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Das Theophanu Kreuz ist eines der vier ottonischen Vortragekreuze aus dem Essener Domschatz und gehort zu den bedeutendsten Goldschmiedearbeiten seiner Zeit Es wurde gestiftet von der Essener Abtissin Theophanu die von 1039 bis 1058 amtierte Theophanu Kreuz Essener Domschatz Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Geschichte 3 Einordnung 4 Siehe auch 5 Literatur 6 AnmerkungenBeschreibung BearbeitenDie Grundform bildet ein auf dem Knauf eines agyptischen Bergkristallflaschchens aufmontiertes lateinisches Kreuz von 44 5 cm Hohe und 30 cm Breite mit einem Zedernholzkern 1 der beidseitig und an den Kanten verkleidet ist An den Seitenkanten befand sich einst eine auf vergoldetem Silber angebrachte heute weitgehend verlorene Inschrift die Theophanu als Stifterin auswies Aus den Fragmenten lasst sich zumindest ein Teil sinnvoll zu folgendem Text erganzen EDITA REGALE GENERE NOBILIS ABBATISSA THEOPHANU HOC SIGNUM DEDIT 2 Dieses Zeichen hat die aus koniglichem Geschlecht stammende edle Abtissin Theophanu gestiftet Die Kreuzenden deren innere Ecken abgerundet sind werden durch querrechteckige Krucken abgeschlossen Auf der Vierung der Vorderseite befindet sich ein grosser ovaler Bergkristall hinter dem zwei in rotem Samt gebettete Kreuzpartikel als Reliquien eingeschlossen sind Der Kristall ist auf eine runde mit Perlen Juwelen und Filigranen verzierte Platte aufgelegt welche uber die Vierung hinausreicht und somit eine Erweiterung der Kreuzmitte bildet Das Kreuz ist mit zwei an den Kanten entlangfuhrenden im Wechsel von Emailplatten und gefassten Steinen auf Filigran gebildeten Bandern in hochwertigster Ausfuhrung verziert ein schmaler mit Filigranarbeit belegter Mittelstreifen ist freigelassen Auf den Krucken sind jeweils zwei gleichfalls mit Edelsteinen Perlen und Filigranen geschmuckte Emailplattchen beidseitig eines Steines angeordnet Die insgesamt 18 Emailplattchen konnen in drei Gruppierungen eingeteilt werden Die erste Gruppe gebildet aus den insgesamt acht Plattchen der Krucken bildet stilisierte Tiere und Pflanzen ab deren naturliche Vorlagen nur dem orientalischen Raum entstammen konnen 3 Die sechs auf Kreuzbalken und stamm aufgebrachten Tafelchen zeigen indessen Flechtbandmuster Die dritte Gruppe schliesslich bestehend aus den vier in einem Wechselspiel von Zellen und Grubenschmelzverfahren gefertigten Bildflachen stellt ein Schuppenmuster dar Die Ruckseite ist mit einer vergoldeten gravierten Kupferplatte beschlagen die in Kreismedaillons mittig das Brustbild des Pantokrators sowie an den Kreuzenden die Evangelistensymbole zeigt 4 Geschichte BearbeitenAnhand der fragmentarisch erhaltenen Inschrift ist Theophanu als Stifterin des Kreuzes auszumachen 5 Zu denken ware wohl an eine Gegenstiftung zu dem bereits unter ihrer Vorgangerin Mathilde entstandenen sogenannten Kreuz mit den grossen Senkschmelzen 5 Eine genaue Datierung der Stiftung durch Theophanu innerhalb ihres Abbatiates ist kaum moglich jedoch sinnvollerweise als mit der Weihe der Munsterkrypta von 1051 oder aber der Hochaltar Weihe 1054 in Zusammenhang stehend anzunehmen 6 Eine neuere Datierung Beuckers geht demgegenuber von einem fruheren Zeitraum zwischen 1040 und 1045 aus die Entstehungszeit der Emails wird mit 980 90 bzw der ersten Halfte des 11 Jahrhunderts vermutet 7 Neuere Forschungen zeigen dass einige der 18 Emailplattchen einmal zur Goldenen Madonna gehort haben mussen 8 Dabei werden die sechs leicht kreisformigen Emails auf Kreuzbalken und oberem Kreuzstamm gemeinsam mit den vier Plattchen des ebenfalls von Theophanu gestifteten Kreuznagel Reliquiars wohl ehemals Bestandteile des Nimbus der Madonna gewesen sein 8 Aus der gleichen Produktion stammen auch die vier sog Transennenemails am unteren Kreuzstamm die ursprunglich vermutlich am Sockel oder Thron der Figur angebracht waren 8 Die acht an den Kreuzenden angebrachten Plattchen sind dagegen moglicherweise einer qualitatvollen byzantinischen Werkstatt zuzuordnen oder aber als exakte Kopien derselben anzusehen 8 Einordnung BearbeitenDas Theophanu Kreuz unterscheidet sich in seiner Gestaltung deutlich von seinen beiden alteren Vorgangern dem Otto Mathilden Kreuz und dem Kreuz mit den grossen Senkschmelzen insbesondere durch das Verhaltnis der Kantenrahmung zum Binnenkreuz Diente die Kantengestaltung bei letzteren noch der Auszeichnung des Binnenbereichs so kommt ihr beim Theophanu Kreuz das Hauptgewicht zu 7 Auch in der Gesamtform wird die Reduktion der Kreuzenden fortgesetzt welche bereits bei dem Kreuz mit den grossen Senkschmelzen als Verflachung anklingt 7 Am auffalligsten ist allerdings die Hervorhebung der Kreuzvierung durch den grossen ovalen Bergkristall der die Kreuzreliquien durchscheinen lasst und so dem Theophanu Kreuz hinsichtlich seines Reliquiarcharakters den anderen Essener Vortragekreuzen gegenuber eine besondere Vorrangstellung einraumt 7 Das Prinzip der als Spolien wiederverwendeten sich mit edelstein und perlenbesetzten Filigranfeldern abwechselnden Emailplattchen ist gleichfalls dem Kreuz mit den grossen Senkschmelzen entlehnt jedoch beim Theophanu Kreuz wesentlich grosszugiger angelegt 8 So treten die Filigranfelder gegenuber den Emails zuruck und werden gleichsam eher zu Fullformen der Zwischenraume 8 Die Emails geben die Breite der Kantenrahmung vor und lassen das Binnenkreuz nur mehr wie einen Mittelstreifen erscheinen der zudem durch eine Belegung mit silbernem Filigran farblich abgestuft wird 8 Hier nun kehrt sich das Konzept der beiden alteren Essener Kreuze mit ihrer Betonung des Binnenkreuzes geradezu um 8 Dennoch ist auch beim Theophanu Kreuz der Binnenbereich Trager einer inhaltlichen Belegung da sein flachenfullendes symmetrisches Filigranmuster aus gefullten Herzbluten gebildet wird deren Figuration sich von dem Filigran der Goldenen Madonna ableiten lasst 8 Das in Theophanus Auftrag angefertigte Kreuz ist mit dem Kreuznagel Reliquiar stilistisch recht eng verwandt was sich bereits aus der Tatsache erklart dass beide Werke gemeinsam mit dem Theophanu Evangeliar auf dieselbe Stifterin zuruckgehen So bilden die drei Stucke die hochstwahrscheinlich alljahrlich an Karfreitag an Christi Statt in das Ostergrab auf der Westempore des Munsters gelegt und in der Osternacht wieder erhoben wurden eine durch formale Ubernahmen als Gruppe gekennzeichnete Einheit 7 Das farbliche Nebeneinander von Gold und Silberperlen kennzeichnet das Kreuz und das Dreierensemble insgesamt 8 Die der Madonnenplastik entnommenen und sowohl im Theophanu Kreuz als auch dem Kreuznagel Ostensorium weiterverarbeiteten Emails treten insofern als Kontinuitat und Legitimation vermittelnde Elemente auf als sie weiterhin die Zierde zur Verwendung im Rahmen der Essener Stiftsliturgie bestimmter sakraler Gegenstande bilden 8 Siehe auch BearbeitenMathildenkreuzLiteratur BearbeitenGeorg Humann Die Kunstwerke der Munsterkirche zu Essen Dusseldorf 1904 S Ernst Gunther Grimme Goldschmiedekunst im Mittelalter Form und Bedeutung des Reliquiars von 800 bis 1500 M DuMont Schauberg Koln 1972 ISBN 978 3 7701 0669 1 S 40 Klaus Gereon Beuckers Die Ezzonen und ihre Stiftungen Eine Untersuchung zur Stiftungstatigkeit im 11 Jahrhundert Kunstgeschichte Bd 42 Lit Verlag Munster amp Hamburg 1993 ISBN 3 89473 953 3 S 91 94 Digitalisat Alfred Pothmann Der Essener Kirchenschatz aus der Fruhzeit der Stiftsgeschichte In Herrschaft Bildung und Gebet Grundung und Anfange des Frauenstifts Essen Klartext Verlag Essen 2000 ISBN 3 88474 907 2 S 135 153 Irmgard Siede Goldschmiedekunst Funktion Wirkung Auftraggeber In Klaus Gereon Beuckers Hrsg Die Ottonen Kunst Architektur Geschichte Imhof Petersberg 2006 ISBN 978 3 932526 91 6 S 165 173 Sybille E Eckenfels Kunst Kostbar wie Edelstein Zur Verwendung ottonischer Emails In Klaus Gereon Beuckers Hrsg Die Ottonen Kunst Architektur Geschichte Imhof Petersberg 2006 ISBN 978 3 932526 91 6 S 175 190 Klaus Gereon Beuckers Ulrich Knapp Farbiges Gold Die ottonischen Kreuze in der Domschatzkammer Essen und ihre Emails Domschatzkammer Essen 2006 ISBN 3 00 020039 8 Birgitta Falk Der Essener Domschatz Klartext Essen 2009 ISBN 978 3 8375 0200 8 S 78 79 Nr 13 Anmerkungen Bearbeiten Klaus Gereon Beuckers Die Ezzonen und ihre Stiftungen Eine Untersuchung zur Stiftungstatigkeit im 11 Jahrhundert Anm 666 erklart die uberragende Bedeutung von Zedernholz im mittelalterlichen Kontext dahingehend dass es fur die Verwendung bei okzidentalen Goldschmiedearbeiten vollkommen ungewohnlich und ihm aufgrund seiner in westlichen Breiten grossen Seltenheit eine fast reliquienartige Stellung zugekommen sei Ferner sieht Beuckers den Ursprung des Holzes das ursprunglich moglicherweise dem byzantinischen Besitz von Kaiserin Theophanu entstamme und im Erbgang an die Ezzonin gekommen sei im mediterranen Bereich und vermutet eine Zweitverwendung oder aber eine fur eine spatere Bearbeitung gedachte Erwerbung Zit nach Leonhard Kuppers Paul Mikat Der Essener Munsterschatz Fredebeul amp Koenen Essen 1966 S 58 Klaus Gereon Beuckers Die Ezzonen und ihre Stiftungen Eine Untersuchung zur Stiftungstatigkeit im 11 Jahrhundert S 91 Anm 669 Klaus Gereon Beuckers Die Ezzonen und ihre Stiftungen Eine Untersuchung zur Stiftungstatigkeit im 11 Jahrhundert S 91 m w N a b Klaus Gereon Beuckers Die Ezzonen und ihre Stiftungen Eine Untersuchung zur Stiftungstatigkeit im 11 Jahrhundert S 94 Klaus Gereon Beuckers Die Ezzonen und ihre Stiftungen Eine Untersuchung zur Stiftungstatigkeit im 11 Jahrhundert Anm 671 diskutiert die Moglichkeit einer Komplettierung der Sammlung um ein viertes Vortragekreuz aus Anlass der im Jahre 1051 erfolgten Weihe der Krypta in der sich vier Altare befanden bzw mit Bezug auf die vier Ecken des 1054 geweihten Hochaltares an denen die Kreuze wahrend der Zeremonie vermutlich aufgestellt wurden Letztlich lasst er jedoch die Entscheidung offen da fur ihn eine Festlegung in Anbetracht der grossen zeitlichen Nahe beider Weihetermine unmoglich wie auch wenig sinnvoll erscheint a b c d e Klaus Gereon Beuckers Ulrich Knapp Farbiges Gold Die ottonischen Kreuze in der Domschatzkammer Essen und ihre Emails S 11 a b c d e f g h i j k Klaus Gereon Beuckers Ulrich Knapp Farbiges Gold Die ottonischen Kreuze in der Domschatzkammer Essen und ihre Emails S 12 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Theophanu Kreuz amp oldid 236341529