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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Myon Begriffsklarung aufgefuhrt Das Myon Englisch Muon ist ein Elementarteilchen das in vielen Eigenschaften dem Elektron ahnelt Wie das Elektron besitzt es eine negative Elementarladung und einen Spin von 1 2 Myon und Elektron unterliegen der elektroschwachen jedoch nicht der starken Wechselwirkung und gehoren damit zu den Leptonen Das Elektron wird zur ersten und das Myon zur zweiten der drei Leptonenfamilien gerechnet Das entsprechende Teilchen der dritten Familie ist das 1975 entdeckte Tauon Myon m KlassifikationElementarteilchenFermionLeptonEigenschaften 1 elektrische Ladung 1 eMasse 0 113 428 9259 25 u1 883 531 627 42 10 28 kg206 768 2830 46 meRuheenergie 105 658 3755 23 MeVCompton Wellenlange 1 173 444 110 26 10 14 mmagnetisches Moment 4 490 448 30 10 10 26 J T 4 841 970 47 11 10 3 mB 8 890 597 03 20 mNg Faktor 2 002 331 8418 13 Spin mittlere Lebensdauer 2 196 9811 22 10 6 s 2 Wechselwirkungen schwachelektromagnetischGravitationDas Myon hat eine rund 200 mal grossere Masse als das Elektron Zur Erzeugung eines Myons ist daher eine Schwerpunktsenergie von ca 106 MeV notwendig Infolgedessen entstehen Myonen weder bei radioaktivem Zerfall noch bei Kernwaffenexplosionen aber in der Hohenstrahlung Zur kunstlichen Produktion werden Teilchenbeschleuniger benotigt Im Gegensatz zum Elektron ist das Myon instabil und zerfallt spontan mit einer mittleren Lebensdauer von 2 2 Mikrosekunden Das Formelsymbol des Myons ist m Das Antiteilchen des Myons ist das positive Myon oder Antimyon m Es ist wie das Positron einfach positiv geladen Inhaltsverzeichnis 1 Historie 2 Zerfall 2 1 Zerfallskanale 2 2 Lebensdauer 2 2 1 Zeitdilatation 2 3 Im Standardmodell verbotene Zerfallskanale 3 Magnetische Anomalie des Myons 4 Myon und Standardmodell 5 Myonen in der kosmischen Strahlung 6 Erzeugung von Myonen 7 Nachweis von Myonen 8 Experimente mit Myonen 8 1 Myonische Atome 8 1 1 Messung des Protonenradius 8 2 Myonium 8 3 Tief inelastische Streuung 8 4 Myonen katalysierte Fusion 8 5 Tomografie 9 Trivia 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseHistorie BearbeitenMyonen wurden 1936 von Carl D Anderson und Seth Neddermeyer bei der Untersuchung von kosmischer Strahlung entdeckt und unabhangig 1937 von J Curry Street und E C Stevenson nachgewiesen beide Gruppen veroffentlichten in derselben Physical Review Ausgabe 1937 Bis in die 1950er Jahre wurde das Myon als m Meson My Meson bezeichnet Meson griechisch etwa das Mittlere noch fruher auch Mesotron bedeutete damals mittelschweres Teilchen namlich mit einer Masse zwischen Elektron und Proton In den 1960er Jahren wurde aber die Bezeichnung Meson auf Teilchen mit starker Wechselwirkung eingeschrankt zu denen das Myon als Lepton nicht gehort Zerfall Bearbeiten nbsp Feynman Diagramm des MyonzerfallsZerfallskanale Bearbeiten Das freie Myon zerfallt gemass dem rechts abgebildeten Feynman Diagramm in ein Myon Neutrino ein Elektron Antineutrino und ein Elektron m e n e n m displaystyle mu to mathrm e bar nu mathrm e nu mu nbsp Selten in 0 0034 der Falle wird zusatzlich ein Elektron Positron Paar erzeugt m e n e n m e e displaystyle mu to mathrm e bar nu mathrm e nu mu mathrm e mathrm e nbsp Auch die Erzeugung von Gammastrahlung Photonen ist moglich Anteil 6e 8 m e n e n m g displaystyle mu to mathrm e bar nu mathrm e nu mu gamma nbsp Den Zerfall des Antimyons erhalt man durch den Austausch aller Teilchen durch das jeweilige Antiteilchen m e n e n m displaystyle mu to mathrm e nu mathrm e bar nu mu nbsp Dem Standardmodell zufolge wird der Zerfall des Myons durch ein W Boson vermittelt Lebensdauer Bearbeiten Die experimentell bestimmte mittlere Lebensdauer des ruhenden positiven Myons betragt t 2 196 981 1 2 2 ms entsprechend einer Halbwertzeit T t ln 2 von etwa 1 5228 ms Das negative Myon hat in Materie einen zusatzlichen Zerfallskanal Es kann mit einem Atomkern ein myonisches Atom bilden und anschliessend entsprechend dem K Einfang eines Elektrons vom Kern absorbiert werden Dabei wird ein Proton zu einem Neutron und ein Myon Neutrino wird emittiert Deswegen ist in Materie die experimentell bestimmbare mittlere Lebensdauer des negativen Myons kurzer Im Vakuum ohne diesen zusatzlichen Zerfallskanal stimmen die gemessenen Lebensdauern von positivem und negativem Myon genau uberein Messgenauigkeit 0 1 3 Zeitdilatation Bearbeiten Der Zerfall von Myonen aus der sekundaren kosmischen Strahlung wird gerne als Lehrbuchbeispiel fur die Zeitdilatation bewegter Teilchen herangezogen Nach der speziellen Relativitatstheorie erscheint die Zeit in einem mit einer Geschwindigkeit v displaystyle v nbsp bewegten System aus Sicht eines Aussenstehenden um den Lorentzfaktor g 1 1 v c 2 textstyle gamma 1 sqrt 1 v c 2 nbsp gedehnt verlangsamt Ohne diesen Effekt wurden von Myonen die sich nahe der Lichtgeschwindigkeit c bewegen aufgrund der kurzen Halbwertszeit von t1 2 1 5 ms nach einer Wegstrecke von c t1 2 450 m die Halfte zerfallen Nach 4 5 km ware nur noch jedes Tausendste vorhanden nach 9 km jedes Millionste Tatsachlich aber erreichen die allermeisten Myonen die in der ausseren Erdatmosphare entstehen den Erdboden 4 Die Lebensdauer von Myonen verschiedener Energie wurde erstmals 1940 durch Bruno Rossi und David B Hall gemessen 5 6 7 8 Durch einen Geschwindigkeitsfilter wurde die Messung auf Myonen mit 99 5 der Lichtgeschwindigkeit beschrankt Der Vergleich der gemessenen Teilchenanzahlen ermoglichte es die Halbwertszeit dieser schnellen Myonen zu bestimmen sie ergab sich mit 13 ms etwa neunmal langer als bei ruhenden Myonen in Ubereinstimmung mit den Voraussagen der Relativitatstheorie 1963 wurde von David H Frisch und James H Smith ein ahnliches Experiment mit hoherer Genauigkeit ausgefuhrt 9 Im Standardmodell verbotene Zerfallskanale Bearbeiten Bestimmte neutrinolose Zerfallskanale des Myons sind zwar kinematisch moglich jedoch im Standardmodell also auch ohne Neutrinooszillationen verboten und bisher auch nicht beobachtet worden Dies wird durch die Erhaltungssatze der Lepton Flavours ausgedruckt Erhaltung der Leptonenfamilienzahlen in jedem Wechselwirkungsvertex woraus auch folgt dass das Myon kein angeregter Zustand des Elektrons ist Beispiele fur solche Zerfalle die den Lepton Flavour andern wurden sind m e g displaystyle mu to mathrm e gamma nbsp und m e e e displaystyle mu to mathrm e mathrm e mathrm e nbsp Die Beobachtung eines solchen Zerfalls ware ein Indiz fur eine neue Physik jenseits des Standardmodells Neue Physik In den letzten 50 Jahren wurde in zahlreichen Experimenten die obere Grenze fur die Verzweigungsverhaltnisse solcher Zerfalle standig verbessert Der aktuelle Grenzwert 2020 fur den Zerfall m e g displaystyle mu to mathrm e gamma nbsp wurde im MEG Experiment mit 4 2 10 13 bestimmt 10 Das Experiment Mu3e plant den Grenzwert fur den anderen Zerfall von derzeit 10 12 auf 10 16 zu verbessern Magnetische Anomalie des Myons BearbeitenMyonen eignen sich besonders gut um fundamentale Krafte in der Physik auf hochstem Prazisionsniveau zu studieren Nach heutigem Kenntnisstand sind sie wie alle Leptonen punktformig Damit lassen sich im Rahmen der Quantenelektrodynamik ihre Eigenschaften sehr prazise berechnen Der Einfluss anderer Krafte als der elektromagnetischen Kraft ist klein aber durch virtuelle Teilchen die das Myon umgeben beobachtbar Das fuhrt zu einer Abweichung der magnetischen Eigenschaften des Myons Die magnetische Anomalie des Myons a m displaystyle a mu nbsp wird auch g 2 Wert genannt hierbei ist g der Lande Faktor Sie ist die Abweichung des durch Quantenkorrekturen ermittelten Wertes von dem Wert den man durch die Losung der Dirac Gleichung g m Dirac 2 displaystyle g mu text Dirac 2 nbsp erhalt Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik sagt fur diese Korrekturen vorher 11 a m SM g m 2 2 0 001 165 918 10 43 displaystyle a mu text SM frac g mu 2 2 0 001 165 918 10 43 nbsp Eine Prazisionsmessung dieser magnetischen Anomalie wurde am Brookhaven National Laboratory 12 von einer weltweiten Kollaboration um das Jahr 2000 durchgefuhrt Sollte es andere als die der Teilchenphysik derzeit bekannten Teilchen geben und sollten diese nicht allzu grosse Massen haben dann mussten sie sich in der magnetischen Anomalie des Myons bemerkbar machen Der ermittelte Wert von a m BNL 0 001 165 920 80 63 displaystyle a mu text BNL 0 001 165 920 80 63 nbsp lag 2 2 2 7 Standardabweichungen uber der theoretischen Vorhersage 13 was keine signifikante Abweichung von der theoretischen Vorhersage darstellte Anfang April 2021 wurden erste Ergebnisse des Myon g 2 Experiments am Fermilab veroffentlicht die mit hoherer Genauigkeit und einem Wert von a m FNAL 0 001 165 920 40 54 displaystyle a mu text FNAL 0 001 165 920 40 54 nbsp diese leichte Abweichung bestatigten 14 Es wurde noch nicht die in der Teilchenphysik ublicherweise geforderte Signifikanz von mindestens 5 s erreicht aber die Wahrscheinlichkeit dass sich die Abweichung rein zufallig ergab liegt in der Grossenordnung 1 40 000 15 Das kombinierte Ergebnis von Brookhaven und Fermilab weicht daher um a m komb a m SM 241 59 10 11 displaystyle a mu text komb a mu text SM 241 pm 59 times 10 11 nbsp vom theoretisch vorhergesagten Ergebnis ab was mit 4 2 Standardabweichungen einer Wahrscheinlichkeit fur einen Zufall von etwa 1 100 000 entspricht Myon und Standardmodell BearbeitenWenn das gemessene magnetische Moment des Myons grosser ist als das auf Basis des Standardmodells der Teilchenphysik berechnete konnte das darauf hinweisen dass es weitere Elementarteilchen gibt die eine Wirkung auf das magnetische Moment haben Ein beliebtes Modell ist die Supersymmetrie SUSY die fur jedes Teilchen des Standardmodells die Existenz eines Superpartners vorhersagt Aus SUSY Teilchen konnte ausserdem die bisher nicht identifizierte Dunkle Materie im Universum bestehen deren Existenz bei den Kosmologen als sicher gilt Dieses Modell krankt leider daran dass der LHC bis zum Wert von etwa 1000 Protonenmassen keine Superpartner gefunden hat 16 Wenn es allerdings zwei SUSY Teilchen mit ahnlichen Massen gabe etwa eines mit 550 Protonenmassen ein zweites mit 500 Protonenmassen so wurde im Beschleuniger zunachst das schwerere von beiden erzeugt das aber schnell in das leichtere SUSY Teilchen und ein gewohnliches Teilchen des Standardmodells mit etwa 50 Protonenmassen zerfiele 16 der LHC kann solche Zerfalle nicht detektieren 16 Teilchen mit diesen Eigenschaften erfordern aber die Existenz einer viel grosseren Menge Dunkler Materie als die Astronomen beobachten Kompliziert wird das Problem des Myons durch folgende vom LHCb gefundene Asymmetrie Beim Zerfall von B Mesonen sollten gleich viele Myonen und Elektronen entstehen da diese beiden Teilchen bis auf ihre deutlich verschiedenen Massen im Standardmodell vollig gleichberechtigt sind der LHCb beobachtet jedoch weniger Myonen als Elektronen 17 und das kann kein SUSY Modell erklaren 16 Zuletzt werden einige Grosse vereinheitlichte Theorien die die starke elektromagnetische und schwache Kraft als Wirkung einer einzigen fundamentalen Kraft auffassen zur Deutung aller drei Probleme zu grosses magnetisches Moment des Myons Defizit von Myonen beim B Meson Zerfall Dunkle Materie im Universum in Erwagung gezogen soweit sie fruher noch nicht experimentell widerlegt wurden Eine Moglichkeit dabei ware die Existenz eines Leptoquarks zu fordern die auch erklaren wurde warum die drei Familien der Elementarteilchen so verschiedene Massen haben Alternativ konnte nach einem dem Z Boson ahnlichen Z Boson gesucht werden Gleichzeitig wird auch eine noch genauere Berechnung des g 2 Werts angestrebt 18 in der Hoffnung dass dieser sich dann doch dem experimentellen Ergebnis annahern konnte 16 Myonen in der kosmischen Strahlung BearbeitenMyonen sind ein Hauptbestandteil der sekundaren kosmischen Strahlung Diese entsteht durch Reaktionen der eigentlichen kosmischen Strahlung vor allem aus dem Weltall kommenden Protonen mit Atomkernen der oberen Atmosphare Die meisten Myonen entstehen in der ausseren Atmosphare In einer Hohe von etwa 10 km sind schon 90 Prozent aller in der gesamten Atmosphare produzierten Myonen entstanden 19 Die Reaktionen der primaren Strahlung erzeugen zunachst Pionen und zu einem kleineren Teil Kaonen bei deren Zerfall durch die schwache Wechselwirkung entstehen unter anderem Myonen und Myon Neutrinos In Meereshohe liegt die Teilchenflussdichte dieser kosmischen Myonen um die 100 pro Quadratmeter und Sekunde das gemessene Verhaltnis m m bei etwa 1 27 20 Der erhebliche Fluss schneller Myonen aus der sekundaren kosmischen Strahlung noch am Erdboden stellt einen storenden Untergrund bei Messungen schwacher Strahlenquellen dar Er ist einer der Grunde dafur solche Messungen in unterirdischen Laboratorien in fruheren Bergwerken u A wie etwa dem Gran Sasso Labor durchzufuhren Am Auger Observatorium verdichteten sich 2016 die Hinweise auf einen durch gangige Modelle der Hochenergiephysik nicht erklarbaren Myonen Uberschuss in der kosmischen Strahlung der entweder auf neue Physik hinweist bei Primarenergien der kosmischen Strahlung von 1019 eV in der oberen Atmosphare entspricht das Schwerpunktsenergien der Kollision mit Luftmolekulen von 110 bis 170 TeV und damit dem Zehnfachen des beim LHC erreichbaren Werts oder auf Lucken im Verstandnis hadronischer Kollisionsprozesse 21 22 Erzeugung von Myonen BearbeitenMyonen lassen sich mit Teilchenbeschleunigern erzeugen indem man hochenergetische Protonen auf ein Target schiesst Dabei entstehen geladene Pionen p p die mit einer Halbwertszeit von 1 8e 8 s in Myonen und Neutrinos zerfallen Aufgrund der Zeitdilation entspricht dies je nach Energie einer Flugstrecke von wenigen bis zu einigen hundert Metern Aus dem so entstehenden Strahl von Pionen Myonen und anderen Teilchen lassen sich Myonen herausfiltern indem man den Strahl durch eine dicke Materialschicht Absorber leitet den die stark wechselwirkenden Teilchen Pionen Kaonen nicht durchdringen konnen Auch wenn man einen Strahl aus Myonen und Pionen und anderen Teilchen in einen Speicherring leitet dessen elektrische und magnetische Felder speziell auf die Myonenmasse eingestellt sind werden die Myonen herausgefiltert denn nur diese werden gerade so abgelenkt dass sie dem Ringverlauf folgen Ein Nebeneffekt bei der Erzeugung uber Pionen ist dass die Myonen polarisiert sind Beim Zerfall p m n m textstyle pi to mu bar nu mu nbsp ist das Myon linkshandig und entsprechend ist beim Zerfall p m n m textstyle pi to mu nu mu nbsp das Antimyon rechtshandig Im Ruhesystem des Pions zeigt daher der Spinvektor des wegfliegenden Myons in Vorwartsrichtung der des Antimyons in Ruckwartsrichtung Nachweis von Myonen BearbeitenMyonen mit ihrer meist hohen kinetischen Energie erzeugen in Materie durch viele aufeinander folgende Stosse lange Ionisationsspuren die zur Detektion dienen konnen Da sie sich meist mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegen erzeugen sie z B in Wasser Tscherenkow Strahlung Auch Szintillatoren und Halbleiterdetektoren sind auf Myonen empfindlich Die Myonen aus der sekundaren kosmischen Strahlung beispielsweise machen in Gammaspektrometern oft den Hauptteil des Nulleffekts aus denn sie konnen wegen ihrer hohen Energie mehrere Meter Blei durchdringen und sind im Labor daher kaum abschirmbar In Experimenten der Teilchenphysik werden Myonen von anderen Teilchen durch verschiedene Techniken unterschieden Durch Messen langerer Spuren konnen Ursprungsort und die Bewegungsrichtung der Myonen bestimmt werden Durch Messen von Spuren in Magnetfeldern kann das Verhaltnis von Ladung zu Impuls bestimmt werden Zusammen mit einer Geschwindigkeitsmessung kann auf die Masse des Teilchens geschlossen werden Das hohe Durchdringungsvermogen fur Materie kann ebenfalls zur Identifikation dienen Experimente mit Myonen BearbeitenMyonische Atome Bearbeiten Wie Elektronen konnen die negativ geladenen Myonen an Atomkerne gebunden werden Der zugehorige Bohrsche Radius der Myonbahn um den Atomkern ist aber um das Verhaltnis der Masse des Myons zum Elektron kleiner Damit sind Myonen viel enger als Elektronen an den Kern gebunden sich im Kernbereich zu bewegen ist dadurch um etwa 7 Grossenordnungen wahrscheinlicher als bei Elektronen Insbesondere bei schweren Atomkernen und bei Myonen die nach dem Einfang das 1s Orbital belegen steigt die Wahrscheinlichkeit des Aufenthalts eines Myons innerhalb des Atomkerns auf signifikante Werte Wenn das Myon dann vom Kern absorbiert wird kommt es zum inversen Betazerfall und ein Proton wird in ein Neutron umgewandelt Hierbei entstehen zusatzlich ein Neutrino und eventuell einige Gamma Quanten Der neu entstandene Atomkern ist haufig radioaktiv Durchlauft dieser in der Folge einen normalen Betazerfall entsteht wieder der ursprungliche Atomkern Ein gebundenes Myon hat aufgrund der zusatzlichen Reaktionswahrscheinlichkeit eine deutlich geringere Lebensdauer in Kupfer z B etwa 0 163 ms Dies wird z B in der Myonen Spin Analyse genutzt Da das gebundene Myon einen Teil der Kernladung abschirmt verschieben sich die Energieniveaus der gebundenen Elektronen Weiterhin gilt das Pauli Prinzip zwar jeweils fur Elektronen und Leptonen untereinander aber nicht zwischen verschiedenen Teilchenarten So konnen in einem myonischen Atom neben zwei Elektronen im 1s Zustand zusatzlich ein oder zwei Myonen im 1s Zustand existieren Dem gebundenen Myon steht als einzig zusatzlicher Zerfallsweg neben samtlichen Zerfallskanalen des freien Myons der Kerneinfang offen Kerneinfang ist fur schwere Kerne der dominierende Prozess Nach weiteren Zerfallsmoglichkeiten wird derzeit gesucht z B der sogenannten Myon Elektron Konversion m Z e Z displaystyle mu Z rightarrow mathrm e Z nbsp Da dieser Prozess im Standardmodell der Teilchenphysik nicht moglich ist ware er ein eindeutiges Zeichen sogenannter Neuer Physik Antimyonen konnen mit ihrer positiven Ladung hingegen ahnlich wie Protonen oder Positronen selber ein Elektron einfangen Dabei entsteht ein exotisches Atom das Myonium genannt wird Messung des Protonenradius Bearbeiten Die Messung der Lamb Verschiebung von normalem Wasserstoff und myonischem Wasserstoff ist eine Moglichkeit den Protonenradius zu bestimmen Sie ist auf Grund unterschiedlicher Entfernungen zwischen Proton und dem entsprechenden Lepton unterschiedlich und ermoglicht so durch Messung der Energiedifferenzen zwischen 2s und 2p Zustanden durch Absorption von Laserstrahlung die Messung von Abweichungen des Coulombpotentials auf sehr kleinen Entfernungsskalen Laut QED wurde die 2010 am Paul Scherrer Institut beobachtete Verschiebung durch einen Protonenradius von 841 84 0 67 10 18 m verursacht werden Der Wert stimmt nicht mit dem Wert 876 8 6 9 10 18 m aus Streuexperimenten uberein eines der ungelosten Probleme der Physik 2016 wurden die kleineren Werte des Protonenradius durch die gleichen Messungen am Deuteron die ebenfalls am Paul Scherrer Institut durchgefuhrt wurden bestatigt 23 24 2017 wurden die Messungen einer Abweichung durch Laserspektroskopie an gewohnlichem Wasserstoff bestatigt Myonium Bearbeiten Myonium ist ein gebundenes System aus einem m und einem Elektron Es entspricht also einem Wasserstoffatom bei dem das Proton des Kerns durch ein Antimyon ersetzt ist Da das Myon im Gegensatz zum Proton keine Substruktur hat sind mit Myonium Experimente zu fundamentalen Wechselwirkungen mit hoher Prazision moglich Tief inelastische Streuung Bearbeiten Fur die Erforschung der Substruktur von Protonen und Neutronen durch tief inelastische Streuung sind Elektronen und Myonen gleichermassen geeignet Elektronenstrahlen lassen sich zwar weitaus einfacher erzeugen als Myonenstrahlen aber mit letzteren lassen sich hohere Energien und damit Messungen mit hoherer Auflosung erreichen Die European Muon Collaboration EMC am CERN verfugte schon in den 1980er Jahren beim Experiment NA2 uber einen Myonenstrahl von bis zu 280 GeV Energie der am Super Proton Synchrotron SPS erzeugt wurde wahrend die Energie des Elektronenstrahls am Stanford Linear Accelerator Center SLAC auf 50 GeV beschrankt war Auch der spater gebaute Large Electron Positron Collider LEP am CERN erreichte im Jahr 2000 eine Rekordmarke von nur 104 5 GeV und wurde ohnehin fur andere Zwecke verwendet Myonen katalysierte Fusion Bearbeiten Wird ein Myon von einem Deuterium oder einem Deuterium Tritium Molekul D2 bzw DT eingefangen dann entsteht ein positives myonisches Molekulion da die relativ grosse Bindungsenergie des Myons die beiden Elektronen des Molekuls freisetzt In diesem myonischen Molekul Ion sind die beiden Atomkerne einander etwa 200 mal naher als in einem elektronischen Molekul Das ermoglicht durch den Tunneleffekt die Fusion der beiden Kerne Die sehr grosse durch die Fusion frei werdende Energie bei D D rund 3 MeV bei D T 14 MeV setzt auch das Myon wieder frei und es kann wahrend seiner Lebensdauer je nach Umgebungsbedingung viele weitere Grossenordnung 102 Einzelfusionen katalysieren 25 Um mit dieser myonisch katalysierten Kernfusion Nutzenergie erzeugen zu konnen mussen die bis zum Zerfall des Myons Lebensdauer 2 2 ms stattfindenden Einzelfusionen mehr Energie freisetzen als fur die Erzeugung des Myons benotigt wurde Aktuelle Teilchenbeschleuniger Anlagen sind davon viele Grossenordnungen entfernt Die myonenkatalysierte Fusion ist auch unter dem Namen kalte Fusion bekannt Sie wurde ursprunglich von Andrei Sacharow vorgeschlagen Bis heute sind keine experimentellen oder theoretischen Ergebnisse zur kalten Fusion anerkannt die zweifelsfrei eine Myonen katalysierte Fusion zur Energiegewinnung moglich erscheinen lassen 26 27 Tomografie Bearbeiten Die kosmische Strahlung enthalt Myonen mit einer Energie von mehreren GeV Durch ihre hohe kinetische Energie konnen sie mehrere Kilometer dicken Fels durchdringen bevor sie auf Geschwindigkeiten deutlich unter der Lichtgeschwindigkeit abgebremst sind und zerfallen Daher kann man sie bei der Myonentomografie zum Durchleuchten grosserer Objekte nutzen Dazu werden die Myonen der kosmischen Strahlung verwendet und ihre Streustrahlung gemessen und tomographisch ausgewertet Auf diese Weise wurden beispielsweise in den 1960er Jahren die Chephren Pyramide von Luis Walter Alvarez untersucht und ab 2017 mehrere Hohlraume in der Cheops Pyramide entdeckt 28 29 Im Jahr 2009 wurde die Methode auf den Vulkan Iō dake japanisch 硫黄岳 auf der Insel Iojima Kikai Caldera Ōsumi Inseln angewandt Dadurch konnte die Dichteverteilung des Vulkans ermittelt werden 30 31 Trivia BearbeitenDas 1936 entdeckte Myon wurde zunachst fur das 1935 von Hideki Yukawa postulierte Austauschteilchen der Kernkraft gehalten das heute als Pion bekannt ist Dieser Irrtum ruhrte daher dass das Myon bis zur Entdeckung des Pions im Jahr 1947 das einzige bekannte Teilchen war dessen Masse ungefahr der vorhergesagten Masse des Yukawa Teilchens entsprach Die unerwartete Entdeckung eines Teilchens das sich wie das Elektron verhielt aber eine 207 mal hohere Masse hatte veranlasste Isidor Isaac Rabi zu seinem beruhmten Ausspruch Who ordered that Wer hat denn das bestellt 32 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Myon Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Was sind Myonen aus der Fernseh Sendereihe alpha Centauri ca 15 Minuten Erstmals ausgestrahlt am 14 Apr 2004 Integrated Infrastructure Initiative for Neutron Scattering and Muon Spectroscopy NMI3 Europaisches Konsortium mit 18 Partnerorganisationen aus 12 Landern alle wichtigen Einrichtungen in den Bereichen Neutronenstreuung und Myonspektroskopie Englisch Einzelnachweise Bearbeiten Die Angaben uber die Teilcheneigenschaften der Infobox sind wenn nicht anders angegeben entnommen aus der Veroffentlichung der CODATA Task Group on Fundamental Constants CODATA Recommended Values National Institute of Standards and Technology abgerufen am 4 Juli 2019 englisch Die eingeklammerten Ziffern bezeichnen die Unsicherheit in den letzten Stellen des Wertes diese Unsicherheit ist als geschatzte Standardabweichung des angegebenen Zahlenwertes vom tatsachlichen Wert angegeben C Patrignani u a Particle Data Group 2017 Review of Particle Physics In Chin Phys C Bd 40 2016 100001 und 2017 Review of Particle Physics Particle Data Group abgerufen am 4 Juli 2019 englisch S L Meyer E W Anderson E Bleser I M Lederman J L Rosen J Rothberg I T Wang Precision Lifetime Measurements on Positive and Negative Muons In Physical Review Band 132 Nr 6 1963 S 2693 2698 doi 10 1103 PhysRev 132 2693 Roman Sexl Herbert K Schmidt Raum Zeit Relativitat Vieweg Braunschweig 1979 ISBN 3 528 17236 3 S 82 85 B Rossi D B Hall Variation of the Rate of Decay of Mesotrons with Momentum In Physical Review 59 Jahrgang Nr 3 1941 S 223 228 doi 10 1103 PhysRev 59 223 B Rossi K Greisen J C Stearns D K Froman P G Koontz Further Measurements of the Mesotron Lifetime In Physical Review 61 Jahrgang Nr 11 12 1942 S 675 679 doi 10 1103 PhysRev 61 675 B Rossi N Nereson Experimental Determination of the 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