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Die Strahlungsruckwirkung ist ein Effekt in der Elektrodynamik Sie entsteht wenn sich ein elektrisch geladenes Objekt in einem elektromagnetischen Feld nicht mit konstanter Geschwindigkeit bewegt Ausser fur sehr spezielle Feldkonfigurationen wie in einem Wien Filter ist dies stets der Fall Strahlungsruckwirkung entsteht dadurch dass beschleunigte geladene Teilchen selbst elektromagnetische Strahlung aussenden die das aussere Feld und somit auch die zukunftige Entwicklung der Teilchenbahn beeinflusst In der Regel werden die Effekte der Strahlungsruckwirkung ignoriert da es sich dabei um einen sehr kleinen Beitrag zu den Bewegungsgleichungen handelt Nichtsdestoweniger fuhrt die Behandlung dieses Effekts zu fundamentalen Problemen sowohl in der Klassischen Physik als auch in der Speziellen Relativitatstheorie Unter anderem scheint unter bestimmten Umstanden einerseits die Masse eines Teilchens unendlich gross zu werden andererseits wird seine Geschwindigkeit entweder unendlich hoch oder die Information uber die zukunftige Bewegung des Teilchens geht in die Anfangsbedingungen der Teilchenbahn ein Die ersten beiden Aussagen stehen im eklatanten Widerspruch zur erlebten Wirklichkeit die letzte Aussage widerspricht dem Prinzip der Kausalitat Im Rahmen der klassischen Physik wurde das Problem zuerst 1902 von Max Abraham 1 und 1903 von Hendrik Lorentz 2 untersucht Die Berucksichtigung der Speziellen Relativitatstheorie erfolgte 1938 durch Paul Dirac 3 Eine Naherungslosung die das Problem der unendlichen Geschwindigkeiten nicht innehat wurde von Lew Landau und Jewgeni Lifschiz in ihrem Lehrbuch der theoretischen Physik gegeben 4 Diese Losung hat ihrerseits das Problem nicht immer der Energieerhaltung Rechnung zu tragen 5 Nach ihren Entdeckern heissen die Formeln durch die die Strahlungsruckwirkung beschrieben wird Abraham Lorentz Gleichung Abraham Lorentz Dirac Gleichung und Landau Lifschitz Gleichung Das Problem ist bis heute in der klassischen Physik ungelost David J Griffiths bezeichnete 2010 die Strahlungsruckwirkung als die Leiche im Keller der klassischen Elektrodynamik 6 Die Bewegungsgleichungen von Elementarteilchen inklusive der Strahlungsruckwirkung werden in der Quantenphysik hingegen durch die Quantenelektrodynamik vollstandig beschrieben dennoch taucht auch in diesem Zusammenhang das Problem mit der unendlichen Masse auf 7 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Abraham Lorentz Gleichung 2 1 Heuristische Herleitung 2 2 Resultierende Probleme 2 3 Relativistische Verallgemeinerung 3 Landau Lifschitz Gleichung 4 Bewegungsgleichung fur allgemeine kugelsymmetrische Ladungsverteilungen 4 1 Renormierung der Masse 4 2 Klassisches Elektron 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDie Kraft auf ein geladenes Objekt wird durch das elektrische sowie magnetische Feld in seiner Umgebung und seine Geschwindigkeit bestimmt und heisst Lorentzkraft F L q E v B displaystyle vec F text L q vec E vec v times vec B nbsp wobei q displaystyle q nbsp die elektrische Ladung des Objekts und v displaystyle vec v nbsp dessen Geschwindigkeit ist E displaystyle vec E nbsp ist die elektrische Feldstarke und B displaystyle vec B nbsp die magnetische Flussdichte der Umgebung displaystyle times nbsp bezeichnet das Vektorprodukt Nach dem Ersten Newtonschen Gesetz ist die Kraft proportional zur Beschleunigung v displaystyle dot vec v nbsp eines Objekts also der Anderung seiner Geschwindigkeit und seiner Masse m displaystyle m nbsp Auf der anderen Seite erzeugt nach Lienard und Wiechert ein beschleunigtes geladenes Objekt seinerseits ein elektromagnetisches Feld in seiner Umgebung und verliert dabei nach der Larmor Formel Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung Im Regelfall werden diese beiden Fragestellungen voneinander getrennt Entweder wird die Bewegung eines Objekts im ausseren Feld und dessen Energieverlust oder das von dem Objekt selbst erzeugte Feld betrachtet Ersteres ist beispielsweise der Fall bei der Behandlung der Synchrotronstrahlung wenn ein Teilchen in einem Synchrotron auf einer Kreisbahn beschleunigt wird letzteres beispielsweise bei der Betrachtung des Hertz schen Dipols bei der Berechnung des abgestrahlten elektromagnetischen Felds eines Senders Tatsachlich jedoch durfen Energie und Impulserhaltungssatz nicht verletzt werden sodass das von dem geladenen Objekt abgestrahlte elektromagnetische Feld mit dem ausseren elektromagnetischen Feld interferiert und die zukunftige Bewegung des Objekts dadurch beeinflusst wird Dass dies dennoch im praktischen Alltag keine besondere Rolle spielt liegt daran dass die Effekte durch die Strahlungsruckwirkung vernachlassigbar klein gegenuber der Starke des ursprunglichen Feldes sind Sie mussen nur dann in Betracht gezogen werden wenn die Zeitintervalle in denen das externe Feld wirkt oder die betrachteten Abstande auf denen sich das Teilchen bewegt sehr klein sind Dieses Zeitintervall heisst charakteristische Zeit und kann abgeschatzt werden indem die Energie die durch Strahlung verloren wird mit der Energie verglichen wird die es durch die Beschleunigung erhalt Mit der Lichtgeschwindigkeit c displaystyle c nbsp und der elektrischen Feldkonstanten e 0 displaystyle varepsilon 0 nbsp ist diese charakteristische Zeit t displaystyle tau nbsp t 2 3 1 4 p e 0 q 2 m c 3 displaystyle tau frac 2 3 frac 1 4 pi varepsilon 0 frac q 2 mc 3 nbsp Die charakteristische Lange ist die charakteristische Zeit multipliziert mit der Geschwindigkeit mit der sich ein elektromagnetisches Feld ausbreitet der Lichtgeschwindigkeit Beide Grossen sind daher umgekehrt proportional zur Masse und am grossten fur sehr leichte Objekte Das leichteste geladene Teilchen ist das Elektron Dafur betragt die charakteristische Zeit 6 3 10 24 Sekunden die charakteristische Lange 10 15 Meter Dies ist zum Vergleich der Grossenordnung weniger als ein Hundertstel des Durchmessers eines Wasserstoffatoms Abraham Lorentz Gleichung BearbeitenDie Abraham Lorentz Gleichung fur Punktladungen lautet m v t v F ext displaystyle m left dot vec v tau ddot vec v right vec F text ext nbsp Dabei ist zusatzlich zu den bereits eingefuhrten Bezeichnungen v displaystyle ddot vec v nbsp der Ruck des Teilchens als zeitliche Anderung der Beschleunigung und der Index ext an der Kraft F ext displaystyle vec F text ext nbsp bezeichnet die durch das von aussen angelegte elektromagnetische Feld induzierte Lorentzkraft Da die Geschwindigkeit selbst als zeitliche Anderung des Ortes definiert ist ist die Abraham Lorentz Gleichung daher eine Differentialgleichung dritter Ordnung des Ortes sofern die aussere Kraft ortsabhangig ist Dies ist genau dann der Fall wenn das elektrische Feld nicht homogen ist Die Eigenschaft dass im Gegensatz zu den ublichen Bewegungsgleichungen der Ruck explizit in der Gleichung auftritt fuhrt zu gewichtigen Problemen im Rahmen der Losung der Gleichung Heuristische Herleitung Bearbeiten Die Form der Abraham Lorentz Gleichung lasst sich heuristisch bereits durch Dimensionsanalyse erschliessen Der einzige Parameter der in die Formel eingehen kann wenn die Strahlungsruckwirkung berucksichtigt werden soll ist die charakteristische Zeit t displaystyle tau nbsp Daruber hinaus sollten noch zwei weitere Bedingungen erfullt sein Wenn die Beschleunigung des Teilchens verschwindet dann muss auch die Strahlungsruckwirkung verschwinden Die Strahlungsruckwirkung muss proportional zu einer geraden Potenz der Ladung sein da das Vorzeichen der Ladung keinen Einfluss auf die abgestrahlte Leistung haben kann Dadurch wird bereits die Form der Abraham Lorentz Gleichung darauf festgelegt dass die durch die charakteristische Zeit zusatzlich eingebrachte Dimension Zeit durch die Einfuhrung der zeitlichen Ableitung der Beschleunigung den Ruck ausgeglichen werden muss Nur durch diese Annahmen erhalt man bereits mit zwei unbekannten Parametern k n displaystyle k n nbsp wobei n displaystyle n nbsp eine naturliche Zahl sein muss m v F ext k t d d t n v displaystyle m dot vec v vec F text ext k tau mathrm d mathrm d t n vec v nbsp Zur weiteren Einschrankung kann die Gultigkeit des Energieerhaltungssatzes gefordert werden Die abgestrahlte Leistung nach der Larmor Formel muss gleich der verlorenen Energie durch den Effekt der Strahlungsruckwirkung sein Die abgestrahlte Leistung nach Larmor berechnet sich nach P Larmor m t v 2 displaystyle P text Larmor m tau dot vec v 2 nbsp und der Zusammenhang zwischen der wirkenden Kraft durch die Strahlung F rad displaystyle vec F text rad nbsp und Leistung P displaystyle P nbsp ist P Larmor F rad v displaystyle P text Larmor vec F text rad cdot vec v nbsp Daraus folgt nach einer Integration in den Grenzen zweier Zeiten t 1 t 2 displaystyle t 1 t 2 nbsp die das Zeitintervall der wirkenden Kraft festlegen t 1 t 2 d t F rad v t 1 t 2 d t m t v 2 t 1 t 2 d t m t v v m t v v t 1 t 2 displaystyle int t 1 t 2 mathrm d t vec F text rad cdot vec v int t 1 t 2 mathrm d t m tau dot vec v 2 int t 1 t 2 mathrm d t m tau ddot vec v cdot vec v m tau dot vec v cdot vec v bigg t 1 t 2 nbsp wobei im letzten Schritt partielle Integration benutzt wurde Dies fuhrt unter zwei Einschrankungen zur Abraham Lorentz Gleichung Erstens mussen zum Start und Endzeitpunkt Geschwindigkeit und Beschleunigung orthogonal zueinander stehen es muss also v v t 1 t 2 0 displaystyle textstyle dot vec v cdot vec v big t 1 t 2 0 nbsp sein Zweitens ist die Bedingung F v m t v v displaystyle vec F cdot vec v m tau ddot vec v cdot vec v nbsp erheblich schwacher als F m t v displaystyle vec F m tau ddot vec v nbsp da man durch den Vektor v displaystyle vec v nbsp nicht einfach dividieren darf Der letzte Punkt jedoch wird durch die weiter oben durchgefuhrten Uberlegungen plausibel gemacht Unter diesen Voraussetzungen fuhrt dies direkt zur oben angegebenen Abraham Lorentz Gleichung da sofern die Integrale fur beliebige t 1 t 2 displaystyle t 1 t 2 nbsp identisch sind auch die Integranden identisch sein mussen m v F ges F ext F rad F ext m t v displaystyle m dot vec v vec F text ges vec F text ext vec F text rad vec F text ext m tau ddot vec v nbsp Resultierende Probleme Bearbeiten Das Problem der ad hoc Herleitung ist dass die Abraham Lorentz Gleichung nur unter der Bedingung v v t 1 t 2 0 displaystyle dot vec v cdot vec v big t 1 t 2 0 nbsp gultig ist Das grossere Problem ist jedoch dass die Losung der Abraham Lorentz Gleichung selbst fur verschwindende aussere Felder nicht trivial Null ist sondern v t a 0 exp t t displaystyle dot vec v t vec a 0 exp t tau nbsp mit der Anfangsbeschleunigung a 0 displaystyle a 0 nbsp Die Beschleunigung wachst exponentiell und wird dadurch nach einer endlichen Zeit beliebig gross was ein physikalisch sinnloses Ergebnis darstellt Mit dieser Beschleunigung einhergehend wird auch die Geschwindigkeit und die zuruckgelegte Strecke beliebig gross In der heuristischen Herleitung jedoch widerspricht diese Losung der gemachten Annahme der Orthogonalitat von Beschleunigung und Geschwindigkeit denn es gilt v v t 1 t 2 a 0 2 t 1 exp t 2 t exp t 1 t displaystyle dot vec v cdot vec v big t 1 t 2 vec a 0 2 tau 1 left exp t 2 tau exp t 1 tau right nbsp was nur verschwindet wenn a 0 0 displaystyle vec a 0 0 nbsp ist Da in einer soliden Herleitung diese Einschrankung nicht vorkommt ist dies bereits der erste Hinweis auf Unzulanglichkeiten der klassischen Elektrodynamik Der Fachterminus fur diese Art der Losung ist runaway solution Ausreisser Losung Um diese pathologischen Losungen zu vermeiden konnen Randbedingungen an die Bewegungsgleichungen angelegt werden Nach einer langeren Rechnung ergibt sich als Losung der Bewegungsgleichungen 6 v t 1 m t t d t e t t t F ext t displaystyle dot vec v t frac 1 m tau int t infty mathrm d t mathrm e frac t t tau vec F text ext t nbsp Diese Losung ist aus einem anderen Grund unphysikalisch Zur Berechnung der Beschleunigung zu einem bestimmten Zeitpunkt t displaystyle t nbsp muss uber die zukunftige Bahn des Teilchens bis in eine unendlich entfernte Zukunft integriert werden Relativistische Verallgemeinerung Bearbeiten Die Abraham Lorentz Dirac Gleichung ist die relativistische Verallgemeinerung der Abraham Lorentz Gleichung durch Dirac Sie lautet m v m t v m t v 2 v m c 2 F ext m displaystyle m left dot v mu tau ddot v mu tau frac dot v 2 v mu c 2 right F text ext mu nbsp Aufgrund der Identitat v 2 v n v n displaystyle dot v 2 v nu ddot v nu nbsp kann dies alternativ als m v m t v m t v n v n v m c 2 F ext m displaystyle m left dot v mu tau ddot v mu tau ddot v nu frac v nu v mu c 2 right F text ext mu nbsp geschrieben werden Neben der Einfuhrung von Vierervektoren in der vierdimensionalen Raumzeit besteht der Unterschied zur Abraham Lorentz Gleichung im zusatzlichen Auftreten des Terms m t c 2 v 2 v m displaystyle textstyle m frac tau c 2 dot v 2 v mu nbsp Offensichtlich fallt dieser Term in der nichtrelativistischen Naherung in der v c displaystyle v ll c nbsp ist aus der Gleichung heraus Die Differentiation versteht sich im relativistischen Fall als Differentiation nach der Eigenzeit des Objekts im nichtrelativistischen Grenzfall ist die Unterscheidung von Eigenzeit und Koordinatenzeit nicht von Belang Auch die relativistische Fassung leidet unter dem Problem dass entweder die Bahn des Teilchens in ferner Zukunft in die Bewegungsgleichungen eingeht oder die Geschwindigkeit des Teilchens sich der Lichtgeschwindigkeit annahern wird anstatt der Geschwindigkeit wird die Rapiditat beliebig gross die Lichtgeschwindigkeit stellt die hochste erreichbare Geschwindigkeit dar Daruber hinaus jedoch hat die relativistische Verallgemeinerung den Vorteil dass die einschrankende Bedingung v m v m t 1 t 2 0 displaystyle dot v mu v mu t 1 t 2 0 nbsp automatisch erfullt ist da Geschwindigkeit und Beschleunigung in der vierdimensionalen Raumzeit immer orthogonal zueinander stehen Landau Lifschitz Gleichung BearbeitenDie Landau Lifschitz Gleichung ist eine Naherung die die Strahlungsruckwirkung als kleinen Effekt betrachtet was dieser in Wirklichkeit auch ist Die Idee von Landau und Lifschitz ist die Losung der Bewegungsgleichungen im externen Feld ohne Berucksichtigung der Strahlungsruckwirkung namlich m v F ext displaystyle m dot vec v vec F text ext nbsp nach der Zeit zu differenzieren und fur v displaystyle ddot vec v nbsp in die Abraham Lorentz Gleichung einzusetzen Dann ist m v t m F ext F ext displaystyle m left dot vec v frac tau m dot vec F text ext right vec F text ext nbsp Die Landau Lifschitz Gleichung ist eine gute Naherung sofern die ausseren Krafte nicht zu stark mit der Zeit variieren Dies bedeutet es darf sich nicht um hochfrequente Wechselfelder handeln deren Wellenlange in der Grossenordnung des Objekts liegt und die Felder selbst durfen nicht zu stark sein Die zweite Bedingung ist jedoch im Rahmen der Behandlung der Strahlungsruckwirkung nebensachlich da bereits bei geringeren Feldstarken die klassische Elektrodynamik nicht mehr anwendbar ist Die relativistische Verallgemeinerung der Landau Lifschitz Gleichung lautet 8 m v m t m F ext m t m v m v n c 2 F ext n F ext m displaystyle m left dot v mu frac tau m dot F text ext mu frac tau m frac v mu v nu c 2 dot F text ext nu right F text ext mu nbsp und wird auf dieselbe Weise gewonnen wie die nichtrelativistische Fassung Bewegungsgleichung fur allgemeine kugelsymmetrische Ladungsverteilungen BearbeitenAusgangspunkt der stringenten Herleitung ist die Aufteilung des Gesamtimpulses des Systems also des Teilchens und aller elektromagnetischen Felder in einen mechanischen und einen elektromagnetischen Anteil Da im elektromagnetischen ausseren Feld die Lorentzkraft auf das Teilchen wirkt ist p mech m v d 3 x r E ȷ B displaystyle dot vec p text mech m dot vec v int mathrm d 3 vec x rho vec E vec jmath times vec B nbsp mit dem elektrischen Feld E displaystyle vec E nbsp der magnetischen Flussdichte B displaystyle vec B nbsp der Ladungsdichte r displaystyle rho nbsp und der Stromdichte ȷ displaystyle vec jmath nbsp Die in diese Gleichung eingehenden elektrischen und magnetischen Grossen sind nicht nur die ausseren Felder sondern ebenfalls die Anteile an den Feldern die durch das geladene Teilchen selbst erzeugt werden Integrationsgrenzen fur das Volumenintegral ist das Volumen des Teilchens selbst Um eine Gleichung zu erhalten die Strahlungsruckwirkung und den Einfluss ausserer Krafte berucksichtigt muss eine Gleichung fur den Gesamtimpuls gefunden werden die die Form p ges p mech p em F ext displaystyle dot vec p text ges dot vec p text mech dot vec p text em vec F text ext nbsp besitzt Dabei ist F ext displaystyle vec F text ext nbsp ebenso wie in obiger Gleichung die Lorentzkraft jedoch beschrankt auf die externen elektromagnetischen Felder E ext B ext displaystyle vec E text ext vec B text ext nbsp Mit diesen allgemein gultigen Voraussetzungen gilt fur den elektromagnetischen Anteil des Impulses p em displaystyle vec p text em nbsp einer starren und kugelsymmetrischen Ladungsverteilung in ihrem Ruhesystem also in einem System in dem ihre Stromdichte verschwindet nach langerer Rechnung p em n 0 1 n c n 2 1 6 p e 0 n 1 v t n 1 d 3 x d 3 x r x x x n 1 r x displaystyle dot vec p text em sum n 0 infty frac 1 n c n 2 frac 1 6 pi varepsilon 0 frac partial n 1 vec v partial t n 1 int mathrm d 3 vec x int mathrm d 3 vec x rho vec x left vec x vec x right n 1 rho vec x nbsp Die Annahme einer starren Ladungsverteilung beschrankt die Behandlung naturgemass aufgrund der Lorentzkontraktion auf nichtrelativistische Geschwindigkeiten denn in einer relativistischen Theorie kann es keine starren Korper geben Diese Gleichung ist klassisch fast exakt die einzige Naherung die zu ihrer Herleitung verwendet wurde ist die Beschrankung auf lineare Terme in der zeitlichen Ableitung der Geschwindigkeit in der Reihenentwicklung Fur die weiteren Rechnungen ist es mathematisch sinnvoll mittels einer Fouriertransformation in den Fourierraum zu wechseln Fur die Fouriertransformationen gilt v t d w 2 p v w e i w t displaystyle textstyle vec v t int frac mathrm d omega 2 pi vec v omega mathrm e mathrm i omega t nbsp und r x q d 3 k 2 p 3 F k e i k x displaystyle textstyle rho vec x q int frac mathrm d 3 vec k 2 pi 3 F vec k e mathrm i vec k cdot vec x nbsp Wahrend fur die Fouriertransformierte der Geschwindigkeit kein eigener Name vorhanden ist nennt man die Fouriertransformierte der Ladungsdichte den Formfaktor F displaystyle F nbsp im Gegensatz zur Kraft F displaystyle vec F nbsp ohne Vektorpfeil die Ladung in der Fouriertransformation sorgt dafur dass der Formfaktor per Definition dimensionslos wird Dann ist i w m 1 12 p 3 e 0 c 2 d 3 k F k 2 k 2 w c 2 v w F ext w displaystyle mathrm i omega left m frac 1 12 pi 3 varepsilon 0 c 2 int mathrm d 3 vec k frac F vec k 2 k 2 omega c 2 right vec v omega vec F text ext omega nbsp Diese Formel sieht fast so aus wie die gewohnliche Gleichung fur die Beschleunigung im Fourierraum wobei der Massenparameter m displaystyle m nbsp durch den Term M w m 1 12 p 3 e 0 c 2 d 3 k F k 2 k 2 w c 2 displaystyle M omega m frac 1 12 pi 3 varepsilon 0 c 2 int mathrm d 3 vec k frac F vec k 2 k 2 omega c 2 nbsp als effektive Masse ersetzt wurde Renormierung der Masse Bearbeiten Fur eine Punktladung ist F k 1 displaystyle F vec k 1 nbsp Dadurch divergiert das Integral in der obigen Formel und die effektive Masse scheint unendlich zu werden Dirac schrieb dazu 1938 im Rahmen seiner Abhandlung uber die Strahlungsruckwirkung If we want a model of the electron we must suppose that there is an infinite negative mass at its centre such that when subtracted from the infinite positive mass of the surrounding Coulomb field the difference is well defined and is just equal to m Such a model is hardly a plausible one according to current physical ideas but this is not an objection to the theory provided we have a reasonable mathematical scheme Paul Dirac Classical theory of radiating electrons 3 Seit der Entwicklung der Quantenfeldtheorien in den 1940er Jahren ist ein solches Vorgehen in der Physik ublich da dort noch weitere Unendlichkeiten in den Rechnungen auftraten wo nach der erlebten physikalischen Realitat keine sein sollten Dieses Vorgehen nennt man Renormierung Die Renormierung fuhrt dazu dass der Parameter m displaystyle m nbsp der ursprunglich in die Bewegungsgleichung eingefuhrt wird nicht mehr als die echte physikalische Masse angesehen werden kann auf die die Kraft wirkt Solche Parameter die zwar in der ursprunglichen Gleichung mit einer bestimmten Funktion auftauchen aber renormiert werden mussen um sinnvolle Werte zu ergeben nennt man nackte Parameter Wie Dirac anfuhrte ist zur Durchfuhrung der Renormierung ein Renormierungsschema notwendig Fur die Strahlungsruckwirkung ist es sinnvoll die physikalische Masse m phys displaystyle m text phys nbsp als effektive Masse evaluiert an der Stelle w 0 displaystyle omega 0 nbsp anzugeben Dann ist m phys m 1 12 p 3 e 0 c 2 d 3 k F k 2 k 2 displaystyle m text phys m frac 1 12 pi 3 varepsilon 0 c 2 int mathrm d 3 vec k frac F vec k 2 k 2 nbsp Um einen endlichen Wert fur die physikalische Masse m phys displaystyle m text phys nbsp zu erhalten muss im Fall einer Ladungsverteilung deren Formfaktor nicht starker als 1 k displaystyle 1 sqrt k nbsp abfallt die nackte Masse m displaystyle m nbsp einen negativ unendlichen Wert annehmen da der Integrand stets positiv ist Im Sinne von Diracs Aussage ist eine solche Vorstellung zwar auf den ersten Blick abwegig aber da die nackte Masse m displaystyle m nbsp niemals gemessen werden kann nicht unphysikalisch In Termen der physikalischen Grossen wird die effektive Masse dadurch zu M w m phys w 2 12 p 3 e 0 c 4 d 3 k F k 2 k 2 k 2 w c 2 displaystyle M omega m text phys frac omega 2 12 pi 3 varepsilon 0 c 4 int mathrm d 3 vec k frac F vec k 2 k 2 k 2 omega c 2 nbsp Dieses letzte Integral divergiert aufgrund der k 4 displaystyle k 4 nbsp im Nenner selbst fur Punktladungen nicht Klassisches Elektron Bearbeiten Das klassische Modell eines Elektrons ist eine Billardkugel mit Radius R displaystyle R nbsp auf deren Oberflache sich die Ladung gleichmassig verteilt Der Formfaktor fur eine solche Ladungsverteilung ist F k sin k R k R displaystyle textstyle F k frac sin kR kR nbsp Mit diesem Formfaktor kann die Integration uber k displaystyle k nbsp geschlossen durchgefuhrt werden und die effektive Masse ergibt sich zu M w m phys 1 c 2 t phys w R 2 i sin 2 w R c 1 2 sin 2 w R c w R c displaystyle M omega m text phys left 1 frac c 2 tau text phys omega R 2 left mathrm i sin 2 frac omega R c frac 1 2 sin frac 2 omega R c frac omega R c right right nbsp Fur die Punktladung R 0 displaystyle R 0 nbsp reduziert sich diese Formel auf M w m phys 1 i t phys w displaystyle M omega m text phys 1 mathrm i tau text phys omega nbsp Die Rucktransformation vom Fourierraum in den Koordinatenraum ergibt somit exakt die Abraham Lorentz Gleichung ohne die einschrankende Bedingung v v t 1 t 2 0 displaystyle dot vec v cdot vec v t 1 t 2 0 nbsp Im Fourierraum zeigt sich die Ursache fur die unphysikalischen Losungen in der positiven komplexen Nullstelle der effektiven Masse bei w i t phys displaystyle omega mathrm i tau text phys nbsp Diese Nullstellen verschwinden mit der Bedingung R gt c t phys displaystyle R gt c tau text phys nbsp sodass die unphysikalischen Losungen bei Objekten die grosser als ihre eigene charakteristische Lange sind nicht auftreten Insbesondere ist fur ein klassisches Elektron der klassische Elektronenradius r e e 2 4 p e 0 1 m e c 2 gt e 2 6 p e 0 1 m e c 2 c t displaystyle r mathrm e frac e 2 4 pi varepsilon 0 frac 1 m mathrm e c 2 gt frac e 2 6 pi varepsilon 0 frac 1 m mathrm e c 2 c tau nbsp Zuruck im Koordinatenraum ergibt sich die Gleichung fur ein Objekt mit Radius R displaystyle R nbsp auf dessen Schale sich die Ladung gleichmassig verteilt zu 6 m phys 1 c t phys R v t m phys c 2 t phys 2 R 2 v t 2 R c v t F ext t displaystyle m text phys left 1 frac c tau text phys R right dot vec v t m text phys frac c 2 tau text phys 2R 2 left vec v left t frac 2R c right vec v t right vec F text ext t nbsp Die Information uber die Strahlungsruckwirkung steckt also in dieser Form im Geschwindigkeitsunterschied des Elektrons zum betrachteten Zeitpunkt t displaystyle t nbsp und zu einem fruheren Zeitpunkt t 2 R c displaystyle t 2R c nbsp Dieser Zeitunterschied ist die Zeit die eine elektromagnetische Welle benotigt um einmal durch das Elektron hindurch zu kommen Literatur BearbeitenJohn David Jackson Classical Electrodynamics 3 Auflage John Wiley amp Sons Hoboken 1999 ISBN 978 0 471 30932 1 englisch Einzelnachweise Bearbeiten Max Abraham Prinzipien der Dynamik des Elektrons In Annalen der Physik Band 315 Nr 1 1903 S 105 179 Hendrik Lorentz The theory of electrons and its applications to the phenomena of light and radiant heat 2 Auflage Teubner Leipzig 1916 englisch a b Paul Dirac Classical theory of radiating electrons In Proceedings of the Royal Society A Band 167 Nr 929 1938 S 148 169 englisch Lev Landau und Evgeny Lifschitz The Classical Theory of Fields In Course of Theoretical Physics 3 Auflage Band 2 Pergamon Press Oxford New York Toronto Sydney Braunschweig 1971 englisch William Baylis und John Huschilt Energy balance with the Landau Lifshitz equation In Physics Letters A Band 301 Nr 1 2 2002 S 7 12 englisch a b c David J Griffiths Thomas C Proctor und Darrell F Schroeter Abraham Lorentz versus Landau Lifshitz In American Journal of Physics Band 78 Nr 4 2010 S 391 402 englisch Mattew D Schwartz Quantum Field Theory and the Standard Model Cambridge University Press Cambridge 2014 ISBN 978 1 107 03473 0 englisch Yurij Yaremko Exact solution to the Landau Lifshitz equation in a constant electromagnetic field In Journal of Mathematical Physics Band 54 Nr 9 2013 S 092901 1 092901 19 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Strahlungsruckwirkung amp oldid 237611756