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Chiralitat Handigkeit Kunstwort abgeleitet von griechisch xeir ch e ir hand bezeichnet in der Physik ein abstraktes Konzept im Rahmen der relativistischen Quantenmechanik und der Quantenfeldtheorie Die Chiralitat eines Teilchens ist entscheidend bei Prozessen der schwachen Wechselwirkung da W Bosonen nur an Teilchen mit negativer linkshandiger Chiralitat und an Antiteilchen mit positiver rechtshandiger Chiralitat koppeln Die Chiralitat ist zu unterscheiden von der Helizitat der Komponente des Spins in Bewegungsrichtung die keine Lorentz Invariante ist Nur im Grenzfall der Lichtgeschwindigkeit also fur masselose Teilchen stimmen beide uberein Die Chiralitat physikalischer Grossen lasst sich im Gegensatz zur Chiralitat in der Chemie auch nicht durch eine Spiegelung am ebenen Spiegel veranschaulichen Stattdessen beschreibt sie die Zerlegung von Dirac Spinoren in orthogonale Zustande die unter Paritatsoperationen ineinander ubergehen Inhaltsverzeichnis 1 Definition 1 1 Masselose Fermionen 1 2 Massebehaftete Fermionen 2 Chiralitat und schwache Wechselwirkung 3 Zusammenhang mit anderen Konzepten 3 1 Helizitat 3 2 CP Invarianz 4 Einzelnachweise Anmerkungen 5 WeblinksDefinition BearbeitenDie funfte Gamma Matrix g 5 i g 0 g 1 g 2 g 3 displaystyle gamma 5 mathrm i gamma 0 gamma 1 gamma 2 gamma 3 nbsp heisst Chiralitatsoperator er ist hermitesch und selbstinvers Seine Eigenwerte sind daher 1 displaystyle pm 1 nbsp den zum Eigenwert 1 gehorigen Eigenzustand nennt man den Zustand positiver rechtshandiger Chiralitat den zum Eigenwert 1 gehorigen Eigenzustand nennt man den Zustand negativer linkshandiger Chiralitat Masselose Fermionen Bearbeiten Aus der Dirac Gleichung lasst sich im Grenzfall masseloser Fermionen wie Neutrinos 1 die Weyl Gleichung i g m m ps 0 displaystyle mathrm i gamma mu partial mu psi 0 nbsp erhalten Im Rahmen der Weyl Gleichung bietet es sich an die Dirac Matrizen nicht in Dirac sondern in Weyl Darstellung zu notieren sodass auf der Nichtdiagonalen nur Blockmatrizen auftreten Durch das Fehlen des Masseterms entkoppeln somit die vier Komponenten der Dirac Spinoren zu zwei unabhangigen Zweierspinoren 0 ps L ps R i s I 2 0 0 I 2 ps L ps R displaystyle partial 0 begin pmatrix psi L psi R end pmatrix mathrm i vec sigma cdot vec nabla begin pmatrix I 2 amp 0 0 amp I 2 end pmatrix begin pmatrix psi L psi R end pmatrix nbsp Der Chiralitatsoperator kommutiert mit dem Weyl Hamiltonoperator sodass ein Satz gemeinsamer Energie und Chiralitats Eigenzustande gefunden werden kann Aufgrund der Diagonalitat des Chiralitatsoperators in Weyl Darstellung g 5 I 2 0 0 I 2 displaystyle gamma 5 begin pmatrix I 2 amp 0 0 amp I 2 end pmatrix nbsp folgt direkt dass der obere Zweierspinor ps L displaystyle psi text L nbsp als linkshandiger und der untere Spinor ps R displaystyle psi text R nbsp als rechtshandiger Anteil gedeutet werden kann Da Neutrinos nur schwach wechselwirken sind rechtshandige Neutrinos bzw linkshandige Antineutrinos hypothetische sterile Teilchen Im Rahmen des Standardmodells dagegen sind alle Neutrinos negativer Chiralitat und Antineutrinos positiver Chiralitat Massebehaftete Fermionen Bearbeiten Da der Dirac Hamiltonoperator einen Masseterm besitzt kommutiert er nicht mit dem Chiralitatsoperator es lassen sich daher keine gemeinsamen Eigenzustande konstruieren Insbesondere folgt daraus auch dass die Chiralitat eines massiven Objektes keine Erhaltungsgrosse darstellt da der Chiralitatsoperator auch nicht mit dem Zeitentwicklungsoperator als Exponential des Hamiltonoperators kommutiert Aus der Eigenschaft des Chiralitatsoperators bzw der funften Gamma Matrix ihr Selbstinverses zu sein folgt jedoch dass die Operatoren P R 1 g 5 2 displaystyle P text R frac 1 gamma 5 2 nbsp und P L 1 g 5 2 displaystyle P text L frac 1 gamma 5 2 nbsp einen vollstandigen Satz von Projektionsoperatoren bilden Sie projizieren die Anteile positiver bzw negativer Chiralitat aus dem Dirac Spinor hinaus g 5 P R L ps g 5 ps R L ps R L displaystyle gamma 5 P text R L psi equiv gamma 5 psi text R L pm psi text R L nbsp Auf diese Weise kann jeder Dirac Spinor in einen Anteil rechts beziehungsweise linkshandiger Chiralitat zerlegt werden Chiralitat und schwache Wechselwirkung BearbeitenIn der schwachen Wechselwirkung spielt das Konzept der Chiralitat eine entscheidende Rolle Im Rahmen der historischen V A Theorie projizieren die geladenen Strome der schwachen Wechselwirkung nur den linkshandigen Anteil der Fermionen heraus sodass nur dieser an der Wechselwirkung teilhat In der Glashow Salam Weinberg Theorie der elektroschwachen Vereinigung werden die linkshandigen Anteile einer Teilchengeneration zu Dubletts unter dem schwachen Isospin zusammengefasst z B n e e L displaystyle nu e e L nbsp bzw u d L displaystyle u d L nbsp wahrend die rechtshandigen Anteile als Singuletts betrachtet werden e R u R d R displaystyle e R u R d R nbsp Dadurch wirkt die kovariante Ableitung unterschiedlich auf die links bzw rechtshandigen Komponenten sodass die geladenen schwachen Strome in Form der W Bosonen nur auf die linkshandigen Anteile wirken der neutrale schwache Strom in Form des Z Bosons an rechts und linkshandige Anteile unterschiedlich stark koppelt der elektromagnetische Strom in Form des Photons rechts und linkshandige Anteile nicht unterscheidet Zusammenhang mit anderen Konzepten BearbeitenHelizitat Bearbeiten Hauptartikel Helizitat Der Helizitatsoperator betrachtet die Projektion des Spins in Bewegungsrichtung eines Teilchens und ist daher im Gegensatz zum Chiralitatsoperator nicht lorentzinvariant Im Gegensatz zum Chiralitatsoperator kommutiert der Helizitatsoperator jedoch mit dem Dirac Hamiltonoperator sodass die Helizitat eine Erhaltungsgrosse darstellt Im Falle masseloser Fermionen stimmen Helizitat und Chiralitat bis auf einen Spin Faktor uberein CP Invarianz Bearbeiten Die Chiralitat von Teilchen ist aufgrund der Tatsache dass der Chiralitatsoperator mit den Gamma Matrizen antikommutiert nicht invariant unter Paritatsoperationen P displaystyle mathcal P nbsp Paritatsverletzung P ps R L x g 0 1 g 5 2 ps P x 1 g 5 2 g 0 ps P x P ps x L R displaystyle mathcal P psi text R L x gamma 0 frac 1 pm gamma 5 2 psi mathcal P x frac 1 mp gamma 5 2 gamma 0 psi mathcal P x mathcal P psi x text L R nbsp Ebenso andert die Ladungskonjugation Charge conjugation C displaystyle mathcal C nbsp die Chiralitat da der Chiralitatsoperator zudem gleich seines komplex Konjugierten ist C ps R L x i g 2 1 g 5 2 ps x 1 g 5 2 i g 2 ps x C ps x L R displaystyle mathcal C psi text R L x mathrm i gamma 2 frac 1 pm gamma 5 2 psi x frac 1 mp gamma 5 2 mathrm i gamma 2 psi x mathcal C psi x text L R nbsp Da somit Paritatsoperation und Ladungskonjugation gleichermassen die Chiralitat umkehren bleibt die Chiralitat unter einer Nacheinanderausfuhrung beider Operationen erhalten Diesen Fakt bezeichnet man als CP Invarianz Einzelnachweise Anmerkungen Bearbeiten Im Rahmen des Standardmodells in ursprunglicher Fassung sind Neutrinos masselos Experimente zur Neutrinooszillation haben gezeigt dass sie eine nichtverschwindende Masse besitzen die Beschreibung von Neutrinos als massive Objekte bedarf jedoch weiterfuhrender physikalischer Modelle Weblinks BearbeitenHelicity and chirality Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chiralitat Physik amp oldid 230528178