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Als Trobadordichtung oder Troubadourdichtung bezeichnet man die altokzitanische Sangesdichtung der sudfranzosischen Trobadors die zum Ausgangspunkt des mittelalterlichen Minnesangs auch in den ubrigen Landern Europas wurde Der Tod des Trobadors Jaufre Rudel MS Paris B N F fonds francais 854 f 121v Inhaltsverzeichnis 1 Vorlaufer 2 Sprache 3 Aussprache 4 Formkunst 5 Gattungen 6 Soziales und kulturelles Milieu 7 Literatur 8 Weblinks 9 FussnotenVorlaufer BearbeitenBereits in den altesten erhaltenen Trobadortexten vom Ende des 11 Jahrhunderts den Liedern Wilhelms IX von Aquitanien tritt die Trobadordichtung als eine sprachlich formal und inhaltlich erstaunlich hochentwickelte Liedkunst auf Bis auf die galicisch portugiesische Sprache die etwa gleichzeitig eine ahnliche lyrische Tradition wie das Okzitanische entwickelte finden sich in den ubrigen romanischen Volkssprachen hierfur keine vergleichbaren Parallelen oder Vorstufen soweit schriftliche Zeugnisse fur romanische Dichtung aus dieser fruhen Zeit uberhaupt erhalten sind Auch die lateinische Tradition in der besonders das Kloster Saint Martial bei Limoges und die dort gepflegte musikalische und literarische Kultur von manchen Gelehrten als wegbereitend fur die Entstehung der Trobadordichtung betrachtet wurde bietet zweifellos wichtige Anknupfungspunkte kann das Phanomen der Trobadordichtung aber insgesamt nicht vollstandig erklaren Bedeutender ist wahrscheinlich der Einfluss der hispano arabischen Dichtung an den Hofen Andalusiens zu gewichten wiewohl sie inhaltlich keine hofische Dichtung war All dies wird in der Forschung aber weiterhin kontrovers beurteilt und diskutiert und zahlt auch nicht zu den besonders gut erforschten Fragen der Romanistik Sprache BearbeitenDie Sprache der Trobadordichtung deckt sich mit keiner der Dialektvarianten des Altokzitanischen Es handelt sich vielmehr um eine literarisch poetische Kunstsprache Koine fur die als Basis wahrscheinlich das Okzitanische der Region Limousin mit Hauptstadt Limoges anzunehmen ist und in der gesuchte Worter aus verschiedenen Dialekten uberregionale Verbreitung erlangen und neben Lehnbildungen und absichtsvollen Neupragungen stehen In der Sonderform des trobar clus verschlossenes dunkles schweres Dichten als Gegenbegriff zu trobar leu leichtes Dichten zeichnen die Lieder mancher Trobadors sich durch ein hohes Mass an primar sprachlicher und sekundar auch rhetorischer Verratselung aus Aussprache BearbeitenIn der Aussprache der Trobadordichtung kann der heutige Leser sich enger als beim Franzosischen an der Schreibung der Texte orientieren Deutsche Sprecher mussen besonders beachten dass der Wortakzent in der Regel auf der letzten betonten Silbe des Wortes und der Satzakzent auf dem letzten Wort der Aussage liegt Wer modernes Franzosisch gut spricht wird es nicht ganz leicht finden sich eine vergleichsweise deutsche Aussprache anzugewohnen und nordfranzosische Nasalierungen zu vermeiden oder abzuschwachen sowie am Wortende unbetonte Silben und auslautende Konsonanten mitzusprechen Die Aussprache der Vokale e und o richtet sich nach der Herkunft aus dem Lateinischen wo e aus lateinisch i langem e oder oe entstanden ist ist es geschlossen wie in deutsch See auszusprechen bei Entstehung aus kurzem e oder ae ist die Aussprache dagegen offen wie in deutsch Bar Ebenso ist o geschlossen auszusprechen wie in deutsch hohl wo es aus u oder langem o entstanden ist offen dagegen wie in deutsch Loch bei Entstehung aus kurzem o Der Vokal i ist im Anlaut wie dsch auszusprechen bei intervokalischer Stellung ebenfalls wie dsch oder j Der Vokal u ist anders als im Altfranzosischen zumeist noch als u und nicht als u auszusprechen besonders als erstes Element eines Diphthongs und im Auslaut Der Konsonant c ist vor den dunklen Vokalen a o und u hart als k auszusprechen vor den hellen Vokalen e und i dagegen als ts Die Schreibung ch ist tsch auszusprechen Die Schreibung qu ist vor dunklen und hellen Vokalen gleichermassen k auszusprechen Der Konsonant g ist vor den dunklen Vokalen a o u hart als g vor den hellen Vokalen e i dagegen weich als dsch auszusprechen Wenn g vor hellen Vokalen trotzdem hart g ausgesprochen werden soll wird in der Schreibung ein u eingefuhrt gue gui das in der Regel besonders bei ursprunglich germanischen Wortern auch in der Aussprache noch als u mit Tendenz zu w anklingt z ist zwischen Vokalen und nach Konsonant als stimmhaftes s auszusprechen Der Konsonant l ist in den Schreibungen gl lh ill oder ll jeweils mouilliert auszusprechen wie lj mit Tendenz zu lch Ebenso der Konsonant n in den Schreibungen nh gn oder ign mouilliert wie nj mit Tendenz zu nch Formkunst BearbeitenDie Trobadordichtung ist charakterisiert durch eine hochentwickelte Reim und Strophentechnik die in ihrer Komplexitat und Artifizialitat uber mogliche Anknupfungspunkte in der lateinischen Dichtung weit hinausgeht und pragenden Einfluss auf die Dichtung in allen ubrigen Sprachen Westeuropas ausgeubt hat Die einzelne Strophe cobla von lateinisch copula bindet Verse von gleicher Lange isometrische Strophe oder von ungleicher Lange heterometrische Strophe nach einem vom Trobador festgelegten Schema von End und manchmal besonders bei heterometrischen Strophen auch Binnenreimen das dann von Strophe zu Strophe gleichartig wiederholt Isostrophie und wahlweise mit gleichen oder verschiedenen Reimen gefullt wird Wechsel des Schemas von Strophe zu Strophe Heterostrophie ist unublich bzw begrundet als Sonderform die Gattung Descort Besonders in der Liebesdichtung weist die Einzelstrophe ein bereits bei Wilhelm begegnendes und bei den nachfolgenden Trobadors dann zunehmend verbreitetes internes Bauprinzip auf das die Verteilung der Reime und bei heterometrischen Strophen der Verslangen aber auch den syntaktischen Bau und die inhaltliche Fullung gliedert und in der musikalischen Komposition seine Entsprechung findet In der Romanistik ist hierfur der Begriff der Kanzonenstrophe gebrauchlich Eroffnet wird die Kanzonenstrophe durch einen zweigliedrigen Abschnitt der in der von Dante eingefuhrten lateinischen Terminologie als frons Stirn und in der Sprache des deutschen Meistersanges als Aufgesang bezeichnet wird und aus zwei parallel oder spiegelsymmetrisch gebauten pedes Stollen besteht die musikalisch nach der gleichen Melodie gesungen werden Der frons folgt die cauda Schwanz oder sirma Schleppe in der Terminologie des Meistersangs der Abgesang der in seiner Gestaltung freier ist aber den Bau des Aufgesangs nicht oder nicht exakt wiederholen darf Dieses Kompositionsprinzip hat in der Folgezeit alle volkssprachlichen Liedkulturen erobert und ist auch im deutschen Kirchen und Volkslied z B Ihr Kinderlein kommet noch heute sehr verbreitet In der Trobadordichtung wird haufig besonderer Wert darauf gelegt die Folge der Strophen durch die Art der Reimfullung und durch die Verwendungsweise einzelner Reimworter zu gruppieren und miteinander zu verknupfen Unterschieden werden besonders folgende Techniken coblas unisonnantz Die haufigste Art der Reimfullung bei der in einem mehrstrophigen Lied von Strophe zu Strophe nicht nur das gleiche Reimschema sondern auch die gleichen Reime beibehalten werden so dass alle Strophen im Reim gleichklingend sind coblas singulars mehrstrophiges Lied bei dem jede Strophe nur das Reimschema wiederholt es aber jeweils mit neuen Reimen fullt coblas doblas mehrstrophiges Lied bei dem jeweils zwei Strophen durch die gleiche Reimfullung miteinander verknupft und von den ubrigen Strophen abgesetzt sind coblas ternas wie coblas doblas nur mit Gruppierung von jeweils drei Strophen coblas capcaudadas der Schlussreim einer Strophe bildet den Anfangsreim der darauffolgenden Strophe coblas capfinidas der Schlussreim einer Strophe wird im Anfangsvers der darauffolgenden Strophe an anderer Stelle im Vers haufig als Anfangswort wiederholt coblas retrogradadas Wiederholung einer Folge von Reimen in umgekehrter Reihenfolge rims estramps in der Sprache des Meistersangs Korner strophenubergreifende Verknupfung mehrerer oder aller Strophen durch den Reim eines jeweils an gleicher Position wiederkehrenden Verses der innerhalb der Strophe keinen Reimpartner hat Ein besonderes Merkmal vieler Trobadordichtungen das ebenfalls schon bei Wilhelm begegnet und in der vorausgegangenen europaischen Dichtung keine genaue Entsprechung hat ist die seit dem 13 Jahrhundert so genannte tornada im 12 Jahrhundert auch fenida und represa genannt franzosisch envoi deutsch Geleit strophe Sie besteht aus ein oder manchmal zwei inhaltlich und formal meist abgesetzten aber Reime oder Reimworter des Liedes wieder aufgreifenden Strophen oder Kurzstrophen am Ende des Gedichts die sich mit einer personlichen Anrede an die Dame an eine hochgestellte andere Person oder an den Uberbringer den joglar der das Gedicht im Auftrag des Verfassers vortragt und manchmal auch metatextuell an das Lied selbst wenden und diesem eine begleitende kommentierende oder pointierende Aussage hinzufugen Reimtechnisch ist der mannliche Reim mit betonter Endsilbe anfangs pradominant wahrend der weibliche Reim mit unbetonter Endsilbe sich erst allmahlich ausbreitet und sich noch nicht wie im Franzosischen seit dem 16 Jahrhundert ublich geworden regelmassig mit dem mannlichen abwechselt Obligatorisch ist der Vollreim bei dem die Reimworter mindestens im Tonvokal und allen nachfolgenden Lauten gleich klingen unter genauer Beachtung auch der Offenheit oder Geschlossenheit der gereimten Vokale wahrend die Assonanz Gleichlaut nur des Tonvokals bei moglicher Verschiedenheit nachfolgender Konsonanten nur vereinzelt als Stilmerkmal gesuchter Volkstumlichkeit begegnet Die reimende Wiederholung des gleichen Wortes ist verpont und nur bei pointierter Bedeutungsverschiedenheit bei der Reimung von Simplex und Compositum und bei der Verwendung als mot refranh Reimwort mit refrain ahnlicher Funktion zugelassen Allgemein vorherrschend ist die Suche nach wertvollen d h seltenen schwer zu findenden Reimen rimas caras was dann besonders in den Spielarten des trobar clus s o und trobar ric reiches Dichten besondere Bluten treibt Die Verknupfung und Gruppierung der Strophen betonte einerseits den artifiziellen Charakter der Dichtung Sie bot andererseits auch eine gewisse Absicherung dagegen dass in der mundlichen und handschriftlichen Verbreitung Strophen des Liedes umgestellt oder weggelassen wurden Nicht nur in der Findung neuer Reime und Bauformen sondern auch in der Wiederholung und Variierung bereits vorgegebener Muster bis hin zur Wiederverwendung einer genauen Folge von Reimwortern zeigt sich die besondere Kunstfertigkeit der Trobadors Solche Anknupfung die bei der Wiederholung einer Strophenform in der Regel auch die musikalische Komposition wieder aufgreift Kontrafaktur wurde von einigen Trobadors sehr absichtsvoll zur Unterstutzung intertextueller inhaltlicher Bezuge zu den Liedern ihrer Konkurrenten oder Vorbilder eingesetzt wobei sie hierfur offenbar ein zur Wurdigung solcher Anspielungen fahiges Publikum von kultivierten Kennern voraussetzen konnten Gattungen BearbeitenDie Trobadordichtung weist ein breites Spektrum von Gattungen auf die in der altfranzosischen altitalienischen und mittelhochdeutschen Dichtung nachgeahmt und weiterentwickelt wurden und eine Art Kanon der hofischen lyrischen Gattungen des Mittelalters ausgepragt haben Die wichtigsten Gattungen der Trobadors sind Canso Die Konigsgattung der Trobadors der fast die Halfte der erhaltenen Lieder zugeordnet werden konnen Inhaltlich ist sie dem Themenkreis der Hohen Minne fin amors verpflichtet und damit Ausdruck der dienenden Verehrung fur eine hochstehende und als unerreichbar beklagte oft als verheiratet erkennbare Dame die als Herrin dompna auch in der grammatisch maskulinen Form midons von meus dominus angesprochen in ihrer Identitat verschleiert und nur mit einem Decknamen senhal bezeichnet wird Stilistisch und in der Reim und Strophentechnik ist die Canso um Angemessenheit an den hohen Gegenstand bemuht formal mehrstrophig die einzelne Strophe nach dem Prinzip von Aufgesang zwei parallele Stollen und Abgesang gebaut und ansonsten formal nicht festgelegt am Ende des Liedes haufig von einer Tornada abgeschlossen Sirventes Schelt oder Rugelied moralisch oder politisch satirischen Inhalts das sich allgemein gegen die Toren und Boswilligen und in der Liebesthematik speziell gegen die Gegner der fin amors oder auch gegen die verehrte Dame selbst richtet aber auch mit mehr oder minder tagespolitischer und militarischer Thematik besonders in den Kriegsliedern von Bertran de Born und in den Kreuzzugsliedern ausgebildet ist Formal nicht festgelegt und meist eng an die Canso angelehnt oft auch durch Ubernahme der Bauform einer bekannten Canso entstanden aber nicht auf den hohen Stil der Canso eingegrenzt Planh von lateinisch planctus Totenklage uber eine hochgestellte Person stilistisch und inhaltlich im engen Anschluss an die lateinische Planctus Tradition mit Klage uber den Verlust des Verstorbenen Lob seiner Verdienste und Furbitte fur seine Seele formal ebenfalls an die Canso angelehnt Alba franzosisch Aube deutsch Tagelied Besingt die Situation der Liebenden auf dem ehebrecherischen Beilager beim Morgengrauen mit der Furcht vor Aufpassern Neidern und dem eifersuchtigen Ehemann der Freude uber den genossenen Liebesakt und der Klage uber den durch den Tagesanbruch Wachterruf Vogelsang Morgenlicht erzwungenen Abschied In der Stillage mit einer Tendenz zum Einfachen oder sogar Volkstumlichen unter Einbeziehung von quasi szenischen Elementen Wachterruf und Wachtermonolog Monologe der Liebenden in der Reim Vers und Strophentechnik gleichwohl anspruchsvoll in Anlehnung an die Canso und z T unter Einbeziehung von formalen Merkmalen des Tanzliedes gebaut Pastorela auch Pastureta franzosisch Pastourelle erzahlt in der Ich Form von einer jungst vergangenen Begebenheit in einer fruhlingshaft landlichen Szenerie der Begegnung des Ritters mit einer Viehhirtin seinem Versuch sie mit Argumenten Geschenken oder auch Gewalt zum Beischlaf zu bewegen ihren Einwanden in denen die Umworbene sich trotz ihres niederen Standes manchmal als geistig und moralisch uberlegen erweist dann der Befriedigung seines Wunsches oder auch der Vertreibung des Ritters durch herbeieilende andere Hirten Formal an die Canso angelehnt durchgangig narrativ mit eingebetteten Dialogen gestaltet und im Stil tendenziell burlesk Partimen joc parti tenso verschiedene Arten des Streitgedichts zwischen zwei Sangern inhaltlich auf Themen der Liebeskasuistik und auch Fragen des richtigen Dichtens ausgerichtet formal in Anknupfung an vorgegebene Kanzonenstrophen in der Ausfuhrung teilweise beeinflusst von der lateinischen Tradition des conflictus Descort von lateinisch discordia Zwietracht inhaltlich an der Canso orientierte Liebesklage die die innere Zerrissenheit des Liebenden durch eine diskordante Form widerspiegelt namlich durch den Wechsel der Versmasse und der Strophenformen als ungleichstrophige Dichtung insofern der lateinischen Sequenz verwandt oder auch in einer durch Raimbaut de Vaqueiras begrundeten Sonderform durch den Wechsel der Sprache von Strophe zu Strophe Dansa auch Balada franzosisch Ballade Tanzlieder mit Wechsel zwischen Vorsanger und dem im Refrain einstimmenden Chor bzw Publikum formal gekennzeichnet durch den Refrain der bei der dansa am Strophenschluss und bei der selteneren balada in der Strophenmitte positioniert ist Estampida franzosisch Estampie Mehrstrophiges Tanz oder Stampflied mit heterometrischem Wechsel langer und kurzer Verse innerhalb der Strophe die Strophe selbst kann von Strophe zu Strophe variieren oder auch gleich bleiben Retroencha franzosisch Rotrouenge Tanzlied bestehend aus drei bis funf gleichreimigen Versen mit gleicher Melodie und zweizeiligem Refrain mit neuer Melodie Der Widerspruch zwischen dem hohen Liebesideal der Canso einerseits das allerdings auch dort nicht immer ganz frei von Untertonen erotischer Handgreiflichkeit besungen wird und der Erfullung korperlicher Liebe in Alba und Pastourelle wird in der Forschung bisweilen so erklart dass man es mit einem komplexen System von Gattungen zu tun habe in dem auch die scheinbar abweichenden Elemente ihre genaue Funktion erfullten und insofern das System und dessen dominante Norm nicht unterminierten sondern letztlich stabilisierten Soziales und kulturelles Milieu BearbeitenDie Lieder der Trobadors insbesondere Canso und Sirventes lassen die Person des Verfassers nicht anonymisierend im Dunkeln sondern stellen ihn und seine nach Massgabe poetischer Konventionen stilisierte Personlichkeit selbstbewusst in den Mittelpunkt Sie dienen dem Erwerb und der Bestatigung sozialer oder allgemeiner gesagt offentlicher Geltung und tendieren insofern dazu ihr biographisches Subjekt im literarischen Subjekt aufgehen zu lassen Die seit dem 13 Jahrhundert entstandenen vidas Kurzbiographien und die razos die die Lieder anekdotisch biographisierend aus einer konkreten lebensgeschichtlichen Situation des Verfassers erlautern lassen erkennen dass mindestens in dieser spaten Phase literarisches Subjekt und biographische Person gleichgesetzt wurden und das Publikum zum Verstandnis der Lieder einer Lebensgeschichte oft in Gestalt eines rudimentaren Liebesromans bedurfte die dann bei Fehlen oder Versagen anderer Quellen auch aus den Liedern selbst extrapoliert wurde Aus den ungefahr hundert Handschriften die uberwiegend erst im 13 und 14 Jahrhundert entstanden sind und ca 2500 Lieder uberliefern sind ca 460 Trobadors namentlich bekannt 1 Zu ihnen gehorten Konig Alfons II von Aragon Herzog Wilhelm von Aquitanien und Vertreter aller hoheren und niederen Spielarten des Rittertums aber auch Kleriker und seit dem 13 Jahrhundert zunehmend Mitglieder des Burgertums In ihrer Eigenschaft als Dichter sprechen die Trobadors sich dabei untereinander als Gleiche an ohne besondere Rucksicht auf Unterschiede des sozialen Standes In ihrer literarischen Bildung zeigen sie Beschlagenheit in der trobadoresken Dichtung selbst und daruber hinaus mehr oder minder ausgepragte Vertrautheit mit der antiken lateinischen besonders Ovid und mittellateinischen Tradition Aufgrund ihrer musikalischen Kompositionen rund 260 Melodien von 44 verschiedenen Dichtern sind in den Handschriften notiert kann man ausserdem eine musikalische Ausbildung annehmen deren theoretische Grundlagen ebenso wie grammatisches und rhetorisches Schulwissen zum Lehrprogramm der Sieben Freien Kunste gehorten Im Ubrigen sind auch die Namen von rund 20 weiblichen Liedermacherinnen im Singular Trobairitz uberliefert Diese machten zwar nur einen Bruchteil der Trobadordichtung aus zeigen aber schon dadurch einen Gegensatz zum rein mannlichen Minnesang in Mitteleuropa Die auf aristotelisches und neuplatonisches Lehrgut zuruckgreifende philosophische oder auch prononciert theologische Uberhohung des trobadoresken Liebeskonzepts wie sie bei den italienischen Nachahmern Mode wurde ist bei den okzitanischen Trobadors allerdings noch nicht ausgepragt Das Milieu dem ihre Dichtung entspringt ist nicht die Schule oder das Kloster sondern der Hof Die Bildlichkeit in die das Verhaltnis zwischen dem Liebenden und seiner Herrin gekleidet wird ist trotz mancher Anklange an lateinische Liebesdichtung und Liturgie zuallererst das rechtliche Verhaltnis zwischen dem Vasall und seinem Lehnsherrn in dem der Vasall seinem Herrn Dienst und Treue schuldet und dieser ebenso ihm gegenuber zu Treue und Schutz verpflichtet ist Der vorlaufige Verzicht auf die unmittelbare Gewahrung weiterer Gunst oder Guter oft unbestimmt nur als ersehnte Freude joi umschrieben ist nicht Ausdruck religios begrundeter Entsagung sondern Zeichen der hofischen Tugend der cortezia zu deren Merkmalen im Ubrigen auch die Freigiebigkeit largueza gehort die der Sanger in der Zukunft von seiner Herrin erwartet Literatur BearbeitenEinfuhrungen und Allgemeines Frank R P Akehurst Judith M Davis Hrsg A Handbook of the Troubadours Publications of the UCLA Center for Medieval and Renaissance Studies 26 University of California Press Berkeley Los Angeles London 1995 ISBN 0 520 07976 0 Rudolf Baehr Hrsg Der provenzalische Minnesang Ein Querschnitt durch die neuere Forschungsdiskussion Darmstadt Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1967 Jean Boutiere Biographies des troubadours Textes provencaux des XIIIe et XIVe siecles Ed ref augm d une trad francaise d un appendice d un lexique d un glossaire et d un index des termes concernant le Trobar Nizet Paris 1964 Margarita Egan Les vies des Troubadours Textes reunis et traduits par Margarita Egan Union Generale D editions Paris 1985 ISBN 2 264 00638 2 enthalt die Vidas von 61 Trobadors sowohl in okzitanischer als auch franzosischer Sprache Ulrich Molk Trobadorlyrik Artemis Zurich 1968 ISBN 3 7608 1302 X Manfred Raupach Franzosierte Trobadorlyrik Zur Uberlieferung provenzalischer Lieder in franzosischen Handschriften Niemeyer 1979 ISBN 3 11 158465 8 Dietmar Rieger Gattungen und Gattungsbezeichnungen der Trobadorlyrik Untersuchungen zum altprovenzalischen Sirventes Niemeyer Tubingen 1976 ISBN 3 484 52053 1 Dietmar Rieger Die altprovenzalische Lyrik In Heinz Bergner Paul Klopsch u a Hrsg Lyrik des Mittelalters I Probleme und Interpretationen Reclams Universalbibliothek 7896 Reclam Stuttgart 1983 ISBN 3 15 027896 1 S 197 390 Eliza Zingesser Stolen Song How the Troubadours Became French Cornell University Press 2020 ISBN 978 1 5017 4763 2 Sammlungen und Anthologien Carl Appel Provenzalische Chrestomathie mit Abriss der Formenlehre und Glossar 6 verb Aufl Reisland Leipzig 1930 Nachdruck Olms Hildesheim 1971 Karl Bartsch Chrestomathie provencale X XV siecles 6 rev Ausg von Eduard Koschwitz Elwert Marburg 1904 Nachdruck Olms Hildesheim 1971 Pierre Bec Petite anthologie de la lyrique occitane du moyen age initiation a la langue et a la poesie des troubadours Editions Aubanel Avignon 1962 Erhard Lommatzsch Friedrich Gennrich Leben und Lieder der Provenzalischen Troubadours 2 Bande 2 unveranderte Auflage De Gruyter 1972 Band 1 Minnelieder ISBN 3 11 248582 3 Band 2 Lieder verschiedener Gattung ISBN 3 11 248580 7 Erhard Lommatzsch Provenzalisches Liederbuch Lieder der Troubadours mit einer Auswahl biographischer Zeugnisse Nachdichtungen ins Deutsche und Singweisen Weidmannsche Buchhandlung Berlin 1917 Nachdruck Slatkine Genf 1975 S 417 454 mit einer Auswahl von Melodien nach alteren Ausgaben Dietmar Rieger Mittelalterliche Lyrik Frankreichs I Lieder der Trobadors Provenzalisch Deutsch Ausgewahlt ubersetzt und kommentiert Reclams Universal Bibliothek 7620 Reclam Stuttgart 1980 ISBN 3 15 007620 X Bibliographien und andere Verzeichnisse Fritz Bergert Die von den Trobadors genannten oder gefeierten Damen Niemeyer Halle 1913 Digitalisat Frank M Chambers Proper Names in the Lyrics of the Troubadours Studies in Romance Languages and Literatures 113 University of North Carolina Chapel Hill 1971 Wilhelmina M Wiacek Lexique des noms geographiques et ethniques dans les poesies des troubadours des 12e et 13e siecles Les classiques d oc 3 Nizet Paris 1968 Alfred Pillet Henry Carstens Bibliographie der Troubadours erganzt weitergefuhrt und herausgegeben von Henry Carstens Niemeyer Halle 1933 Schriften der Konigsberger gelehrten Gesellschaft Sonderreihe 3 Nachdruck Franklin New York 1968 Bibliography and reference series 166 Sprache Kurt Baldinger Doris Diekmann Sammet Complement bibliographique au Provenzalisches Supplementworterbuch de Emil Levy Sources datations Slatkine Genf 1983 ISBN 2 05 100517 6 Emil Levy Provenzalisches Supplement Worterbuch Berichtigungen und Erganzungen zu Raynouards Lexique roman 8 Bande Reisland Leipzig 1894 1924 Emil Levy Petit dictionnaire provencal francais Sammlung romanischer Elementar und Handbucher 3 II Carl Winter Verlag Heidelberg 1909 Nachdruck Carl Winter Heidelberg 5 Ausg 1973 ISBN 3 533 01393 6 Francois Juste Marie Raynouard Lexique roman ou Dictionnaire de la langue des troubadours comparee avec les autres langues de l Europe latine Silvestre Paris 1838 1844 Nachdruck Carl Winter Heidelberg 1928 1929 5 Bde und 1 Appendix in 5 Banden Peter T Ricketts Hrsg Concordance de l Occitan Medieval The Concordance of Medieval Occitan COM Les Troubadours Les Textes Narratifs en vers CD ROM Brepols Turnhout 2001 ISBN 978 2 503 51416 1 Aurelio Roncaglia La lingua dei trovatori profilo di grammatica storica del provenzale antico Officina romanica 2 Edizioni dell Ateneo Rom 1965 Wolf Dieter Stempel Hrsg Dictionnaire de l occitan medieval DOM Niemeyer Tubingen 1997 ff Buchstabe A noch nicht abgeschlossen Bibliographie und Belegstellen Kontexte online verfugbar 1 Metrik Frank M Chambers An introduction to old Provencal versification Philadelphia 1985 Memoirs of the American Philosophical Society 167 ISBN 0 87169 167 1 Digitalisat bei Google Books 2 Istvan Frank Repertoire metrique de la poesie des troubadours Bibliotheque de l Ecole des Hautes Etudes Section des sciences historiques et philologiques 302 308 Champion Paris 1953 1957 2 Bde Melodien Editionen des Bestandes der vier Haupthandschriften der musikalischen Uberlieferung Ismael Fernandez de la Cuesta Melodien Robert Lafont Texte leitender Herausgeber Las cancons dels trobadors amb una revirada alemanda anglesa castelhana e francesa Institut d estudis occitans Toulouse 1979 Friedrich Gennrich Der musikalische Nachlass der Troubadours Kritische Ausgabe der Melodien Summa musicae medii aevi 3 4 15 Collectanea 1 3 3 Bande Selbstverlag Langen bei Frankfurt Darmstadt 1958 1965 Hendrik van der Werf Melodien Gerald A Bond Texte The Extant Troubadour Melodies Transcriptions and Essays for Performers and Scholars Selbstverlag Rochester New York 1984 Faksimilierte Ausgaben Jean Beck Louise Beck Le Manuscrit du Roi fonds francais no 844 de la Bibliotheque nationale Corpus cantilenarum medii aevi 1 Oxford University Press London 1938 Paul Meyer Gaston Raynaud Le chansonnier francais de Saint Germain des Pres Bibl Nat fr 20050 Reproduction phototypique avec transcription Firmin Didot Societe des Anciens Textes Francais Paris 1892 Nachdruck Johnson Reprints New York London 1968 Ugo Sesini Le melodie trobadoriche nel canzoniere provenzale della Biblioteca Ambrosiana R 71 sup Chiantore Turin 1942 Anthologien Matilda Tomaryn Bruckner Laurie Shepard Sarah Melhado White Songs of the Women Troubadours edited and translated Garland Library of Medieval Literature A 97 Garland New York 1995 ISBN 0 8153 0817 5 Samuel Rosenberg Margaret Louise Switten Gerard Le Vot Songs of the Troubadours and Trouveres An Anthology of Poems and Melodies Garland Reference Library of the Humanities 1740 Garland New York 1998 ISBN 0 8153 1341 1 mit Audio CD EinspielungenEine Gesamtaufnahme des uberlieferten Bestandes auf der Grundlage der Edition von van der Werf und nach der Chronologie von Fernandez de la Cuesta und Robert Lafont hat Gerard Zuchetto mit dem Troubadours Art Ensemble vorgelegt La Troba Anthologie chantee des Troubadours XIIeme et XIIIeme siecles Troba Vox 2005 2011 5 Kassetten mit insgesamt 21 CDs und 249 Liedern Verzeichnisse der einzelnen Lieder fur die Kassetten 2 5 im Katalog der BNF Vol 2 Vol 3 Band 4 Vol 5 Zum Frauenbild Rita Lejeune La femme dans les litteratures francaise et occitane du 9e au 13e siecle in Renate Baader Hrsg Das Frauenbild im literarischen Frankreich Vom Mittelalter bis zur Gegenwart Wege der Forschung ISSN 0509 9609 611 WBG Darmstadt 1988 ISBN 3 534 08616 3 S 38 51 Weblinks BearbeitenTexteRepertorio informatizzato dell antica letteratura trobadorica e occitana Digitale Bibliothek der mittelalterlichen okzitanischen Literatur Universitat Neapel Troubadours www trobar org elektronische Texte teils mit englischer Ubersetzung von uber 30 TrobadorsBibliographieBibliografia Ellettronica dei Trovatori Universita di Roma Fussnoten Bearbeiten Alfred Pillet Henry Carstens Bibliographie der Troubadours Max Niemeyer Halle 1933 Ristampa anastatica dell edizione Halle Saale Max Niemeyer Verlag 1933 a cura di Paolo Borso e Roberto Tagliani Ledizioni Milano 2013 ISBN 978 88 95994 64 2 460 Trobadore sind hier namentlich aufgelistet und in alphabetischer Reihenfolge durchnummeriert von 1 Ademar bis 460 Vescoms de Torena Der Graf von Poitiers lo coms de Peiteus sic also Wilhelm IX tragt die Nummer 183 Normdaten Sachbegriff GND 4061031 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Trobadordichtung amp oldid 235473511