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Die Reichsturkenhilfe war eine Steuer die der Kaiser des Heiligen Romischen Reichs wahrend der Turkenkriege von den Reichsstanden zur Abwehr der Turkengefahr einforderte Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Turkensteuerliste 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Ausschnitt aus einem Verzeichnis der Reichskreise mit Angabe der Turkenhilfe aus dem Jahre 1532Seit dem Fall Konstantinopels im Jahre 1453 wurden die westwarts und auf dem Balkan vorstossenden turkischen Heere zu einer standigen Bedrohung fur die Herrscher Europas und damit fur das Heilige Romische Reich Auf den Reichstagen in Frankfurt 1454 1486 und 1489 in Regensburg 1467 und 1471 und Nurnberg 1480 1481 1487 und 1491 liess sich Kaiser Friedrich III Geldmittel und Truppen fur einen Feldzug gegen die Turken bewilligen Die Reichsstande erbrachten die zugesagten Leistungen aber nur zogernd unvollstandig oder uberhaupt nicht Aus Sicht des Kaisers erwies es sich dabei als problematisch dass es keine festen Einnahmen fur das Reich gab sondern er sich fur jedes Vorhaben eine eigene Steuer durch den Reichstag bewilligen lassen musste 1 Erst als das turkische Heer im Ersten Osterreichischen Turkenkrieg in Ungarn immer weiter zur Grenze des Reiches vorruckte und es nach der Schlacht bei Mohacs 1526 und nach der Einnahme von Buda 1541 als konkrete Gefahr angesehen wurde gelang es mit Matrikelbeitragen zu einer verlasslicheren Reichsfinanzierung zu kommen Auf dem Reichstag zu Worms 1521 erreichte Kaiser Karl V die Anlage eines Matrikels in dem fur alle reichsangehorigen Territorien und Herrschaften ein Steuerbetrag festgesetzt war Dieses hatte fur ihn den Vorteil dass damit im Gegensatz zum vorherigen System des Gemeinen Pfennigs die Reichsstande in ihrem jeweiligen Herrschaftsbereich und nicht mehr das Reich selbst die Steuer eintreiben mussten Die Steuer war auch relativ flexibel handhabbar da sich die Einnahmen durch die Vervielfachung des einmal festgelegten Betrags ahnlich dem heutigen Hebesatz im Steuerrecht erhohen liessen 1 Der ursprungliche Grundbetrag entsprach einem Romermonat wobei das Steueraufkommen zu Anfang bei weitem nicht den Erwartungen entsprach weil die schnell erstellte Matrikel auch Gebiete enthielt die gar nicht existierten oder im Fall von Bohmen nicht mehr zum Reich gehorten Erst nachdem die Listen mehrmals geandert worden waren war es gelungen die Besteuerung dem tatsachlichen Bedarf anzupassen 1 Die in den Matrikelbeitragen festgelegten Betrage waren fur die Reichsstande vorteilhaft weil sie ebenfalls im Gegensatz zum vorherigen System des Gemeinen Pfennigs nicht aus dem personlichen Vermogen des Landesherrn des Adels oder der Geistlichkeit bezahlt sondern komplett auf die Untertanen umgelegt wurden Winfried Schulze beschrieb es so dass die Hauptlast der Reichsturkensteuer im spaten 16 Jahrhundert von den bauerlichen und burgerlichen Untertanen getragen werden musste Dabei war die Art der Erhebung im Reich unterschiedlich geregelt 1 Auf dem Reichstag in Regensburg setzte Rudolf II die bis zu diesem Zeitpunkt hochste Forderung von 86 Romermonaten durch Die gewaltige Summe von 5 000 000 Gulden sollte in acht Raten zwischen 1603 und 1606 gezahlt werden In der Furstabtei Fulda entfielen dabei 62 938 Gulden was 155 78 Romermonaten entsprach Daneben wurden 12 153 Gulden was knapp 20 Prozent der Einnahmen entsprach von der Abtei selbst einbehalten zur Sanierung des eigenen Haushalts 2 Mitte des 16 Jahrhunderts erbrachte ein Romermonat 80 000 Gulden wahrend es um die Jahrhundertwende zum 17 Jahrhundert wegen vieler nicht eintreibbarer Forderungen und aufgrund von saumigen Zahlern nur noch 60 000 Gulden waren 1 Turkensteuerliste BearbeitenZur Ermittlung und Erhebung der Sonderabgabe wurde die Turkensteuerliste geschaffen in die das Turkengeld eingetragen wurde Erstmals erfolgte die Ausschreibung am 10 Marz 1481 und unterlag der Verwendung durch die Reichsstande denn es sollte nur mit Rat und Wissen derer so von den Landen hierzu geordnet ausgegeben und gebrauchet werden Es war eine allgemeine Vermogens und Kopfsteuer welche zur Deckung der Kosten einer dem Kaiser Friedrich III gegen die unglaubigen Turken zu leistenden bewaffneten Hilfe erhoben wurde Die Aufstellung der nachsten Reichsturkenhilfe ging auf den Wormser Reichsmatrikel von 1521 zuruck Dieser Matrikel wurde zum bevorstehenden Romzug Kaiser Karls V erstellt Es kam auch zur Unterstutzung des Reiches fur Staaten die ausserhalb des Reiches lagen jedoch durch ihre geographische Lage fur das Reich eine Art Pufferzone bedeuteten Diese Pufferzone war die Militargrenze Dazu zahlte u a das Konigreich Ungarn und die venezianischen Seerepubliken Venedig und Dalmatien Dennoch gelang es den Turken Dalmatien grosstenteils nach der Ersten Wiener Turkenbelagerung in 1526 zu besetzen Turkensteuer in SachsenIm ernestinischen Sachsen wurde beispielsweise durch Kurfurst Friedrich in Umsetzung des Reichstagsbeschlusses der 1517 in Worms erging die Turkensteuer erhoben 1531 forderte Kurfurst Johann die Turkenhulfe fur drangsalige Sorgfaltigkeiten und Noth in Glaubens und Religionssachen 3 Im Jahr 1542 erliess Kurfurst Johann Friedrich am 15 April erneut eine Turkensteuerregelung dem Turcken zu widerstandt 4 Seit der Niederlage der Turken vor Wien im Jahre 1683 in der Schlacht am Kahlenberg blieben diese zwar in Europa zunachst prasent wurden im Laufe der folgenden beiden Jahrhunderte aber weitgehend verdrangt unter anderem durch die russische Sudexpansion Bedeutung hat die Turkensteuer auch fur Historiker und Chronisten da die aufgestellten Steuerlisten in vielen Fallen den ersten Nachweis der Grundung von Siedlungen und auch von Einwohnerzahlen fur Gemeinden bilden Turkensteuer in den Furstbistumern Basel und KonstanzDie Quinquenal Turkensteuer alle funf Jahre einzutreibende Steuer wurde von der gesamten Geistlichkeit in allen osterreichischen Landern erhoben um damit die Instandstellung und den Unterhalt der ungarischen Festungen an der turkischen Grenze zu unterstutzen Diese Steuer wurde deshalb auch im osterreichischen zum Furstbistum Basel gehorigen Fricktal eingetrieben Die erstmalige Eintreibung dieser Steuern 1726 hat der Papst bewilligt und diese danach immer wieder fur 5 Jahre erneuert bis er 1753 gleich eine Bewilligung fur 15 Jahre erteilte Kollektor war der Bischof von Konstanz Subkollektor fur die Kapitel Sis und Frickgau war der jeweilige Dekan Als die osterreichische Regierung in Freiburg im Breisgau 1768 eine erneute Verlangerung auf 5 Jahre anzeigte stellte sich heraus dass der Kaiser diese Verfugung allein getroffen hatte ohne die Bewilligung des Papstes eingeholt zu haben Darauf wurde die Zahlung durch den Bischof verweigert Auf die gerichtliche Androhung der osterreichischen Regierung erwiderte der Bischof von Basel er konne unter solchen Umstanden Fehlen der papstlichen Bewilligung nichts tun er werde nicht autoritativ eingreifen 5 6 Siehe auch BearbeitenTerz Steuer Quart Steuer Literatur BearbeitenHelmut von Jan Das Turkensteuerregister des kurpfalzischen Oberamts Neustadt von 1584 aus dem Staatsarchiv Speyer 6 Lieferungen mit Einfuhrung Hrsg Pfalzisch Rheinische Familienkunde 1962 1964 Elisabeth Dressel Andrea Harnisch Findbuch fur Vogtlandische Steuer und Nichtsteuerzahler 1529 1545 Eigenverlag Hamburg Plauen 2002 Thomas Heiler Hrsg Das Turkensteuerregister der Furstabtei Fulda von 1605 Parzeller Fulda 2004 ISBN 3 7900 0362 X Veroffentlichungen des Fuldaer Geschichtsvereins Band 64 Wolfgang von Hippel Hrsg Turkensteuer und Burgerzahlung Statistische Materialien zu Bevolkerung und Wirtschaft des Herzogtums Wurttemberg im 16 Jahrhundert Kohlhammer Stuttgart 2009 ISBN 978 3 17 020763 9 Eine Veroffentlichung der Kommission fur Geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg Alfons Pausch Turkensteuer im Heiligen Romischen Reich Deutscher Nation Dokumente aus dem 16 Jahrhundert Deubner Koln 1986 ISBN 3 88606 107 8 Wolfgang Steglich Die Reichsturkenhilfe in der Zeit Karls V In Militargeschichtliche Mitteilungen 11 1972 S 7 55 PDF Franz Pichler Die steuerliche Belastung der steirischen Bevolkerung durch die Landesdefension gegen die Turken In Mitteilungen des steiermarkischen Landesarchives MStLA Band 35 36 Jahrgang 1985 1986 Pichler steuerliche Belastung PDF 3 MB Ascan Westermann Die Turkenhilfe und die politisch kirchlichen Parteien auf dem Reichstag zu Regensburg 1532 Kraus Nendeln Liechtenstein 1979 Nachdruck der Ausgabe Heidelberg 1910 ISBN 3 262 01431 1 Karl Otto Bull Die durchschnittlichen Vermogen in den altwurttembergischen Stadten und Dorfern um 1545 nach den Turkensteuerlisten Teil 12 1 In Schroder Karl Heinz Miller Max Hrsg Historischer Atlas von Baden Wurttemberg Im Auftrag der Kommission fur Geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg ohne Verlag Stuttgart 1975 ISBN 3 921201 10 1 Winfried Schulze Reich und Turkengefahr im spaten 16 Jahrhundert Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer ausseren Bedrohung C H Beck Munchen 1978 ISBN 3 406 01680 4Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Turkensteuer Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wikisource Reichsmatrikel von 1521 Quellen und Volltexte nbsp Wikisource Verzeichnis der Reichskreise mit Angabe des Turkenhilfe aus dem Jahre 1532 Quellen und Volltexte Uwe Becker Der Einfluss der Turkengefahr auf die Reichsinstitutionen im 16 Jh Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Thomas Heiler Das Turkensteuerregister der Furstabtei Fulda von 1605 Veroffentlichung in den Fuldaer Geschichtsblattern des Fuldaer Geschichtsvereins Nr 64 Fulda Parzeller Verlag 2004 ISBN 3 7900 0362 X S 14 16 Thomas Heiler Das Turkensteuerregister der Furstabtei Fulda von 1605 S 18 19 Otto Kius Das Finanzwesen des ernestinischen Hauses Sachsen im sechszehnten Jahrhundert Verlag Hermann Bohlau Weimar 1863 S 70 Digitalisat abgerufen am 27 Januar 2015 Gottfried August Arndt Archiv der Sachsischen Geschichte 2 Teil Verlag Weidmanns Erben und Reich Leipzig 1785 S 317 332 Digitalisat abgerufen am 27 Januar 2015 Bischof von Basel Quinquenal Turkensteuer 28 01 1726 22 11 1769 im Archiv des ehemaligen Furstbistums Basel Onlinekatalog abgerufen am 1 Marz 2018 Bischof von Basel Akten und Korrespondenz betr die von der gesamten Geistlichkeit in allen osterr Landern geforderten Steuern wozu auch das Fricktal kontribuiren sollte erhoben fur den Krieg zwischen Osterreich und Preussen Siebenjahrigen Krieg und zur Tilgung der deswegen entstandenen Staatsschuld 06 11 1758 25 09 1773 im Archiv des ehemaligen Furstbistums Basel Onlinekatalog abgerufen am 1 Marz 2018 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reichsturkenhilfe amp oldid 238985756