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Die Farbladung kurz auch Farbe eines Teilchens ist in der Elementarteilchenphysik eine Grosse die in der Quantenchromodynamik beschreibt wie sich das Teilchen unter der starken Wechselwirkung verhalt Alle stark wechselwirkenden Teilchen haben Farbe diese sind im Standardmodell der Teilchenphysik die Quarks und die Gluonen Alle anderen Elementarteilchen sind farblos Physikalisch gesprochen befinden sich die Quarks und Gluonen in einer nichttrivialen Darstellung der Symmetriegruppe der Quantenchromodynamik die anderen Elementarteilchen in der trivialen Das Konzept wurde 1964 von Oscar Wallace Greenberg 1 sowie unabhangig davon 1965 von Moo Young Han und Yoichiro Nambu 2 vorgeschlagen Konzeptfarben fur die Farbladung rot grun blau cyan magenta gelbDie Bezeichnung als Farbe ist ebenso irrefuhrend wie die Bezeichnung als Ladung Weder entspricht die Farbe der Quantenchromodynamik der optischen Farbe eines makroskopischen Objekts noch ist die Farbladung die Ladung der starken Wechselwirkung Stattdessen kann Farbe am ehesten in Analogie zum Spin eines Teilchens aufgefasst werden bei dem ein klassisches Teilchen in der Quantenmechanik als zweikomponentige Wellenfunktion dargestellt wird In der Beschreibung durch die Quantenchromodynamik hat die Wellenfunktion eines Quarks drei Komponenten die mit den drei Grundfarben rot grun und blau bezeichnet werden die Farben eines Antiquarks entsprechen den drei Antifarben Sekundarfarben antirot cyan antigrun magenta und antiblau gelb Gluonen bestehen aus einer Kombination von Farben und Antifarben und werden durch Matrizen im Farbraum beschrieben Zu der Bezeichnung dieser Eigenschaft als Farbe schreibt der Physik Nobelpreistrager Richard P Feynman The idiot physicists unable to come up with any wonderful Greek words anymore call this type of polarization by the unfortunate name of color sic which has nothing to do with the color in the normal sense Diese Physiker Idioten unfahig sich irgendwelche wundervollen griechischen Worter auszudenken bezeichnen diese Art der Polarisation mit dem unglucklichen Begriff Farbe sic der nichts mit der Farbe im ublichen Sinn zu tun hat Richard P Feynman QED The Strange Theory of Light and Matter 3 Die Analogie zwischen optischer Farbe und quantenchromodynamischer Farbe ist folgende Ebenso wie sich die drei optischen Grundfarben zu weiss addieren besitzt ein Objekt das aus Farbe und zugehoriger Antifarbe aus drei Farben oder aus drei Antifarben zusammengesetzt ist keine starke Ladung Inhaltsverzeichnis 1 Historischer Hintergrund 2 Mathematische Beschreibung 2 1 Beschreibung der Gluonen 3 Singuletts und Confinement 4 Weblinks 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHistorischer Hintergrund BearbeitenIm Jahr 1951 wurde das D displaystyle Delta nbsp Baryon entdeckt Es besteht aus drei identischen u Quarks die keinen Bahndrehimpuls besitzen sodass das Baryon raumlich symmetrisch ist und eine symmetrische Spinwellenfunktion mit Gesamtspin 3 2 hat Als Baryon ist das Teilchen jedoch ein Fermion und muss daher eine antisymmetrische Gesamtwellenfunktion aufweisen Daher war es naheliegend einen zusatzlichen diskreten Freiheitsgrad einzufuhren Damit dieser zusatzliche Freiheitsgrad bei drei Quarks zu einem antisymmetrischen Zustand fuhren kann muss dieser mindestens drei verschiedene Werte annehmen konnen Ein weiterer Hinweis auf verborgene Freiheitsgrade der Quarks kam aus der Messung von Streuquerschnitten an Elektron Positron Collidern Beim Vergleich der Reaktionen von Elektron Positron Paaren zu Hadronen und zu Myon Antimyon Paaren erwartet man naiv in erster Ordnung dass sich die Streuquerschnitte B R displaystyle mathcal BR nbsp zueinander verhalten wie die elektrischen Ladungen Q displaystyle Q nbsp der beteiligten Teilchen zum Quadrat summiert uber die verschiedenen Teilchenarten bzw Flavours B R e e had B R e e m m naiv flavours Q i 2 e 2 displaystyle left frac mathcal BR mathrm e mathrm e to text had mathcal BR mathrm e mathrm e to mu mu right text naiv left frac sum text flavours Q i 2 e 2 right nbsp mit der Elementarladung e displaystyle e nbsp Experimentell fand man jedoch einen um einen Faktor 3 erhohten Wert 4 B R e e had B R e e m m exp 3 flavours Q i 2 e 2 displaystyle left frac mathcal BR mathrm e mathrm e to text had mathcal BR mathrm e mathrm e to mu mu right text exp 3 left frac sum text flavours Q i 2 e 2 right nbsp Das deutet darauf hin dass Quarks einen zusatzlichen Freiheitsgrad mit drei Auspragungen innehaben dass es mit anderen Worten also drei verschiedene Quarks jeden Flavours gibt Auf der anderen Seite konnte durch spektroskopische Messungen ausgeschlossen werden dass sich die Massen der verschiedenen Quarks desselben Flavours unterscheiden Mathematische Beschreibung BearbeitenDie Symmetriegruppe der Quantenchromodynamik ist S U 3 displaystyle SU 3 nbsp Die fundamentale Darstellung besteht aus komplexen 3 3 displaystyle 3 times 3 nbsp Matrizen Als Lie Gruppe der Dimension 8 displaystyle 8 nbsp konnen die Darstellungsmatrizen als Matrixexponential von Elementen einer Lie Algebra mit acht Generatoren geschrieben werden Diese acht Generatoren sind die Gell Mann Matrizen l a displaystyle lambda a nbsp Eine Eichtransformation wirkt auf ein Fermion ps displaystyle psi nbsp vermittels ps ps exp i a 1 8 8 a l a ps displaystyle psi to psi exp left mathrm i sum a 1 8 theta a lambda a right psi nbsp mit acht reellen Parametern 8 a displaystyle theta a nbsp Aus Dimensionsgrunden folgt dass ps displaystyle psi nbsp entweder ein Triplett unter dieser Transformation bildet das heisst ps displaystyle psi nbsp ist ein dreikomponentiger Vektor oder ein Singulett ps displaystyle psi nbsp ist ein Skalar Das Farbsingulett besteht somit aus Teilchen auf die die Quantenchromodynamik keine Auswirkungen hat sie befinden sich in einer trivialen Darstellung Die acht starken Ladungen der Fermionen sind definiert via r a ps i 1 2 l i j a ps j displaystyle rho a psi i dagger tfrac 1 2 lambda ij a psi j nbsp mit den Ladungsdichten r a displaystyle rho a nbsp Da die Gell Mann Matrizen einer Kommutatorrelation l a l b 2 i f a b c l c displaystyle lambda a lambda b 2 mathrm i f abc lambda c nbsp mit den Strukturkonstanten f a b c displaystyle f abc nbsp der Lie Algebra folgen sind die Ladungen nicht gemeinsam messbar Man muss also eine maximale Untermenge kommutierender Observablen suchen Dies sind im Fall der starken Ladungen nach Konvention die Komponenten q 3 displaystyle q 3 nbsp und q 8 displaystyle q 8 nbsp die Matrizen l 3 displaystyle lambda 3 nbsp und l 8 displaystyle lambda 8 nbsp sind diagonal Der gemeinsame Satz Eigenvektoren zu l 3 displaystyle lambda 3 nbsp und l 8 displaystyle lambda 8 nbsp sind die drei Farben ps r r ps 1 0 0 ps ps g g ps 0 1 0 ps ps b b ps 0 0 1 ps displaystyle begin aligned psi r vec r otimes psi begin pmatrix 1 0 0 end pmatrix otimes psi psi g vec g otimes psi begin pmatrix 0 1 0 end pmatrix otimes psi psi b vec b otimes psi begin pmatrix 0 0 1 end pmatrix otimes psi end aligned nbsp mit den Bezeichnungen r g b displaystyle r g b nbsp fur rot grun und blau Die starke Ladung eines roten grunen und blauen Teilchens ist entsprechend q r 1 2 e 3 1 2 3 e 8 q g 1 2 e 3 1 2 3 e 8 q b 1 3 e 8 displaystyle begin alignedat 2 vec q r amp frac 1 2 vec e 3 amp amp frac 1 2 sqrt 3 vec e 8 vec q g amp frac 1 2 vec e 3 amp amp frac 1 2 sqrt 3 vec e 8 vec q b amp amp amp frac 1 sqrt 3 vec e 8 end alignedat nbsp und eine Addition eines roten grunen und blauen Teilchens ergibt insgesamt ein unter der starken Ladung neutrales Objekt Die Antiteilchen transformieren unter der konjugierten Darstellung die Farbvektoren sind c 1 0 0 m 0 1 0 y 0 0 1 displaystyle begin aligned vec c begin pmatrix 1 amp 0 amp 0 end pmatrix vec m begin pmatrix 0 amp 1 amp 0 end pmatrix vec y begin pmatrix 0 amp 0 amp 1 end pmatrix end aligned nbsp entsprechend den Sekundarfarben c m y displaystyle c m y nbsp fur cyan magenta und gelb yellow Beschreibung der Gluonen Bearbeiten Die Gluonen transformieren unter Eichtransformationen in der adjungierten Darstellung der Symmetriegruppe Die Darstellungsmatrizen sind die Strukturkonstanten also f a b c displaystyle f a bc nbsp und die Eichtransformation lautet A m a A m a A m a 1 g m 8 a f a b c 8 b A m c displaystyle A mu a to A mu a A mu a frac 1 g partial mu theta a f abc theta b A mu c nbsp woraus offensichtlich wird dass acht an der starken Wechselwirkung teilnehmende Gluonen existieren sie bilden ein Oktett Dargestellt werden die Gluonen im Farbraum als linear unabhangige spurfreie 3 3 displaystyle 3 times 3 nbsp Matrizen formal als Tensorprodukt aus einer Farbe und einer Antifarbe Sie konnen so gewahlt werden dass sie bis auf Normierung den Gell Mann Matrizen entsprechen Beispielsweise ist A i j m 1 r i m j g i c j 2 A m l i j 1 2 A m displaystyle A ij mu 1 r i m j g i c j sqrt 2 otimes A mu lambda ij 1 sqrt 2 otimes A mu nbsp eine Superposition aus rot magenta und grun cyan Das neunte Gluon ware A i j m 9 r i c j g i m j b i y j 3 A m I 3 3 A m displaystyle A ij mu 9 r i c j g i m j b i y j sqrt 3 otimes A mu I 3 sqrt 3 otimes A mu nbsp mit der dreidimensionalen Einheitsmatrix I 3 displaystyle I 3 nbsp und somit ein Singulett unter der S U 3 displaystyle SU 3 nbsp Es nahme nicht an der starken Wechselwirkung teil und ware somit ein steriles Teilchen Versuche das neunte Gluon als das Photon zu interpretieren also als das Eichboson der elektromagnetischen Wechselwirkung scheiterten Singuletts und Confinement Bearbeiten Hauptartikel Confinement Experimentell konnen keine freien Gluonen oder Quarks beobachtet werden sie sind confined engl eingesperrt Die Kraft die fur das Confinement verantwortlich ist ist die starke Kernkraft die mit zunehmendem Abstand wachst Versucht man ein Quark aus einem Hadron zu befreien wird ein Quark Antiquark Paar gebildet sodass zwei neue Hadronen entstehen Die beobachtbaren physikalischen Objekte die aus Gluonen oder Quarks aufgebaut sind mussen daher Singuletts unter der S U 3 displaystyle SU 3 nbsp sein Die drei erlaubten Kombinationen die zu Singuletts fuhren sind PS B 1 6 e a b c ps a ps b ps c PS B 1 6 e a b c ps a ps b ps c PS M 1 3 ps a ps a displaystyle begin aligned Psi mathrm B amp frac 1 sqrt 6 varepsilon abc psi a psi b psi c Psi bar mathrm B amp frac 1 sqrt 6 varepsilon abc bar psi a bar psi b bar psi c Psi mathrm M amp frac 1 sqrt 3 bar psi a psi a end aligned nbsp mit dem Levi Civita Symbol e displaystyle varepsilon nbsp einer baryonischen aus drei Quarks aufgebauten Wellenfunktion PS B displaystyle Psi mathrm B nbsp einer antibaryonischen aus drei Antiquarks aufgebauten Wellenfunktion PS B displaystyle Psi bar mathrm B nbsp PS M displaystyle Psi mathrm M nbsp eine mesonische Wellenfunktion aufgebaut aus Quark Antiquark Paaren Daruber hinaus konnen theoretisch exotische Strukturen auftreten wie Tetraquarks Pentaquarks oder Teilchen mit hoherem Quarkinhalt die sich aus den obigen Zustanden zusammensetzen lassen sowie Glueballs als rein gluonische Strukturen Auf die Existenz von Tetraquarks existieren experimentelle Hinweise am COSY 5 jedoch nicht auf die Existenz von Glueballs Die Struktur der S U 3 displaystyle SU 3 nbsp als nichtabelsche Eichtheorie ist auch dafur verantwortlich dass die starke Wechselwirkung so kurzreichweitig ist obwohl die Gluonen masselos sind wie die Photonen der Quantenelektrodynamik Da die Gluonen als adjungierte Reprasentation der Eichgruppe selbst Farbe tragen wechselwirken sie mit sich selbst In der U 1 displaystyle U 1 nbsp der Elektrodynamik dagegen fallen triviale und adjungierte Darstellung zusammen sodass Photonen sich nicht gegenseitig beeinflussen Weblinks BearbeitenO W Greenberg Color charge ScholarpediaLiteratur BearbeitenIan J R Aitchison und Anthony J G Hey Gauge Theories in Particle Physics 2 Auflage Institute of Physics Publishing Bristol 1989 ISBN 0 85274 329 7 S 281 288 englisch Peter Becher Manfred Bohm und Hans Joos Eichtheorien der starken und elektroschwachen Wechselwirkung 2 Auflage Vieweg Teubner 1983 ISBN 978 3 519 13045 1 David Griffiths Introduction to Elementary Particle Physics John Wiley amp Sons New York 1987 ISBN 0 471 60386 4 englisch Jarrett L Lancaster Introduction to Classical Field Theory A Tour of the fundamental interactions Morgan amp Claypool San Rafael ISBN 978 1 64327 081 4 S 4 8 4 12 englisch Einzelnachweise Bearbeiten Oscar W Greenberg Spin and Unitary Spin Independence in a Paraquark Model of Baryons and Mesons In Physical Review Letters Band 13 Nr 20 1964 S 598 602 englisch Moo Young Han und Yoichiro Nambu Three Triplet Model with Double SU 3 Symmetry In Physical Review Band 139 4B 1965 S B 1006 B 1010 englisch Richard P Feynman QED The Strange Theory of Light and Matter Princeton University Press Princeton Oxford 2006 ISBN 978 0 691 12575 6 Bogdan Povh Klaus Rith Christoph Scholz Frank Zetsche Teilchen und Kerne 8 Auflage Springer Berlin 2009 ISBN 978 3 540 68075 8 WASA at COSY Collaboration Evidence for a New Resonance from Polarized Neutron Proton Scattering In Physical Review Letters Band 112 2014 S 202401 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Farbladung amp oldid 236726708