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Dieser Artikel behandelt das Standardmodell der Elementarteilchenphysik Zum Standardmodell der Kosmologie siehe Lambda CDM Modell Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik SM fasst die wesentlichen Erkenntnisse der Teilchenphysik nach heutigem Stand zusammen 1 Es beschreibt alle bekannten Elementarteilchen und die wichtigen Wechselwirkungen zwischen ihnen die starke Wechselwirkung beschrieben durch die Quantenchromodynamik die schwache Wechselwirkung und die elektromagnetische Wechselwirkung vereinheitlicht beschrieben durch die Elektroschwache Wechselwirkung Nur die vergleichsweise sehr schwache Gravitation wird nicht berucksichtigt In theoretischer Hinsicht ist das Standardmodell eine Quantenfeldtheorie Ihre fundamentalen Objekte sind Felder die nur in diskreten Paketen verandert werden die diskreten Pakete entsprechen in einer passenden Darstellung den beobachteten Teilchen Das Standardmodell ist so gebaut dass die von ihm beschriebenen Teilchen und Felder die Gesetze der speziellen Relativitatstheorie erfullen Gleichzeitig enthalt es die Aussagen der Quantenmechanik Viele Voraussagen des Standardmodells wurden durch Experimente der Teilchenphysik bestatigt Insbesondere ist die Existenz auch derjenigen Elementarteilchen des Modells nachgewiesen die erst von der Theorie vorhergesagt wurden Die gemessenen quantitativen Eigenschaften der Teilchen stimmen sehr gut mit den Vorhersagen des Standardmodells uberein Ein besonders deutliches Beispiel dafur ist der g Faktor des Elektrons Es gibt dennoch Grunde fur die Annahme dass das Standardmodell nur ein Aspekt einer noch umfassenderen Theorie ist Dunkle Materie und Dunkle Energie werden vom Standardmodell nicht beschrieben Seine Aussagen fuhren bei hohen Energien wie sie beim Urknall auftraten zu Widerspruchen mit der allgemeinen Relativitatstheorie Ausserdem mussen 18 Parameter deren Werte nicht aus der Theorie hervorgehen anhand von experimentellen Ergebnissen festgelegt werden Es wird dadurch recht biegsam und kann sich in einem gewissen Rahmen den tatsachlich gemachten Beobachtungen anpassen Es gibt auch zahlreiche Bemuhungen das Standardmodell zu erweitern oder abzulosen Das Standardmodell allein reicht in der Physik fur die theoretische Beschreibung in der Praxis meist nicht aus um die Phanomene zu beschreiben vielmehr gibt es fur jede Grossenskala in Raumzeit und Energie Impuls wobei diese aufgrund der Quantenmechanik gekoppelt sind und fur das gerade interessierende physikalische Umfeld eigene sog effektive Theorien zum Beispiel bei der Beschreibung von Sternen Flussigkeiten Festkorpern Atomen Atomkernen und fur Ubergange zwischen Skalen die Renormierungsgruppe In der Elementarteilchenphysik wird dieser Ubergang zwischen unterschiedlichen Skalen die auch in der im fruhen Universums nach der Urknalltheorie durchlaufen werden durch Phasenubergange und gleitende Kopplungskonstanten gekennzeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Wechselwirkungen 2 Elementarteilchen 2 1 Fermionen Materie Teilchen 2 2 Vektorbosonen Wechselwirkungs Teilchen 2 3 Higgs Boson 3 Physikmodelle neben dem Standardmodell 4 Trivia 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseWechselwirkungen Bearbeiten Hauptartikel Elektroschwache Wechselwirkung und Starke Wechselwirkung Im Standardmodell wird die Wechselwirkung der Materiefelder durch abstrakte mathematische Eichsymmetrien beschrieben wodurch das Standardmodell auch eine Eichtheorie ist Die Eichgruppen des SMs sind U 1 Y displaystyle U 1 Y nbsp S U 2 L displaystyle SU 2 L nbsp und S U 3 c displaystyle SU 3 c nbsp Die jeweiligen Ladungen dieser Symmetrien sind die schwache Hyperladung der schwache Isospin und die Farbladung Die drei ublicherweise als Wechselwirkungen des SMs aufgezahlten Wechselwirkungen die elektromagnetische Wechselwirkung die schwache Wechselwirkung und die starke Wechselwirkung ergeben sich aus diesen Eichgruppen Der Higgs Mechanismus fuhrt zur elektroschwachen Symmetriebrechung Dabei entstehen durch die Gruppen U 1 Y displaystyle U 1 Y nbsp und S U 2 L displaystyle SU 2 L nbsp in der Teilchendarstellung drei effektive Austauschteilchen Das Photon das Z Boson und das W Boson Das masselose Photon ist das Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselwirkung das Z und das W Boson sind die massiven Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung Die lokale Eichgruppe S U 3 c displaystyle SU 3 c nbsp erzwingt die Existenz der Gluon Felder welche die Farbwechselwirkung zwischen den Quarks und untereinander vermitteln Die Farbwechselwirkung ermoglicht den Austausch gebundener Quark Antiquark Zustande Pionen zwischen den Bausteinen eines Atomkerns Nukleonen Je nach Nomenklatur wird der Begriff starke Wechselwirkung folgendermassen verwendet Entweder man versteht darunter die durch Pionaustausch beschreibbare effektive Wechselwirkung zwischen den Nukleonen oder die Farbwechselwirkung selbst wird direkt als starke Wechselwirkung bezeichnet Elementarteilchen Bearbeiten Hauptartikel Elementarteilchen nbsp Elementarteilchen des Standardmodells Quarks Austauschteilchen Leptonen Higgs BosonFermionen Materie Teilchen Bearbeiten Die Fermionen des Standardmodells und nichtelementare Teilchen die aus ihnen aufgebaut sind sind per Konvention die Teilchen die als Materie bezeichnet werden Fermionen die der Farbwechselwirkung unterliegen werden Quarks genannt die anderen Fermionen sind Leptonen leichte Teilchen Sowohl Leptonen als auch Quarks werden aus praktischen Grunden in drei Generationen mit je einem Paar Teilchen unterteilt Die Teilchen eines Paares unterscheiden sich in ihrem Verhalten bezuglich der S U 2 L displaystyle SU 2 L nbsp Eichgruppe und damit in ihrer elektroschwachen Wechselwirkung besonders nennenswert ist dabei ihre unterschiedliche elektrische Ladung Aquivalente Teilchen verschiedener Generationen haben nahezu identische Eigenschaften der deutlichste Unterschied ist die mit der Generation zunehmende Masse Vektorbosonen Wechselwirkungs Teilchen Bearbeiten Die bosonischen Elementarteilchen des Standardmodells unterscheiden sich in ihrem Spin die Vektorbosonen Photon W Z Gluon haben die Spinquantenzahl 1 das Higgs Boson die Spinquantenzahl 0 Die Existenz der Vektorbosonen ist mathematisch eine notwendige Folge der Eichsymmetrien des Standardmodells Sie vermitteln die Wechselwirkungen zwischen Teilchen konnen aber prinzipiell auch als eigenstandige Teilchen auftreten insbesondere das Photon das als Elementarteilchen eine Quantengrosse elektromagnetischer Wellen darstellt Die Gluonen sind Eichbosonen und reprasentieren direkt die Freiheitsgrade der Eichgruppe S U 3 displaystyle SU 3 nbsp der starken Kraft Die W und Z Bosonen und die Photonen hingegen reprasentieren nicht direkt die Freiheitsgrade der ubrigen Eichgruppe S U 2 L U 1 displaystyle SU 2 L times U 1 nbsp werden aber gelegentlich trotzdem als Eichbosonen bezeichnet Die Vektorbosonen des Standardmodells werden auch Botenteilchen oder Austauschteilchen genannt Im Sektor der Eichfeldtheorien des Standardmodells die bis auf die U 1 Komponenten nicht abelsche Eichfeldtheorien sind bei denen die geladenen Eichbosonen miteinander wechselwirken und die deshalb auf nichtlineare storungstheoretisch nur in Grenzfallen behandelbare Feldgleichungen fuhren spielen topologische Feldanregungen eine Rolle Sie spielen zum Beispiel als Sphaleron im elektroschwachen Sektor bei der Erklarung der Baryogenese eine Rolle und als Instantonen in der QCD in der Beschreibung des Bereichs der nicht der Eigenschaft der asymptotischen Freiheit unterliegt Letzterer tritt in Hochenergiestreuexperimenten auf das theoretisch ungeloste und schwierig zu behandelnde Problem des Confinement in der QCD der Tatsache dass in der gegenwartigen Phase des Universums nur farbneutrale freie Hadronen vorkommen liegt aber im nichtstorungstheoretischen Bereich der entweder mit Simulation uber Gittereichtheorien behandelt wird oder analytisch auf Basis von nichtlinearen storungstheoretisch nicht beschreibbaren Anregungen des Feldes Deshalb spielen im Standardmodell nicht nur die Elementarteilchen selbst eine Rolle sondern auch nichtlineare Feldanregungen Higgs Boson Bearbeiten Das Higgs Boson ist keine direkte Folge einer Eichsymmetrie vermittelt daher keine Wechselwirkung im Sinne des Standardmodells und wird daher auch nicht als Austauschteilchen angesehen Das Higgs Boson wird jedoch benotigt um die elektroschwache S U 2 U 1 displaystyle SU 2 times U 1 nbsp Symmetrie zu brechen und so sowohl dem Z als auch den W Bosonen Masse zu verleihen Am 4 Juli 2012 wurde in einem Seminar am CERN bekanntgegeben dass durch Experimente am Large Hadron Collider ein Boson nachgewiesen wurde das in allen bisher untersuchten Eigenschaften mit dem Higgs Boson ubereinstimmt 2 was weitere Messungen bestatigen konnten 3 Physikmodelle neben dem Standardmodell BearbeitenDas Standardmodell der Teilchenphysik kann nahezu alle bisher beobachteten teilchenphysikalischen Beobachtungen erklaren Allerdings ist es unvollstandig da es die gravitative Wechselwirkung nicht beschreibt Ausserdem gibt es auch innerhalb der Teilchenphysik einige offene Fragen die das Standardmodell nicht losen kann wie z B das Hierarchieproblem und die Vereinigung der drei Grundkrafte Auch die inzwischen bestatigte von Null verschiedene Masse der Neutrinos fuhrt uber die Theorie des Standardmodells hinaus Es existiert eine Vielzahl alternativer Modelle aufgrund derer das etablierte Standardmodell lediglich um weitere Ansatze erweitert wird um einige Probleme besser beschreiben zu konnen ohne sein Fundament zu verandern Die bekanntesten Ansatze fur neue Modelle sind Versuche zur Vereinigung der drei im Standardmodell vorkommenden Wechselwirkungen in einer Grossen vereinheitlichten Theorie GUT Solche Modelle beinhalten haufig auch Supersymmetrie eine Symmetrie zwischen Bosonen und Fermionen Diese Theorien postulieren zu jedem Teilchen des Standardmodells Partnerteilchen mit vom Originalteilchen unterschiedlichen Spin von denen bisher jedoch noch keines nachgewiesen werden konnte Ein anderer Ansatz zur Erweiterung des Standardmodells ergibt Theorien der Quantengravitation Solche Ansatze beinhalten beispielsweise die Stringtheorien die auch GUT Modelle enthalten sowie die Schleifenquantengravitation Die konkreten Modelle von Erweiterungen des Standardmodells sollten trotz des Namens nicht mit dem Fachbegriff Standardmodellerweiterung Standard Model Extension SME verwechselt werden Die Standardmodellerweiterung beschreibt ein allgemeines Schema zur Bewertung von etwaigen Verletzungen von Symmetrien die fur das Standardmodell grundlegend sind wie CPT und Lorentz Invarianz Fundamentale Wechselwirkungen und ihre Beschreibungen Theorien in fruhem Stadium der Entwicklung sind grau hinterlegt Starke Wechselwirkung Elektromagnetische Wechselwirkung Schwache Wechselwirkung Gravitationklassisch Elektrostatik Magnetostatik Newtonsches GravitationsgesetzElektrodynamik Allgemeine Relativitatstheoriequanten theoretisch Quanten chromodynamik Standardmodell Quanten elektrodynamik Fermi Theorie Quanten gravitation Elektroschwache Wechselwirkung Standardmodell Grosse vereinheitlichte Theorie Weltformel Theorie von Allem Zusammenfassend gibt es noch folgende offene Fragen im Standardmodell Hat das gefundene Higgs Boson die vorhergesagten Eigenschaften und gibt es weitere Higgs Bosonen Warum haben die fundamentalen Wechselwirkungen so unterschiedliche Kopplungsstarken und was ist mit der Gravitation Die CP Verletzung allein kann die beobachtete Materie Antimaterie Asymmetrie im Universum nicht erklaren Warum gibt es gerade drei Generationen mit je zwei Flavours von fundamentalen Fermionen Das Standardmodell beinhaltet mindestens 18 freie Parameter die man bisher durch Messung bestimmen muss Lassen diese sich aus einer allgemeineren Theorie vorhersagen Woraus besteht Dunkle Materie 2021 verdichteten sich Hinweise auf Abweichungen vom Standardmodell in Prazisionsexperimenten sowohl am Muon g 2 Experiment des Fermilab g Faktor des Muons als auch bei der Leptonenuniversalitat in B Meson Zerfallen am LHCb Experiment am CERN Trivia BearbeitenDer bekannte theoretische Physiker und Wissenschaftsjournalist Michio Kaku wird auch fur seine pointierten Formulierungen geschatzt So schreibt er in seinem 2023 erschienenem Buch Wettlauf um die Zukunft im Kapitel Standardmodell der Teilchen Es ist eine Theorie die nur eine Mutter lieben kann Das ist so als wurde man ein Erdferkel ein Schnabeltier und einen Wal mit Tesafilm zusammenkleben und es als die beste Schopfung der Natur bezeichnen das Endprodukt von Millionen Jahren Evolution Schlimmer noch Die Theorie erwahnt weder die Schwerkraft noch kann sie die dunkle Materie und dunkle Energie erklaren die den grossten Teil des bekannten Universums ausmachen 4 Literatur BearbeitenJohn F Donoghue Dynamics of the Standard Model Neue Auflage Cambridge University Press 1994 ISBN 978 0 521 47652 2 Gernot Munster Von der Quantenfeldtheorie zum Standardmodell Neue Auflage de Gruyter 2019 ISBN 978 3 11 063853 0 Weblinks BearbeitenV I Borodulin R N Rogalyov S R Slabospitzky CORE Compendium of relations v 2 0 1995 arxiv org PDF Seite 43 ff 711 kB Eine komplette Beschreibung des Standardmodells im Sinne der Lagrange Funktion Leonard Susskind Particle Physics Standard Model Vorlesungsreihe Videoaufzeichnungen englisch 2010 Die Grundgleichung des Standardmodells die Lagrangedichte vollstandig hingeschrieben Seite 6 eines offentlichen Vortrags von Matilde Marcolli Einzelnachweise Bearbeiten Brockhaus Enzyklopadie 21 Auflage 2006 CERN experiments observe particle consistent with long sought Higgs boson Abgerufen am 12 November 2016 Pressemitteilung von CERN vom 4 Juli 2012 New results indicate that particle discovered at CERN is a Higgs boson Abgerufen am 12 November 2016 Pressemitteilung von CERN vom 14 Marz 2013 Michio Kaku Wettlauf um die Zukunft Wie der Quantencomputer die Probleme der Menschheit losen wird 1 Auflage Rowohlt Hamburg 2023 ISBN 978 3 498 00309 8 S 333 393 S Normdaten Sachbegriff GND 4297710 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Standardmodell der Teilchenphysik amp oldid 235773267