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Eine fundamentale Wechselwirkung ist einer der grundlegend verschiedenen Wege auf denen physikalische Objekte Korper Felder Teilchen Systeme einander beeinflussen konnen Es gibt die vier fundamentalen Wechselwirkungen Gravitation Elektromagnetismus schwache Wechselwirkung und starke Wechselwirkung Sie werden auch als die vier Grundkrafte der Physik oder als Naturkrafte bezeichnet Einzeln oder in Kombination bringen die vier fundamentalen Wechselwirkungen samtliche bekannten physikalischen Prozesse hervor seien es Prozesse zwischen Elementarteilchen oder zwischen Materie und Feldern in makroskopischen Ausmassen sei es auf der Erde in Sternen oder im Weltraum Weitere Arten von Wechselwirkungen scheinen zur Beschreibung der Natur nicht erforderlich gelegentlich aufgestellte Hypothesen uber eine funfte Kraft die zur Erklarung bestimmter Beobachtungen notig ware konnten nicht bestatigt werden Andererseits ist es bisher auch nicht gelungen die Vielfalt der beobachteten Vorgange mit weniger als vier fundamentalen Wechselwirkungen zu erklaren Allerdings ist anzumerken dass dieses einfache Bild das etwa um die Mitte des 20 Jahrhunderts herausgearbeitet wurde nach neueren Entwicklungen zu modifizieren ist Zwei der vier Wechselwirkungen die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung werden im heutigen Standardmodell der Elementarteilchenphysik aus einer gemeinsamen Grundlage hergeleitet die den Namen elektroschwache Wechselwirkung tragt Daher wird zuweilen von insgesamt nur drei fundamentalen Wechselwirkungen gesprochen Andererseits enthalt das Standardmodell das neuartige Higgs Feld das durch eine besondere Art der Wechselwirkung den zunachst als masselos angesetzten Fermionen z B den Elektronen ihre Masse verleiht Diese Wechselwirkung wird jedoch bisher Stand 2017 gewohnlich nicht als funfte fundamentale Wechselwirkung bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Die vier Grundkrafte 1 1 Gravitation 1 2 Elektromagnetische Wechselwirkung 1 3 Schwache Wechselwirkung 1 4 Starke Wechselwirkung 1 5 Tabellarische Auflistung 2 Hypothetische weitere Krafte 3 Vereinheitlichende Theorien 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDie vier Grundkrafte BearbeitenGravitation Bearbeiten Hauptartikel Gravitation Die Gravitation auch Schwerkraft genannt wurde im 17 Jahrhundert von Isaac Newton als Naturkraft identifiziert und mathematisch beschrieben Sie geht von jedem Korper mit Masse aus und wirkt anziehend auf alle anderen Massen Sie nimmt mit der Entfernung ab lasst sich nicht abschirmen und hat eine unendliche Reichweite Die von der Erde ausgehende Gravitation macht den Hauptanteil der Gewichtskraft aus die unsere Lebenswelt entscheidend beeinflusst Die Gravitation ist die vorherrschende Wechselwirkung zwischen den Planeten und der Sonne und somit die Ursache fur die Gestalt des Sonnensystems Sie hat massgeblichen Einfluss auf den Zustand und die Entwicklung der Sterne dominiert aber auch die grossraumigen Strukturen des Universums Die Gravitationskraft wirkt auch zwischen je zwei Gegenstanden von der Grosse mit der wir taglich umgehen ist dann aber so schwach dass sie im Alltag praktisch vernachlassigbar ist und erst Ende des 18 Jahrhunderts von Henry Cavendish experimentell nachgewiesen werden konnte Gravitationswaage In Weiterentwicklung des newtonschen Gravitationsgesetzes ist die heute gultige Gravitationstheorie die allgemeine Relativitatstheorie die Anfang des 20 Jahrhunderts von Albert Einstein aufgestellt wurde Eine zugehorige Quantenfeldtheorie wurde bisher noch nicht gefunden Elektromagnetische Wechselwirkung Bearbeiten Hauptartikel Elektromagnetische Wechselwirkung Die elektromagnetische Wechselwirkung wurde ab Mitte des 19 Jahrhunderts als eine Grundkraft der Natur identifiziert nachdem James Clerk Maxwell die nach ihm benannten Maxwell Gleichungen aufgestellt hatte mit denen die Phanomene der Elektrizitat des Magnetismus und der Optik gleichermassen beschrieben werden konnen Die elektromagnetische Wechselwirkung geht von elektrischen Ladungen magnetischen Dipolen und elektromagnetischen Feldern aus Die Krafte die sie auf magnetische oder geladene Korper ausubt konnen vom Menschen direkt wahrgenommen werden Wie die Gravitation hat die elektromagnetische Wechselwirkung eine unendliche Reichweite Sie wirkt aber je nach Vorzeichen der elektrischen Ladung anziehend oder abstossend und lasst sich deshalb im Gegensatz zur Gravitation abschirmen oder gar eliminieren positive und negative Ladungen kompensieren sich ublicherweise fast exakt Auf die elektromagnetische Wechselwirkung konnen alltagliche Phanomene wie Licht Elektrizitat Magnetismus chemische Bindung also auch chemische Reaktionen und unterschiedliche Materialeigenschaften in Natur und Technik zuruckgefuhrt werden Die quantenfeldtheoretische Weiterentwicklung der klassischen Maxwell Gleichungen fuhrte Mitte des 20 Jahrhunderts zur Quantenelektrodynamik Darin ist das Photon das allen elektromagnetischen Effekten zugrunde liegende Austauschteilchen Schwache Wechselwirkung Bearbeiten Hauptartikel Schwache Wechselwirkung Die auch als schwache Kernkraft bezeichnete schwache Wechselwirkung wurde 1934 von Enrico Fermi als die neue fundamentale Wechselwirkung entdeckt und beschrieben die die Betaradioaktivitat verursacht Sie hat die extrem kurze Reichweite von etwa 10 17 m Sie wirkt zwischen allen Teilchen vom Typ Lepton und Quark wobei sie als einzige der Wechselwirkungen Umwandlungen von einer Teilchenart in eine andere bewirken kann z B Elektron wird Neutrino up Quark wird down Quark aber nicht zwischen Leptonen und Quarks Die schwache Wechselwirkung ist auch die einzige die die Symmetrie der Naturvorgange gegenuber einer Spiegelung des Raums Paritat P Symmetrie einer Umkehrung der Ladungen Teilchen Antiteilchen Symmetrie C Symmetrie oder der Zeitrichtung T Symmetrie verletzt s Paritatsverletzung Ladungskonjugation Zeitumkehrinvarianz Die schwache Wechselwirkung kann vom Menschen nicht direkt wahrgenommen werden bewirkt aber z B unverzichtbare Zwischenschritte bei der Kernfusion von Wasserstoff zu Helium aus der die Sonne ihre Strahlungsenergie bezieht Die Energie selbst wird durch die Starke Wechselwirkung freigesetzt Die quantenfeldtheoretische Beschreibung der schwachen Wechselwirkung beruht auf der Zusammenfassung mit der elektromagnetischen zur elektroschwachen Wechselwirkung die ein Grundpfeiler des Standardmodells der Elementarteilchenphysik ist Ihre Austauschteilchen sind das Z0 W und W die durch ihre grosse Masse sowohl die kurze Reichweite als auch die verhaltnismassige Schwache bei alltaglichen Vorgangen bewirken Im Zusammenhang mit der Erklarung der Masse dieser Austauschteilchen sagt die Theorie ein weiteres Teilchen voraus das Higgs Boson Im Juli 2012 hat das Forschungszentrum CERN den Nachweis eines Teilchens am Large Hadron Collider bekanntgegeben bei dem es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um das Higgs Boson handelt 1 Starke Wechselwirkung Bearbeiten Hauptartikel Starke Wechselwirkung Die starke Wechselwirkung auch starke Kernkraft genannt bindet die Quarks aneinander Sie bewirkt damit den inneren Zusammenhalt der Hadronen z B des Protons und Neutrons Sie ist daruber hinaus Ursache der gegenseitigen Anziehungskrafte kurzer Reichweite die zwischen den Hadronen wirken Diese werden als Kernkrafte im engeren Sinn bezeichnet da sie den Zusammenhalt der Protonen und Neutronen zum Atomkern ermoglichen Damit bestimmt die starke Wechselwirkung die Bindungsenergie der Atomkerne und die Energieumsatze bei Kernreaktionen Diese Energieumsatze sind typischerweise millionenfach grosser als in der Chemie wo sie von der elektromagnetischen Wechselwirkung zwischen den Atomhullen herruhren Als starkste Grundkraft der Natur wurde die starke Wechselwirkung seit den 1920er Jahren postuliert konnte aber erst in den 1970er Jahren nach der Entdeckung dass alle Hadronen aus zwei oder drei Quarks zusammengesetzt sind zutreffend beschrieben werden Die Quantenfeldtheorie der starken Wechselwirkung ist die Quantenchromodynamik QCD Sie stellt die Wechselwirkung zwischen zwei Quarks durch den Austausch eines Gluons dar Die Teilchen tragen einen eigenen Typ Ladung die im Unterschied zur elektrischen Ladung in acht Varianten auftritt Eine Charakterisierung geschieht uber drei gleichzeitig messbare Grossen die als Farbladungen der Objekte bezeichnet werden Charakteristisch fur die starke Wechselwirkung ist dass die elementaren Teilchen bei denen sie wirkt nicht isoliert auftreten konnen Versucht man etwa zwei Quarks voneinander zu trennen muss so viel Energie aufgewendet werden dass wegen der Aquivalenz von Masse und Energie weitere Quarks entstehen und sich mit den vorhandenen wieder zu vollstandigen Hadronen verbinden Dieses als Confinement Einschliessung bezeichnete Phanomen hat zur Folge dass die Reichweite der starken Wechselwirkung effektiv nicht uber den Radius eines Hadrons ca 10 15 m hinausgeht Die genauen Mechanismen der starken Wechselwirkung sind Gegenstand aktueller Forschung Tabellarische Auflistung Bearbeiten Grundkraft Austauschteilchen Masse GeV c2 Spin relativeStarke 2 Reichweite m 2 LadungGravitation Graviton postuliert 0 0 0 2 10 41 MasseElektromagnetische Kraft Photon 0 0 0 1 10 2 elektrische LadungSchwache Wechselwirkung W W 80 0 1 10 15 lt 10 17 nicht definierbarZ0 91Starke Wechselwirkung Gluon 0 0 0 1 1 10 15 starke Ladung charakterisiert durch FarbladungHinweis Die typische relative Starke ist so angegeben wie sie bei Prozessen im Energiebereich bis zu einigen GeV beobachtet wird Da die Werte stark von der Energie abhangen ist die schwache Wechselwirkung in einigen Quellen auch mit der relativen Starke 10 13 angegeben die Gravitation mit 10 38 oder 10 39 Die wesentliche Feststellung ist die Winzigkeit der Starke der Gravitation sowie der kleine Wert der schwachen Wechselwirkung bei niedrigen Energien Hypothetische weitere Krafte BearbeitenObwohl bisher noch keine Nachweise geliefert werden konnten wird in der theoretischen Physik vielfach uber weitere mogliche Krafte spekuliert Darunter fallen beispielsweise Technicolor Theorien Theorien der Supersymmetrie oder Stringtheorien Neue makroskopische Krafte werden gelegentlich unter dem Begriff Funfte Kraft zusammengefasst Alle diese Krafte stellen hypothetische Erweiterungen des Standard Modells der Elementarteilchenphysik dar Vereinheitlichende Theorien Bearbeiten nbsp Kopplungskonstanten a displaystyle alpha nbsp der Grundkrafte als Funktion der Energie E displaystyle E nbsp s starke w schwache em elektromagnetische Wechselwirkung g Gravitation Eines der Ziele der Physik ist es herauszufinden ob alle Grundkrafte oder Wechselwirkungen in einem vereinheitlichten Gesamtkonzept zu beschreiben sind Damit konnte es moglich sein alle bekannten Krafte auf eine einzige Grundkraft zuruckzufuhren Man spricht hier von vereinheitlichten Theorien Beispielsweise ist die elektromagnetische Wechselwirkung eine Vereinheitlichung der elektrischen und der magnetischen Wechselwirkung Weiter haben die elektromagnetische Wechselwirkung und die schwache Wechselwirkung bei Energien ab etwa 102 GeV etwa gleiche Starke und konnen als elektroschwache Wechselwirkung vereinheitlicht beschrieben werden Jedoch steht im gegenwartigen Standardmodell der Elementarteilchenphysik die starke Wechselwirkung unverbunden daneben Eine Theorie die diese drei Grundkrafte des gegenwartigen Standardmodells der Elementarteilchenphysik vereinheitlichen wurde wird grosse vereinheitlichte Theorie Grand Unification Theory GUT genannt Als zentraler Bestandteil gilt die Annaherung der Kopplungskonstanten der drei Wechselwirkungen an einen gemeinsamen Wert wenn die Prozesse bei immer hoherer Energie untersucht werden Aktuelle Theorien nehmen eine solche Annaherung bei etwa 1016 GeV an das liegt um einen unerreichbaren Faktor 1012 uber der derzeit hochsten in einem Experiment erzielten Teilchenenergie Eine Theorie die alle vier Grundkrafte vereint wird Weltformel oder Theory of Everything TOE genannt Sie muss also uber die noch hypothetische GUT hinaus eine bisher ebenfalls unbekannte Quantentheorie der Gravitation beinhalten Stringtheorien oder Superstringtheorien gelten hier als aussichtsreiche Kandidaten auch wenn sie bisher kein durch Experimente nachprufbares Resultat ergeben haben Die folgende Tabelle beschreibt schematisch das Verhaltnis verschiedener Grundkrafte zueinander und die entsprechende Hierarchie der Theorien der Physik Fundamentale Wechselwirkungen und ihre Beschreibungen Theorien in fruhem Stadium der Entwicklung sind grau hinterlegt Starke Wechselwirkung Elektromagnetische Wechselwirkung Schwache Wechselwirkung Gravitationklassisch Elektrostatik Magnetostatik Newtonsches GravitationsgesetzElektrodynamik Allgemeine Relativitatstheoriequanten theoretisch Quanten chromodynamik Standardmodell Quanten elektrodynamik Fermi Theorie Quanten gravitation Elektroschwache Wechselwirkung Standardmodell Grosse vereinheitlichte Theorie Weltformel Theorie von Allem Literatur BearbeitenEs gibt wohl wenige Bucher die alle vier Grundkrafte gleich behandeln Eine kurze Einfuhrung findet sich jedoch z B in Gerthsen Physik 23 Auflage Springer Verlag Berlin 2006 ISBN 3 540 25421 8 mit CD ROM Die drei fundamentalen Wechselwirkungen des Standardmodells der Elementarteilchen werden in den meisten einfuhrenden Buchern zur Elementarteilchenphysik behandelt z B in Klaus Bethge Ulrich E Schroder Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen eine Ubersicht Wiley VCH Weinheim 2006 ISBN 3 527 40587 9 Harald Fritzsch Elementarteilchen Bausteine der Materie Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 50846 4 Jorn Bleckneuhaus Elementare Teilchen Von den Atomen uber das Standard Modell bis zum Higgs Boson 2 Auflage Springer Spectrum 2012 ISBN 3 642 32578 5 Christoph Berger Elementarteilchenphysik Von den Grundlagen zu den Modernen Experimenten 2 Auflage Springer Verlag 2006 ISBN 3 540 23143 9 David Griffiths Introduction to Elementary particles Wiley VCH Weinheim 2008 ISBN 978 3 527 40601 2Einfuhrende Bucher zur Gravitation sind z B Charles W Misner Kip S Thorne John Archibald Wheeler Gravitation Freeman 2000 ISBN 0 7167 0344 0 Claus Kiefer Gravitation Fischer 2002 ISBN 3 596 15357 3und zur Suche nach einer Theorie der Quantengravitation Claus Kiefer Der Quantenkosmos Fischer 2008 ISBN 978 3 10 039506 1Weblinks BearbeitenDie 4 Wechselwirkungen Grundkrafte gut erklart Gravitation Elektromagnetische starke und schwache Wechselwirkung Grundlagen Eigenschaften VermittlungsprozesseEinzelnachweise Bearbeiten CERN experiments observe particle consistent with long sought Higgs boson Pressemitteilung von CERN 4 Juli 2012 abgerufen am 15 Oktober 2012 a b W Greiner B Muller Gauge Theory of Weak Interaction Band 13 Springer 2000 S 2 Die vier Grundkrafte der Physik Starke Wechselwirkung Elektromagnetische Wechselwirkung Schwache Wechselwirkung Gravitation Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fundamentale Wechselwirkung amp oldid 236586215