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Die klassische Physik umfasst die Teilgebiete der Physik deren theoretische Grundlagen in etwa bis zur Wende zum 20 Jahrhundert entwickelt wurden Die wichtigsten Disziplinen der klassischen Physik sind somit die klassische Mechanik die klassische Elektrodynamik und die klassische Thermodynamik bzw Warmelehre immer einschliesslich der Weiterentwicklungen bis heute Je nach Sichtweise werden die Spezielle und die Allgemeine Relativitatstheorie von 1905 16 entweder zur klassischen Physik oder zur modernen Physik gezahlt Nicht zur klassischen Physik gehoren die Teilgebiete die auf den ab 1900 entdeckten Konzepten der Quantisierung aufbauen Diese werden zusammenfassend als Moderne Physik bezeichnet Fur die makroskopischen physikalischen Vorgange in Natur und Technik ermoglicht die klassische Physik in weiten Bereichen ein nahezu vollstandiges physikalisches Verstandnis Sie versagt aber bei der Beschreibung des mikroskopisch Kleinen Elementarteilchen Atome Molekule weil manche teilweise grundlegenden Begriffe und Theorien der klassischen Physik die bei makroskopischer Beobachtung uneingeschrankt gultig scheinen tatsachlich nur naherungsweise zutreffen 1 Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung 2 Geschichte 3 Gliederung 4 Grenzen 5 EinzelnachweiseBedeutung BearbeitenMit den Erweiterungen und Korrekturen der letzten gut hundert Jahre hat die klassische Physik ihre Bedeutung keineswegs eingebusst vielmehr besitzt sie in ihrem etablierten Anwendungsbereich also vor allem in der makroskopischen Physik dieselbe Gultigkeit wie vorher Aus der modernen Physik ergibt sich dass die klassische Physik eine naherungsweise korrekte Beschreibung der Wirklichkeit ist Viele Fragestellungen der Physik insbesondere zu Aufbau und Eigenschaften der Materie sind aber nur durch Quantentheorie und Relativitatstheorie erklarbar Zur klassischen Physik werden die klassische Mechanik einschliesslich der klassischen statistischen Mechanik und der Kontinuumsmechanik die Elektrodynamik die klassische Thermodynamik und die Optik gerechnet Bisweilen wird auch die spezielle Relativitatstheorie dazugezahlt weil sie aus der klassischen Elektrodynamik heraus entwickelt wurde Die Veranderungen die die Relativitatstheorie in der Physik ausloste gehen aber weit uber die klassische Elektrodynamik hinaus Der klassischen Physik ohne die Relativitatstheorien liegt eine Reihe von Annahmen zugrunde die nach der modernen Physik in unserer naheren Erfahrungswelt naherungsweise richtig sind aber allgemein nicht in Strenge gelten Klassische Physik Moderne PhysikKoordinatentransformationen Zeitdauern und Langen sind absolute Grossen d h von der Wahl des Bezugsystems unabhangig Folglich hangt jede Geschwindigkeit auch die Lichtgeschwindigkeit vom Bewegungszustand des Beobachters ab siehe Galilei Transformation Die Lichtgeschwindigkeit ist eine absolute Grosse d h von der Geschwindigkeit des Bezugssystems unabhangig Folglich hangen Zeiten und Langen vom Bewegungszustand des Beobachters ab siehe Zeitdilatation Langenkontraktion und Lorentz Transformation Struktur des Raumes Alle physikalischen Vorgange laufen in einem dreidimensionalen kartesischen Raum ab Es gelten die Gesetze der euklidischen Geometrie Die Zeit vergeht unabhangig vom Raum Die drei Dimensionen des Raums und die Zeit sind verwoben und bilden zusammen eine vierdimensionale Raumzeit Natur der Gravitation Die Gravitation ist nach Isaac Newton eine Fernwirkung die durch das Gravitationsgesetz beschrieben wird Tragheitskrafte und Gravitationskrafte sind einander aquivalent Sie wirken am betrachteten Ort mittels der dort herrschenden Krummung der Raumzeit Erhaltung von Masse und Energie Masse und Energie sind zwei verschiedene Erhaltungsgrossen Die Energie ist eine Erhaltungsgrosse die Masse jedoch nicht Wegen der Masse Energie Aquivalenz verliert ein System wenn es Energie abstrahlt auch an Masse obwohl es keine Materie abgibt Quantelung Gemass den Maxwell Gleichungen der Elektrodynamik konnen elektromagnetische Wellen zu denen auch das Licht gehort mit beliebigem Energieinhalt existieren Lichtenergie tritt stets gequantelt d h in diskreten Energieportionen Photonen auf Genauigkeit physikalischer Messungen Alle physikalischen Grossen eines physikalischen Objekts sind prinzipiell zu jedem Zeitpunkt gleichzeitig mit beliebig hoher Genauigkeit bestimmbar Es gibt lediglich eine praktische Grenze aufgrund der jeweils technisch erreichbaren Prazision Die maximal erreichbare Genauigkeit beim gleichzeitigen Bestimmen von Ort und Impuls oder anderer Paare konjugierter Grossen ist nicht nur bei praktischen Messungen begrenzt sondern gemass der Heisenbergschen Unscharferelation schon prinzipiell bei der Definition beider Grossen Determinismus Bei hinreichend genauer Kenntnis aller Naturgesetze und Parameter kann das Verhalten eines physikalischen Systems exakt vorhergesagt werden Determinismus der klassischen Physik Nach den Gesetzen der Quantenphysik lassen sich exakte Aussagen nur uber die Wahrscheinlichkeiten verschiedener Entwicklungen des Systems machen Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik In der Praxis wird bei physikalischen Fragen oft anhand der geforderten Genauigkeit oder der relevanten Grossenordnungen entschieden ob eine klassische Behandlung moglich ist oder Quanten bzw relativistische Effekte beachtet werden mussen Erklarungsmodelle die nur teilweise die klassischen Vorstellungen aufgeben werden als halbklassisch bezeichnet wie z B das zur Quantenphysik gehorende Bohrsche Atommodell Geschichte Bearbeiten Hauptartikel Geschichte der Physik Die Epoche der klassischen Physik umfasst etwa das 17 18 und 19 Jahrhundert Begrundet wurde sie von Galileo Galilei mit der Einfuhrung der experimentellen Methode und der mathematischen Beschreibung physikalischer Vorgange Er untersuchte Bewegungen und versuchte sie systematisch und quantitativ zu beschreiben Damit schuf er die Kinematik als ersten Teilbereich der klassischen Mechanik 2 Das eigentliche Fundament der Mechanik wurde jedoch durch Isaac Newton gelegt 3 Er lieferte mit den Newtonschen Gesetzen eine einheitliche Basis fur alle dynamischen Vorgange indem er einen Zusammenhang zwischen Kraften und Bewegungen herstellte Dazu fuhrte er auch die Infinitesimalrechnung in die Physik ein Weiterhin stellte das Gravitationsgesetz auf das spater von Henry Cavendish im Laborexperiment quantitativ uberpruft werden konnte Newtons Erkenntnisse wurden in der Folgezeit unter anderem von d Alembert Euler Lagrange und Hamilton theoretisch vertieft und durch Bernoulli Navier und Stokes auf Fluide ausgedehnt Die Elektrizitat wurde zunachst rein phanomenologisch untersucht Auf Benjamin Franklin geht die Erkenntnis zuruck dass es nur eine Ladungsart gibt die freilich positiv oder negativ sein kann Die anziehenden und abstossenden Krafte zwischen den Ladungen wurden von Coulomb durch ein neues Gesetz nach dem Vorbild des Newtonschen Gravitationsgesetze beschrieben Von Ohm und Kirchhoff stammen die Gesetze des elektrischen Stromkreises Die Magnetostatik war schon seit dem Altertum bekannt und im 16 Jahrhundert von Gilbert erforscht worden der enge Zusammenhang zwischen elektrischen und magnetischen Kraften wurde aber erst nach und nach unter anderem durch Ampere und Faraday aufgedeckt Maxwell gelang es diese Zusammenhange in vier Gleichungen zusammenzufassen 4 Aus diesen Gleichungen liess sich ableiten dass es elektromagnetische Wellen geben muss die von Hertz im Experiment nachgewiesen werden konnten Die Ubereinstimmung der Geschwindigkeit dieser Wellen mit der Lichtgeschwindigkeit legte den Schluss nahe dass Licht eine elektromagnetische Welle ist Bis dahin war lange umstritten gewesen welche Natur das Licht hatte Newton hatte es noch als Strom von Teilchen beschrieben doch schon Huygens vermutete dass es sich bei Licht um eine Welle handelt Dies wurde durch die Doppelspaltexperimente von Young bestatigt Die Thermodynamik schliesslich beschaftigte sich zunachst vorrangig mit Zustandsanderungen von Gasen so z B durch die Physiker Gay Lussac Boyle Mariotte und Amontons was schliesslich zur allgemeinen Gasgleichung fuhrte Im 19 Jahrhundert kristallisierte sich dann die Vorstellung heraus dass die Lebendige Kraft der Mechanik und die Warme der Thermodynamik verwandte Begriffe waren So gelang es unter anderem Joule das mechanische Warmeaquivalent zu messen 5 Damit war die Vorstellung geboren dass es eine universelle physikalische Grosse gibt die wir heute Energie nennen Mayer erkannte dass es sich dabei um eine Erhaltungsgrosse handelte Dies ist der wesentliche Inhalt des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik Der zweite Hauptsatz besagt unter anderem dass man zwar mechanische Energieformen beliebig in thermische Energieformen umwandeln kann jedoch nicht umgekehrt Dieses Gesetz geht auf Clausius zuruck 6 Zu einem tieferen Verstandnis der Thermodynamik gelangte man jedoch erst als man begann thermodynamische Prozesse auf Teilchenebene zu beschreiben Wegen der unuberschaubar grossen Zahl der Teilchen musste man dies mit den Mitteln der statistischen Mechanik tun die unter anderem auf Boltzmann zuruckgeht Zu Beginn des 20 Jahrhunderts wurde offenbar dass die bis dahin entwickelten Theorien der Physik nicht geeignet waren um bestimmte beobachtete Phanomene zu erklaren siehe Grenzen Es mussten neuartige Konzepte entwickelt werden die Grundannahmen in Frage stellten welche bis dahin als selbstverstandlich angenommen worden waren Physiker jener Zeit beispielsweise Max Planck begannen dieses althergebrachte Wissen gegen die neuartigen Gedanken abzugrenzen indem sie es als klassisch bezeichneten Gliederung BearbeitenZur klassischen Physik werden folgende Bereiche gerechnet Klassische Mechanik Kinematik Quantitative Beschreibung von Bewegungen Statik Lehre vom Kraftegleichgewicht Statik starrer und deformierbarer Korper Hydrostatik Aerostatik Dynamik Wirkung von Kraften auf die Bewegung von Korpern Dynamik des starren Korpers Hydrodynamik Stromung von Flussigkeiten Aerodynamik Stromung von Gasen Himmelsmechanik inklusive Gravitation Akustik Lehre vom Schall Klassische Elektrodynamik im weiteren Sinne Elektrostatik Krafte zwischen ruhenden elektrischen Ladungen Magnetostatik Vor allem Wirkung von Permanentmagneten Elektrodynamik im engeren Sinne Wechselseitige Beeinflussung elektrischer und magnetischer Felder elektromagnetische Wellen usw Lehre vom elektrischen Stromkreis Optik Lehre vom Licht Strahlenoptik Beschreibung des Lichts durch die geradlinige Ausbreitung von Strahlen Wellenoptik Beschreibung des Lichts durch elektromagnetische Wellen Thermodynamik Warmelehre Klassische Thermodynamik Beschreibung thermodynamischer Prozesse durch makroskopische Grossen Statistische Mechanik Begrundung des makroskopischen Verhaltens eines Systems durch die statistische Beschreibung seiner Teilchen Kinetische GastheorieGrenzen BearbeitenDie Physik galt ausgangs des 19 Jahrhunderts als nahezu abgeschlossen obwohl den Physikern schon bekannt war dass sich gewisse Phanomene in der Natur mit den zu jener Zeit bekannten Gesetzen der klassischen Physik nicht vereinbaren liessen Einige Beispiele sind Die experimentellen Ergebnisse z B im Michelson Morley Experiment widersprachen der Existenz des Athers wie er als Medium fur die Ausbreitung von Licht angenommen worden war Einstein erkannte dass man elektromagnetische Wellen nur ohne die Annahme eines Mediums widerspruchsfrei beschreiben konnte Dazu musste er aber die Vorstellung eines Bezugssystems in absoluter Ruhe aufgeben und durch das Postulat der invarianten Lichtgeschwindigkeit ersetzen Das beschleunigte Elektron schien in klassischen Berechnungen je nach Messanordnung verschiedene Masse zu besitzen Man sprach von einer transversalen und einer longitudinalen Masse Einstein zeigte 1905 in seiner speziellen Relativitatstheorie dass zwar die Masse eines Korpers eine wohlbestimmte Grosse ist die zunachst als Ruhemasse bezeichnet wurde dass jedoch Langen und Zeiten und damit das Tragheitsverhalten des Korpers sehr wohl von der Geschwindigkeit d h von der Wahl des Bezugssystems abhangen Die Periheldrehung der Merkurbahn war um 0 43 Bogensekunden pro Jahr grosser als es die klassischen Berechnungen erklaren konnten Eine zutreffende Berechnung der Merkurbahn gelang erst mithilfe der Allgemeinen Relativitatstheorie durch Einstein im Jahr 1915 Die Intensitat der Strahlung eines schwarzen Korpers konnte nur im Bereich niedriger Frequenzen gut erklart werden Fur die hohen Frequenzen lieferte die klassische Physik hingegen absurd hohe Zahlenwerte was als Ultraviolett Katastrophe bezeichnet wurde Im Experiment wurde nichts Derartiges beobachtet Max Planck gelang die Losung dieses Problems 1900 mit der Einfuhrung der Quantenhypothese siehe Plancksches Strahlungsgesetz Der Aufbau der Materie war mit klassischen Methoden nicht zu erklaren Insbesondere widersprach die Vorstellung eines Atoms in dem Elektronen auf stabilen Bahnen um einen Atomkern kreisen den Gesetzen der klassischen Elektrodynamik Eine solche Anordnung musste standig Energie abstrahlen bis die Elektronen nach kurzer Zeit in den Atomkern sturzen Erwin Schrodinger gelang es 1926 das Wasserstoffatom rechnerisch zu behandeln indem er das Elektron nicht als klassisches kreisendes Teilchen beschrieb sondern als eine stehende Welle im elektrischen Feld des Atomkerns Die Radioaktivitat war schon seit 1896 bekannt liess sich jedoch uberhaupt nicht in klassische Materiekonzepte einordnen Um sie zu verstehen braucht man sowohl die Masse Energie Aquivalenz aus der Relativitatstheorie als auch quantenphysikalische Ansatze zur Beschreibung von Wechselwirkungen und Teilchen Einzelnachweise Bearbeiten Gunnar Lindstrom Rudolf Langkau Wolfgang Scobel Grenzen der klassischen Physik In Physik kompakt 3 Quantenphysik und Statistische Physik Springer Berlin Heidelberg 2002 ISBN 978 3 642 56017 0 S 3 6 doi 10 1007 978 3 642 56017 0 1 Galileo Galilei Discorsi e dimostrazioni matematiche Leiden 1638 deutsch Unterredung und mathematische Demonstration uber zwei neue Wissenszweige die Mechanik und die Fallgesetze betreffend online Isaac Newton Philosophiae Naturalis Principia Mathematica 1687 James Clerk Maxwell A Dynamical Theory of the Electromagnetic Field In Philosophical Transactions of the Royal Society Band 155 1865 S 459 512 doi 10 1098 rstl 1865 0008 James Prescott Joule Ueber das mechanische Waerme Aequivalent In Annalen der Physik und Chemie Band 4 Verlag J A Barth 1854 S 601ff Deutsche Fassung seiner 1850 erschienenen Veroffentlichung Verfugbar bei Google Books Rudolf Clausius Ueber die bewegende Kraft der Waerme und die Gesetze welche sich daraus fuer die Waermelehre selbst ableiten lassen in J C Poggendorff Hrsg Annalen der Physik und Chemie Bd 79 1850 online Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Klassische Physik amp oldid 231513223