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Das Helmstedter Kreuz wohl eher als Werdener Kreuz zu bezeichnen ist ein bedeutendes Spatwerk der ottonischen Kunst Den Namen Helmstedter Kreuz erhielt das damit bezeichnete Kruzifix weil es aus Helmstedt nach Werden heute ein Stadtteil von Essen gebracht wurde Das Kreuz von dem nur die Figur des Gekreuzigten mittelalterlich ist befindet sich unter der Inventarnummer L 5 in der Schatzkammer der ehemaligen Klosterkirche der Abtei Werden der Propsteikirche St Ludgerus Eine Kopie des Kreuzes hangt in der Ludgeriden Krypta der Kirche Kruzifixus des Werden Helmstedter Kreuzes Kopie Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschreibung 3 Kunstgeschichtliche Einordnung 4 Weitere Kopien 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksGeschichte BearbeitenDie Entstehung des Kruzifixes liegt im Dunkeln Gegossen wurde es vermutlich in Werden wohl von einem sehr erfahrenen Giesser vielleicht war es mit dem sogenannten Ludgerus Kelch fur die Schwesterabtei in Helmstedt gedacht Um 1060 wurden im Kloster St Ludgeri das mit Werden ein Doppelkloster bildete umfangreiche Baumassnahmen vorgenommen an denen aus Werden entsandte Handwerker tatig waren wie die nahezu identischen Akanthuskapitelle in der Johanneskapelle in Helmstedt der Ludgeridenkrypta der Abteikirche Werden und in der Werdener Luciuskirche sehr stark vermuten lassen Es wird daher angenommen dass das Helmstedter Kreuz in diesem Zusammenhang fur die Neuausstattung der Klosterkirche geschaffen wurde erwiesen ist dieses jedoch nicht Bei naturwissenschaftlichen Untersuchungen im Vorfeld der Restaurierung konnte festgestellt werden dass die Zusammensetzung des Materials von Kruzifix und Kelch identisch sind was den Guss an ein und demselben Tag voraussetzt 1 Erstmals erwahnt wurde das Kreuz 1547 In diesem Jahr wurde das Kloster St Ludgeri von protestantischen Bildersturmern bedroht Der Werdener Abt Hermann von Holten der in Personalunion Abt von Helmstedt war brachte das Kreuz und den Messkelch des Heiligen Liudger von Helmstedt nach Werden in Sicherheit Begleitet wurde Hermann von Holten bei dieser Reise vom Werdener Cellerar dem spateren Abt und Geschichtsschreiber Heinrich Duden der daruber in seinen Annalen der Abtei Werden berichtete Das Kreuz war in Helmstedt als Reliquie des als Heiligen verehrten Karls des Grossen verehrt worden und sei ihm wahrend der Sachsenkriege als Feldzeichen vorangetragen worden Heinrich Duden gibt an in Helmstedt seien uber dem Kreuz die deutschen Worte in Stein eingemeisselt gewesen Dit Cruitz hat Carolus in seiner hand Als he kekierden dat Saxenland Heinrich Duden Historia regalis et insignis monasterii et Abbatiae Werthinensis 2 Ob der Transport des Kreuzes nach Werden endgultig oder nur als vorubergehende Evakuierung geplant war ist unbekannt In Werden wurde das Kreuz das in Helmstedt vermutlich ursprunglich als Triumphkreuz uber oder auf dem Kreuzaltar angebracht war am Hochaltar uber den gotischen Altartafeln von Jan Joest und dem Schrein des Heiligen Liudger angebracht Um 1700 erhielt die Werdener Abteikirche eine barocke Ausstattung in die das Kruzifix nicht passte Es wurde aus der Kirche entfernt und in der Sakristei aufbewahrt Nach der Aufhebung der Abtei Werden durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1802 ging das Kruzifix in den Besitz der Pfarrgemeinde St Ludgerus in Werden uber Seit 1979 als eine Schatzkammer an der ehemaligen Werdener Abteikirche eingerichtet wurde bildet das Kreuz den Mittelpunkt der Ausstellung Als eine der markantesten Skulpturen seiner Epoche ist das Werden Helmstedter Kreuz mehrfach ausserhalb Werdens zu sehen gewesen beispielsweise in den Ausstellungen Les tresors du Moyen Age allemand im Brusseler Paleis voor Schone Kunsten 15 April 26 Juni 1949 3 Vergessene Zeiten Mittelalter im Ruhrgebiet 1990 und Das Jahrtausend der Monche 1999 im Essener Ruhrlandmuseum 4 1992 in Das Reich der Salier 1024 1125 im Historischen Museum Speyer und zuletzt 2006 in der Ausstellung Canossa Erschutterung der Welt Geschichte Kunst und Kultur am Aufgang der Romanik im Diozesanmuseum Paderborn Am 11 Februar 2008 wurde das Werden Helmstedter Kreuz aufgrund eines Brandes im Ostflugel des Werdener Abteigebaudes in dem die Schatzkammer untergebracht ist evakuiert Bei einem Sturz wahrend der Abnahme brach der Mittelfinger der rechten Hand ab und die rechte Schulter wurde eingedruckt Die Restaurierung wurde nach intensiven metallurgischen Untersuchungen im Rheinischen Landesmuseum Bonn Ende 2016 in der Restaurierungswerkstatt des Dommuseums Hildesheim durchgefuhrt Bis Ende Mai 2017 war es dort in der Ausstellung Triumph und Tod Fruhe Kruzifixe zu sehen Zuletzt war das Kruzifix zusammen mit vielen anderen hochrangigen Zeugnissen ottonischer und salischer Kunst aus europaischen Museen im Kunstmuseum Basel zu sehen Ausstellung Gold amp Ruhm Geschenke fur die Ewigkeit vom 11 Oktober 2019 bis zum 19 Januar 2020 In der Schatzkammer selbst wird uber die Untersuchungsergebnisse und die Restaurierung in einer kleinen Ausstellung berichtet Beschreibung Bearbeiten nbsp Detailaufnahme des LendenschurzesDer Kruzifixus ist von Kopf bis zu den Fussen 105 5 cm hoch die Spannweite der Arme betragt 96 cm Er besteht aus Kupfer und seine Vergoldung ist bis heute unter einer Korrosionsschicht erhalten Der Korpus wurde in funf Einzelteilen gegossen und zusammengesetzt Diese Teile sind die einzeln gegossenen Arme und Beine sowie Torso und Kopf einschliesslich des Lendentuchs Die einzelnen Teile sind mit Zapfen verbunden Die Zapfverbindungen der Beine sind unter dem Rand des Lendentuchs verborgen und mit dem Lendentuch durch jeweils drei Niete mit Gewinden verbunden die eine leichte Demontage der Beine ermoglichen Die Nietkopfe sind dort wo sie im Saum des Lendentuches liegen entsprechend dessen Muster verziert was bereits im Guss so angelegt war Bei den Armen ist die Verbindung zum Korper einfacher ein Zapfen greift ohne weitere Sicherung in eine entsprechende Offnung der Schulter Zwischen beiden Armen gab es als stabilisierende Querverbindung eine Verzapfung mit einem Holzkeil so dass die Zapfverbindung zwischen Armen und Schultern fast schlussig erscheint die Teilung des Wachsmodells an dieser Stelle hat einen kleinen Schwund herbeigefuhrt der Durchmesser der Zapfen ist kleiner als die Aufnahmen in den Schultern Die Zeichnung der Muskulatur die an der Brust des Korpus deutlich ausgebildet ist wird an den Armen nicht aufgenommen Korper Arme und Beine sind nach den Untersuchungen von 2016 metallurgisch identisch und bestatigen die Analyse von 1941 Diese Materialanalyse ergab dass es eine Hoch Kupferlegierung keine Bronze ist und alle Teile eine weitgehend identische chemische Zusammensetzung haben Kupfer Blei Zinn Zink Eisen GoldKopf 94 4 2 1 0 9 1 3 0 4 0 05 Beine 94 5 2 1 1 6 0 7 0 1 0 1 Arme 95 0 2 1 1 6 0 6 0 1 0 3 5 Christus ist als Sterbender der den Tod uberwunden hat dargestellt mit vorgewolbtem Bauch leicht nach vorne und rechts gesenktem Kopf und geschlossenen Augen Die Schienbeine sind gratartig und betont die Knie durch doppelte Rillen hervorgehoben In der Seitenansicht wirkt der Korper flach Die Beine stehen nebeneinander auf dem Suppedaneum der Kruzifixus gehort damit zur Vierpunkt Phase der christlichen Ikonographie bei der Dreipunktphase liegen die Beine ubereinander und sind mit einem Nagel durchschlagen dargestellt Das Perizonium Lendentuch ist seitlich mit einem Knoten gebunden und fallt in zwei Zipfel sowie einen Uberschlag in der Mitte Das Lendentuch bildet zwei flache Tutenfalten die auf den Oberschenkeln aufliegen Am vergleichsweise kleinen Kopf sind die brezelartigen Ohren anscheinend zu hoch angesetzt Die ursprungliche Betrachtungsweise des Kruzifixes von unten lasst diesen Fehler allerdings verschwinden Besucher der Schatzkammer konnen dies selbst ausprobieren Ein schmaler Wangenbart setzt am oberen Ende der Ohren an Am Hinterkopf befindet sich eine zungenformige Aussparung die von zwei Lochern flankiert wird Die Formen der Plastik sind klar durchgebildet Der Kruzifixus hangt streng frontal und fast vollstandig auf die senkrechte Kreuzachse bezogen am Kreuz lediglich durch die leichte Neigung des Kopfes und die leicht nach oben gerichteten Arme durchbrechen die Erstarrung Der originale Kruzifixus wird aktuell liegend in einer Vitrine ausgestellt An der Wand an der bis 2008 das Original hing befindet sich derzeit eine Kopie von etwa 1927 aus Holz bronziert bemalt die auf einem schmucklosen an der Wand befestigten Holzkreuz montiert ist Das schlichte Holzkreuz auf dem der Kruzifixus bis 2008 befestigt war wurde beim Sturz zerstort Dieses ersetzte im letzten Jahrhundert ein alteres Holzkreuz mit geschweiften und vierpassformig geschnittenen Armen das auch nicht original war Das Aussehen des ursprunglichen Kreuzes ist unbekannt Es wird eine gewisse Nahe zum Aussehen des Mindener Kreuzes vermutet Kunstgeschichtliche Einordnung Bearbeiten nbsp Das von Rademacher als Vergleich herangezogene Kreuzigungsbild fol 15v Universitatsbibliothek Freiburg Cod 360aRademacher deutet die zungenformige Vertiefung und die Locher am Hinterkopf als Befestigung fur einen Kreuznimbus der zu einem unbekannten Zeitpunkt verloren ging 6 Die von ihm postulierten ursprunglichen Arme rekonstruierte er anhand von Parallelen des Kruzifixus zu Kreuzigungsdarstellungen in der Buchmalerei der sogenannten zeichnerischen Phase der Kolner Buchmalerschule insbesondere zum Kruzifixus in einem Sakramentar das in der Universitatsbibliothek Freiburg aufbewahrt wird Cod 360a als schrag nach oben gestreckt und im Handgelenk nach unten abgewinkelt Wundram nahm dagegen in seiner Rekonstruktion fast waagrechte Arme ahnlich der jetzigen Form an wobei er sich am Mindener Kreuz orientierte Die 2016 vorgenommenen metallurgische Untersuchungen 2016 ergaben dass alle Guss Elemente aus identischem Material gegossen worden so dass die Arme ursprunglich sind Das Werden Helmstedter Kreuz weist wie die meisten ottonischen Kruzifixe Einflusse des Kolner Gerokreuzes auf besonders in der Ausbildung der Bauch und Brustpartie und in der Kopfhaltung aber auch beim Lendentuch das in der Grundform noch dem des Gerokreuzes entspricht aber bereits nach Symmetrie strebt 7 Eine engere Verwandtschaft besteht zu den Kruzifixen am jungeren Mathildenkreuz des Essener Domschatzes und am Kolner Hermann Ida Kreuz die beide in Werden gegossen wurden Deutliche Parallelen bestehen auch zu Reliefs in der Schatzkammer der Abtei Werden die aus der Abteikirche stammen Bei diesen Reliefs handelt es sich moglicherweise um einen Grabaufbau nach anderer Deutung um die Einfassung eines Fenestrellas Fensterchens das den Blick vom Kirchenraum auf den Sarkophag des Heiligen Liudger in der Krypta erlaubte An den Gewandern dieser Reliefs finden sich die gleichen Schichtfalten wie am Perizonium und auch die gleichen bortenartigen Verzierungen die wie aufgelegt wirken Besonders eng sind die Parallelen zum Kruzifixus aus der Kolner Handschrift Cod 360a der Universitatsbibliothek Freiburg Diese Darstellung zeigt die gleichen besonders schlanken Proportionen der Gliedmassen Identisch ist auch die unbewegte gerade Haltung des Korpers Auch in den Einzelformen bestehen Ahnlichkeiten Sowohl in der Buchmalerei als auch am Helmstedter Kruzifixus sind die Brustmuskeln durch starke Linien umgrenzt Besonders charakteristisch ist eine selten bei Kreuzdarstellungen auftretende bogenformige Linie die das Ende des Brustbeins andeutet und die beim Helmstedter Kruzifixus zu einem flachen Brustschild zusammengezogen ist Aufgrund der Datierung des Sakramentars wie auch der Werdener Reliefs wird das Helmstedter Kreuz auf um 1060 datiert Anna Pawlik weist zusatzlich auf stilistische Ahnlichkeiten zum Kruzifixus in Benninghausen und zum Dietkirchener Kruzifix im Rheinischen Landesmuseum Bonn hin 8 Das Werde Helmstedter Kreuz entstand somit in der Epoche der Salier Die einsetzende Erstarrung des Korpers der bei der ottonischen Plastik mehr organisch bewegt schien markiert das Werden Helmstedter Kreuz als Ubergangsstuck zur romanischen Plastik Weitere Kopien Bearbeiten nbsp Altarkreuz mit Abguss des Kreuzes in der Dorfkirche Mariendorf in BerlinEin 1957 hergestellter Abguss des Kreuzes befindet sich an einem aus Eichenholz gefertigten Altarkreuz der Dorfkirche Mariendorf in Berlin 9 Bislang sind weltweit 32 Kopien bekannt Literatur BearbeitenFranz Rademacher Der Werdener Bronzekruzifixus In Zeitschrift des Deutschen Vereins fur Kunstwissenschaft Band 8 1941 S 141 159 Rudolf Wesenberg Fruhe Mittelalterliche Bildwerke Die Schulen rheinischer Skulptur und ihre Ausstrahlung Dusseldorf 1972 ISBN 3 508 00179 2 Manuela Beer Ottonische und fruhsalische Monumentalskulptur Entwicklung Gestalt und Funktion von Holzbildwerken des 10 und fruhen 11 Jahrhunderts In Klaus Gereon Beuckers Johannes Cramer Michael Imhof Hrsg Die Ottonen Kunst Architektur Geschichte Petersberg 2002 ISBN 3 932526 91 0 S 129 152 Manfred Wundram Der Bronzekruzifixus der Werdener Abteikirche Essen 2003 ISBN 3 89861 247 3 Andrea Wegener Daniela Krupp Katharina Hulscher Goldene Zeiten Die Restaurierung des Werdener Kruzifixes Essen 2019 ISBN 978 3 9816594 8 1 Andrea Wegener Daniela Krupp Hrsg Schatzkammer und Basilika St Ludgerus Schatzkunst Skulptur Gemalde Verlag adson fecit Dr Gregor Meder Essen Essen 2020 ISBN 978 3 9816594 9 8 Einzelnachweise Bearbeiten Andrea Wegener Daniela Krupp Katharina Hulscher Hrsg Goldene Zeiten Die Restaurierung des Werdener Kruzifixes Verlag adson fecit Dr Gregor Meder Essen Essen 2019 ISBN 978 3 9816594 8 1 S 61 Zitiert nach Rademacher S 146 Janick Appelmans Deutsche mittelalterliche Kunst ausgestellt in Brussel 1949 Aschendorff Verlag 2022 Jan Gerchow Hrsg Das Jahrtausend der Monche KlosterWelt Werden 799 1803 Wienand Koln 1999 ISBN 3 87909 643 0 Kat Nr 50 Rademacher S 145 Rademacher S 146 Wesenberg S 59 Anna Pawlik Kruzifix In Andrea Wegener Daniela Krupp Hrsg Schatzkammer und Basilika St Ludgerus Schatzkunst Skulptur Gemalde Essen 2020 Nr 4 Die Dorfkirche Mariendorf und ihre Geschichte Gemeindekirchenrat der Evangelischen Kirchengemeinde Mariendorf abgerufen am 5 September 2020Weblinks BearbeitenSeite zum Helmstedter Kreuz der Werdener Schatzkammer Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Helmstedter Kreuz amp oldid 239345626