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Die musikalische Formenlehre ist ein Teilgebiet der Musiktheorie und beschaftigt sich mit der Geschichte und Eigenart von zumeist abendlandischen musikalischen Formen Innerhalb der Epochen erfahren musikalische Formen oft zahlreiche Veranderungen und Erweiterungen daher kann eine grosse Anzahl musikalischer Formen z B die Motette von der Musikwissenschaft nur epochenubergreifend sinnvoll beleuchtet werden Neben den musikalischen Gattungen untersucht die Formenlehre die Grundprinzipien musikalischen Formens Dies umfasst die Darstellung der Elemente musikalischer Gestalten dies konnen z B Motive sein und der Techniken ihrer Verarbeitung sowie Kombination zu grosseren Sinneinheiten wie Phrase Thema Soggetto Untersucht wird die Herausbildung von Syntaxmodellen z B Periode Fortspinnungstypus und allgemein die moglichen Formen der Gruppierung von Sinneinheiten Wiederholung Varianten und Kontrastbildung Entwicklung Reihung oder Beziehungslosigkeit Dies geschieht in Darstellungen die historisch differenzieren und wiederum die Bedingungen der verschiedenen Formen und Gattungen reflektieren Damit beruhrt sich die Formenlehre mit der Kompositionslehre und stellt zugleich Grundbegriffe und Kriterien fur die Analyse musikalischer Werke bereit 1 Die wissenschaftliche Formenlehre des Abendlandes basiert auf Dokumenten die entweder beschreibend oder selbst Notenschriften sind Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Mittelalter 1 2 Renaissance 1 3 Barock 1 4 Klassik 1 5 Romantik 1 6 Moderne 2 Alphabetische Liste musikalischer Gattungen und Formen 3 Systematischer Gliederungsansatz 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenMittelalter Bearbeiten Im fruhen Mittelalter finden sich die ersten derartigen Uberlieferungen im Gregorianischen Gesang Mit dem Beginn der Mehrstimmigkeit etwa in der zweiten Halfte des 12 Jahrhunderts wie sie in der Notre Dame Schule von Leonin und Perotin an der Kirche Notre Dame de Paris gepflegt wurde entstehen das Organum und der Conductus Parallel existiert zu diesen kunstmusikalischen Formen auch bereits eine populare Musik in Form der Gesange von Trobadors Trouveres und Minnesangern die meist auf einfachen Liedformen beruhen Als an sich nicht notierte sondern mundlich tradierte Gesange konnen sie heute nur deshalb rekonstruiert werden weil sie haufig tropiert wurden Wahrend der Ars antiqua ist insbesondere die Entwicklung der Dreistimmigkeit zu beobachten Hier finden sich Pastoralen und geistliche Werke als Formen zum Cantus und Tenor gesellt sich der Discantus als dritte Ober Stimme Die anschliessende Ars nova bringt geradezu eine Fulle an neuen Formen hervor deren wichtigste neben der hergebrachten Messe die kirchenmusikalische Motette ist Auch das politische Singspiel als Vorform der Oper nimmt hier seinen Anfang Daruber hinaus entstehen das Virelais die Ballade die Caccia und das Rondo hochst mathematisch und modern anmutend entwickelt sich zudem die Kompositionstechnik mittels modaler Figurationen Die teilweise extreme Melismatik von Ars Nova Werken findet ihren Hohepunkt in der Ars subtilior eine Art Musica riservata die voller verastelter hochkomplexer Ornamentik ist Renaissance Bearbeiten Dem in Extremformen mechanistischen Weltbild der Ars nova stellt die Renaissance den menschlichen Ausdruck entgegen insbesondere den der menschlichen Stimme Dies geschieht besonders in den oft homophonen Formen von Madrigal und Musikdrama einer viel spater aufgegriffenen Vorform der Oper Ausserdem bildet sich eine Reihe von kunstmusikalischen Tanzen und raffinierten Maskenspielen Masques heraus die ebenfalls zu weltlichen Anlassen gegeben wurden Als Geheimlehre nur mundlich von Lehrer zu Schuler uberliefert beginnt in dieser Epoche auch die systematische Erkundung von ausdrucksvollen Wendungen in Form der Figurenlehre Barock Bearbeiten Die Barockmusik fuhrt einerseits zu Hohepunkten kontrapunktischer Formen wie Triosonate und Fuge Andererseits kommen auch lyrische Empfindungen zum Beispiel in Charakterstucken Fantasien und etwa ab 1730 auch in Werken des empfindsamen Stils zum Ausdruck Die Suite wachst von einer Folge loser Tanzstucke zu einer eigenstandigen Form heran Die Toccata wird zum Ausdruck hochster Virtuositat Als Epoche mit grossem Gewicht auf der Ornamentik bildet sich im Barock zudem das Konzert und Concerto grosso aus dem geistlichen Konzert heraus Passion und Oratorium ubernehmen aus der Oper die Formen des Rezitativs und der Arien Klassik Bearbeiten In der Klassik entwickelten sich Sonate und Sinfonie und mit ihnen die Sonatensatzform Die Entstehung des Kunstliedes fallt ebenfalls in diese Epoche Bezeichnend dafur ist das oft ausschliesslich verwendete Harmonieschema Dominante Tonika authentische Kadenz wie es dann auch in Volksliedern auftritt Einzelne Vollkadenzen bilden alternativ die Abschlusse Plagale Kadenzen kommen kaum vor Die Oper erfahrt eine lange Reihe von Wandlungen und Varianten Besonders bemerkenswert ist an der Klassik dass sie sich als erste Epoche der Musikgeschichte ihrer Geschichtlichkeit bewusst ist Dies zeigt sich insbesondere im Zitieren oder Allusionieren von Musik und Stilen die nicht originar klassisch sind sondern auf mittelalterliche Kirchenmusik sowie Musik des Barocks zuruckgehen Dies betrifft insbesondere naturlich auch die Formenwelt etwa den Experimenten des spaten Ludwig van Beethoven mit der Fuge oder den besonders geistreichen Sonaten des oft unterschatzten Joseph Haydn Insofern ist eine Reihe von Werken aus der klassischen Epoche bereits formal hybrid Romantik Bearbeiten In der Romantischen Epoche entwickelt sich neben der Sinfonie die Sinfonische Dichtung Sonate Sinfonie Konzert Lied einschliesslich Kammermusik werden weiterhin gepflegt und teilweise extrem erweitert Die Oper wird einerseits zur durchkomponierten Form andererseits spaltet sich von ihr die Operette ab Nocturnes Arabesken und Impromptus entstehen aus dem Charakterstuck das zudem eigenstandig weiterbesteht und in Klavierzyklen Eingang findet Das Ballett entsteht Ursprunglich als instrumentales Ubungsstuck gedacht lost sich das als in der Klassik noch bekannte Handstuck von seiner ursprunglichen Funktion und wachst als Etude zum eigenstandigen musikalischen Genre heran siehe Konzertetuden von Chopin Liszt oder Paganini Richard Wagner tritt mit seinen Musikdramen in Erscheinung ein Begriff der das Dramma in musica der Renaissance referiert und das Gesamtkunstwerk anpeilt Zudem steigert sich ab der mittleren und in der spaten Romantik auch das Interesse an aussereuropaischer Musik die durch Weltausstellungen und Forschungsreisen an Einfluss gewinnt Der musikalische Impressionismus etwa wie er von Claude Debussy exponiert ist ist ohne diese Einflusse undenkbar Andere Komponisten wiederum setzen ihre Schwerpunkte musikethnologisch Moderne Bearbeiten Das 20 Jahrhundert bzw die Moderne als klassische Moderne fur Werke vor 1945 bringt in der Kunstmusik zahlreiche neue Formen und Stile hervor Nach einer fruhen expressionistischen Phase dominieren Neoklassizismus und Dodekaphonie nach dem Zweiten Weltkrieg entstehen Serialismus und Aleatorik In der Formenlehre des 20 Jahrhunderts steht oft die Struktur im Vordergrund die klassischen Formen der Musik genugen nur noch in Einzelfallen der vollstandigen formalen Klassifizierung von Werken denn die verschiedenen Struktursysteme wirken oftmals bereits selbst formbildend Damit sind die Formen des 20 Jahrhunderts ahnlich wie in der klassischen Epoche oft ebenfalls hybrid Zudem entsteht eine Reihe neuartiger Instrumente diese sind entweder kuriose Einzelstucke oder entstammen der technischen Welt Die Verwendung eines Musikinstruments als Maschine und umgekehrt bringt Futurismus und Bruitismus hervor Zum Bereich der elektronischen Musik gehort insbesondere auch die elektroakustische Musik Bemerkenswert bleibt dabei dass Komponisten der Moderne gerade mit zunehmender Industrialisierung der Musik durch Plattenkonzerne oft Wege jenseits der grossen Konsumstrome beschreiten und nach neuen offeneren Moglichkeiten des Horens suchen Gerade die relativ fruhen Werke der zeitgenossischen Musik werden ab Mitte der 1980er Jahre in grossem Stil von zahlreichen U Musikern aufgegriffen und referiert Die Computermusik spielt seit Anfang des 21 Jahrhunderts eine grosse Rolle Die Geschichte der U Musik und des Jazz bilden eigene geschichtliche Strange die wenngleich sie ihre eigenen Formen hervorgebracht haben zahlreiche Beruhrungspunkte mit der Musik der Moderne bilden Alphabetische Liste musikalischer Gattungen und Formen BearbeitenArie Nebenformen Fruhe Opernarie Da capo Arie Cavatine Rondoarie Charakterstuck auch lyrisches Stuck Genrestuck Choral Nebenformen Accentus Concentus Fuge Nebenformen Permutationsfuge Doppelfuge Tripelfuge Quadrupelfuge Kanon Nebenformen Strenger Kanon Zirkelkanon Spiralkanon Ratselkanon Proportionskanon Kantate Nebenformen Italienische Kantate Deutsche Kantate Konzert Nebenformen Vokalkonzert Instrumentalkonzert Solokonzert Doppelkonzert Tripelkonzert Sinfonia concertante Konzert fur Orchester Lied Nebenformen Kunstlied Volkslied Tenorlied Chanson Vaudeville Air Standchen Madrigal Nebenformen Trecento Madrigal Solomadrigal Konzertantes Madrigal Messe Nebenformen Gregorianischer Choral Requiem Motette Nebenformen Liedmotette Anthem Durchimitierte Motette Chormotette u a Oper Nebenformen Opera seria Opera buffa Opera comique und Komische Oper Grand opera Operette Oratorium Ouverture Nebenformen Sinfonia Kanzonen Ouverture Franzosische Ouverture Neapolitanische Opernsinfonia Klassische Ouverture Programmouverture Konzertouverture Schauspielouverture Potpourri Freies Opernvorspiel Passion Nebenformen Motettische Passion Responsoriale Passion Oratorische Passion Praludium Programmmusik Nebenformen Tonsymbolische Dichtung Sinfonische Dichtung Rezitativ Nebenformen Secco Rezitativ Accompagnato Rezitativ Serenade Nebenformen Serenata Divertimento Notturno Kassation Instrumentale Serenade Sonate Nebenformen Fruhe Sonata Klassische Sonate Barocksonate Kammersonate Kirchensonate Triosonate Sonatine Suite Sonata da camera Variationssuite Klaviersuite Ouverturen Suite Ballettsuite Tanzsuite Sinfonie Vorklassische Sinfonia Klassische Sinfonie Nachklassische Sinfonie Tanz Nebenformen Pavane Galliarde Allemande Courante Chaconne Bourree Sarabande Gavotte Siciliano Gigue Menuett Polonaise Nationaltanz z B Csardas Csardas Bolero Habanera Tango Landler Galopp Kavalkade Cancan u a VariationGattung und Form sind zwei sich haufig uberschneidende Begriffe die zudem oft synonym gebraucht werden Gattungen bestimmen sich in der Gattungslehre nach den Kriterien Besetzung Text Funktion Auffuhrungsort und Satzstruktur Allgemeine Formen sind beispielsweise Liedform und Rondoform Weitere Kriterien zur systematischen Klassifikation der Musik sind Epochen wie Renaissance Musik der Renaissance Barock Barockmusik Klassik Impressionismus und so weiter und StileSystematischer Gliederungsansatz BearbeitenBuhnenmusikOper Operette Musical Singspiel Ballett Revue dd OrchestermusikSinfonie Sinfonische Dichtung Instrumentalkonzert dd KammermusikStreichquartett Blaserquintett Klaviertrio Klavierquartett dd Vokalmusik weltliche Musik bzw Kirchenmusik Arie Lied Kunstlied Duett Terzett Trio Quartett Madrigal Motette Kantate Choral Kirchenlied Messe Oratorium Requiem dd TanzmusikMenuett Pavane Courante Gavotte Bourree Walzer Mazurka Polka Polonaise Galopp dd KlaviermusikSonate Variationen Nocturne Fantasie Etude dd Siehe auch BearbeitenEpochen der Musik Gattung Musik StilkundeLiteratur BearbeitenGuido Adler Handbuch der Musikgeschichte Schneider Tutzing 1930 Neuauflage dtv Munchen 1985 ISBN 3 423 04039 4 3 Bande Gunter Altmann Musikalische Formenlehre Schott Mainz 2000 ISBN 3 7957 0359 X Reinhard Amon Lexikon der musikalischen Form Doblinger Metzler Wien 2011 ISBN 978 3 902667 27 4 William Caplin Classical Form A Theory of Formal Functions for the Instrumental Music of Haydn Mozart and Beethoven Oxford University Press New York 1998 ISBN 0 19 514399 X William Caplin Analyzing Classical Form An Approach for the Classroom Oxford University Press New York 2013 ISBN 978 0 19 998730 6 William Caplin James Hepokoski James Webster Musical Form Forms amp Formenlehre Three Methodological Reflections Herausgegeben von Pieter Berge Leuven University Press Leuven 2009 ISBN 978 90 5867 822 5 Ulrich Dibelius Moderne Musik Piper Munchen 1998 ISBN 3 492 04037 3 Felix Diergarten Markus Neuwirth Formenlehre Ein Lese und Arbeitsbuch zur Instrumentalmusik des 18 und 19 Jahrhunderts Grundlagen der Musik Bd 7 Laaber Verlag Laaber 2019 ISBN 978 3 89007 830 4 Jacques Handschin Musikgeschichte im Uberblick 5 Auflage Noetzel Wilhelmshaven 2001 ISBN 3 7959 0321 1 James Hepokoski Warren Darcy Elements of Sonata Theory Norms Types and Deformations in the Late Eighteenth Century Sonata Oxford University Press Oxford New York 2006 ISBN 978 0 19 977391 6 Clemens Kuhn Formenlehre der Musik 5 Auflage Barenreiter Kassel 1998 ISBN 3 7618 1392 9 Hugo Leichtentritt Musikalische Formenlehre 12 Auflage Breitkopf amp Hartel Wiesbaden 1987 ISBN 3 7651 0022 6 Heinrich Lemacher Hermann Schroeder Formenlehre der Musik 7 Auflage Gerig Koln 1979 1962 ISBN 3 87252 009 1 Werner Oehlmann Die Musik des 20 Jahrhunderts de Gruyter Berlin 1961 Erwin Ratz Einfuhrung in die musikalische Formenlehre 3 Auflage Universal Edition Wien 1973 ISBN 3 7024 0015 X Hugo Riemann Riemann Musiklexikon Sachteil 12 Auflage Schott Mainz 1967 Heinz Christian Schaper Formenlehre compact Strukturen Analyse Ubungen 4 Auflage Schott Mainz 2006 ISBN 3 7957 2386 8 Arnold Schonberg Fundamentals of Musical Composition 1937 1948 Posthum hrsg von Gerald Strang und Leonard Stein London 1967 Deutsche Ausgabe Grundlagen der musikalischen Komposition Ubersetzt von Rudolf Kolisch und hrsg von Rudolf Stephan Universal Edition Wien 1979 ISBN 3 7024 0136 9 Klaus Schweizer Orchestermusik des 20 Jahrhunderts seit Schonberg Reclam Stuttgart 1976 ISBN 3 15 009839 4 Wolfgang Stockmeier Musikalische Formprinzipien 6 Auflage Laaber Verlag Laaber 1996 ISBN 3 89007 003 5 Eberhard Thiel Sachworterbuch der Musik Kroners Taschenausgabe Band 210 4 verbesserte Auflage Kroner Stuttgart 1984 ISBN 3 520 21004 5 Ludwig Karl Weber Das ABC der Formenlehre Eine Einfuhrung in die Welt der musikalischen Formen Zimmermann Frankfurt am Main 1983 ISBN 3 921729 19 X Weblinks BearbeitenA Practical Guide to Musical Composition englisch Einzelnachweise Bearbeiten Clemens Kuhn Formenlehre der Musik 5 Auflage Barenreiter Kassel 1998 ISBN 3 7618 1392 9 Normdaten Sachbegriff GND 4170802 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Formenlehre Musik amp oldid 235101627