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Dieser Artikel behandelt die historisch nachgewiesene Abtissin Fur die in alterer Literatur genannte andere Abtissin siehe Mathilde I Essen Mathilde in alterer Literatur als Mathilde II gefuhrt 949 5 November 1011 war Abtissin des Stifts Essen Die Enkeltochter Kaiser Ottos des Grossen aus dem Geschlecht der Liudolfinger gilt als die bedeutendste Abtissin der Essener Geschichte Die Kunstwerke die sie dem Essener Domschatz hinzufugte sind in ihrer Bedeutung einzigartig In der unzuverlassigen Essener Abtissinnenliste von 1672 wird sie als die zweite Abtissin dieses Namens gefuhrt Mathilde I deren Existenz bestritten wird 1 soll von 907 bis 910 Abtissin gewesen sein Mathilde mit ihrem Bruder Otto auf der Stifterplatte des Otto Mathilden Kreuzes Inhaltsverzeichnis 1 Quellenlage 2 Familie und Jugend 3 Mathilde als Abtissin 3 1 Die Politikerin 3 2 Die Kunststifterin 3 3 Mathildes Bautatigkeit 3 4 Theorien zur Grundung des Stiftes Rellinghausen 4 Letzte Jahre Tod und Begrabnis 5 Nachfolge und Memoria 6 Rezeption 7 Literatur 8 Weblinks 9 AnmerkungenQuellenlage BearbeitenSchriftliche Quellen zu Mathildes Leben und besonders zu ihrem Wirken sind selten Aus der Fruhzeit des Essener Stifts ca 845 1150 existieren insgesamt nur rund 20 Urkunden jedoch keine zeitgenossische Chronik oder Lebensbeschreibung Wahrend Mathildes Lebensdaten aufgrund ihrer Zugehorigkeit zur Familie der Liudolfinger bekannt sind kann ihr Wirken lediglich an insgesamt 10 Erwahnungen in anderen Chroniken und erhaltenen Urkunden festgemacht werden Erst in jungerer Zeit wird versucht zusatzlich aus den ihr zuzuordnenden Kunstwerken und Bauten Ruckschlusse auf die Person Mathildes zu ziehen Familie und Jugend BearbeitenMathilde entstammte der ersten Familie des Reichs Ihr Vater Liudolf war der alteste eheliche Sohn Kaiser Ottos des Grossen ihre Mutter Ida entstammte dem Geschlecht der Konradiner Ihr Bruder Otto wurde 973 Herzog von Schwaben und zusatzlich 976 Herzog von Bayern starb aber bereits 982 Mathildes Geburtsjahr ist durch Adalbert von Magdeburgs Fortschreibung der Chronik des Regino von Prum belegt Mathilde wurde moglicherweise bereits 953 in das Stift Essen zur Erziehung und Ausbildung gegeben alternativ werden 957 das Todesjahr ihres Vaters oder 966 angenommen Das Stift Essen um 845 von Altfrid Bischof von Hildesheim und Gerswid der ersten uberlieferten Abtissin gegrundet war seit seiner Grundung den Liudolfingern verbunden 947 hatte die Abtissin Hathwig nach einem Brand der samtliche Urkunden uber die Fruhzeit des Stifts vernichtet hatte von Konig Otto I die alten Rechte des Stifts bestatigen lassen und zugleich die Immunitat und Exemtion erwirkt so dass das Stift weltlich reichsunmittelbar war und geistlich nur dem Papst unterstand Die Ubergabe einer Prinzessin zur Erziehung wertete das Stift weiter auf es stand damit gleichrangig neben den Stiften von Gandersheim und Quedlinburg als liudolfingisches Hauskloster Moglicherweise war bereits zu diesem Zeitpunkt entschieden dass Mathilde spater Abtissin werden solle spatestens fiel diese Entscheidung 966 als Otto I den Sanctimonialen des Stifts den Hof Ehrenzell schenkte was vermutlich ein Geschenk anlasslich Mathildes Eintritt in die Gemeinschaft war 2 Mathilde erhielt vermutlich durch Abtissin Hathwig 3 eine umfassende ihrem Stand angemessene Bildung Zu den in Essen vorhandenen Buchern gehorten neben Evangeliaren auch die religiosen Schriftsteller Prudentius Boethius wie auch Alkuin aber auch weltliche Bucher wie Terenz und andere Klassiker die nicht nur der Lekture sondern auch der Schulbildung der dem Stift ubergebenen Madchen dienten 4 Mathilde war auf ihr Amt daher bestens vorbereitet Aus den uberlieferten Inschriften des Marsus Schreines wird geschlossen dass sie auf Latein dichten konnte und auch etwas Griechisch beherrschte Mathilde als Abtissin Bearbeiten973 wird Mathilde erstmals in einer Urkunde als Abtissin von Essen genannt Ausgefertigt am 23 Juli 973 in Aachen heisst es 5 Otto bestatigt dem von Bischof Altfried gegrundeten Kloster Essen uber Bitte der Abtissin Mathilde und nach dem Rat des Erzbischofs Gero und seines Verwandten Otto gleich seinen Vorgangern die freie Wahl der Abtissin die von den fruheren Herrschern und anderen Getreuen gemachten Schenkungen die namentlich aufgezahlt werden und deren Besitztitel beim Brand des Klosters zugrunde gegangen sind und die Immunitat mit dem Recht des von der Abtissin gewahlten Vogtes die Klosterleute im Bedarfsfall vor Gericht zu rufen In dieser Urkunde ist Otto als Konig Otto II Gero als der bedeutende Bischof von Koln dem auch das Gerokreuz seinen Namen verdankt und der Verwandte Otto als Mathildes Bruder Otto von Schwaben zu lesen Mathilde war zu diesem Zeitpunkt ungefahr 24 Jahre und damit noch unterhalb des Alters in dem sie eigentlich die Berufung zur Abtissin hatte erhalten konnen Mathilde war keine Abtissin die abgeschieden in klosterlicher Stille wirkte Neben der Reise nach Aachen 973 sind weitere Reisen nach Aschaffenburg 982 nach Heiligenstadt 990 sowie 997 nach Dortmund und Thorr belegt Anzunehmen ist auch eine Reise nach Mainz 986 zum Begrabnis ihrer Mutter Daruber hinaus muss sie ein weit gespanntes Netz von Kontakten unterhalten haben Kunsthistorische Gemeinsamkeiten deuten auf Kontakte nach Hildesheim Trier und Koln In Koblenz Hl Florinus und Lyon Hl Marsus erwarb sie Reliquien Dem Kloster Einsiedeln ubereignete sie Landbesitz aus dem Besitz ihrer Mutter Dort wurde sie als Wohltaterin verzeichnet und mit dem Titel ducissa also Herzogin geehrt 6 Der angelsachsische Earl AEthelweard mit dem sie korrespondierte verfasste fur sie seine Chronik die im Wesentlichen eine Ubersetzung der Angelsachsischen Chronik in das Lateinische ist Samtliche uberlieferten Aktivitaten Mathildes dienten vor allem dazu den Zweck ihres Klosters zu erfullen namlich fur das Seelenheil der verstorbenen Familienmitglieder zu sorgen Memoria Dieses wird in der AEthelwardschen Chronik besonders deutlich in der AEthelward besonderen Wert auf genealogische Zusammenhange legt wobei er schon in der Einleitung auf seine und Mathildes gemeinsame Abstammung von Konig Athelwulf von Wessex hinweist 7 Die Politikerin Bearbeiten Das Stift Essen war eine Reichsabtei wie Gandersheim oder Quedlinburg die Abtissin selbst stammte aus der kaiserlichen Familie Belege dafur dass sie wie ihre gleichnamige Tante die Abtissin Mathilde von Quedlinburg und ihr jungerer Bruder Otto am Italienzug ihres mit ihrem Bruder gleichaltrigen Onkels Otto II teilnahm fehlen Belegt durch einen Eintrag in eine Handschrift des Stiftes St Peter und Alexander ist jedoch ihre Teilnahme am Begrabnis ihres in Italien verstorbenen Bruders in der von ihrem Vater begrundeten Stiftskirche St Peter und Alexander in Aschaffenburg Der Italienzug Ottos II auf dem sowohl er als auch Otto von Schwaben verstarben war ein Wendepunkt in Mathildes Leben Zum einen war sie durch den Tod Ottos von Schwaben das letzte Mitglied des schwabischen Zweigs der Liudolfinger wodurch sie Verwalterin der Hausguter dieses Familienzweigs wurde 8 Zum anderen katapultierten sie die Todesfalle mitten in die Reichspolitik da dem Erben Ottos II dem dreijahrigen Otto III das Recht auf die Regentschaft von Heinrich dem Zanker streitig gemacht wurde jenem Verwandten der 976 sein Herzogtum Bayern an Mathildes Bruder Otto verloren hatte Traditionell wird auf die fehlenden schriftlichen Nachweise eines Wirkens Mathildes die Annahme gestutzt sie habe nach dem Tod ihres Bruders keinen politischen Einfluss mehr ausgeubt Gegen diese These spricht dass Mathilde sicher nicht in der Gunst Heinrichs des Zankers stand und ein Erfolg Heinrichs zu einer Minderung herrschaftlicher Zuwendung und damit zu einem Bedeutungsverlust des Stifts Essen gefuhrt hatte Es erscheint deshalb plausibel anzunehmen dass Mathilde in dieser Situation in das Geschehen eingriff Auf dem Stifterbild des um 983 entstandenen Otto Mathilden Kreuzes ist sie entgegen ublichen Stifterdarstellungen in aufrecht stehender Haltung und in der Kleidung einer Hochadeligen nicht in der einer Sanctimonialen abgebildet Daraus wird geschlossen dass Mathilde ein ausgepragtes Selbstbewusstsein hatte und sich nicht mit der Rolle einer Klosterfrau begnugte 9 Was genau Mathilde die auch Erzieherin der Schwester Ottos III Mathilde war in der Phase unternahm in der Theophanu die Witwe Ottos II zusammen mit Adelheid der Witwe Ottos des Grossen mit Heinrich dem Zanker um die Regierungsgewalt rang ist nicht belegt Allerdings gelangte in dieser Zeit die Goldene Madonna die als Spiegelung von Theophanus Machtanspruch gedeutet werden kann nach Essen 993 stattete dann Otto III dem Stift Essen einen Besuch ab bei dem er ihm moglicherweise die Krone ubergab mit der er als kleines Kind 983 zum Konig gekront worden war Ausserdem stiftete Otto ein schlachterprobtes Schwert aus Damaszenerstahl das mit einer goldenen Umhullung versehen zunachst als Zeremonialschwert der Essener Abtissinnen diente und in der Essener Uberlieferung spater zum Richtschwert der Martyrer Cosmas und Damian wurde Wem dieses Schwert tatsachlich moglicherweise in der Schlacht auf dem Lechfeld so gedient hatte dass es zum koniglichen Geschenk wurde ist unbekannt Diese Schenkung von Herrschaftsinsignien zu denen es fur diese Zeit keine vergleichbaren Vorgange etwa in anderen Klostern gibt lasst den Schluss zu dass Otto damit seinen Dank fur Mathildes Einfluss zur Sicherung seiner Macht abstattete Mathilde hatte den Konig bereits 990 getroffen Am 20 Januar dieses Jahres erneuerte Otto in Heiligenstadt auf ihre Bitte und auf Vorschlag des Kanzlers Willigis eine Stiftung von Mathildes Mutter 10 Otto erneuert auf Intervention des Erzbischofs Willigis und auf Bitte der Abtissin Mathilde von Essen dem Kanonissenstift Hilwartshausen die Schenkung des Ortes Rhoda die Ida eine vornehme Frau vorgenommen hat Besuche Ottos III in Essen werden fur 984 und 986 angenommen in beiden Jahren besteht eine zeitliche Lucke zwischen Beurkundungen in Dortmund und Duisburg Im April 997 reiste Mathilde zu einem Hoftag Ottos nach Dortmund wo Otto dem Stift Essen nochmals Konigsguter an der oberen Leine ubertrug Es ist moglich dass sie sich in diesem Jahr langere Zeit im Gefolge Ottos aufgehalten hat da sie auch an einer Beurkundung im September in Thorr mitwirkte Otto vermittelte auch die Ubertragung vom Reliquien besonders des Heiligen Marsus an das Stift Essen das das sachsische Zentrum des Memorialgedenkens seines in Rom begrabenen Vaters bildete 11 Die Kunststifterin Bearbeiten Die Ubernahme der Verwaltung der Hausguter ihrer Familie wozu insbesondere das Erbe ihrer Grossmutter Edgitha und nach 986 auch das ihrer Mutter Ida gehorte versetzte Mathilde in die Lage uber ein erhebliches Vermogen frei zu verfugen Aus diesem Vermogen finanzierte Mathilde Kunstschatze die das Andenken an ihre Verwandten und an sie selbst sichern sollten Dem Andenken an die angelsachsischen Vorfahren Edgithas diente die Chronik die der angelsachsische Geschichtsschreiber AEthelweard Mathilde widmete Es wird angenommen dass er sein Werk in ihrem Auftrag verfasste Moglicherweise bedankte sich Mathilde bei AEthelweard mit einer in der Schreibstube des Stifts entstandenen Abschrift des Werkes De re militari des Vegetius die sehr fruh nach England gelangte und dort erhalten ist London British Library Cotton Cleopatra D1 Teil A 12 nbsp Das Otto Mathilden Kreuz eine Stiftung MathildesBekannt ist Mathilde vor allem durch die Werke der Goldschmiedekunst die in ihrem Auftrag angefertigt oder durch sie an das Stift Essen gegeben wurden Zu diesen Schatzen gehoren zwei kostbare Vortragekreuze fur das Essener Stift Das altere von diesen ist das Otto Mathilden Kreuz welches sie entweder gemeinsam mit ihrem Bruder Otto oder wahrscheinlicher zu seinem Angedenken anfertigen liess das jungere war ein Gemmenkreuz das ihre Nachfolgerin zum Kreuz mit den grossen Senkschmelzen umgestalten liess 13 Inschriftlich gesichert ist ausserdem die Stiftung des grossen ursprunglich vergoldeten siebenarmigen Bronzeleuchters der noch heute im Essener Munster steht Ein kostbarer Reliquienschrein eine Memorialstiftung Kaiserin Theophanus fur Otto II den Mathilde fertigen liess soll in seiner Pracht selbst die Schatze der Kolner Kirchen ubertroffen haben 14 Die Zuordnung zu Mathilde ist aufgrund der uberlieferten in daktylischen Hexametern abgefassten Weihe Inschrift gesichert Hoc opus eximium gemmis auroque decorum Mechtildis vovit quae Theophanum quoque solvit Abbatissa bona Mechthildis chrisea dona Regi dans regum quae rex deposcit in aevum Spiritus ottonis pascit caelestibus oris Dieses erhabene Werk mit Gold und Gemmen verziert hat Mathilde gestiftet wie sie dieses Theophanu versprochen hat Die gute Abtissin Mathilde gibt dies prachtige Geschenk dem Konig der Konige damit der Konig der geborgen ist in Ewigkeit die Seele Ottos ruhen wird an himmlischen Ufern Dieses spater nach der wichtigsten darin aufbewahrten Reliquie als Marsusschrein bezeichnete Sammelreliquiar war der alteste Reliquienschrein im Reich und Vorlaufer der rheinischen Reliquienschreine deren bekanntester der Dreikonigenschrein in Koln ist 15 Der Marsusschrein wurde aus Gold gefertigt und mit zahlreichen Goldemails und Gemmen besetzt Das grosste Email war ein auf der Stirnseite angebrachtes Bild Kaiser Ottos II das aufgrund der Aufstellung des Schreins in einem Altarretabel die Prasenz Ottos im Gottesdienst und damit die memoriale Wirkung sicherstellte Dieser erste Grossschrein wurde durch Unverstand des mit der Fluchtung beauftragten Stiftsbediensteten im Jahr 1794 zerstort als er vor franzosischen Plunderern in Sicherheit gebracht werden sollte Die Reste wurden eingeschmolzen wodurch ein Hauptwerk der ottonischen Goldschmiedekunst unwiederbringlich verloren ging Mathilde ist wahrscheinlich auch die Stifterin des uberlebensgrossen ottonischen Holzkreuzes in der Aschaffenburger Stiftskirche St Peter und Alexander dessen gemalter Rahmen der Kantengestaltung des Otto Mathilden Kreuzes entspricht Da Mathildes Bruder Otto in dieser Kirche beigesetzt wurde war dieses Kreuz vermutlich Teil dessen Gedenkstiftung 16 Mathildes Bautatigkeit Bearbeiten nbsp Vermutetes Aussehen des Westwerks zur ErbauungBereits Georg Humann der sich als einer der ersten kunsthistorisch mit den Bauten und Schatzen des Stifts Essen befasste hatte durch Stilvergleiche das Westwerk des Essener Munsters Mathilde zugeschrieben Zu dieser Erkenntnis ist die Forschung inzwischen zuruckgekehrt Mathilde wird aufgrund der Arbeiten von Lange wieder als Auftraggeberin des Westwerks angesehen welches seit den Ausgrabung eines Vorgangerbaus 1955 durch Zimmermann meist der von 1039 bis 1058 regierenden Abtissin Theophanu zugeschrieben wurde 17 Mathilde ist damit auch die Bauherrin der ersten in Essen nachgewiesenen Wasserleitung die in einem in einer Steinbettung verlegten Bleirohr quer unter dem Westwerk hindurch in die Stiftsgebaude fuhrte Eine solche Wasserleitung die im fruhen Mittelalter unublich war und nur in Prachtbauten vorkam zeugte von Prestigedenken der Bauherrin Die Frage ob dieses Mathilde oder Theophanu war war sehr strittig Es handelt sich zwar nur um eine zeitliche Differenz von 50 Jahren in diese fiel jedoch ein Wechsel im Baustil Ware das Essener Westwerk ein Hohepunkt ottonischer Baukunst erst unter Theophanu entstanden ware es spater entstanden als einer der Hohepunkte der eigentlich spateren Romanik St Maria im Kapitol in Koln deren Bauherrin Theophanus Schwester Ida war Andererseits wird in der Brauweiler Familienchronik der Ezzonen zu dieser Sippe zahlte Theophanu Theophanu als Wiedererbauerin des Essener Klosters geruhmt Auf diesen Eintrag stutzte sich die durch Zimmermann vorgenommene Datierung die auch annahm dass der 1955 ergrabene Vorgangerbau erst 965 fertiggestellt worden sei Mathilde hatte in diesem Fall faktisch einen Neubau durch einen anderen ersetzen lassen 18 Lange wies auf das Bauprogramm hin das in der Anlage des Westwerks zu erkennen ist Das Oktagon nimmt deutlich Bezug auf den Aachener Dom und die renovatio imperii Idee Ottos III In der Epoche Theophanus hatte dieses Bauprogramm keinen Sinn mehr enthalten 19 Die Stelle der Brauweiler Chronik interpretiert diese Auffassung dahin dass Theophanu die Stiftsgebaude erneuern liess moglicherweise auch nur als Bild einer von Theophanu eingeleiteten geistigen Erneuerung der Gemeinschaft Ein gesichertes Datum wann das Westwerk des Vorgangerbaus entstand existiert nicht Die Anhanger einer Fruhdatierung des vorhandenen Baus datieren daher auch den Vorganger fruher da Westwerke von Klosterkirchen meist direkt nach Erlangung der Immunitat in Angriff genommen seien fur Essen also moglicherweise schon vor 920 Das Vorgangerwestwerk war dann beim Baubeginn unter Mathilde auch kein Neubau mehr Die Theorie Langes ist von der Forschung angenommen worden offen ist noch ob der Westbau auch noch von Mathilde fertiggestellt wurde oder ob die Fertigstellung erst unter Theophanu erfolgte Moglich ist auch dass beide Abtissinnen am Westwerk des Essener Domes gebaut haben da es Anzeichen gibt dass es eine langere Bauunterbrechung gab In diesem Fall ware die Angabe der Brauweiler Chronik dahin zu interpretieren dass Theophanu einen von Mathilde begonnenen Bau fertigstellen liess Theorien zur Grundung des Stiftes Rellinghausen Bearbeiten Mathilde wurde ausserdem als Grunderin des Stiftes Essen Rellinghausen bezeichnet da sich in der dortigen Stiftskirche eine Grabinschrift befunden haben soll wonach sie das Stift 998 gegrundet habe und nach ihrem Wunsch dort beigesetzt worden sei Die Grundung Rellinghausens durch sie wird in der neueren Forschung angezweifelt da direkte Belege fehlen und die Grabinschrift als Falschung der fruhen Neuzeit erkannt wurde 20 Die bereits 1662 von Gabriel Bucelin zu Rellinghausen und Mathilde wiedergegebenen Behauptungen sind widerlegt Mathilde hat Rellinghausen nicht aus Essener Besitz ausgestattet der Rellinghauser Landbesitz befand sich uberwiegend in Gegenden in denen Essen keinen Besitz hatte Das Stift Rellinghausen unterstand dem Stift Essen nicht die dafur herangezogene Urkunde aus dem Jahr 1241 bezog sich nach der Zeugenliste nicht auf Rellinghausen Weder fur Mathilde noch fur eine ihrer unmittelbaren Nachfolgerinnen ist das Amt einer Propstin von Rellinghausen belegbar Die ersten sicher belegbaren Rellinghauser Propstinnen sind im Stift Essen nicht nachweisbar Das Mathilde zugeschriebene Jahresgedachtnis das am 28 Oktober in Rellinghausen feierlich begangen wurde bezog sich tatsachlich auf die Essener Stiftsdame und Rellinghauser Propstin Mechthild von Braunsberg Dass Mathilde als Grunderin von Rellinghausen galt war ein Resultat des Versuchs des Stift Essens im 16 Jahrhundert Einfluss uber Rellinghausen zu gewinnen was letztendlich durch den Kauf der Landeshoheit uber Rellinghausen im 17 Jahrhundert gelang 21 Letzte Jahre Tod und Begrabnis Bearbeiten nbsp Den Siebenarmigen Leuchter stiftete Mathilde zur Forderung ihres Gebetsgedenkens Das Bild des zu ihrem Gedenken entzundeten Leuchters entstand an ihrem 999ten Todestag Der Tod Ottos III der das Essener Stift stark gefordert hatte stellte wahrscheinlich fur Mathilde eine erneute Zasur dar Der Nachfolger Ottos wurde ausgerechnet der Sohn Heinrichs des Zankers Heinrich II aus der bayrischen Linie der Ottonen Heinrich bestatigte 1003 zwar in einer Urkunde die Privilegien des Stifts Essen moglicherweise entstanden jedoch Streitigkeiten um den personlichen Besitz Mathildes aus dem Erbe ihres Bruders und ihrer Mutter Keines der durch Mathilde zum Essener Domschatz beigesteuerten Werke kann sicher auf die Zeit nach 1002 datiert werden Anzeichen am Westbau deuten auf einen Baustopp so dass angenommen wird dass sich Mathildes Einkunfte aus den Mitteln der schwabisch ottonischen Linie nach der Thronbesteigung Heinrichs plotzlich verringerten 22 In diesem Fall hatte Heinrich sich das Erbe das ihm nach dem Tod Mathildes als letzter dieser Familienlinie ohnehin zustand vorzeitig angeeignet und Mathilde damit in die Reihen der Opposition getrieben die am Niederrhein besonders stark war Anfuhrer dieser Oppositionsbewegung waren der Kolner Erzbischof Heribert und besonders der Pfalzgraf Ezzo der die in Essen erzogene Schwester Ottos III geheiratet hatte und moglicherweise Thronanspruche fur seine Kinder erhoben hatte Ezzo befand sich in einer Mathilde vergleichbaren Situation da ihm aufgrund der Ehe mit einer Schwester des kinderlos verstorbenen Otto III das Hauserbe der ottonischen Hauptlinie zustand dessen Herausgabe Heinrich verweigerte Dieser Erbstreit dauerte bis 1011 dann musste Heinrich nach einer verlorenen Schlacht einlenken Falls auch Mathilde ihre Erbguter zuruckerhielt war dieses fur eine Fortsetzung der von ihr angefangenen Projekte zu spat Ein 1996 im heutigen Polen gefundener Denar Konig Heinrichs II HENRICVS REX der auf der Umseite Mathilde Abtissin von Essen nennt MAHTHILD ABBATISSA ASNI DENSIS belegt dass Mathilde zumindest zeitweilig eine so hohe Wertschatzung durch Heinrich erfuhr dass sie auf einer Munze genannt wurde Diese Munze kann daher entweder kurz nach 1002 entstanden sein moglich erscheint auch eine memoriale Pragung nach Mathildes Tod im Zuge einer Aussohnung zwischen der rheinischen Opposition um die Ezzonen und Heinrich II 23 Mathilde unter der das Stift Essen seine Blutezeit erlebte starb am 5 November 1011 in Essen In den Annalen des Frauenstifts Quedlinburg einer Grundung von Mathildes Grossvater Otto dem Grossen ist vermerkt Abstulit sc mors et de regali stemmate gemmam Machtildam abbatissam Ludolfi filiam Der Tod raubte auch einen Edelstein aus dem Stamm des Konigshauses hinweg die Abtissin Mathilde die Tochter Liudolfs 24 Da sich das Begrabnis Mathildes in Rellinghausen als Falschung erwiesen hat wurde sie wahrscheinlich an prominenter Stelle in der Krypta der Essener Stiftskirche beigesetzt 1952 wurde bei Ausgrabungen in der Kirche ein Grab vor dem Hauptaltar der Krypta entdeckt einem Platz an dem oft bedeutende Personen beigesetzt wurden Damals wurde dieses Grab als das der 1085 verstorbenen Abtissin Suanhild angesehen von der bekannt war dass sie vor diesem Altar bestattet worden war Allerdings sollten die Stiftsdamen nach spatmittelalterlichen Aufzeichnungen dort zweier Abtissinnen gedenken von denen eine nicht namentlich benannt war Dieses wird inzwischen dahin interpretiert dass Svanhild sich uber Mathildes Grab in einem Hochgrab beisetzen liess und so Mathildes Begrabnisort in Vergessenheit geriet 25 Nachfolge und Memoria Bearbeiten nbsp Das Mathildenkreuz das Abtissin Theophanu zum Gedenken an Mathilde fertigen liessMathildes direkte Nachfolgerin wurde Sophia eine Tochter Ottos II Diese war wahrscheinlich eine Ersatzlosung da deren in Essen erzogene Schwester Mathilde mit Ezzo verheiratet worden war und damit als Abtissin ausfiel und moglicherweise zugleich eine politische Entscheidung da Sophia in Gandersheim von der Schwester Heinrich des Zankers erzogen worden und eine Parteigangerin Heinrichs II war Heinrich II sicherte sich so die politische Kontrolle uber das Stift Essen gegenuber seiner rheinischen Opposition 26 Da Sophia bereits seit 1002 in Gandersheim Abtissin war und dieses Stift auch bevorzugte blieben die von Mathilde begonnenen Projekte zunachst unvollendet Erst Sophies Nachfolgerin Theophanu die Tochter Ezzos und der als Abtissin ausgefallenen Mathilde vollendete die Plane der bedeutendsten Essener Abtissin Das sogenannte Mathildenkreuz des Essener Domschatzes auf dessen Stifterbild Mathilde als Sanctimoniale zu Fussen der thronenden Maria abgebildet ist ist eine Stiftung Theophanus zu Mathildes Memoria Theophanus Neubau der Krypta der Stiftskirche ruckte Mathildes Grab in den Mittelpunkt der Krypta und umgab es mit Reliquien von Heiligen die sie als Fursprecher besonders schatzte Mit der Errichtung dieses Memorialbaus wurde Mathildes liturgische Erhohung angestrebt 27 Mathildes Memoria wurde in Essen besonders festlich namlich mit vier Messen und Erleuchtung des Grabes mit 12 Kerzen begangen In der um 1300 entstandenen Handschrift des Essener Liber Ordinarius wird sie als Mater ecclesia nostre also Mutter unserer Kirche bezeichnet Auf den untergegangenen Westfenstern des Munsters die zwischen 1275 und 1297 von der Essener Stiftsdame Mechthild von Hardenberg gestiftet worden waren war Abtissin Mathilde abgebildet und als Mechthildis abbatissa hujus conventus olim mater pia bezeichnet 28 Rezeption BearbeitenMathilde ist durch die Kunstwerke des Essener Domschatzes zwar die bekannteste Essener Abtissin im Einzelnen ist vieles jedoch noch unerforscht Erst die jungere Forschung erkennt den Umstand an dass im Stift Essen die Macht tatsachlich in Frauenhand war und insbesondere Mathilde keine zwar kunstsinnige aber hinter Klostermauern einflusslose Enkelin aus kaiserlichem Geschlecht war Exemplarisch hierfur ist die Wandlung der Deutung des Otto Mathilden Kreuzes das zuerst als Ottokreuz und Stiftung Ottos von Schwaben fur das Kloster seiner Schwester bezeichnet wurde Weitgehend wird es als gemeinsame Stiftung der Geschwister angesehen gleichzeitig mit der Anderung der Deutung begann sich die Bezeichnung Otto Mathilden Kreuz durchzusetzen Inzwischen wird mit uberzeugenden Argumenten vertreten dass das Kreuz von Mathilde allein zum Gedenken an Otto gestiftet wurde Insoweit ist Mathilde exemplarisch fur die unterschatzte Bedeutung der Frau im Mittelalter Das Bistum Essen beging den tausendsten Todestag Mathildes mit einer von der Domschatzkammer gemeinsam mit Studierenden der Universitat Dusseldorf erarbeiteten Gedachtnisausstellung in Dom und Schatzkammer vom 27 Oktober 2011 bis zum 22 Januar 2012 sowie einem Memorialgottesdienst am 5 November 2011 bei dem das jungere Mathildenkreuz als Altarkreuz diente Literatur BearbeitenKlaus Gereon Beuckers Das Otto Mathildenkreuz im Essener Munsterschatz Uberlegungen zu Charakter und Funktion des Stifterbildes In Herrschaft Liturgie und Raum Studien zur mittelalterlichen Geschichte des Frauenstifts Essen Klartext Verlag Essen 2002 ISBN 3 89861 133 7 S 51 80 Katrinette Bodarwe Sanctimoniales litteratae In Herrschaft Bildung und Gebet Klartext Verlag Essen 2000 ISBN 3 88474 907 2 S 101 117 Paul Derks Gerswid und Altfried Zur Uberlieferung der Grundung des Stiftes Essen In Essener Beitrage Beitrage zur Geschichte von Stadt und Stift Essen Essen 107 1995 ISSN 1432 6531 Birgitta Falk Andrea von Hulsen Esch Hrsg Mathilde Glanzzeit des Essner Frauenstifts Klartext Verlag Essen 2011 ISBN 978 3 8375 0584 9 Edgar Freise Mathilde II In Neue Deutsche Biographie NDB Band 16 Duncker amp Humblot Berlin 1990 ISBN 3 428 00197 4 S 374 f Digitalisat Elisabeth van Houts Woman and the writing of history in the early Middle Ages the case of Abbess Matilda of Essen and Aethelweard In Early Medieval Europe 1 1 1992 S 53 68 doi 10 1111 j 1468 0254 1992 tb00004 x Ludger Korntgen Zwischen Herrschern und Heiligen In Herrschaft Liturgie und Raum Studien zur mittelalterlichen Geschichte des Frauenstifts Essen Klartext Verlag Essen 2002 ISBN 3 89861 133 7 S 7 23 Klaus Lange Die Krypta der Essener Stiftskirche In Essen und die sachsischen Frauenstifte im Fruhmittelalter Klartext Verlag Essen 2003 ISBN 3 89861 238 4 S 161 184 Klaus Lange St Cosmas und Damian zu Essen Ein Pladoyer fur eine neue Sicht der alteren Baugeschichte In Herrschaft Bildung und Gebet Klartext Verlag Essen 2000 ISBN 3 88474 907 2 S 43 57 Hedwig Rockelein Der Kult des Hl Florinus im Stift Essen In Essen und die sachsischen Frauenstifte im Fruhmittelalter Klartext Verlag Essen 2003 ISBN 3 89861 238 4 S 59 86 Weblinks BearbeitenWebsite zur Ausstellung VergESSEN Prinzessin Mathilde Abtissin von Essen in der Domschatzkammer Essen anlasslich des 1000ten Todestags der Abtissin Mathilde Maren Gottschalk 5 November 1011 Todestag der Abtissin Mathilde von Essen WDR ZeitZeichen vom 5 November 2021 Podcast Anmerkungen Bearbeiten Tobias Nussel Uberlegungen zu den Essener Abtissinnen zwischen Wicburg und Mathilde In Das Munster am Hellweg 63 2010 S 20 22 Bodarwe Sanctimoniales literattae S 54 Tobias Nussel Uberlegungen zu den Essener Abtissinnen zwischen Wicburg und Mathilde In Das Munster am Hellweg 63 2010 S 30 zum Essener Bucherbestand Bodarwe Sanctimoniales litteratae S 246 282 Urkunde Nr 40 in Theodor Sickel Hrsg Diplomata 13 Die Urkunden Otto des II und Otto des III Ottonis II et Ottonis III Diplomata Hannover 1893 S 58 59 Monumenta Germaniae Historica Digitalisat Rockelein Der Kult des heiligen Florinus in Essen S 84 Bodarwe Sanctimoniales litteratae S 279 280 van Houts Woman and the writing of history in the early Middle Ages the case of Abbess Mathilda of Essen and Aethelweard In Early Medieval Europe 1992 56ff Beuckers Das Otto Mathilden Kreuz im Essener Munsterschatz S 54 Korntgen Zwischen Herrschern und Heiligem S 20 Beuckers Das Otto Mathilden Kreuz im Essener Munsterschatz S 63 Urkunde Nr 59 in Theodor Sickel Hrsg Diplomata 13 Die Urkunden Otto des II und Otto des III Ottonis II et Ottonis III Diplomata Hannover 1893 S 464 465 Monumenta Germaniae Historica Digitalisat Beuckers Marsusschrein S 47 48 Bodarwe Sanctimoniales litteratae S 441 Beuckers Marsusschrein S 116f Beuckers Marsusschrein S 1f unter Hinweis auf Aegidius Gelenius der 1639 den Schrein beschrieb Beuckers Marsusschrein S 121 Beuckers Das Otto Mathilden Kreuz im Essener Munsterschatz S 57 Lange Westbau S 1ff Zimmermann Das Munster zu Essen Die Kunstdenkmaler des Rheinlands Beiheft 3 S 52 Lange Westbau S 72 Lange Die Krypta der Essener Stiftskirche S 171 Sonja Hermann Die Essener Inschriften S 69 70 nimmt an dass die Inschrift echt sei sich aber auf eine andere Person beziehe Ute Kuppers Braun Stift Stoppenberg und Stift Rellinghausen Forschungsstand und Perspektiven In Birgitta Falk Jens Lieven Jens Oboth Hrsg Aus der Nahe betrachtet Regionale Vernetzungen des Essener Frauenstiftes in Mittelalter und fruher Neuzeit Essen 2017 S 231 255 Beuckers Das Otto Mathilden Kreuz im Essener Munsterschatz S 55 Heinz Josef Kramer Ein Mathilden Denar aus Masowien Chronik einer Entdeckung in Das Munster am Hellweg 65 2012 S 26 33 ediert Martina Giese Hrsg Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 72 Die Annales Quedlinburgenses Hannover 2004 S 531 Z 9 10 Monumenta Germaniae Historica Z 9 10 Digitalisat Lange Die Krypta der Essener Stiftskirche S 172ff Beuckers Marsusschrein S 46 Lange Die Krypta der Essener Stiftskirche S 177 Sonja Hermann Die Essener Inschriften S 74 75 Nr 45 nbsp Dieser Artikel wurde am 19 Mai 2006 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Normdaten Person GND 130930571 lobid OGND AKS VIAF 70047909 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME MathildeALTERNATIVNAMEN Mathilde II KURZBESCHREIBUNG Abtissin in EssenGEBURTSDATUM 949STERBEDATUM 5 November 1011 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mathilde 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