der verwendeten Gerate ab und ebendies war auch Tychos Kritikpunkt Denn obwohl Burgis Uhren Chronometer ersten Ranges waren so war ihre Ungenauigkeit noch hoch im Vergleich zu den lange etablierten Winkelmessmethoden Wilhelms neue Methode der Himmelsvermessung wurde erst einhundert Jahre spater von John Flamsteed wieder aufgegriffen Ehrungen BearbeitenDer Mondkrater Wilhelm ist nach ihm benannt Literatur BearbeitenWalther Ribbeck Wilhelm IV Landgraf von Hessen In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 43 Duncker amp Humblot Leipzig 1898 S 32 39 F Albrecht Die Sternwarte des Landgrafen von Hessen Wilhelms IV zu Kassel In Das Weltall Illustrierte Zeitschrift fur Astronomie und verwandte Gebiete 2 1902 S 229 237 251 254 Jurgen Hamel Die astronomischen Forschungen in Kassel unter Wilhelm IV Mit einer Teiledition der deutschen Ubersetzung des Hauptwerkes von Copernicus um 1586 Acta Historica Astronomiae 2 Thun Deutsch 1998 Paul A Kirchvogel Tycho Brahe als astronomischer Freund des Landgrafen Wilhelm IV von Hessen Kassel In Sudhoffs Archiv Band 61 1977 S 165 172 Paul A Kirchvogel Wilhelm IV Tycho Brahe and Eberhard Baldewein the Missing Instruments of the Kassel Observatory In Vistas in Astronomy 9 1968 S 109 121 John H Leopold Astronomen Sterne Gerate Landgraf Wilhelm IV und seine sich selbst bewegenden Globen Luzern Fremersdorf 1986 Ludolf von Mackensen Die erste Sternwarte Europas mit ihren Instrumenten und Uhren 400 Jahre Jost Burgi in Kassel Ausstellungskatalog hg v Landesmuseum in Kassel Callwey Munchen 1979 Sabine Salloch Das hessische Medizinalwesen unter den Landgrafen Wilhelm IV und Moritz dem Gelehrten Rolle und Wirken der furstlichen Leibarzte Dissertation Marburg 2006 Senta Schulz Wilhelm IV Landgraf von Hessen Kassel 1532 1592 Dissertation Leipzig 1941 Bernhard Sticker Landgraf Wilhelm IV und die Anfange der modernen astronomischen Messkunst In Sudhoffs Archiv fur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften Band 40 1956 S 15 25 Einzelnachweise Bearbeiten Christoph Rothmanns Handbuch der Astronomie von 1589 Christoph Rothmann Miguel A Granada Jurgen Hamel Ludolf von Mackensen Verlag Harri Deutsch 2003 Weblinks BearbeitenAstronomisch Physikalisches Kabinett Zahlreiche Originale samt rekonstruierter Sternwarte Literatur von und uber Wilhelm IV im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Hessen Kassel Wilhelm IV Landgraf von Hessische Biografie Stand 16 Dezember 2019 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS VorgangerAmtNachfolgerPhilipp I Landgraf von Hessen Kassel 1568 1592MoritzNormdaten Person GND 118632922 lobid OGND AKS LCCN n78041557 VIAF 9618948 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wilhelm IV ALTERNATIVNAMEN Wilhelm der WeiseKURZBESCHREIBUNG Landgraf von Hessen Kassel 1567 1592 GEBURTSDATUM 24 Juni 1532GEBURTSORT KasselSTERBEDATUM 25 August 1592STERBEORT Kassel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm IV Hessen Kassel amp oldid 238100902