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Die Landstande der Landgrafschaft Hessen bestanden seit dem Mittelalter und endeten formal erst mit dem Reichsdeputationshauptschluss faktisch aber mit der Teilung der Landgrafschaft 1519 gelang ihnen im Vormundschaftskonflikt eine umfassende Machterweiterung Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Teilungsvertrag von 1467 1 2 Vormundschaftskonflikt 1509 1 3 Beschrankung der Stande 1 4 Teilung 2 Organisation 3 Kurien 3 1 Pralaten 3 2 Ritterschaft 3 3 Stadte 3 4 Grafen 4 Nachfolge 5 LiteraturGeschichte BearbeitenDie Ursprunge der Landstande liegen im Dunkel Bereits vor dem 15 Jahrhundert bestanden Landstande Urkunden uber deren Zusammenkommen oder Arbeit sind jedoch nicht uberliefert Teilungsvertrag von 1467 Bearbeiten Nach langjahrigen Erbschaftsstreitigkeiten wurde 1467 eine Auseinandersetzungsvereinbarung zwischen Landgraf Ludwig II und Landgraf Heinrich III getroffen der die Stellung der Landstande starkte Der Vertrag der auch von einem zwanzigkopfigen Ausschuss von Raten Rittern und Stadten gebilligt wurde regelte dass die Landstande in jedem der beiden neu gebildeten Landesteile das Recht hatten sich von ihrem Landesherren loszusagen und sich dem anderen Landesteil anzuschliessen sofern der Landesherr vertragsbruchig wurde Dennoch beriefen sich die Stande in der Vormundschaftsauseinandersetzung auf diesen Vertrag um fur sich daraus ein Selbstversammlungsrecht abzuleiten Vormundschaftskonflikt 1509 Bearbeiten Nach dem Tod des Landgrafen Wilhelm II 1509 weigerten sich die Stande das Testament Wilhelms anzuerkennen das seine Witwe Anna zur Regentin und zur Vormunderin seines noch minderjahrigen Sohns Philipp I ernannte Eine Regentschaft die ausschliesslich durch die Landgrafin Witwe gefuhrt wurde sei nach Meinung der Stande fur die Landgrafschaft eine Neuerung und damit nicht durch Herkommen Recht und Gewohnheit gedeckt Die Landgrafin Witwe berief sich hingegen auf romisches Recht und die Gewohnheit anderer Territorien Die Stande wahlten einen Regentschaftsrat aus den eigenen Reihen Fuhrende Kraft war der Landhofmeister Ludwig I von Boyneburg Weder abgehaltene Schiedstage noch Vermittlungsversuche des Kaisers bewirkten eine Anderung im Sinne Annas Die neue Regierung stand in den Folgejahren unter zunehmender Kritik Zum einen stellte auch diese Form der Regentschaft einen klaren Bruch mit Herkommen Recht und Gewohnheit dar zum anderen gab es machtpolitische Konflikte Insbesondere sahen sich zunehmend Teile der Stande selbst nicht ausreichend an der Regierung beteiligt Vor allem aber wirkten die sachsischen Herzoge die selbst vertraglich gesicherte Erbanspruche hatten uber die Stande auf die hessische Politik ein 1514 kam es zur so genannten Treysaer Einigung der Mehrheit der Stande mit Anna die Annas Regentschaft anerkannte und den Regentenausschuss aufloste Im Gegenzug musste Anna weitgehende Zugestandnisse machen Ohne Zustimmung der Stande durften kunftig keine Steuern erhoben oder Munzen verschlechtert werden Anna verpflichtete sich die Stande mindestens ein oder zweimal im Jahr zusammenzurufen Ihre Arbeit als Regentin sollte durch einen Regentschaftsausschuss uberwacht werden der weitgehende Rechte hatte und den Landstanden gegenuber rechenschaftspflichtig war Beschrankung der Stande Bearbeiten Annas Position wurde durch ihre geschickte Politik die die Stadte gegen den Adel ausspielte immer starker 1518 gelang es ihr beim Kaiser eine Mundigkeitserklarung fur ihren damals 13 Jahre alten Sohn Landgraf Philipp I zu bewirken Damit konnte sie den Regentschaftsausschuss fur erledigt erklaren Nach seiner Mundigkeitserklarung kam es zum Konflikt zwischen Landgraf Philipp und den Standen als diese sich ohne Einladung des Landgrafen versammeln wollten Philipp erbat in dieser Angelegenheit Unterstutzung beim Kaiser und erhielt ein kaiserliches Mandat das den Standen das Selbstversammlungsrecht absprach Bis 1527 verzichtete Philipp auf eine Einberufung der Stande und dokumentierte so seinen Erfolg im Verfassungskonflikt Wahrend des Vormundschaftskonfliktes spielte Dietrich von Cleen der damalige Komtur der Deutschordensballei Hessen eine wichtige Rolle Erst als Mitglied des Regentschaftsausschusses an der Entmachtung beteiligt wechselte er in den Folgejahren auf die Seite Annas Bei der Einfuhrung der Reformation in der Landgrafschaft war die Ballei Marburg eine der wenigen geistlichen Institutionen die der Sakularisation entgingen Allerdings kam es nun zu einem Konflikt mit dem Landgrafen Johann Daniel von Lauerbach Nachfolger Cleens als Komtur weigerte sich den Eid auf den Landgrafen zu leisten und ihm Steuern zu zahlen da er allein dem Hochmeister untergeben sei Der Landgraf verwies auf die Tradition der Mitwirkung des Deutschen Ordens an den Standen und die Schenkungen die der Orden durch das Landgrafenhaus erhalten hatte Erst 1584 im Carlstatter Vertrag einigte man sich Der Komtur wurde zur Teilnahme an Landtagen verpflichtet Die Steuern wurden nicht von Landgrafen sondern vom Kaiser eingezogen aber zur Halfte an den Landgrafen ausgeschuttet Teilung Bearbeiten 1603 fand der letzte regulare Samtlandtag statt Nachdem die Landgrafschaft geteilt worden war wurde 1608 vereinbart dass Samtlandtage jeweils abwechselnd in Hessen Kassel und Hessen Darmstadt stattfinden sollten Dazu kam es jedoch nicht Stattdessen wurden Sonderlandtage einberufen etwa 1613 als Ludwig V von Hessen Darmstadt einen Sonderlandtag der Landgrafschaft Hessen Darmstadt zur Genehmigung der sog Turkensteuer einberief 1627 wurde ein neuer Hausvertrag geschlossen Auch hier waren Samtlandtage vorgesehen Daneben bestand aber nun ausdrucklich das Recht jeweils Sonderlandtage durchzufuhren zu durfen Ende Marz 1628 wurde der letzte Samtlandtag abgehalten Der Hausvertrag verhinderte nicht weitere Konflikte der beiden hessischen Landgrafschaften Nach Ende des Dreissigjahrigen Krieges wurde 1648 erneut ein Hausvertrag der Friedens und Einigkeitsrezess geschlossen Auch dieser erklarte die Samtlandtage formal wieder fur eingesetzt einberufen wurden sie jedoch nie Organisation Bearbeiten nbsp Der Spiessturm 2008 Die Stande wurden durch den Landgrafen eingeladen Die Landtage traten an unterschiedlichen Orten zusammen Ursprunglich war als Versammlungsort der Spiessturm kurz der Spiess bestimmt worden ein im 15 Jahrhundert erbauter Wartturm bei dem Frielendorfer Ortsteil Spieskappel an der Grenze zwischen den damaligen Landesteilen Nieder und Oberhessen Spatestens seit 1509 fanden die Landtage jedoch in wechselnden Stadten statt Grundsatzlich bestand Pflicht zur Teilnahme aber oft liessen sich die Teilnehmer entschuldigen Die Beschlusse des Landtags waren aber auch fur die nicht Anwesenden bindend Am Ende des Landtags wurde ein Beschlussdokument der Landtagsabschied verabschiedet Die Kosten zur Verpflegung der Stande trug der Landgraf Ab 1583 versuchten die Landgrafen anstelle des Landtags nur einen Landtags Ausschuss einzuberufen Hiergegen erhob sich ein heftiger Widerspruch Ublich waren auch Sitzungen einzelner Kurien namentlich der Stadte Diese konnten in eigenen Angelegenheiten autonom entscheiden z B wenn es nur um Steuern der Stadte ging Seit 1640 war der hessische Teil Grafschaft Schaumburg durch Personalunion Teil von Hessen Kassel geworden Hier bestanden die Landstande der Grafschaft Schaumburg unabhangig von den hessischen Landstanden weiter Kurien BearbeitenDie Stande bestanden aus vier getrennten Kurien Pralaten Bearbeiten Hierzu zahlten in Hessen Kassel der Landkomtur der Deutschordensballei Hessen zu Marburg der Rektor und Senat der im Jahre 1527 gestifteten Hochschule zu Marburg wegen der ehemaligen Klosterguter in ihrem Besitz namlich die Vogteien Singlis Nordshausen Fritzlar und ab 1653 Homberg Efze die Obervorsteher der ritterschaftlichen Stifte Kaufungen und Wetter und der Obervorsteher der Hohen Hospitaler Haina Hofheim Gronau und Merxhausen in Hessen Darmstadt der Komtur des Deutschen Ordens zu Schiffenberg der Rektor und Senat der 1607 gestifteten lutherischen Hochschule zu Giessen wegen ihrer Vogteien und Einkunfte zu Giessen Grunberg und Alsfeld Bis zur Reformation spielten die Kirchenvertreter in den Standen nur eine kleine Rolle Es handelte sich um Vertreter der hessischen Kloster und Stifte 1527 wurden infolge der Einfuhrung der Reformation die Kloster aufgehoben bzw in Hospital oder Schulstiftungen umgewandelt Damit verschwand der Stand der Pralaten aber nicht aus den Landstanden vielmehr fuhrten seit Ende des 16 Jahrhunderts die Inhaber Leiter oder Obervorsteher der neugeordneten Einrichtungen die bisherigen geistlichen Stimmen Die Kloster wurden sakularisiert und ihre Einkunfte zur Finanzierung offentlicher Einrichtungen genutzt So wurden die Universitat Marburg die adligen Stifte Kaufungen und Wetter sowie die vier Hohen Landeshospitaler eingerichtet Der dem Range nach hochste Vertreter war der Marburger Deutsch Ordens Komtur der gleichzeitig wegen ritterschaftlicher Guter auch Mitglied der Ritterkurie war Ritterschaft Bearbeiten Die Zahl der ritterlichen Teilnehmer an den Landtagen schwankte zwischen 120 und 200 Die Landtagsberechtigung hing an der Zugehorigkeit zu einer adligen Familie die landtagsfahig war nicht am Besitz von Gutern Anknupfungspunkt war die Tradition Geschlechter die bereits fruher landtagsfahig gewesen waren beriefen sich bei zukunftigen Landtagen auf ihr traditionelles Recht zur Teilnahme Erst 1632 wurde die Ritterschaft in einer Matrikel erfasst siehe Althessische Ritterschaft Sprecher der Ritterschaft auf den Landtagen war der Erbmarschall dieses Amt war im Hause Riedesel erblich Um 1760 zahlten unter anderem nach Heinrich Berghaus unvollstandiger Auflistung zur hessischen Ritterschaft in Klammern die Zahl der landtagsfahigen Guter Baumbach 11 Berlepsch Erbkammerer zu Hessen 5 Biedenfeld Bischoffshausen 2 Bodenhausen Boyneburg 8 Brink Buseck auch Munch genannt Buttlar 5 Calenberg 2 Capella Cornberg Dalwigk 4 Dornbach 3 Diede zum Furstenstein 5 Donop Doring 2 Dornberg Erbkuchenmeister zu Hessen 2 Drach 2 Eschwege 2 Fleckenbuhl genannt Burgel Gall Gilsa 4 Habell Heydwolff Horn Hottenbach Hundelshausen 3 Keudell 3 Knoblauch Lindau Lowenfeld Lowenstein 4 Lutter Malsburg 7 Meysenbug 4 Milchling 3 Munch Nagel Pappenheim 2 Pretlack Radenhausen Rau zu Holzhausen 2 Riedesel zu Eisenbach Erbmarschalle zu Hessen gt 2 Roding Romrod 3 Rothsman Schaffer Schachten Scholetz Schenk zu Schweinsberg Erbschenken zu Hessen gt 2 Schwertzell Seebach Sayboltsdorf Spiegel 3 Stein Liebenstein Stockhausen Treusch von Buttlar 6 Trohe Trott zu Solz 4 Urff Verschuer 2 Vultee 3 Vrede Wambolt von Umstadt Weitershausen Winter Wolff von Gudenberg Wallenstein Worm Stadte Bearbeiten Landtagsberechtigt waren alle Stadte der Landgrafschaft Dies schloss auch Stadte ein deren Hoheit sich Hessen mit anderen Fursten teilte Die Stadte entsandten meist ein bis zwei Marburg und Kassel bis zu vier Vertreter Die Stadte trugen die Hauptlast der Steuern und waren daher in finanziellen Angelegenheiten der Landgrafschaft von hoher Bedeutung Grafen Bearbeiten Eine Reihe von Grafen waren Lehensempfanger des hessischen Landgrafen und als solche landtagsfahig Soweit sie jedoch auf der Basis von Reichslehen Allodialbesitz oder Lehen von anderen Fursten souverane Herren waren waren sie keine Untertanen des Landgrafen Nachfolge BearbeitenDie Nachfolgeeinrichtung der Landstande der Landgrafschaft Hessen waren ab 1820 die Landstande des Grossherzogtums Hessen Literatur BearbeitenHeinrich Berghaus Deutschland seit hundert Jahren 1859 Teil I Band 1 S 322 Hans Siebeck Die landstandische Verfassung Hessens im sechzehnten Jahrhundert Kassel 1914 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Landstande der Landgrafschaft Hessen amp oldid 229679422