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Die Goldene Madonna ist eine Marienfigur des Essener Domschatzes Mit einer Entstehungszeit um 980 ist sie die alteste erhaltene vollplastische Marienfigur der abendlandischen Kunst Neben dem Kolner Gerokreuz ist sie eines der wenigen erhaltenen ottonischen Grosskunstwerke Heute ist die Marienfigur noch immer ein hochverehrtes Kultbild und eine Identifikationsfigur des Ruhrgebietes mit seiner Geschichte Die Goldene MadonnaDer Name Goldene Madonna ist erst im 19 Jahrhundert aufgekommen In den alten Manuskripten wie dem Essener Liber Ordinarius einer um 1370 entstandenen Handschrift mit liturgischen Anweisungen fur das Essener Damenstift wurde sie als dat gulden bild onser vrouwen oder ymago aurea beatae Mariae Virginis bezeichnet Das Schatzverzeichnis des Stiftes Essen von 1626 nennt Noch ein gross Marienbelt sitzend uff einen sthuell mit lauteren golt uberzogen Inhaltsverzeichnis 1 Die Statue 1 1 Entstehungszeit und Entstehungsort 1 2 Beschreibung der Skulptur 1 3 Restaurierungsgeschichte und Zustand 2 Geschichte 2 1 Erwahnungen im Mittelalter 2 2 Evakuierungen in der Neuzeit 2 3 Ereignisse im 20 Jahrhundert 3 Kunstgeschichtliche Einordnung und Ikonographie 3 1 Vermutete Einflusse 3 2 Religioser und politischer Symbolgehalt 3 3 Einflusse 4 Liturgische Bedeutung 4 1 Historische Verehrung 4 2 Heutige Verehrung 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenDie Statue BearbeitenEntstehungszeit und Entstehungsort Bearbeiten Datiert wird die vergoldete Statue in die Zeit um 980 Damit entstand die Madonna in der Regierungszeit der Essener Abtissin Mathilde 971 1011 die eine Enkelin Kaiser Ottos des Grossen war Unter Mathilde und ihren Nachfolgerinnen Sophia 1012 1039 und Theophanu 1039 1058 die alle dem ottonischen Konigshaus angehorten erlebte das der Heiligen Dreifaltigkeit der Jungfrau Maria und den Heiligen Cosmas und Damian geweihte Stift Essen eine Blutezeit aus der die wertvollsten Kunstwerke des Essener Domschatzes stammen Entstehungsort und Kunstler der Goldenen Madonna sind unbekannt die Essener ortliche Uberlieferung gibt Koln oder Hildesheim als mogliche Entstehungsorte an wo eine wenig spater entstandene Madonnenfigur erhalten ist Dabei ist Koln wahrscheinlicher Hierfur sprechen stilistische Ahnlichkeiten der Ausfuhrung des Faltenwurfes beim Gewand der Madonna mit dem Schurz des Korpus des auf 982 datierten Otto Mathilden Kreuzes das sich ebenfalls im Essener Domschatz befindet Dieser Korpus ist vom Typus des Kolner Gerokreuzes so dass das Otto Mathilden Kreuz und damit indirekt die Madonna einer Kolner Goldschmiedewerkstatt zugeschrieben wurde Aufgrund der zweifelsfreien Herkunft der Emails des Otto Mathilden Kreuzes aus der Trierer Egbert Werkstatt wird die Kolner Herkunft des Kreuzes allerdings in Zweifel gezogen Auch der Nimbus des Kindes und der bereits im 11 Jahrhundert entfernte Nimbus der Madonna selbst waren reich mit Goldemails besetzt die teilweise an anderen Stucken des Essener Domschatzes als Spolien verwendet wurden Diesen Emailtafelchen fehlen zwar einige Charakteristika der Trierer Egbert Werkstatt eine zweite Emailwerkstatt im Reich ist jedoch nicht nachweisbar und aufgrund der schwer beherrschbaren Technik bei der Emailherstellung auch eher unwahrscheinlich Der Kreis der moglichen Herstellungsorte der Madonna ist um Trier als wahrscheinlichen Herstellungsort der Emails und Essen wo Abtissin Mathilde als mutmassliche Auftraggeberin die Kontrolle uber die Herstellung hatte wahrnehmen konnen erweitert worden Beschreibung der Skulptur Bearbeiten Maria ist auf einem Schemel sitzend dargestellt mit einem leicht ubergrossen Christus der rechtwinklig zu ihr auf ihrem Schoss sitzt Sie ist bekleidet mit einer enganliegenden langarmeligen Tunika und einem Mantel in Form einer Palla Auf ihrem Kopf tragt sie einen Schleier dessen Enden vom Mantel bedeckt sind Ihre rechte Hand halt mit Daumen und zwei Fingern eine Kugel empor Das Kind das sie mit der linken Hand stutzt tragt priesterliche Gewandung und einen Kreuznimbus der bereits im Mittelalter mit einer vergoldeten Silberplatte hinterlegt wurde Mit der linken Hand presst es ein Buch auf die Brust Die Statue der Goldenen Madonna ist 74 cm hoch der Sockel 27 cm breit Der Kern der Statue ist aus einem einzigen noch feuchten Stuck Holz geschnitzt bei dem es sich nach den Erkenntnissen der jungsten Restauratoren um Pappelholz handelt Der Kunsthistoriker Georg Humann der die Statue 1904 ausfuhrlich beschrieb hatte fur den Holzkern Birnbaum oder Pflaumenholz angenommen der Goldschmied Classen der sie 1950 restaurierte beschrieb ihn noch als Lindenholz Unter dem Sitz der Madonna befindet sich eine mit einem Holzgitter verschlossene leere Aushohlung die moglicherweise zeitweise Reliquien barg Der goldene Glanz der Figur kommt von den ausgewalzten Goldblechen mit denen der Holzkern beschlagen ist Die einzelnen Goldplatten sind lediglich einen Viertelmillimeter dunn An ihren Kanten sind sie mit dunnen Goldstiften und Nageln am Kern befestigt Die Grosse der Platten variiert da der Kunstler sie in Grosse und Form an die Figur anpasste so sind die Gesichter Marias und des Kindes jeweils aus einer einzigen Platte getrieben Die farbigen Augen der Madonna und des Kindes sind im Zellschmelzverfahren entstanden wobei die Augen der Madonna in beim Schnitzen des Holzkerns vorbereitete Hohlen eingesetzt und die des Kindes auf den Holzkern aufgelegt sind Die rechte Hand des Kindes ist nachtraglich im 14 Jahrhundert aus Silberguss erganzt die ursprungliche rechte Hand ist verloren An der Kugel die die Madonna in der rechten Hand halt dem hinteren rechten Bein des Schemels an dem vom Kind gehaltenen Buch und am Nimbus des Kindes sind Reste des originalen Schmucks des 10 Jahrhunderts erhalten der aus Filigran Edelsteinen und Emaille bestand Der Schemel wurde vermutlich bereits fruh seines Schmucks beraubt angenommen wird dass die Transenemails am Kreuzstamm des um 1045 datierten Theophanu Kreuzes vom Schemel der Madonna stammen konnten Die Adleragraffe des Gewandes ist eine nachtragliche Zutat des fruhen 13 Jahrhunderts Der Furspan darunter mit einer sitzenden Muttergottes weist gotische Formen auf er wird auf das 14 Jahrhundert datiert Restaurierungsgeschichte und Zustand Bearbeiten 1905 wurde die Statue erstmals restauriert da sie von Holzparasiten befallen war Die Figur war von Fressgangen vollstandig durchzogen und drohte zusammenzufallen da die Metallverkleidung ohne den Holzkern nicht standfahig ist Um sie zu konservieren wurde die Figur vorsichtig in einen Gipsmantel eingehullt danach wurde die Figur mit Druckluft ausgeblasen Durch die von den Schadlingen gebohrten Gange wurde anschliessend Impragnierungsmittel geleitet Nach deren Trocknung wurde ein Gemisch aus Leim Kreide und Wasser eingesetzt um die von Holzwurm und Holzbock gebohrten Gange zu verfullen Bei der gesamten Prozedur wurde die Figur mehrfach gedreht und gewendet um moglichst alle Hohlraume zu fullen Zuletzt wurden die fur die Einleitung der Masse gebohrten Kanale mit Keilen aus Eichenholz verschlossen und die vorher abgenommenen Goldplatten wieder befestigt Die Kosten der damaligen Renovierung betrugen 3 200 Goldmark an denen sich der Staat Preussen beteiligte Durch Transporte wahrend und nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Madonna gelitten viele Goldbleche waren lose auch wurde erneuter Schadlingsbefall festgestellt 1950 wurde daher durch den Essener Goldschmied Classen eine zweite Restaurierung vorgenommen Dieser leitete zunachst schadlingsvernichtendes Gas durch die Figur Anschliessend fullte er die Schadlingsgange mit flussigem Holz einer damals fur Holzrestaurierung ublichen Plastikmasse Bei dieser Restauration wurde unter den Fussen des Thrones eine rechteckige Holzplatte angebracht Die beiden Restaurierungen waren zwar auf dem damaligen Stand der Technik allerdings nicht optimal Man wusste weder wie sich die Fullmasse von 1905 oder das flussige Holz genau zusammensetzten noch ob diese Mittel miteinander reagierten Auch war unbekannt ob noch Hohlraume in der Figur verblieben waren Deshalb erfolgte 2004 die dritte Restaurierung fur deren Durchfuhrung eigens eine Restaurierungswerkstatt in der Domschatzkammer eingerichtet wurde um die fragile Figur keiner langeren Transportstrecke aussetzen zu mussen Zunachst wurde eine grundliche Untersuchung vorgenommen bei der der Zustand umfassend dokumentiert wurde Unter anderem wurden Rontgenuntersuchungen des Sockels vorgenommen der Hohlraum unter dem Thronsitz der Madonna mittels Endoskopie untersucht Proben des Holzes untersucht die Reste der vorgefundenen Schadlinge bestimmt und der Belag aus Schmutz und Kerzenruss der sich auf der Oberflache der Figur gebildet hatte wie auch Proben aus dem Inneren chemisch analysiert Bei den Untersuchungen wurden keine lebenden Schadlinge festgestellt jedoch insbesondere der Thron wies viele hohle Stellen auf Die Goldblechverkleidung ist zu uber 95 Prozent noch mittelalterlich wobei am Thron der Beschlag vermutlich im 11 Jahrhundert durch minderwertigeres Material ersetzt wurde Alle Befestigungsnagel sind neuzeitlich und entstammen den Restaurierungen von 1904 und 1950 sowie Reparaturen Empfohlen wurde die Figur moglichst nicht mehr zu bewegen und sie in konstantem Klima und erschutterungsfrei aufzubewahren Im Anschluss an die Untersuchungen wurde das Holz an Thron und Sessel durch die Kolner Holzrestauratorinnen Ria Rothinger und Michaela von Welck gefestigt Der Silberschmied Peter Bolg befreite die Kupfer und Goldbleche von dem Belag und polierte die im 14 Jahrhundert aus Silber erganzte rechte Hand des Kindes die uber die Jahrhunderte schwarz sulfidiert war wieder auf Glanz Die Konservierung der Figur die von einer Kommission von Kunsthistorikern Denkmalpflegern und Restauratoren unter Leitung der Leiterin der Domschatzkammer Birgitta Falk begleitet wurde dauerte 10 Monate und wurde durch Spenden der Essener Bevolkerung Essener Firmen den Munsterbauverein sowie offentliche Mittel gefordert Im Dezember 2004 konnte die Goldene Madonna an ihren Platz im Essener Dom zuruckgebracht werden eine Nachuntersuchung zur Restaurierung erfolgte am 10 und 11 Juli 2006 Der ausfuhrliche Restaurierungsbericht ist bisher noch nicht publiziert worden Geschichte BearbeitenErwahnungen im Mittelalter Bearbeiten nbsp Westwerk des Essener Munsters Aufbewahrungsort der Goldenen MadonnaWer die Goldene Figur dem Essener Stift ubereignete ist nicht bekannt da die Figur keinen diesbezuglichen Vermerk tragt und auch keine Urkunde uber eine Stiftung erhalten ist Aufgrund dessen dass Abtissin Theophanu Emaillearbeiten vom Nimbus der Madonna am Theophanu Kreuz und dem Kreuznagelreliquiar als Spolien verwendete war die Figur mit Sicherheit bereits im 11 Jahrhundert in Essen Seitdem hat die Figur die Stadt nur in Kriegs und Krisenzeiten verlassen wobei die Quellenlage wie eigentlich die gesamte Forschung zu diesem bedeutenden Kunstwerk eher dunn ist Die bei der ersten Erwahnung der Figur im Liber Ordinarius um 1370 geschilderten Prozessionen sind zu dem Zeitpunkt bereits eine alljahrlich gepflegte Tradition mit prazise festgelegter Liturgie Offenbar hatte weder der Streit zwischen dem Erzbistum Koln und den Herren von Isenberg uber die Vogtei uber das Stift Essen die 1225 in der Ermordung des Kolner Erzbischofs Engelbert von Berg durch Friedrich von Isenberg ihren Hohepunkt fand noch der Jahrhunderte dauernde Streit zwischen Stift und Stadt Essen ob die Stadt dem Stift untertanig oder freie Reichsstadt sei Einfluss auf Besitz und Verbleib der Madonna Auf dem Essener Stadtsiegel von 1244 ist die Madonna zwischen den Heiligen Cosmas und Damian abgebildet Aufgrund der schwachen Quellenlage ist nicht einmal gesichert wo das Stift Essen die Goldene Madonna aufbewahrte Da zu den Lichtmessprozessionen der Kanoniker die Figur aus der Hand der Schatzmeisterin erhielt wird angenommen dass die Figur nur fur Prozessionen verwendet und die ubrige Zeit an anderer Stelle verwahrt wurde Als Aufbewahrungsorte werden das festungsartige Westwerk der Stiftskirche oder ein Anbau neben dem rechten Seitenschiff das armarium dictum sychter an der Stelle der heutigen Schatzkammer diskutiert Beide Orte waren nach den baulichen Befunden mittelalterliche Schatzkammern Evakuierungen in der Neuzeit Bearbeiten Erst der Dreissigjahrige Krieg erforderte eine erste Evakuierung der Madonna aus der Stadt 1622 fluchtete man den Domschatz nach Dusseldorf brachte ihn aber wohl bald zuruck 1634 brachte die Essener Abtissin Maria Clara von Spaur sich und den Domschatz nach Koln in Sicherheit wo sie bis zum Ende des Dreissigjahrigen Krieges blieben Die Madonna und der verlorene Marsus Schrein des Domschatzes wurden wahrend dieser Zeit bei den Kolner Prozessionen mitgefuhrt Dabei uberstrahlten sie wie zeitgenossische Berichte feststellten die Kolner Schatze mit ihrer Pracht Das genaue Jahr der Ruckkehr der Schatze aus Koln ist nicht verzeichnet 1794 als die Franzosen auf Essen vorruckten wurde die Madonna erneut in Sicherheit gebracht diesmal nach Steele in das von der Furstabtissin Christine gestiftete Waisenhaus Mit der Sakularisation 1803 blieb die Madonna in Essen Statt des aufgelosten Frauenstiftes wurde nun die katholische Pfarrgemeinde St Johannes die die Stiftskirche als Pfarrkirche nutzte Eigentumerin der Madonna Im folgenden Jahrhundert blieb die Madonna in der Schatzkammer nur gelegentlich von Kunsthistorikern besucht 1905 erfolgte nachdem Humann 1904 Schaden festgestellt hatte eine erste Restaurierung ohne die die Figur die zahlreichen Reisen des Jahrhunderts vermutlich nicht uberstanden hatte Ereignisse im 20 Jahrhundert Bearbeiten Wahrend des Ersten Weltkrieges blieb die Figur in Essen die Furcht vor einer drohenden kommunistischen Revolution bewog die Leitung der St Johannes Gemeinde im Sommer 1920 jedoch den Domschatz einschliesslich der Madonna in Sicherheit zu bringen Dabei wollte man aus Sicherheitsgrunden selbst das Versteck nicht kennen Ein Aachener Goldschmied und Restaurator beschaffte als Mittelsmann ein Versteck in einem anderen deutschen Bistum dessen Bischof zwar von der Versteckaktion nicht aber uber das Versteck selbst informiert wurde das ausser dem Mittelsmann und dem Huter des Verstecks niemand kannte Eine Urkunde die das Versteck fur den Fall nannte dass die Verstecker den Tod fanden wurde zur Absicherung in einem niederlandischen Bistum hinterlegt Die Geheimhaltung funktionierte so gut dass bis heute nicht genau bekannt ist wo exakt das Versteck war in das die Vertrauensperson den in schabige Koffer und Pappkartons verpackten Domschatz brachte da die in den Niederlanden hinterlegte Urkunde nach Ruckkehr des Domschatzes vernichtet wurde Bekannt ist lediglich dass sich das Versteck im Bistum Hildesheim befand Ahnlich konspirativ wie die Verbringung wurde die Ruckkehr der Madonna und des Domschatzes organisiert Als der Kirchengemeinde Ende 1924 die Situation sicher genug erschien fuhr die Vertrauensperson mit ihrem Sohn im Sommer 1925 nach Hildesheim nahm den Schatz in Empfang und fuhr mit den in unscheinbare Verpackungen gehullten Schatzen mit der Reichsbahn als Reisende 4 Klasse also als Reisende mit Traglasten nach Essen zuruck 1 Im Zweiten Weltkrieg wurde die Goldene Madonna mit dem Rest des Domschatzes zunachst nach Warstein und dann auf die Albrechtsburg in Meissen evakuiert Von dort wurde sie in einen Luftschutzbunker nach Siegen gebracht in dem auch der Kolner Domschatz mit dem Gerokreuz der Siegburger Kirchenschatz mit dem Annoschrein dem Schatz der Xantener Stiftskirche und die Kirchenschatze aus Elten und Vreden versteckt waren Dort wurde sie bei Kriegsende von amerikanischen Truppen gefunden die sie in das Landesmuseum nach Marburg brachten Von dort gelangte sie in das Kunstdepot Schloss Dyck bei Rheydt aus dem mehrere Ausstellungen wie 1947 in der Kolner Universitat aber auch im benachbarten Ausland bestuckt wurden Von April bis Juni 1949 war die Madonna das Glanzstuck einer Ausstellung in Brussel die danach bis Oktober noch in Amsterdam gezeigt wurde Danach kehrte die Skulptur nach Essen zuruck zunachst bis die kriegszerstorte Schatzkammer der Stiftskirche wieder aufgebaut war in einen Tresor der Stadtsparkasse Seitdem hat sie die Stadt nicht mehr verlassen Kunstgeschichtliche Einordnung und Ikonographie BearbeitenVermutete Einflusse Bearbeiten Die Goldene Madonna ist die alteste vollplastische Skulptur nordlich der Alpen und die alteste erhaltene Marienfigur Zudem ist sie durch ihre Vergoldung eines der wenigen erhaltenen Exemplare goldbeschlagener Kultfiguren die im fruhen Mittelalter haufiger erwahnt sind von denen sie aber mit Ausnahme einer Hl Fides im Schatz der Abtei von Conques in Sudfrankreich die alteste erhaltene ist Die Ausfuhrung als Vollplastik wie auch die Verwendung von Zellenschmelz deutet auf byzantinischen Einfluss hin der sich im Heiligen Romischen Reich erst nach der Heirat Kaiser Ottos II mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu im Jahr 972 bemerkbar machte Gleichzeitig ist der Figur anzusehen dass der Bildhauer gewohnt war Reliefs zu erschaffen aber mit der Gestaltung einer Vollplastik noch ungeubt war da die Ubergange zwischen Front Seiten und Ruckansicht teilweise unvollkommen sind Die verschiedenen Ansichten fugen sich nicht zu einer echten Einheit zusammen Religioser und politischer Symbolgehalt Bearbeiten nbsp Goldene Madonna DetailDie Ikonographie der Madonna ist wie bei vielen mittelalterlichen Kunstwerken sehr komplex Dargestellt ist Maria mit dem kindlichen Jesus auf dem Schoss sitzend auf einem Schemel und mit einem eher schlichten Gewand Die Figur des Kindes ist ubergross dargestellt Diese Ubergrosse spiegelt die Bedeutung des Erlosers wider Maria theologisch zwar eine wichtige Heilige tritt ihm gegenuber aber zuruck Die Figur stellt Maria in einer dienenden Rolle dar angelehnt an Lukas 1 38 Siehe ich bin des Herren Magd Zugleich ist sie dargestellt als Thron gottlicher Weisheit diese Darstellung grundet sich auf 1 Kon 10 18 wo es vom Thron Salomos heisst Und der Konig machte einen grossen Thron von Elfenbein und uberzog ihn mit dem edelsten Gold Durch die halb sitzende Haltung des Kindes wie auch durch dessen Bekleidung mit priesterlichem Ornat ist es als thronender Herrscher des Himmels gekennzeichnet der die christliche Lehre verkundet Als Verkunder der Lehre halt die Jesusfigur ein Buch Es ist anzunehmen dass die ursprungliche rechte Hand eine segnende Geste machte wie sie typisch fur die Darstellung Jesu als Lehrer gottlicher Weisheit war Auffallig ist indes dass die Figur des Jesuskindes ihren Blick nicht dem Betrachter der Statue zuwendet Sein Blick ist vielmehr auf das Gesicht der Madonna gerichtet deren Augen stets auf den Betrachter gerichtet zu sein scheinen Maria ist also nicht nur in ihrer dienenden Rolle dargestellt sie ist auch die Mittlerin zwischen dem Betrachter und dem Bringer der Heilslehre Gleichzeitig tritt sie dem Betrachter noch in einer anderen Rolle entgegen denn sie halt mit ihrer rechten Hand eine wertvoll verzierte Kugel Fur diese Kugel gibt es mehrere Deutungsmoglichkeiten die einander nicht ausschliessen Aufgrund ihrer thronenden Haltung ist man versucht die Kugel als Reichsapfel zu deuten die Ubergabe eines Reichsapfels ist jedoch erst fur die Kronung Konrads II 1024 bezeugt Die Deutung als Reichsapfel scheidet daher aus zudem wird der Reichsapfel in den ublichen Darstellungen vom Trager fest mit der ganzen Hand gehalten nicht leicht mit nur drei Fingern Verbreitet ist daher die Deutung der Kugel als Apfel des Heils In gleicher Weise wie Eva den Apfel des Unheils vom Baum der Erkenntnis hielt halt Maria dem Betrachter einen Apfel entgegen der die Erlosung symbolisiert die sie durch die Geburt Christi in die Welt gebracht hat Die Goldene Madonna ist daher eine Darstellung der neuen Eva Eine weitere Deutung der Kugel knupft an die Deutung des Reichsapfels an Bei der Kronung der romisch deutschen Kaiser symbolisierte der Reichsapfel die Macht uber den Kreis der Welt den Mundus Auch wenn der Reichsapfel spater eingefuhrt wurde war die Darstellung des Mundus als Kugel zur Entstehungszeit der Madonna bereits bekannt Darstellungen von Konigen mit diesem Machtsymbol finden sich insbesondere in karolingischer und ottonischer Buchmalerei Die von der Goldenen Madonna gehaltene Kugel kann daher als Darstellung des Mundus gedeutet werden Maria halt die Macht uber den Erdkreis in ihrer Hand und diese Macht halt sie leicht mit ihren schlanken Fingern fur denjenigen dem sie eigentlich zusteht namlich dem Kind auf ihrem Schoss Eine Mutter die die Macht uber den Erdkreis fur ihren kindlichen Sohn halt erscheint aus heutiger Sicht als harmlose Aussage zur Entstehungszeit der Madonna konnte dies anders gewesen sein 983 war Kaiser Otto II der Onkel Mathildes II der damaligen Abtissin in Essen in Rom verstorben und hatte als Erbe lediglich seinen dreijahrigen Sohn den spateren Kaiser Otto III hinterlassen Fur Otto III hatte obwohl die Ausubung einer solchen Macht durch eine Frau zu der Zeit eher ungewohnlich war dessen Mutter Theophanu die Regentschaft ausgeubt Dieses Recht und den Anspruch Ottos III hatte zunachst Heinrich der Zanker als nachster mannlicher Verwandter Ottos II fur sich beansprucht gegen den sich Theophanu mit Hilfe der Kirche durchsetzte Die Goldene Madonna kann daher auch als Ausdruck des Anspruchs Theophanus interpretiert werden als durch Gottes Gnade erhobene Herrscherin den Anspruch Ottos III auf das Kaisertum aufrechtzuerhalten Deshalb spricht einiges dafur Kaiserin Theophanu als Stifterin der Madonna anzunehmen Mathilde II von Essen durfte in den Auseinandersetzungen mit dem Zanker auf Theophanus Seite gestanden haben da sie als Erbin ihres Bruders Ottos von Schwaben der nach des Zankers Revolte 976 dessen Herzogtum Bayern erhalten hatte nicht in dessen Gunst gestanden hatte Die Ehren die Otto III dem Essener Stift durch die Stiftung des Marsusschreines und Schenkungen von Gutern erwies bestatigen dies Es ist daher naheliegend wenn auch nicht bewiesen dass die Goldene Madonna zum Dank fur die politische Unterstutzung Theophanus nach Essen gelangte Einflusse Bearbeiten Die Goldene Madonna wurde selbst zum Vorbild weiterer goldbeschlagener Kultfiguren Die grosse goldene Madonna des Hildesheimer Domschatzes entstand vermutlich wenig spater unter Bischof Bernward Das Benna Kreuz entstand um 1000 das um 1060 entstandene Helmstedter Kreuz dessen Feuervergoldung unter der korrodierten Oberflache erhalten ist war eine der letzten goldenen Grossskulpturen Etwa gleichzeitig mit dem Helmstadter Kreuz entstanden mit der thronenden Muttergottes des Frankfurter Liebieghauses und der Paderborner Imad Madonna Skulpturen die vom Typ der Goldenen Madonna entsprachen aber bereits ursprunglich farbig gefasst waren wobei die Imad Madonna die kurz nach ihrer Entstehung bei einem Brand beschadigt worden war um 1060 doch noch eine inzwischen verlorene Goldumhullung bekam Liturgische Bedeutung BearbeitenHistorische Verehrung Bearbeiten nbsp Gedenkstein am Markuspfad in Essen Bredeney mit Abbildung der Madonna stellvertretend fur das Stift EssenDie Goldene Madonna nahm in der Liturgie des Essener Stiftes eine wichtige Rolle ein Sie wurde bei allen wichtigen Prozessionen mitgefuhrt zudem war der Altar der Madonna der Platz an dem Schenkungsurkunden zugunsten des Stiftes niedergelegt wurden so dass die geschenkten Guter symbolisch in die Obhut Marias gestellt wurden Hierbei ist allerdings unklar ob die Altarfigur die heute als Goldene Madonna bezeichnete Figur war da in den erhaltenen Inventaren des Stiftes noch zwei weitere Marienfiguren aufgefuhrt sind Die wichtigste Festlichkeit im Essener Marienkult war das Fest Maria Lichtmess mit dem 40 Tage nach Weihnachten der Tag gefeiert wird an dem Maria den neugeborenen Jesus in den Tempel brachte Zur Vorbereitung des Festes wurde die Figur von der Huterin der Schatzkammer am Vorabend dem jungsten Kanoniker ubergeben Der brachte sie unter dem Mantel verborgen auf einem festgelegten Weg in die heute in Essen als Marktkirche bezeichneten St Gertrudis Kirche die Stadt und Burgerkirche war Dort wurde sie uber Nacht aufbewahrt Am Tag des Festes wurde dann die Statue verhullt uber einen festgelegten Prozessionsweg vor die Stiftskirche gebracht Auf dem steyn an dem sonst die Abgaben an das Stift entrichtet wurden wurde sie niedergesetzt Dort wurde sie festlich enthullt und mit der im Domschatz erhaltenen goldenen Krone gekront bei der es sich moglicherweise um die Kinderkrone Kaiser Otto III handelt Anschliessend hielt die Madonna unter dem Geleit der Bevolkerung Einzug in die Stiftskirche wie Maria beim Tempelgang von der Bevolkerung des himmlischen Jerusalems begleitet worden war Diese Prozessionen wurden bis 1561 durchgefuhrt und dann eingestellt da aufgrund der Reformation die in der Stadt Essen eingefuhrt worden war St Gertrudis protestantische Kirche geworden war nbsp Detail des GedenksteinsEine andere wichtige Prozession bei der die Madonna mitgefuhrt wurde fand jahrlich am Montag vor Christi Himmelfahrt statt das 40 Tage nach Ostern gefeiert wird An diesem Tag wurde die Madonna von den Stiftsdamen zu den jahrlichen formlichen Treffen zwischen den Stiftsdamen Kanonikern und Scholaren des Stifts Essen und dessen Tochtergrundung dem moglicherweise von der Essener Abtissin Mathilde II gegrundeten Stift in Essen Rellinghausen mit den Monchen der Abtei im benachbarten Werden mitgebracht An diese jahrlichen Treffen erinnert noch heute ein Gedenkstein am Markuspfad in Essen Bredeney wo der Treffpunkt der Essener und Werdener Prozessionen eine Kapelle des Hl Markus stand Der erste Essener Bischof Franz Hengsbach erneuerte 1978 den mittelalterlichen Brauch der Marienkronung Aufgrund der restauratorischen Bedenken mussten die Kronungen 2000 wieder eingestellt werden Heutige Verehrung Bearbeiten Da Maria als Mutter vom guten Rat verehrt im Bildnis der Goldenen Madonna bei der Grundung des Ruhrbistums 1959 durch Papst Johannes XXIII zur Schutzheiligen des Bistums Essen erhoben wurde symbolisiert die jahrhundertealte Statue nun das Ruhrbistum Der Essener Bischof Franz Hengsbach entschied daher die Goldene Madonna nicht in der nur gegen Eintrittsgeld zuganglichen Domschatzkammer aufzubewahren sondern den Glaubigen frei in der benachbarten Munsterkirche zu zeigen Am 11 Oktober 1959 dem Fest Maria Mutterschaft ubertrug er die Goldene Madonna aus der Domschatzkammer in die nordliche Seitenkapelle des Munsters 2 die seither Mutter vom guten Rat Kapelle heisst Dort befindet sich die Goldene Madonna in einer klimatisierten Hochsicherheitsvitrine vor der wahrend der Offnungszeiten der Munsterkirche stets Glaubige anzutreffen sind 3 Die Goldene Madonna im Essener Volksmund auch Essen sein Schatz genannt war das Motiv eines Werbeplakates der Essener Stadtwerbung Ebenfalls wurde diese Bezeichnung bei einer Sonderausstellung des Bistums Essen in der dortigen Domschatzkammer genutzt 4 Literatur BearbeitenGeorg Humann Die Kunstwerke der Munsterkirche zu Essen Dusseldorf 1904 S 251 266 Leonhard Kuppers Paul Mikat Der Essener Munsterschatz Fredebeul amp Koenen Essen 1966 Alfred Pothmann Die Goldene Madonna der Essener Domkirche In Das Munster am Hellweg Bd 31 1978 S 117 130 Frank Fehrenbach Die goldene Madonna im Essener Munster Der Korper der Konigin Edition Tertium Ostfildern 1996 ISBN 3 930717 23 9 Eduard Hlawitschka Kaiserinnen Adelheit und Theophanu in Frauen des Mittelalters in Lebensbildern Styria Verlag Graz 1997 ISBN 3 222 12467 1 S 27 71 Franz Arens hrsg Der Liber Ordinarius Der Essener Stiftskirche Paderborn 1908 S 32 35 86 Antje Bosselmann Ruickbie Yvonne Stolz Ottonischer Nimbus oder byzantinischer Halsschmuck Zur Goldenen Madonna und zehn trapezoiden Emails auf dem Nagelreliquiar und dem Theophanukreuz im Essener Domschatz In Mitteilungen zur spatantiken Archaologie und byzantinischen Kunstgeschichte 6 2009 S 77 114 Alfred Pothmann Der Essener Kirchenschatz aus der Fruhzeit der Stiftsgeschichte in Herrschaft Bildung und Gebet Grundung und Anfange des Frauenstifts Essen Klartext Essen 2000 ISBN 3 88474 907 2 S 135 153 Birgitta Falk ein Mutter gottesbild mit gold plattirt Zum Erhaltungszustand der Goldenen Madonna des Essener Doms in Das Munster am Hellweg Bd 56 2003 Alfred Pothmann Huter und Bewahrer Forscher und Erzahler Gedenkschrift Essen 2003 ISBN 3 00 012328 8 S 159 174 Jan Gerchow Der Schatz des Essener Frauenstifts bis zum 15 Jahrhundert Zur Geschichte der Institution in Das Munster am Hellweg Bd 56 2003 Alfred Pothmann Huter und Bewahrer Forscher und Erzahler Gedenkschrift Essen 2003 ISBN 3 00 012328 8 S 79 110 Klaus Gereon Beuckers Zum Filigran der Goldenen Madonna in Essen in Opus Festschrift fur Rainer Kahsnitz hg v Wolfgang Augustyn Berlin 2019 S 57 76 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Goldene Madonna Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Goldene Madonna auf den Seiten der Domschatzkammer EssenAnmerkungen Bearbeiten Siehe Lydia Konnegen Verborgene Schatze Der Essener Munsterschatz in Zeiten des Ruhrkampfes in Munster am Hellweg Mitteilungsblatt des Vereins fur die Erhaltung des Essener Munsters 58 2005 S 67 81 Leonhard Kuppers Hrsg Die Gottesmutter Marienbild in Rheinland und in Westfalen Verlag Aurel Bongers Recklinghausen 1974 Bd 2 S 361 Christof Beckmann Essen sein Schatz auf augenblickmalonline 18 Oktober 2019 Verkundigungssendung Thomas Runker Domschatz zeigt Essen sein Schatz Die Goldene Madonna auf bistum essen de 11 Oktober 2019 nbsp Dieser Artikel wurde am 23 Februar 2006 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Normdaten Werk GND 4434643 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Goldene Madonna amp oldid 236341016