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Die klassische Elektrodynamik auch Elektrizitatslehre ist das Teilgebiet der Physik das sich mit bewegten elektrischen Ladungen und mit zeitlich veranderlichen elektrischen und magnetischen Feldern beschaftigt Die Elektrostatik als Spezialfall der Elektrodynamik beschaftigt sich mit ruhenden elektrischen Ladungen und ihren Feldern Die zugrundeliegende Grundkraft der Physik heisst elektromagnetische Wechselwirkung Visualisiertes Magnetfeld einer ZylinderspuleAls Entdecker des Zusammenhangs von Elektrizitat und Magnetismus gilt Hans Christian Orsted 1820 obwohl er in Gian Domenico Romagnosi 1802 einen damals kaum beachteten Vorlaufer hatte Die Theorie der klassischen Elektrodynamik wurde von James Clerk Maxwell Mitte des 19 Jahrhunderts mithilfe der nach ihm benannten Maxwell Gleichungen formuliert Die Untersuchung der Maxwellgleichungen fur bewegte Bezugssysteme fuhrte Albert Einstein 1905 zur Formulierung der speziellen Relativitatstheorie Im Laufe der 1940er Jahre gelang es die Quantenmechanik und Elektrodynamik in der Quantenelektrodynamik zu kombinieren deren Vorhersagen stimmen mit Messergebnissen sehr genau uberein Eine wichtige Form von elektromagnetischen Feldern sind die elektromagnetischen Wellen zu denen als bekanntester Vertreter das sichtbare Licht zahlt Dessen Erforschung bildet ein eigenes Gebiet der Physik die Optik Die physikalischen Grundlagen der Beschreibung elektromagnetischer Wellen liefert jedoch die Elektrodynamik Inhaltsverzeichnis 1 Klassische Elektrodynamik 1 1 Grundlegende Gleichungen 1 2 Potentiale und Wellengleichung 1 3 Spezialfalle 1 4 Elektrodynamik und Relativitatstheorie 2 Erweiterungen 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseKlassische Elektrodynamik BearbeitenGrundlegende Gleichungen Bearbeiten nbsp Ein durch einen Leiter fliessender Strom I displaystyle textstyle I nbsp erzeugt um den Leiter ein magnetisches Wirbelfeld B displaystyle textstyle B nbsp nbsp Zeitliche Anderungen des magnetischen Flusses B displaystyle textstyle B nbsp erzeugen ein elektrisches Wirbelfeld E displaystyle textstyle E nbsp nbsp Lorentzkraft F displaystyle textstyle F nbsp auf eine in einem elektrischen Feld E displaystyle textstyle E nbsp und einem magnetischen Feld B displaystyle textstyle B nbsp mit der Geschwindigkeit v displaystyle textstyle v nbsp bewegte Ladung q displaystyle textstyle q nbsp Das Zusammenspiel von elektromagnetischen Feldern und elektrischen Ladungen wird grundlegend durch die mikroskopischen Maxwell Gleichungen div B 0 rot E B t 0 div E r e 0 rot B m 0 e 0 E t m 0 j displaystyle begin aligned operatorname div vec B amp 0 amp operatorname rot vec E frac partial vec B partial t amp 0 operatorname div vec E amp frac rho varepsilon 0 amp operatorname rot vec B mu 0 varepsilon 0 frac partial vec E partial t amp mu 0 vec j end aligned nbsp und die Lorentzkraft F q E v B displaystyle vec F q vec E vec v times vec B nbsp bestimmt Daraus ergeben sich mit Hilfe der Materialgleichungen der Elektrodynamik die makroskopischen Maxwell Gleichungen Diese sind Gleichungen fur die effektiven Felder die in Materie auftreten Weiter spielen daraus ableitbar eine wichtige Rolle die Kontinuitatsgleichung r t div j 0 displaystyle frac partial rho partial t operatorname div vec j 0 nbsp die besagt dass die Ladung erhalten bleibt der Satz von Poynting der besagt dass die Energie von Teilchen und Feldern insgesamt erhalten bleibt Potentiale und Wellengleichung Bearbeiten Die homogenen Maxwellgleichungen div B 0 displaystyle text div vec B 0 nbsp und rot E B t 0 displaystyle operatorname rot vec E frac partial vec B partial t 0 nbsp konnen durch die Einfuhrung der elektromagnetischen Potentiale gemass B rot A displaystyle vec B operatorname rot vec A nbsp und E grad ϕ A t displaystyle vec E text grad phi frac partial vec A partial t nbsp in einem sternformigen Gebiet identisch gelost werden Poincare Lemma Dabei bezeichnet ϕ displaystyle phi nbsp das sogenannte skalare Potential und A displaystyle vec A nbsp das Vektorpotential Da die physikalischen Felder nur durch Ableitungen der Potentiale gegeben sind hat man gewisse Freiheiten die Potentiale abzuandern und trotzdem dieselben physikalischen Felder zuruckzuerhalten Beispielsweise ergeben A displaystyle vec A nbsp und A displaystyle vec A nbsp dasselbe B displaystyle B nbsp Feld wenn man sie durch A A grad L displaystyle vec A vec A text grad Lambda nbsp miteinander in Beziehung setzt Fordert man auch dass sich bei einer solchen Transformation dasselbe E displaystyle E nbsp Feld ergibt muss sich ϕ displaystyle phi nbsp wie ϕ ϕ L t displaystyle phi phi frac partial Lambda partial t nbsp transformieren Eine solche Transformation wird Eichtransformation genannt In der Elektrodynamik werden zwei Eichungen oft verwendet Erstens die sogenannte Coulomb Eichung oder Strahlungseichung div A 0 displaystyle text div vec A 0 nbsp und zweitens die Lorenz Eichung 1 c 2 ϕ t div A 0 displaystyle frac 1 c 2 frac partial phi partial t text div vec A 0 nbsp Die Lorenz Eichung hat dabei den Vorteil relativistisch invariant zu sein und sich bei einem Wechsel zwischen zwei Inertialsystemen strukturell nicht zu andern Die Coulomb Eichung ist zwar nicht relativistisch invariant aber wird eher bei der kanonischen Quantisierung der Elektrodynamik verwendet Setzt man die E displaystyle E nbsp und B displaystyle B nbsp Felder und die Vakuum Materialgleichungen in die inhomogenen Maxwellgleichungen ein und eicht die Potentiale gemass der Lorenz Eichung entkoppeln die inhomogenen Maxwellgleichungen und die Potentiale erfullen inhomogene Wellengleichungen 1 ϕ r e 0 A m 0 j displaystyle Box phi frac rho varepsilon 0 Box vec A mu 0 vec j nbsp Hierbei bezeichnet displaystyle Box nbsp den D Alembert Operator Spezialfalle Bearbeiten Die Elektrostatik ist der Spezialfall unbewegter elektrischer Ladungen und statischer sich nicht mit der Zeit andernder elektrischer Felder Sie kann in Grenzen auch verwendet werden solange die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen der Ladungen und die Anderungen der Felder klein sind Die Magnetostatik beschaftigt sich mit dem Spezialfall konstanter Strome in insgesamt ungeladenen Leitern und konstanter Magnetfelder Sie kann fur hinreichend langsam veranderliche Strome und Magnetfelder verwendet werden Die Kombination aus beiden Elektromagnetismus kann beschrieben werden als Elektrodynamik der nicht zu stark beschleunigten Ladungen Die meisten Vorgange in elektrischen Schaltkreisen z B Spule Kondensator Transformator lassen sich bereits auf dieser Ebene beschreiben Ein stationares elektrisches oder magnetisches Feld bleibt nahe seiner Quelle wie zum Beispiel das Erdmagnetfeld Ein sich veranderndes elektromagnetisches Feld kann sich jedoch von seinem Ursprung entfernen Das Feld bildet eine elektromagnetische Welle im Zusammenspiel zwischen magnetischem und elektrischem Feld Diese Abstrahlung elektromagnetischer Wellen wird in der Elektrostatik vernachlassigt Die Beschreibung des elektromagnetischen Feldes beschrankt sich hier also auf das Nahfeld Elektromagnetische Wellen hingegen sind die einzige Form des elektromagnetischen Feldes die auch unabhangig von einer Quelle existieren kann Sie werden zwar von Quellen erzeugt konnen aber nach ihrer Erzeugung unabhangig von der Quelle weiterexistieren Da Licht sich als elektromagnetische Welle beschreiben lasst ist auch die Optik letztlich ein Spezialfall der Elektrodynamik Elektrodynamik und Relativitatstheorie Bearbeiten Im Gegensatz zur klassischen Mechanik ist die Elektrodynamik nicht Galilei invariant Das bedeutet wenn man wie in der klassischen Mechanik einen absoluten euklidischen Raum und eine davon unabhangige absolute Zeit annimmt dann gelten die Maxwellgleichungen nicht in jedem Inertialsystem Einfaches Beispiel Ein mit konstanter Geschwindigkeit fliegendes geladenes Teilchen ist von einem elektrischen und einem magnetischen Feld umgeben Ein zweites mit gleicher Geschwindigkeit fliegendes und gleich geladenes Teilchen erfahrt durch das elektrische Feld des ersten Teilchens eine abstossende Kraft da sich gleichnamige Ladungen gegenseitig abstossen gleichzeitig erfahrt es durch dessen Magnetfeld eine anziehende Lorentzkraft die die Abstossung teilweise kompensiert Bei Lichtgeschwindigkeit ware diese Kompensation vollstandig In dem Inertialsystem in dem beide Teilchen ruhen gibt es kein magnetisches Feld und damit keine Lorentzkraft Dort wirkt nur die abstossende Coulombkraft so dass das Teilchen starker beschleunigt wird als im ursprunglichen Bezugssystem in dem sich beide Ladungen bewegen Dies widerspricht der newtonschen Physik bei der die Beschleunigung nicht vom Bezugssystem abhangt Diese Erkenntnis fuhrte zunachst zu der Annahme dass es in der Elektrodynamik ein bevorzugtes Bezugssystem gabe Athersystem Versuche die Geschwindigkeit der Erde gegen den Ather zu messen schlugen jedoch fehl so zum Beispiel das Michelson Morley Experiment Hendrik Antoon Lorentz loste dieses Problem mit einer modifizierten Athertheorie Lorentzsche Athertheorie die jedoch von Albert Einstein mit seiner speziellen Relativitatstheorie abgelost wurde Einstein ersetzte Newtons absoluten Raum und absolute Zeit durch eine vierdimensionale Raumzeit In der Relativitatstheorie tritt an die Stelle der Galilei Invarianz die Lorentz Invarianz die von der Elektrodynamik erfullt wird In der Tat lasst sich die Verringerung der Beschleunigung und damit die magnetische Kraft im obigen Beispiel als Folge der Langenkontraktion und Zeitdilatation erklaren wenn man die im bewegten System gemachten Beobachtungen in ein ruhendes System zurucktransformiert In gewisser Weise lasst sich daher die Existenz von magnetischen Phanomenen letztlich auf die Struktur von Raum und Zeit zuruckfuhren wie sie in der Relativitatstheorie beschrieben wird Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch die Struktur der Grundgleichungen fur statische Magnetfelder mit ihren Kreuzprodukten weniger verwunderlich In der manifest Lorentz forminvarianten Beschreibung der Elektrodynamik bilden das skalare Potential und das Vektorpotential einen Vierervektor analog zum Vierervektor von Raum und Zeit so dass die Lorentz Transformationen analog auch auf die elektromagnetischen Potentiale angewendet werden konnen Bei einer speziellen Lorentz Transformation mit der Geschwindigkeit v displaystyle v nbsp in z displaystyle z nbsp Richtung gelten fur die Felder im gebrauchlichen SI Einheitensystem die Transformationsgleichungen E x E x v B y 1 v 2 c 2 displaystyle E x frac E x vB y sqrt 1 frac v 2 c 2 nbsp B x B x v c 2 E y 1 v 2 c 2 displaystyle B x frac B x frac v c 2 E y sqrt 1 frac v 2 c 2 nbsp E y E y v B x 1 v 2 c 2 displaystyle E y frac E y vB x sqrt 1 frac v 2 c 2 nbsp B y B y v c 2 E x 1 v 2 c 2 displaystyle B y frac B y frac v c 2 E x sqrt 1 frac v 2 c 2 nbsp E z E z displaystyle E z E z nbsp B z B z displaystyle B z B z nbsp In cgs Einheiten sind diese Gleichungen nur unwesentlich modifiziert Man muss formal nur B displaystyle vec B nbsp bzw B displaystyle vec B nbsp durch B c displaystyle vec B c nbsp bzw B c displaystyle vec B c nbsp substituieren Erweiterungen BearbeitenJedoch liefert die klassische Elektrodynamik keine widerspruchsfreie Beschreibung bewegter Punktladungen auf kleinen Skalen ergeben sich Probleme wie das der Divergenz aufgrund Strahlungsruckwirkung Im Kleinen ist die Elektrodynamik quantenmechanisch zu beschreiben was durch die Quantenelektrodynamik QED geschieht Diese ist eine abelsche Eichfeldtheorie Eichgruppe ist die unitare Gruppe U 1 Die Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung vereinigt die QED mit der schwachen Wechselwirkung und ist Teil des Standardmodells der Elementarteilchenphysik Diese ist auch eine Eichfeldtheorie aber mit nichtabelscher Eichgruppe SU 2 x U 1 und auch die starke Wechselwirkung die dritte Wechselwirkung des Standardmodells wird in der Quantenchromodynamik durch eine nichtabelsche Eichtheorie beschrieben Es wurden auch Versuche der Vereinheitlichung der Elektrodynamik mit der allgemeinen Relativitatstheorie Gravitation als klassische Feldtheorien unternommen bekannt unter dem Namen Kaluza Klein Theorien Sie erlebten eine Wiederbelebung im Rahmen der Stringtheorie Siehe auch BearbeitenPhysikalische Grossen in der Elektrodynamik Theoretische ElektrotechnikLiteratur BearbeitenGeburt der klassischen Elektrodynamik James Clerk Maxwell On Physical Lines of Force 4 Teile Teil 1 The theory of molecular vortices applied to magnetic phenomena in Philosophical Magazine Band 21 der 4 Folge 1861 S 161 175 Teil 2 The theory of molecular vortices applied to electric currents ibid S 281 291 338 348 Teil 3 The theory of molecular vortices applied to statical electricity in Phil Mag Band 23 der 4 Folge 1862 S 12 24 Teil 4 The theory of molecular vortices applied to the action of magnetism on polarized light ibid 1862 S 85 95 Volltext bei Wikisource James Clerk Maxwell Eine dynamische Theorie des elektromagnetischen Feldes 1864 James Clerk Maxwell A Treatise on Electricity and Magnetism 1873 Michael Heidelberger Der Wandel der Elektrizitatslehre zu Ohms Zeit Eine methodengeschichtliche Untersuchung und logische Rekonstruktion Munchen 1979 Aktuelle Lehrbucher John David Jackson Klassische Elektrodynamik Walter de Gruyter Berlin 2006 ISBN 3 11 018970 4 Torsten Fliessbach Elektrodynamik 6 Auflage Springer Spektrum Berlin Heidelberg 2012 ISBN 978 3 8274 3035 9 Walter Greiner Klassische Elektrodynamik 7 Auflage Harri Deutsch Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 8085 5560 6 Wolfgang Demtroder Experimentalphysik Band 2 Elektrizitat und Optik Springer Berlin 2006 ISBN 3 540 65196 9 Pascal Leuchtmann Einfuhrung in die elektromagnetische Feldtheorie Pearson Studium Munchen 2005 ISBN 3 8273 7144 9 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons elektromagnetisches Feld Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Elektrodynamik Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Versuche und Aufgaben zur Elektrodynamik LEIFI Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Nolting Grundkurs Theoretische Physik 3 Springer Lehrbuch Springer Berlin Heidelberg Berlin Heidelberg 2013 ISBN 978 3 642 37904 8 doi 10 1007 978 3 642 37905 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Elektrodynamik amp oldid 232337417